angethau, indem man ihn an die Spitze stellen wolle, und in der That, wenn er das Vertrauen, das ihn beseele, der italienischen Jugend einflößen könne, wäre der Sieg unbestreitbar. Er sei immer der Meinung gewesen, die italienische Armee könne ebenso gut wie die preußische, die er für die erste der Welt erkläre, ein Weißenburg und Wörth schaffen.

Vom König Victor Emanuel berichtet dieN. Fr. Pr." u. A.: Das Gesicht Victor Emauuel's kennt, wie einst das Na- poleon's 111. alle Welt in der Carricatur. In Wirklichkeit ist der König von Italien ein breitschulteriger, untersetzter Mann, mit mächtigem Kopfe, dessen Gesicht eine, große Behaglichkeit aus- drücki. Der mächtige charakteristische Schnurr- und Backenbart ist jetzt stark ergraut und nicht mehr so üppig überwuchernd, wie ehedem. Figur und Gesicht des Königs sind wenig italienisch, und selbst die artigste» Höflinge haben niemals gefunden, daß er einem Apoll gleiche. Dafür besitzt Victor Emanuel persön­lichen Mnth. Er hat wiederholte Proben desselben abgelegt, sowohl bei seiner Lieblingsbeschäftigung, der Jagd auf Wild­schweine im Walde von San Rossore, als auf dem Schlachtfelde. Bei Palestro mußte man ihn wiederholt aus der augenschein­lichsten Gefahr entreißen, und auch bei Solferiuo wagte er sich in das vorderste Treffen. Nur vor etwas hat er entschieden Furcht: vor steifem Gepränge, vor allem Ceremoniell, vor allen Haupt- und Staats-Actionen, bei denen er gleichsam König mit der Krone aus dem Kopfe sciu muß. In seinen Lebensgewohnheiten ist Victor Emanuel der einfachste, schlichteste Bürger. Seine Mahlzeit besteht aus einem Fleischgericht, am liebsten selbstge­schossenes Wildpret, Früchten und einer Flasche Landwein. Zum Gourmand ist er nicht geboren; seine Verachtung der Kochkunst erregt die Verzweiflung der Hoftöche. Im Palazzo Pitti in Florenz ließ er die Prunkgemächer des ersten Stockwerks leer stehen und quartirte sich in ein paar Stuben zu ebener Erde ein. Eben so wohnt er auch im Quirnial, den die Fremden ganz ungestört von des Königs Anwesenheit besichtigen können, denn er har sich blos drei kleine Hoszimmer im Parterre Vor­behalten, deren Einrichtung mehr als einfach ist. Er raucht als italienischer PatronatCavoura", jene entsetzlichen Cigarren, die fünf Centesimi (zwei Neukreuzer) das Stück kosten und die reine Luft Italiens so bösartig verstänkern. In seinen vier Wänden führt sich vielleicht auch Victor Emanuel gleich ungekrönten Menschen­kindern manchmal eine Havannah zu Gemüthe öffentlich hat man ihn nur mit derCavoura" im Munde gesehen. Man sieht ihn häufig in den Straßen, namentlich in Ober- und Mittel- Italien, in Turin, Mailand, Genua oder Florenz. Er geht gewöhukich allein und incognito, in unscheinbar bürgelicher Tracht. Nun kennt ihn freilich jedes Kind, aber man thut ihm den Ge­fallen und stellt sich, als kenne man ihn nicht. Um Politik soll sich Victor Emanuel nicht allzg viel kümmern, sondern die Ne­gierungssorgen sehr gern seinen Ministern überlassen. Indes) gab es eine Zeit, in welcher die geheimen Treppen und Thüren des Königsschlosses in Turin nächtlicherweile seltsame Gestalten sahen. Wie eine Sage klingt es noch heute durch ganz Italien, Mazzini selbst, der Geächtete, habe mit dem Könige vor 1859 conferirt. Das ist wohl erfunden; aber daß Garibaldi wieder­holt geheime Unterredungen mit Victor Emanuel hatte, scheint trotz Aspromonte kein Märchen zu sein. Auch heute erzählt man von tiefverborgenem Verkehr zwischen dem Quirinial und dem Vatican. Ob das Gerede wahr ist, wer will das entscheiden? Nur so viel steht fest: Victor Emanuel, den die Ultramontanen als Antichrist ausschreieu, ist ein gläubiger, frommer Katholik und hat zur Freigeisterei nicht die geringste Anlage. Aber die Pfäfflein haben trotzdem keine Gewalt über ihn, und wenn er auch manchmal Gewissensbisse empfinden mag, so hat er doch die Aufgabe begriffen, die ihm seine Zeit und die Sehnsucht seines Volkes nach Freiheit stellten.

