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RmlsblktL für den Oberauüsbezirk Nagold.
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L873.
TageS-Neuigkeiten.
Stuttgart, 8. Scpt. Heute Abend reist der Kronprinz des deutschen Reiches nach Beendigung der würtiembergischen Manöver nach Bayern ab. Samstag besuchte er den König in Friedrichshafen sowie den Fürsten von Hohenzollern auf Weinburg bei Rorschach,
Se. Majestät der König haben den Michael Sturm'schen Eheleuten von Ditzenbach aus Anlaß der Geburt von Drillingsknaben das huldvolle Geschenk von 17 fl. 15 kr. allergnädigst zugehen lassen.
Tübingen, 7. Scpt. Der gestrige Obstmarkt war sehr stark befahren und wurden viele Käufe abgeschlossen. Der niederste Preis war 6 fl. 36 kr. und der Durchschnittspreis 8 fl. per Sack. ^
In der Sitzung des Magistrats München vom 2. September wurden die Namen von 9 Wirthschaftsbesitzern bekannt gegeben, welche wegen Vorfindens verdorbenen Bieres der Staatsanwaltschaft überwiesen wurden. Vom Referenten wurde hiebei bemerkt, daß zur Straseinschreitung nicht nöthig sei, daß man konstatire, es sei verdorbenes Bier in die Gläser einge- theilt worden. Nach dem bisherigen Gerichlsgebrauche werde das bloße Vorfi nd cn von verdorbenem Biere im Schenklokale als strafbar angesehen.
München, 5. Sept. Mau schreibt dem „Nürnb. Kor- resp." : „Fürst Bismarck kauft sich in Bayern an. Von beglaubigter Seite wird mitgetheilt, daß die Herrschaft Hohenaschau, Bez.-Amt Rosenheim, aus dem Eigenthum der Gewerkschaft Achthal-Hammerau in das des Reichskanzlers übergegangen.
München, 7. Sept. Der König hat an den Kronprinzen des deutschen Reiches die Einladung gerichtet, anläßlich der Inspektionsreise die königlichen Schlösser in Ansbach, Würzburg und Nürnberg als Absteige-Quartiere zu benutzen.
München, 7. Sept. Der König hat das Todesurtheil, welches der oberpfälzische Schwurgerichtshof gegen den fünffachen Mörder Tao er Marchner verhängt hat, bestätigt.
Nach einer Bekanntmachung, welche die verschiedenen Kreisamtsblätter enthalten, wird das Okt ob er fest in München im gegenwärtigen Jahre allerhöchster Entschließung zufolge nicht abgehalten.
Pass au, 5. Sept. Das hiesige Tagblatt bringt einen scharfen Artikel über die böi den Reisemärschen vorgekommenen Plagereien der Soldaten, indem es u. A. schreibt: Der Stadtmagistrat hat über die Soldatenschinderei an das Kriegsministe- rium berichtet, in Folge dessen auch alsbald unerwartet der Feldzeugmeister der bayerischen Armee, Prinz Luitpold, in Regensburg eintraf. Der Prinz fuhr sofort nach dem Militärspital, in welchem sich circa 300 in Folge der tyrannischen Märsche krank und siech gewordene Soldaten befanden^ Prinz Luitpold fragte die Soldaten theilnahmsvoll, wie es ihnen gehe, trat von Bett zu Bett, sprach mit jedem und versprach, sofortige Abhülfe zu schaffen. Der Prinz verweilte mehrere Stunden lang im Spi- tale, verbot fernere Reisemärsche, ordneie Masfen-Beurlaubungen an, demzufolge das Passauer Bataillon gestern schon hier eingetroffen und bereits heute die Beurlaubungen stattfanden. Von den kranken Soldaten sind in Negensburg drei Mann gestorben. Im Gefolge des Prinzen befand sich auch der frühere Oberst des 11. Infanterieregiments, Leiblfing, jetzt Generalmajor in Speyer. Als die Soldaten ihren früheren Oberst sahen, jubelten sie ihm unter Thränen entgegen, der General aber rief klagend aus: „So muß ich meine braven Soldaten wieder sehen" und wischte sich wiederholt sein lhräuenfeuchtes Angesicht mit dem Taschcntuche. Ein Kavallerie-Offizier, welcher sich im Gefolge des Prinzen befand, äußerte sich dahin, daß Reisemärsche von solcher Ausdehnung selbst für die Pferde zu stark feien. Die Hebungen, welche noch bis September gedauert hätten, sind nun auf Befehl des Prinzen eingestellt. Gegen die traurigen Vorkommnisse ist übrigens strengste Untersuchung augeorduet und werden der Oberst Schund des 11. Infanterie-Regiments, sowie Oberstlieutenant v. Bäumen sich zu verantworten haben.
