züge in den ausgedehnten Forsten stattfinden nnd regelrechte Schützen als Gäste bei den Jagden von Seiten des reichsländischcn Forstpersonals die freundlichste Aufnahme finden werden. An Gelegenheit zum Schüsse zu komme», dürste es gar nicht fehlen, da der Naubwildstand in Lothringen auf etwa 200 Wölfe, 1800 Wildschweine, 100 Wildkatzen und 2500 F-üchse geschätzt wird.
Paris, 12. Sept. Es bestätigt sich, daß die Regierung, ohne eine Reklamation abznwarten, wegen der Luneviller Attentate eine Untersuchung angeordnei hat, in Folge deren drei Personen verhaftet sind. Ebenso veranlaßte sie eine Unteisnchuug wegen -Mißhandlung Deutscher in P ont-a-M ousso n. Von der Verhaftung zweier Einwohner dieses Ortes wurde die deutsche Behörde in Kenntniß gesetzt.
Versailles, 12. Sept. Die Erklärungen Broglie's über den Hirtenbrief des Erzbischofs und überhaupt die Erlasse der Bischöfe lauten nach den jetzigen detaillirten Meldungen dahin : Die Erlasse, obgleich von achtungswcrtber Stelle ausgegangen, seien der Regierung fremd; ihre Verfasser könnten keinen Anspruch machen, Namens der Regierung zu sprechen, ihre Verantwortlichkeit herbeizuführen oder ihre Entschlüsse zu beeinflussen. Die auswärtige Politik sei bereits öfter in Botschaften und Circularen dargelegn sie ziele auf Ausrechthaltuug des Friedens, der Eintracht und der guten Beziehungen mit allen auswärtigen Brächten ohne Unterschied. Diese Politik acceptire die gegenwärtigen Verhältnisse Europas nnd wolle dieselben nicht ändern. Die Nationalversammlung Hase diese Politik mehrmals gebilligt, von der auch die Regierung nicht abweichen werde. Wenn die Aeußerungen des Hirtenbriefes damit nicht im Einklang ständen, sei die Negierung dafür nicht verantwortlich. Der Cultusminister erklärte darauf, daß die Bischöfe keine Staatsdiener seien und die Angelegenheit der Regierung überhaupt fremd bleiben müsse.
Der „Presse" schreibt man aus Las Palmas (Kanarische Inseln) vom 23. August: „Die Virginie ist gestern mir 175 ver- urtheilien Kommunisten und 25 Frauen nnd Kindern vor Las Palmas angekommen. Alle Depotirten, namentlich Rochefort, Fery, Passeduet rc., befinden sich in bester Gesundheit. Diese Herren, die in Frankreich die Kranken spielten, gestehen ein, daß sie sich nie besser befunden haben. Sie verbringen ihre Zeit mit Rauchen, Karten- und Schachspiel. Da sie alle Geld haben, so leben sie sehr gut. Rochefort besitzt 15,000 Fr., welche bei dem Rechnungsbeamten niedergelegk sind. Deßhalb ließen diese Herren durch die Lieferanten der Virginie auch bedeutende Einkäufe machen. Gute Weine von 3 bis 10 Fr. per Flasche, Cigarren, eine Masse Tabak und mehrere Karren mit Früchten aller Art wurden für sie an Brod gebracht. Man schiffte sechs fette Ochsen, eine größere Anzahl Hümmel, frisches Fleisch nnd frische Fische ein. > Die Virginie geht morgen um 7 Uhr ab." Am 4. September sind cs hundert Jahre, feit der englische Kapitän Cook 'Neu Caledonien entdeckte. Wer hätte dazumal daran gedacht, saß diese Insel nach hundert Jahren von französischen Kommunards bevölkert werden würde.
