Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.
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Amtliches.
Nagold.
Wahl der Ortsschätzer lietr.
An die Gemeindebehörden.
Nach Art. 7 des neuen Steuergesetzes vom 28. April d. F. hat zu Vornahme des Einschätzungs-Geschäfts bei der Grundsteuer, sowie bei der Gebäudesteuer der Gemeinderath der betreffenden Gemeinde je einen sachverständigen Ortsfchätzer zu wählen.
Zu Folge höheren Auftrags werden nun die Gemeindebehörden zu rechtzeitiger Wahl dieser Ortsfchätzer, zunächst für die Gebäude Einschätzung, sowie zur Anzeige des Wahl-Ergebnisses bis 1. September d. I. veranlaßt.
Den 6. August 1873.
K. Oberamt.
Güntner.
N a g o l d.
An die Ortsbehörden.
Zufolge Verfügung der K. Ministerien der Justiz und des Innern vom 8. v. M. müsse» die bisherigen württembergischen Maße, welche in den Güterbüchern enthalten sind, nach dem durch die Verfügung des Ministeriums des Innern vom 6. Mai 1871 bestimmten Grundverhältniß in das neue Maß umgerechnet werden.
Die Gemeinderäthe werden hiedurch veranlaßt, alsbald Beschluß darüber zu fassen, wem sie dieses Geschäft übertragen wollet? und das Ergebniß der Wahl spätestens bis 1. September hieher anzuzeigen.
Den 5. August 1873.
K. Oberamtsgericht. K. Oberamt.
Kißling. Güntner.
TageS-Reuigkeilen.
Rofenfeld, 1. August. Heute Abend wurden im Mondcn- fchein und bei klarem Sternenhimmel die vor und in unserer Stadt am Sonnenstich gestorbenen acht badischen Soldaten in Anwesenheit einer großen Menschenmenge beerdigt. Das Ehrengeleit wurde ihnen von der hiesigen Feuerwehr gegeben. Da sie alle kathol. Konfession waren, so hielt Stadtpfarrer und Dekan Boscher von Binsdorf die Leichenrede und vollbrachte die Einsegnung. Die beiden evangelischen Ortsgeisilichen konnten nicht umhin, sich gleichfalls zu betheiligen, indem Pfarrverweser Föhr ergreifende Worte an den 8 reichbekränzten Särgen sprach, während Stadtpsarrer Föhr den erschütternden Akt schloß mit Mittheilung der Personalien und mit Dank gegen die Gemeinde Rosenfeld für ihre herzliche Tbeilnahme und für ihre aufopfernde Hilfe, die sie den kranken und sterbenden Jünglingen, die alle in einem Alter von 21—22 Jahren stunden, erwies. Die fünf noch hier befindlichen Soldaten sind auf dem Weg der Besserung. Das freundliche Zusammenwirken der zwei Konfessionen machte auf das Publikum einen günstigen Eindruck.
Heilbronn, 3. August. Die alte Reichsstadt prangt feit gestern im herrlichsten Festschmuck von einem Flaggen- und Blumen- reichthum, wie er sich in solcher Fülle und bis in die abgelegensten Straßen und Gassen verbreitet, wohl selten findet. Dazwischen Turnergrüße und Turnersprüche, wobei das „Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei" nicht fehlen darf. Seit gestern schon kamen viele Festgäste an, die im Bahnhof empfangen und begrüßt wurden und durch die sehr geschmackvoll hergcrichtete Ehrenpforte, auf der Mitte der Neckarbrücke, ihren Einzug in die Stadt hielten. Abends war Turntag im Saale des Akliengartens, an den sich gesellige Unterhaltung anschloß. Ein Glanzpunkt des Festes war der heutige Festzug, woran sich 65 Turnvereine, worunter auch 4 außerwürttembergische: Augsburg, Baden-Baden, Pforzheim und Wertheim, mit weit über 1000 Turnern betheiligten. Denselben eröffnete eine Abtheilung Feuerwehr, der die Musik der Turnschüler folgte, dann, kamen die Turnschüler selbst, die der
Einrückungsgebüdr für die kleine
den 7 . August. Zeile aus gewöhnlicher Schriil 1873.
je L Kreuzer.