In Fürstenzell in Bayern wurden mehrere hundert Eimer schlechtes Bier ins Wasser ausgelassen. Die Folge davon war, daß selbst die Fische lieber krepircn, als noch länger solches Bier verschlucken wollten. Sie starben und schwammen in so großer Anzahl auf der Oberfläche, daß sie herausgethan und begraben werden mußieu.
D ärmst ad t, 8. Sept, Vormittags. In der Stadt Bens- Heim wüthet eine heftige Feuersbrunst. 28 Häuser, sowie viele Scheunen und Stallungen sind abgebrannl. Zwei Häuser brennen noch, eins wurde niedergerissen.
Berlin, 7. Sept. Wegen der neuerdings in Luneville an Deutschen verüblen Attentate der französischen Bevölkerung ist, sowie bei dem neulichen beklagenswerthen Fall zu Pont-L- Mousfou, sofort diesseits Beschwerde bei der französischen Regierung erhoben worden.
Der Kapitän zur See Werner hat die Functionen des Ober-Werft-Directors zu Wilhelmshaven in vollem Umfange übernommen; es verlautet nicht, daß ein Verfahren gegen ihn eingeleitet worden wäre.
Zwei Männer haben ganz besondere Ursache, auf den 5. September stolz zu sein, der Reichskanzler v. Bismarck und Herr Thiers, denn mit diesem Tage ist eine Finanzfrage zum Abschluß gebracht worden, die au Umfang noch nicht ihres Gleichen gehabt hat. Obwohl Frankreich nicht blos volle 5 Milliarden, sondern zu gleicher Zeit die Zinsen des jedesmaligen Schuldrestes und auch noch die Derpflegungskosten der deutschen Occupationsarmee baar zu bezahlen Halle, so ist es doch beiden Männern durch geschickte Verhandlungen und Operationen gelungen, Frankreich und Deutschland zwei Jahre früher als ursprünglich ausbedungen war, aus Verbindlichkeit und Anspruch glücklich herauszubringen.
Ein Berliner Blatt enthält folgende Todesanzeige: Der edle Herzog Carl von Braun schweig beschloß hier seine irdische Irrfahrt. Wer fein Vermögen kannte, wird unsere Freude zu würdigen wissen. Magistrat und Stadtverordnete der Stadt Genf.
In Wien hat sich Graf Carl Esterhazy, ein sehr nobler und wohlrhätiger Cavalier, aus Lebensüberdruß erschossen, weil er an einer unheilbaren Krankheit litt.
In der Wiener Weltausstellung wurde jetzt eine Stiefelmaschine aufgestellt, die ein Paar Stiefel in einigen Minuten fertigt und sogar das Wichsen nebenbei besorgt. Die Maschine arbeitet mit 50 Schusterkraft.
Paris, 7. Sept. Das deutsche Oberkommando ertheilte gestern die auf die Räumung Verduns bezüglichen Befehle. Eine Ermöglichung der Vollendung der Räumung ist vor dem 15. oder 20. d. M. nicht wahrscheinlich.
Paris, 8. Sept. Gestern wurde in allen Kirchen ein Hirtenbrief des Erzbischofs von Paris verlesen, worin Gebete für die Kirche und den Papst angeordnet werden. Der Hirtenbrief enthält heftige Auslassungen gegen die deutsche und die italienische Regierung.
Der „Univers" sagt den Protestanten in Frankreich unverblümt, sie haben in Frankreich, dem Land des allerchristlichsten Königs, nichts zu schaffen. „Sie haben, was dazu gehört, um den germanischen Eindringlingen zu gefallen, und der große Preuße wird sie mit offenen Armen aufnehmen."
Neapel, 3. Sept. Der Gedenktag des glorreichen Sieges bei Sedan ist auch von den hiesigen Deutschen festlich begangen worden. Der Toast auf Se. kais. Majestät wurde auf telegraphischem Wege nach Berlin befördert. Man schied aus dem Festlokal mit dem schönen Bewußtsein, daß die neue starke Einheit des gemeinsamen Vaterlandes auch die in der Fremde lebenden Landsleute zum engeren Bund immer mehr und mehr zusammen führt.
Madrid, 7. Sept. Castelar ist mit 133 Stimmen gegen 67, welche Pi y Margall erhielt, zum Präsidenten der Execn- tivgewalt ernannt worden. Es heißt, Espartero würde zum Generalissimus der Armee, Serrano zum Chef der Nord-Armee, Manuel Concha zum Chef der katolonifcheu Armee ernannt werden. Madrid ist ruhig.