Rom, 9. Sept. Alle liberalen italienischen Zeitungen ohne Unterschied fahren fort, ihre Freude über die Reise des Königs Ausdruck zu geben. Sie beloben das Ministerium wegen des Aktes seiner auswärtigen Politik und sprechen ihre lebhaften Sympathien für die Reqentenhäuser von Wien und Berlin, sowie für die Bevölkerungen der zwei Reiche aus. Sie halten dafür, daß aus dem Einvernehmen der drei Mächte ein dauernder Friede hervorgehen werde. Einige Zeitungen versichern weiter, daß in Folge dieser Politik mehrere Mitglieder der Opposition sich dem Ministerium anschließen werden, und daß dieses in der Kammer eine große Mehrheit finden werde, die geneigt ist, dasselbe in seinen Entwürfen zu unterstützen.
Nom, 11. Sept. Der deutsche Gesandte v. Keudell ist heule nach Turin abgereisl, um dem Könige die offizielle Einladung.. zum Besuche des Berliner Höfts zu überreichen. Keudell wird sich sodann nach Berlin begeben. Im Gefolge des Königs aus seiner Reise nach Wien und Berlin werden sich 60 Personen befinden. Der König wird über Wien und Nabresiua reisen.
Der große Luftballon des Rew-Hork Daily Graphic sollte unter Leitung der Herren Wise und Donaldson am Donnerstag in New Dort ausgelassen weiden, um die Reise nach England anzntreten. Die kühnen Luftschiffer hoffen in ungefähr 60 Stunden die Küste von England oder das Festland zu erreichen, werden indeß schon früher durch 6 ausgezeichnete Brieftauben dem Publikum Nachricht zukommen lassen. Hauptzweck der Fahrt ist bekanntlich die Erforschung der vermutheten konstanten Luftströmung von Westen nach Osten, welche die Reife von Amerika nach Europa erheblich verkürzen würde. Charakteristisch für die Amerikaner ist der Umstand, daß schon über 1000' Gesuche um Sitze im Ballon, auch von weiblicher Seite, eingeläufcn sind, manche mit Anerbietungen großer Summen.
Gin neapolitanischer Bäckerjnnge.
(Fortsetzung.)
„Teresina schalt mich damals sehr," nahm der Knabe nach einer kleinen Pause wieder das Wort. „Sie drohte mir, keine
Gebäck mehr von mir entnehmen zu wollen, wenn ich nicht wieder
so gutes brächte wie zuvor, und da-Herr, da lief ich
jeden Morgen nach der Toledostraße und lauerte dem Jungen auf, der nun an meiner Stelle die Maisbrode Malteo's aus- lragen mußte, kaufte von ihm zwei der schönsten und brachte sie dann schleunigst zu Euch; froh, Euch wieder zufrieden zu stelle», lind froh, Euch wieder spielen hören zu können."
„Nun? Und warum blieb es nicht dabei ?" fragte Sacchini, als jetzt der Knabe schwieg.
„Ach, Herr," rief Domenico, „der Vater hatte es erfahren, daß ich Maueo's Brode bei Euch für die Seinen ausgad. Er mar sehr aufgebracht darüber und verbot es mir ein für allemal. Er meinte, wenn sein Maisbrod Euch nicht schmecke, so möchtet Ihr es doch wieder direkt von Matteo entnehme», ich, sein Lehrbursche, sei nicht dazu da, einem andern Meister zu Verdienst zu verhelfen, sondern die eigene Kundschaft zu vergrößern, und so Herr, mußte ich Euch wieder oie grauere Waare bringen."
„Und das Alles, um mich spielen zu hören?" sagte Sacchini gedankenvoll. „Wahrlich die größten Verehrer unserer Begabung sind nicht immer dort zu finden, wo wir sie suchen. Dieser Knabe . . ." Sacchini legte seine Hand auf Domenico's Scheitel und blickte ihm lange forschend in die Augen. Dann sagte er:
„Mir ist's, als hätte ich Dich schon irgebdwo gesehen! Richtig, am letzten Sonntage aus dem Wege nach dem Castell Sau Elmo war's. — O jetzt entsinne ich mich genau, wie konnte ich es nur vergessen; — ist mir doch das Liedchen selbst seitdem nicht aus dem Gebächmitz gekommen. He, Menico, sing' es mir noch einmal, — willst Du?"
