Vereine ist, die Solidarität der katholisch-kirchliche» Interesse» in den unteren Volksklassen zum lhätigcn Bewußtsein zu bringen und dieselben für die Wiederherstellung der weltlichen Herrschaft des Papstes zu sanansiren. Man darf wohl mit Zuversicht annehmen, daß unsere Regierung dieser Agitation die gebührende Aufmerksamkeit zuwenden wird.
Berlin, den 26. Okr. Die Annahme des von dem bisherigen Ministerpräsidenten Feldmarschall Grasen v. Noon eingereichten Enilassungsgesuches ist bereits erfolgt. Es handelt sich nur noch um deren formelle Ausfertigung. Graf Noon, welcher auch sein Amt als Kriegsminister niederlegt, tritt seines sehr leidenden Gesundheitszustandes wegen ganz in das Privatleben über.
Berlin, den 26. Oktbr. Sachsens Stellung zum Las- ker'sche» Anträge, welche anderen Regierungen, namentlich Bayern Verlegenheit bereitet, ivird lebhafte Debatten im Reichstag, vielleicht auch eine Gesetzvorlage veranlassen, salls nicht vorgängige vertrauliche Verhandlungen zwischen den Regierungen die Schwierigkeit beseitige». — Bismarcks Uebernahme des Ministerin äsidiums ist beschlossen, sie soll in einfacherForm erfolgen, welche die verfassungsmäßige Verantwortlichkeit unberührt läßt. Eamp Hausens angebliche Bedenken gegen die Geschäftsübernahme bedürfen der Bestätigung.
Breslau, den 26. Okl. Ein Hirtenbrief des Fürstbischofs von Breslau ermahnt zu eifriger Theilnahme an den Wahlen und fordert auf, Männer zu wählen, welche die unveräußerlichen Rechte der Kirche nicht preisgegeben und dem Herrscherhause unerschütterliche Treue bezeugen, aber nicht mit einem Vcrrathe gegen das Oberhaupt der Kirche. (Also nach dem Sprüchioort: Wasche den Pelz, aber mache ihn nicht naß! !)
Berlin, 27. Okt. Bischof Rcinkens wurde heute Nachmittag 2'/- Uhr vom Kaiser in Audienz empfangen.
Aus Kurhessen, 24. Okt. Zwei von den renitenten Geistlichen haben es angesichts des strengeren Vorgehens der Regierung für gut besunden, Stellen im „Ausland" zu suchen. Die Abpfändung des zweiten Strafmaßes, 20 Thlr., ist nun so ziemlich bei allen Renitenten vollzogen und denselben so eben das dritte, 30 Thlr., angedroht worden.
In Rhoden (Waldeck) sind am 22. Oktober 75 Gebäude und damit säst die ganze unversicherte Ernte abgebrannt; auch das Leben von Kindern ist zu beklagen.
Posen, 23. Okt. Heute Nachmittag wurde gegen den Erzbischof Grasen Ledochowski wegen der freiwillig von ihm nicht gezahlten Geldstrafe von 200 Thalern, zu der er wegen gesetzwidriger Anstellung des Pfarrers Arndt in Filehne vom hiesigen Kreisgericht vernrtheilt ist, wie der „Ostsee - Ztg." mit- getheilt wirv, die gerichtliche Exekution vollstreckt Der mit der Ausführung dieser Maßregel beauftragte Ex.ekuiions Inspektor König erschien in Assistenz von zwei Exekutoren um 5 Uhr in der erzbischöflichen Wohnung und verlangte Eintritt zum Erzbischof, um ihm das Exekntionsmandat persönlich vorzuzeigen. Die Dienerschaft lehnte die Anmeldung unter dem Vorgeben ab, daß der Erzbischof schwer krank sei und der Arzt ihm jeden Empfang von Fremden untersagt habe. Der Exekntions Inspektor bestand auf der Beibringung eines ärztlichen Ältestes, das auch sofort vom Hausarzt geholt wurde und dahin lautete, daß der Erzbischof am Typhus schwer darnieder liege und jede Aufregung sehr gefährlich werden könne. In Folge dieses Attestes stand er von dem Verlangen, den Erzbischof persönlich zu sprechen ab und belegte die erzbischöfliche Equipage und die beiden dazu gehörigen Kuischenpferde mit Arrest.
