Amtsblatt für den Oderamtsbezirk Nagold.
Ersckeint wöchentlich 3mal und kosrct Einrüctungsgebilhr sür die kleine
Nr. 113. hnldjäbrlich bier 54 kr., im Bezirk AiöNStag dm 30. September. Zc>!e aus aewöbnlicher Schriit 1873. mit Postaufschlag 1 sl. 8 kr. je 2 Kreuzer.
Tages-Neuigkeiten.
Sturtgart, 23. Sept. Zn den Rcichstagwahlen in Württemberg wird dem „.Hann. Cour." von hier geschrieben: „Von einer Wahlbewcgung >n Bezug auf die bevorstehenden Reichslagswahlen zeigt sich bis jetzt kaum eine leise Spur. Zwar wird die nationalliberale Parrei, hier zu Lande bekanntlich deutsche Partei genannt, demnächst eine Zusammenkunft notabler Mitglieder aus dem ganzen Lande veranstalten; diese Versammlung, die einen vertraulichen Charakter tragen wird, ist jedoch dazu bestimmt, allgemeine Parteisragen zu besprechen, und die Reichstagswahlen werden nur nebenbei zur Sprache kommen. Von der Ausstellung eines Programms, eines Wahlfeldzugs-Planes oder gar einzelner Kandidaturen wird noch nicht die Rede sein; dagegen wird sich eine Ueberschan über den Stand der Aussichten in den einzeln Landesthcilen, Mittheilnngen von Nachrichten über die Thätigkeit der Gegner rc. von selbst ergeben. Im Ganzen dürsten bei uns die alten Candidaren da, wo sie wieder aufire- ten, wenn auch theilweise nicht ohne schwere Kämpfe, aufs Neue gewählt werden Leider sind aber nicht alle in der Lage, noch einmal ein Mandat anzunehmen. So wird Dr. Notter wegen hohen Alters künftig fern bleiben; ob der greise Goppelt, der gewesene März-Finanzminister vom Jahr 1848, wieder auftreten wird, ist zweifelhaft. Fabrik-Direktor Keßler in Eßlingen, dem sein Beruf seither schon die Theilnahme an den Verhandlungen des Reichstages bedeutend erschwerte, wird nicht wieder candi- diren. Rechtsanwalt Holder sieht sich wegen seiner Berufsthä- tigkeit, wie cs heitzt, außer Stande, ein erneutes Mandat für den Reichstag zu übernehmen. Die Demokratie wird sich, insbesondere in de» Hölder'schen und Goppelt'schen Wahlkreisen, wo sie ziemlich stark vertreten ist, voraussichtlich „gefährlich" rühren. Die Ultramontanen werden ihre zwei oberschwäbischen Plätze sicher wieder mit Centrumsleuien besetzen: Graf Bissingen wird dort wiedergewählt werden und für Rechtsanwalt Probst, wenn dieser aus ähnlichen Gründen wie Holder ausscheiden sollte, was dem Vernehmen nach der Fall ist, wird leicht ein ultramontaner Ersatz beschafft werden. Mohl, der Vertreter des Particnlarismus schlechthin, wird jedenfalls wieder auftreten und auch wieder gewählt werden."
Stuttgart, 25. Sept. Wie ich höre, ist der Verkauf des Bayrischen Hofs an den seitherigen Kronenwirth in Eßlingen, Silber, nunmehr um 120,000 fl. wirklich erfolgt und perfekt geworden. Der eine der Gebrüder Werner wird den hiesigen Thiergarten seinem Bruder allein überlassen und einen Thiergarten in Berg errichten, wo er einen dortigen Gasthof mit Garten zu diesem Zwecke angekauft hat.
Wie sich aus den Anzeigen im „Staatsanzeiger" ergibt, hat sich die Staatssinanzverwaltung entschlossen, die beiden Staatsgewerbe: die Bleich- und Appreturanstalt Weissenau und die Gewehrfabrik in Oberndorf zur Versteigerung zu bringen. Es wird damit einem schon mehrmals bei den Etatsberathungen von der 2ten Kammer ausgesprochenen Wunsche willfahrt. Im Publikum will man wissen, daß die Gebr. Mauser in Oberndorf die Gewehrfabrik ankaufen, obschon sie selber bereits ein solches Etablissement in Oberndorf zu bauen begonnen haben. Sonst dürfte es kaum anzunehmen sein, daß erhebliche Summen darauf geboten werden.
Die württembergischen Ultramontanen haben in Ellwangen ein „Katholisches Wochenblatt" ins Leben gerufen, das nur 15 kr. vierteljährlich kostet.
Im Lndwigsburger Stadtspital starb kürzlich etwa 70 Jahre alt Carl Schmidt, ein Sonderling, der selbst so auffallend und ärmlich gekleidet einherging, daß er das Gespött der Kinder war, heute hinterläßt er aber nach amtlicher Bekanntmachung Folgendes. „Fahrniß-Verkauf. Am nächsten Samstag den 27. d. M., Morgens 9 Uhr, kommt im Stadtspital dahier die Fahrniß des verstorbenen Carl Schmidt im öffentlichen Aufstreich zum Verkauf. Dieselbe besteht in: 4 Uhren, Büchern, Mannskleidern, worunter 74 Westen, 18 Röcke, 11 Jacken, 30 Beinkleidern, 68 Kappen, 13 Paar Stiefeln und Schuhen, ferner Bettgewand, Leinwand, Schreinwerk, allgemeiner Hansrath, worunter 14 Ra- sirmesser und 86 Spazierstöcke.