»Ja, Herr, — welches Lied denn?" fragte der Knabe erstaunt.
„Nun, jenes Lied, das Du damals saugst, als ich Dich zuerst sah.. Weißt Du's nicht mehr? Die Leute standen alle still und hörten Dir zu, und als Du zu Ende gesungen, mußten Du es noch zwei-', dreimal ciu Oapo singen. Oder sollte ich mich doch in Deiner Person irren? Sag', warst Du es oder warst Du es nicht?"
„Nun, Signor, ich werd's wohl gewesen sein, obgleich ich mich wirklich nicht genau darauf besinnen kann, denn daß die Leute meine Lieder äa 6apc> verlangen, ist mir nichts Neues. Sie hören mich Alle gern trällern, nur die Frau Sybilla nicht — das ist nämlich Meister Matteo's Ehehälfte, — Signor. Ich glaube, sie konnte mich nur deshalb nicht leiden, iveil ich den ganzen Tag sang und pfiff, wo ich ging und stand."
„Ei," sagte Sacchini, „wenn dem wirklich so ist, so wäre ja die Abneigung der Frau Meisterin längst ausgewogen durch die Zuneigung, welche Dir Dein Gesang in de» Herzen vieler anderer Menschen schon erweckt hat und wohl auch ferner noch erwecken wird Aber nun singe mir das Liedchen, um das ich Dich vorhin schon bat."
„War's vielleicht: mallrs mi sZricia >), Signor?"
Sacchini schüttelte den Kopf.
„Nein," sagte er ohne Besinnen, „das war's nicht. Der Worte weiß ich mich zwar nicht mehr zn erinnern, aber die Melodie begann so . . ."
Und er sang halblaut einige Takte des kleinen Liedes, in das Menico sofort einfiel, um es so frisch lustig und keck zu singen, daß Sacchini mit ungelheilter Aufmerksamkeit zuhörte.
Als Domeuico schwieg, sagte er mit einem beifälligen Kopfnicken :
Das ist gar so übel nicht, mein kleiner Mann. Usr Laoelro, Du trällerst ja, wie eine Lerche imFrühlingssonuenscheiir! Wo hast Du denn das Liedisiu aufgeschuappt, mein Bürschchen? He? Es ist mir neu."
Menico sah den Maestro einigermaßen erstaunt an.
„Aufgeschnappt?" wiederholte er. „Ach Signor, ich Zuge immer, wie mir der Schnabel gewachsen ist, und wenn ich so ein Berslein höre, das mir gefällt, dann klingt es mir gleich mit einer Melodie in den Ohren, und ich muß es in die Welt hinaussingen, schlecht und recht, wie's kommt. Aber verzeiht, Herr, daß ich Euch damit zu regaliren wagte, Signor; — es war wohl recht unverschämt, daß ich's that!"
„Ah," lächelte Sacchini, „also eine erwonstta äi prima intea- mone! Sieh da, mein Bürschchen, das heißt ja den Musikern von Fach in's Handwerk pfuschen!"
Menico schaute ganz betrübt darein.
„Ja," sagte er halblaut und wie in tiefe Gedanken versunken. „So ist's und so wird es wohl auch für immer bleiben."
„Was denn?" Was meinst Du?" fragte Sacchini.
„O Signor," erwiderte Domenico, ich dachte nur an die Worte der Madamigella Teresina, die mir seitdem nicht aus dem Kopfe gegangen sind. Ich fürchte, sie hat nur zu sehr recht gehabt in dem, was sie damals sagte."
„Aber was sagte sie denn ? forschte Sacchini, den der Knabe so lebhaft interessirte, daß er seine unterbrochene Arbeit vollständig für den Augenblick ans dem Gesichte verloren hatte und ein
I) Die Mutter schilt mich.