Madrid, 16 Sept. Die Kort es haben definitiv mit 115 gegen 71 Stimmen das Gesetz angenommen, das die Militär­ordnung in seiner ganzen Strenge wieder herstellt. Das Ver­trauen kehrt zurück, seit Castelar die Leitung der Regierung über­nommen hat, und das Geschäft bessert sich. General Moriones, der provisorisch den Oberbefehl gegen die Karlisten übernommen hat und jetzt in Vittoria eingetroffen ist, hat sich erboten, die Führung des am schlimmsten disziplinirten Theiles der katatonischen Truppen zu übernehmen und zuversichtlich die Erwartung ausgk- fprochen, jetzt, wo die Kriegsgesetze wieder in Kraft getreten sind, wieder Zucht in die Leute zu bringen.

Madrid, 20. Sept. Die Jnsurgentea in Cartagena schossen am 15. d. auf eine französische Schaluppe, welche Lebens­mittel einnehmen wollte, wodurch einer der Matrosen getödtet und zwei verwundet wurden. Auf die Drohung des Capitäns, die Stadt zu bombardiren, leistete der Wohlfahrts-Ausschuß die ge­forderte Satisfactiou.

DieCholera in Ungarn. Nach den monatlichen Aus­weisen sind im ganzen Lande der Cholera-Epidemie bis 1. Sep­tember 104,000 Personen zum Opfer gefallen. Seit Anfang dieses Monats hat die Epidemie im ganzen Lande bedeutend, an vielen Orten sogar rapid nachgelassen, und so steht zu hoffen,

daß die obenerwähnte ungeheure Ziffer nicht mehr bedeutend wach­sen werde. Aber an die Stelle der Epidemie treten jetzt gefähr­liche Fieber, die gleichfalls große Verheerungen anrichten. Aus dieser Ursache hat die Regierung den Plan in Erwägung gezo­gen, ob es nicht zweckmäßig wäre, die entsendeten Cholera-Aerzte so lange in ihrem Wirkungskreise zu belassen, als die allgemei­nen Sauitätsoerhältnisse sich nicht entschieden gebessert haben werden.

Eyd kühnen, 14. Sept. Nachdem erst vor drei Wochen ein russischer Postbeamter mit Unterschlagung von 55,000 Rubeln aus Kybarto flüchtig gegangen, ist jetzt wieder auf der Tour von Petersburg hierher ein größerer D ie b st a h l verübt worden. Als nämlich heute bei Ankunft des Zuges die Postsachen unter­sucht wurden, fand man einen Briesbeutel, enthaltend die Peters­burger Korrespondenz, zerschnitten und seines Inhalts beraubt. Der Verlust beträgt 150,000 Rubel. Die Spur des vorher durchgegaugenen Postbeamten hat man bis in ein Ostseebad verfolgt.