Wien, 20. Okr. Die aus Berliner Blättern auch in diese Zeitung übcrgegangene Erzählung, daß die Tochter des angeblich in Wien im Circus Carrs mitwirkenden Kunstreiters "Nagel sich in Folge von Mißhandlungen des Carrs Vater ertränkt unv deren Bruder August sich erschossen haben soll, ergibt sich als eine Erdichtung
Wien, 24. Okt. Die „Wiener Zeitung" veröffentlicht die durch kaiserliche Entschließung vom 18. Oktober erfolgte Ernennung des deutschen Kaisers zum Oberstinhaber des Husarenregiments Friedrich Wilhelm III. König von Pre nßen Nr. 10.
Wie die Opinion nationale besinn mt versich ert, hat auch der Finanzminister Magne sich jetzt offen gegen die Fusion ausgesprochen. Zugleich verlautet von Neuem, daß die Kaiserin Eugenie in den nächsten Tagen ein Manifest erlassen werde, um die Anhänger des Kaiserthums vor den royalistischen Plänen zu warnen. — Die schlechten Aussichten der Fusionspartei haben heule an der Börse eine starke B a e hervorgerusen.
Die Sitzung des Kriegsg rxi chtes im Prozeß Bazaine am 24. Okt. war ziemlich unint s-cessant. Es wurden Ingenieure, Eisenbahnbeamte rc. wegen de. s Baues und der Zerstörung von Brücken vernommen. W atz d ie Brücke von Longeville anlangt, so hatte Bazaine msradVv ch den Befehl zu deren Zerstörung erlheilt. General Co VHr«Sres gab Erklärungen über die Brücken, die er auf Be'^-d^ 'vrtz Kaisers bis zum 12. hatte schlagen lassen. Daß man di s Brücken nicht zerstört habe, erklärt der Zeuge
dadurch, daß man noch immer nicht gewußt habe, ob man die Offensive ergreifen oder ob man den Rückzug antreten werde. Für die Offensive würde man aber die Brücke benölhigt gewesen fein und man habe sie deshalb nicht in die Luft sprengen lassen können. Der Präsident schien sehr übler Laune zu sein, hezte den Marfchall und gab wieder zu verstehen, daß derselbe nicht alles das gelhan, was er hätte lhun sollen. Cosfinieres schien in Folge dessen äußerst gereizt zu sein und grüßte den Gerichtshof kaum, als er den Saal verließ.
Trianon, den 27. Okt (Prozeß Bazaine ) Aus den Zeugenaussage» ergibt sich, daß Bazaine am 6. Aug. den Divisionsgeneralen Befehl gab, Frossard zu unterstützen. Weder Bazaine noch Frossard sind verantwortlich für die Nichtans- führung.
Rom, 27. Okt. Der Jesuitengeneral hat beschlossen, sich nach Belgien zu begeben. Die Jesuiten räumen die Klöster definitiv am 2 November, mehrere werden bei Privaten wohnen.
Man spricht von einer sympathischen Kundgebung, die inan den Söhnen des Fürsten Bismarck, welche in einigen Tagen in Nom ankommen sollen, bereiten will.
Newyork, 27. Okt. Aus den Provinzen wird vielfach über eine Gcschäftsstockung berichtet. Mehrere Eisengießereien und Baumwollspinnereien mußten geschlossen werden.
Allerlei.