Stadt- und Volksschule, der Realschule und des Gymnasiums- Es folgten sodann die Festmusik (eine Militärmnsik aus Lud- wigtzburg), der Tnrnrath der Turngemeinde Heilbronn mit dem städtischen Lurnrath, die Ehrenmitglieder, die Mitglieder des Festausschusses und der Festkommissionen, die bürgerlichen Kollegien, sowie sonstige geladene Beamte, der württemb. Tnrnlehrerverein, die Festdamen, begleitet von den Mitgliedern des Damenkomites, die Bundessohne, begleitet von den Mitgliedern des Bundesaus- schusses, die Vorturner, die Turnvereine in alphabetischer Ordnung, daher Aalen den Vortritt hatte, zuletzt die Turngemeinde Heilbronn als zahlreichste, den Schluß bildete wieder eine Abtheilung Feuerwehr. Während des Zugs ertönte ans lausend Kehlen der Gesang des Festliedes „Brüder reicht die Hand zum Bunde". Auf dem schön hergerichteten Festplatze entfaltete sich nun ein reiches buntes Leben; alles drängte sich daher nach diesem Platze hin, den eine Tribüne mit Musik und Festdamen weit überragte. Hier auf dem Platze wurden in zahlreichen Gruppen die verschiedenen T^eile der Turnübungen durchgemacht, wobei manche interessante Horcetur Bewunderung erregte. Den Abend schloß ein Banket in der Turnhalle.
Landesprodukten-Börse Stuttgart vom 4. August. Die heutige Börse verlief bei starkem Besuch von Seiten der Verkäufer und völliger Lustlosigkeit von Seiten der Konsumenten beinahe geschästslos, cs kamen nur wenige Abschlüsse zur Anzeige, und zwar zu denselben Preisen, wie vor 8 Tagen. Ueber Mehlabsatz wird sehr geklagt. Wir notiren: Waizen, bair-, 8 fl. 48 kr. Kernen 8 fl. 42 bis 45 kr. Hafer 5 fl. 12 kr. Mehlpreisc per 100 Klg. incl- Sack. Mehl Nr. 1: 26 fl. 12 kr. bis 27 fl. Nr. 2: 24 fl. 30 kr. bis 24 fl. Nr. 3: 21 fl. 12 bis 36 kr. 4: 17 fl. 36 bis 18 fl.
Regensburg, 3. August. Der deutsche Kaiser ist Hierselbst heute Abends 7 Uhr mit Benutzung der Neumarkler Ostbahn von Nürnberg eingetroffen und an dem geschmückten Bahnhose von einer großen Menschenmenge aufs Lebhafteste begrüßt worden. Das Feuerwehrkorps war zur Aufrechthaltung der Ordnung ausgerückt. Die Häuser und Straßen sind bis zum Absteige-Quartier, dem Gasthof zum „Goldenen Kreuz", reich beflaggt und von der begrüßenden Bevölkerung dicht besetzt. Eine Serenade mit Fackelzug soll srattfinden, wenn sie angenommen wird.
Kempten, 2. August. Gestern früh, bald nach 5 Uhr, zog über das Petersthaler Hörnle ein schweres Gewitter. Ein furchtbarer Schlag erfolgte, daß die Häuser zitterten, und bald vernahm man die Trauernachricht, daß in Memersch, Gemeinde Petersthal, 6 Personen, welche auf einer Viehweide mähten und, um sich vor dem heftigen Regen zu schützen, sich unter eine Tanne flüchteten, vom Blitze getroffen worden waren. Vier derselben blieben todt und zwei liegen schwer krank darnieder. Unter den Todten ist ein Familienvater, der einem andern aus Gefälligkeit mähen half, sehr zu bedauern. Er hinterläße 2 unmündige Kinder und eine Frau, die, kaum von Liner Krankheit genesen, beim Anblick der Leiche ihres Gatten auf's Neue schwer erkrankte, so daß an ihrem Aufkommen sehr zu zweifeln ist.
Darmstadt, 2. August. In der Kürze wird ein Mädchen wegen Kinds mords vor dem hiesigen Bezirksstrafgericht sich zu verantworten haben, welches erst 15, sage 15 Jahre alt ist! (Frkf. I.)
Vom Reichstag sind dieser Tage die letzten Drucksachen aus der vorigen Sitzungsperiode an die Abgeordneten versandt worden: die letzten stenograph. Berichte, Registern, s. w. Wie gewöhnlich liegt auch ein Sprechregister bei, das immerhin einiges Interesse gewährt. Delbrück, der fleißige, vielerfahrene und fast alle Materien umfassende Arbeiter im Reichskanzleramt, ist weitaus auch im Reichstag der am meisten Angespannte, mit 123 Reden. Bismarck erscheint 43mal, Michaelis 27mal, die beiden Militärs Kameke und Voigt-Rhez je 14mal. Unter den Abgeordneten nimmt wieder Laster die erste Stelle ein; 97; ihm zunächst der allzeit schlagfertige Frhr. v. Hoverbeck mit 83 und Windthorst (Meppen) mit 75. Bamberger hat sich hauptsächlich durch das Münzgesetz zu 64 Reden erhoben. Nun folgen Richter mit 51, Grumbrccht mit 47, Miguel 37, M. Mohl 37, Braun (Gera) 31, Reichensperger (Krefeld) 29, Mosle 27, v. Bcnda, v. Helldors, v. Kardorff, v. Stauffenberg je 24,