Newyork, 28. Aug. Blondin ist jetzt von einem Ita­liener, Namens Balleni, übertroffeu worden. Dieser Akrobat hat. wie derBuffalo Dem." schreibt, am 25. August das viel­besprochene Wagstück ausgeführt. Es war keinHumbug" dabei. Obwohl das Wetter nicht günstig war, hatten sich doch Hunderte vonMenschcn an den Fällen eingefunden, um dem außerordent­lichen Schauspiel beizuwohnen. Das Seil hatte eine, Länge von 1500 Fuß und maß 2s-«Zoll im Durchmesser. Die Höhe der beiden Ufer beträgt an dieser Stelle über 160 Fuß, während die Distanz über 1400 Fuß ausmacht. An dem Punkte, an welchem Blondin seiner Zeit den Fluß überschritt, liegen die Ufer nur 800 Fuß auseinander. Kurz nach 4 Uhr erschien Balleni in weißem Anzug auf der canadischen Userseite. Er besichtigte erst das Seil und ließ noch einige Aenderungen vornehmen. Ein Viertel vor 5 Uhr begann er seinen Marsch. Aller Augen wa­ren mit Spannung auf den Mann auf dem Seile gerichtet, wäh­rend das Drummondsville-Musikcorps spielte. Balleni ging fe­sten und sicheren Schrittes über das Seil und hatte 6 Minuten vor 5 Uhr die Mitte erreicht. Donnernder Applaus erschien aus der Mitte der Zuschauer. Nach kurzer Rast setzte Balleni seinen gefährlichen Marsch fort. Zehn Minuten nach 5 Uhr hatte er das auf Unionsboden befindliche Ende des Seils erreicht, wo ihn lanttönender Beifall empfing. Er sah bleich wie der Tod aus und ruhte etwa 13 Minuten aus. Die Ucberschreitung des Flusses war in Zeit von 25 Minuten ausgeführt worden. Nach beendigter Rast trat er den Rückmarsch an. Als er wieder die Mitte des Seils erreicht hatte, schickte er sich zu dem kühnen Sprung an. Er ließ seine Balaucirstange fallen, befestigte ein elastisches Seil am Haupttau und ließ sich hinab. Ein Geplät­scher ward gehört, sofort aber erhob sich der Kopf Balleni's wie­der aus dem Wasser, und er schwamm dem Boot entgegen, das ihn aufnahm. Das große Wagstück war glücklich ausgeführt. Endloser Jubel brach an beiden Ufern aus.

Chigago, 17. Sept. Heute Nachmittags 3 Uhr brach Hierselbst im östlichen Stadttheil eine Feuersbrunst aus, welche sich eine englische Meile weit ausdehnte. Jetzt ist das Feuer be­wältigt. Die Feuersbrunst hat 64 Häuser zerstört. Das Cent­rum der Stadt ist unberührt. Der Schaden wird auf 300,000 Dollars geschätzt.

Allerlei.

Auch eine Verwandtschaft. Der Polizeidiencr ist der Mann der Ordnung. Die Ordnung ist die segensreiche Himmelstochter. (Vgl. Schiller.) Folglich ist der Polizeidiencr der Schwiegersohn des Himmels.

Der Khan von Khiwa hat bekanntlich, dem Gebote des russischen Generals v Kaufmann gehorsam, die Todesstrafe in seinem Reiche abgeschafft. Wie angenehm diese Neuerung für jenes Land, leuchtet ein, wenn man erfährt, in welcher Weise bisher die Todesstrafe in Khiwa vollstreckt wurde. Fällte der Kahn ein Todesurtheil,-so wurde, wenn der Verurtheilte ein Beamter war, diesem in einer Grube, die sich vor dem Schlosse des Khans befindet, der Hals abgeschnitten. Andere Personen, wenn es Sunniten waren, wurden gehängt, Schüten und Christen aber gepfählt. Man band den Verurtheilten auf einen zweiräderigen Wagen und trieb den auf einem andern Wagen horizontal ange­bundenen Pfahl in den Körper desselben. Darauf richtete man den Pfahl auf, rammte ihn in die Erde und zog den Körper des Gepfählten durch zwei um feine Füße gebundene Stricke, welche in die Erde geschlagen wurden, damit der Gepfählte nicht mit den Beinen zappeln konnte. Die Unglücklichen lebten auf diese Weise oft noch drei Tage. Ehebrecherinnen wurden auf die Anklage ihrer Männer bis zur Brust in die Erde gegraben und mit Erdklößen zu Tode geworfen, denn bei dem Mangel an Steinen wäre das sog. Steinigen eine Unmöglichkeit. Das Zerplatzen der Erdklöße machte eine längere Blutarbeit nöthig, und die armen Opfer starben daher meist erst nach langen Qualen.