— (Bismarck-Anekdoten.) Das „Neue Fremdenblatt" in Wien erzählt einige charakteristische Bemerkungen des deutschen Reichskanzlers über das stürmische Andrünzen der Neu gierigen, die ihn in der Ansstellug sehen wollten. „Wie finden Sie diesen Empfang?" fragte ein österreichischer Begleiter den Grafen. „Ich finde", lautete die Antwort, „daß man in Wien mit gar nichts zu sparen versteht — nicht einmal mit dem Schreien." — Fürst Bismarck wohnte bekanntlich in Begleitung des Grafen Andrassy der Vorstellung von „König Heinrich VI." bei. Während des Zwischenactes wurde Hofrath Dingelstedt dem Fürsten vorgestellt. Bismarck sprach sich sehr lobend über die Sceuirung des Ensemble aus und bemerkte dann: „Sie haben auch den Cardinal auf die Bühne gebracht. Ich gestehe Ihnen aufrichtig, daß ich so viel Freiheit (bei diesen Worten wendete sich der Reichskanzler lächelnd an den Grafen Andrassy)
— Pardon, lieber College ! — in Oesterreich gar nicht erwartet habe." Im Laufe des Gespräches kam auch die Rede auf die Familie des Fürsten, und einer der Anwesenden erkundigte sich um den jüngsten Sohn, des Reichskanzlers, den Fürsten Herbert. „Ah, den habe ich nach Nom geschickt", ries Bismarck, „um mich mit meinem Freunde, dem Papste, ausznsöhnen. Unter uns gesagt, Herbert ist nämlich der Gröbste von uns Allen."
— (Alle Haare deines Hauptes sind gezählt) So lesen wir wohl in der Bibel, aber wie viele Haare einen Menschenkopf in normalem Z ustande zieren, davon schweigt das „Buch der Bücher", und doch muß ein echter deutscher Gelehrter das genau wissen, und so hat denn ein solcher sich auch der Mühe des Haarzählens unterzogen und Folgendes gesunden: Der Blondkopf ist am üppigsten bewachsen; es stehen aus einem solchen durchschnittlich 140,400 Haare, während ein Kopf mit braunen Haaren nur 109,400 und ein solcher mit schwarzen 102,900 Stück aufweist. Da das Gesammlgewicht der Haare bei jeder Farbe fast gleich ist, so ergiebt sich daraus, daß die Blonden nnd Blondinen die feinsten Haare haben.
— (Was dem Menschen Alles mundet!) Werfen wir einen Blick auf die Speisekarte der verschiedenen Nationen, so treten uns die buntesten Kontraste entgegen. Der Nordländer hält es mit starken Mahlzeiten, der Bewohner des Südens mit äußerst mäßigen. Den Eskimo entzückt Thran und Seehundsfleisch, von welchem letzter» er seine 5—6 Pfund im Handumdrehen vernichtet, während dem Neapolitaner einige Maccaroni und etwas Olivenöl zu seinem Mittagstisch genügen und Spaniens edler Sohn mit einigen Zwiebeln und etwas hartem Käse zur Revolution sich fix nnd fertig hält. Blutsuppe war das Hauptgericht der Spartaner; die vornehmen Römer zur Zeit des Au- gustus und der späteren Kaiser kitzelten ihren Gaumen mit den auserlesensten Hochgenüssen aller Zonen. Siebenschläfer, gefüllt mit Schweinehächsel, Gehirn von Pfauen und Flamingos, Nachtigallenzungen, Drosseln nnd Krametsvögel kamen in mächtigen Schüsseln auf ihre Tafel; einem Gonrmand von Senator schmeckten seine Karpfen nur danu, wenn sie mit lebendig in den Teich geworfenen Sclaven gemästet worden waren. Für die Otloma- ken. ein in Südamerika und in höchst fruchtbaren Gegenden wohnhafte Völkerschaft, gibt es — man staune! — keinen feineren Tafelgenuß als Kalk und Thonerde, monatelang bildet diese zu drei- bis fünfviertel Pfund täglich ihre ausschließliche Nahrung, wenn hier noch von Nahrung die Rede sein kann. Dem Franzosen geht nichts über Bouillon und Saucen, dem Engländer nichts über Rostbeef und Pudding. Den Bewohnern der Fidschi- Inseln aber gilt Menschenfleisch als die Creme ihrer Diners.