München, 25 Sept. Seit einigen Tagen schon wird in den Lokalblättern erzählt und heute von einem officiösen Korrespondenten in der Allg. Ztg. bestätigt, daß der K önig hundert b la n w e i ß e F a h n e n auf feine Kosten habe anfertigen und an die Schiffer auf dem Starnberger See veriheilen lassen, es diesen anheimgebend, „ob sie auch Gebrauch davon machen wollten" und keineswegs in der Absicht, die Fahnen in den deutschen Farben ansjchließen zu wollen. Der betreffende Korrespondent mag über die Intention des kgl. Geschenkgebers sehr gut unterrichtet sein, aber Aufsehen erregt es und wird vielfach kom- mcntirt, daß fast gleichzeitig dem bekannten Buchhändler Ed. v. Hallberger ans Stuttgart, welcher vor seinem schönen Schloß in Tutzing auf einem etwas weit vom Ufer in den See geschlagenen (übrigens blauweiß angestrichenen) Posten eine große deutsche Flagge aufgezogen hatte, der Befehl zuging, dieselbe wieder zu entfernen. Wer die Veranlassung zu diesem Befehl gegeben, ist noch nicht ruchbar geworden.
München, 22. Sept. Sämmtliche bayerische Städte, die der deutsche Kronprinz berührte, haben demselben Ooatien dargebracht, nur Fürth nicht. Die dortigen Gemeindecollegien hatten in gemeinsamer Sitzung beschlossen, den deutschen Kronprinzen nicht zu empfangen. Offiziell waren nur zwei Polizeisoldaten bei der Ankunft anwesend.
München, 25. Sept. Herrmann v. S ch lagin tw ei t, der bekannte Durchforscher Hoch-Asiens, ist in Folge Gemüths- leidens gestern so heftig erkrankt, daß er vorläufig dem hiesigen Krankenhause zu weiterer Beobachtung übergeben werden mußte. Schon seit einiger Zeit war eine tiefe Melancholie bei ihm wahrgenommen worden. »
Die Mörder Marchner, Vater und Sohn, beschäftigen auch nach ihrer Hinrichtung in Amberg die Juristen und die Psychologen. Der Sohn hat sein Verbrechen gestanden, der Vater nicht und der Sohn ist unmittelbar vor dem Schaffst für die Unschuld seines Vaters eingetreten. Als dem Sohne die Bestätigung seines Todesurtheils angekündigt wurde, fragte er, ob auch sein Vater hingerichtet werde und sagte, als ihm das bejaht wurde: Der Vater ist unschuldig, er weiß nichl's von der Sache! — Als man ihm entgegnete, er habe im Schwurgerichte ja selbst seinen Vater aufs Bestimmteste als Urheber des Mordes bezeichnet, antwortete er, er habe es deßhalb gethan, weil ihm der Untersuchungsrichter gesagt hätte, er, der Sohn werde nur 12 Jahre Zuchthaus erhalten, wen» er die Mitschuld des Vaters zugestehe. Daran, sagte der Sohn, daß auch der Vater hingerichtet werde, dachte ich niemals, ich hoffte, daß es bei ihm mit einigen Jahren Gefäng- niß ausgehen, ich selbst aber damit meinen Kopf retten werde. — Der Alte bestand bis zum letzten Augenblick an seiner Unschuld.
München, 25. Sept. Gestern ist in sämmtlichen Schulhäusern hiesiger Stadt die Inskription vorgenommen worden. Da war es denn sehr auffällig, daß für die neuerrichtcn- den beiden gemischten Schulen, welche ausschließlich auf freiwillige Anmeldung angewiesen sind, ohne daß ihnen ein Bezirk zugewiesen wäre, eine überraschend zahlreiche Betheiligung sich kundgab. Die Ultramontanen machen zu dieser Wahrnehmung freilich saure Miene.
Kassel, 27. Sept. Heute wurde die exekutorische Beitreibung-der gegen die renitenten Pastoren Niederhessens erkannten „verdoppelten" (20 Thlr.) Strafbeträge verfügt.
Berlin, 24. Sept. Bei Gelegenheit des eben erschienenen vierten Heftes des den letzten deutsch-französischen Krieg behandelten General st abswerkes bemerkt das „Militär-Wochenblatt" , daß bei aller Thätigkeit der historischen Abtheilung des Generalstabs das Eeschichtswerk dieses Krieges, obgleich^es sich einer gedrängten Darstellung befleißigt, doch voraussichtlich mindestens eine vier Mal größere Zeit bis zu seiner Vollendung bedürfen wird, als der Krieg selbst, wonach man also auf acht Jahre bis zur Vollendung gefaßt sein kann.
Berlin, 25. Sept. Der König von Italien, der Kaiser und die Prinzen des königlichen Hauses begaben sich heute Morgens 8 Uhr mit einem kleineren Gefolge nach Hubertnsstock. Fürst