hohe Säule, von welcher ein Amphitheater überblickt werden könnte, dessen Radius wenigstens 500 Meilen lang ist. Von sonstigen Felsen, die von Schiffern so vielfach gefürchtet werden, ist keine Spur gefunden worden. Zwischen Westindien und Amerika und bis in die Nähe der Azoren ist das Wasser gleich tief, nämlich 230 Klafter, und auf der ganzen Entfernung von 2000 Meilen auch gleich warm, nämlich 62 bis 64 Gr. F. Leben ist in großen Tiefen nicht viel zu finden.
Die weibliche Schildwache.
(Fortsetzung.)
Nicht lange nach dem Kapitän verließ auch Jadwiga den weiblichen Obersten und kehrte zu ihren Eltern zurück, um die letzte Nacht unter dein Dache derselben zu schlafen.
Den nächsten Morgen stand ein jugendlicher, schlanker Musketier im Familiensaale des Hauses Niewelinski; die zierlichen Füße in hohen schwarzen Kappenstiefeln, über dem weißen Beinkleide den knappen, grünen Leibrock mit scharlachrotheu Aufschlägen, über dem Leibrock, gleich allen weiblichen Soldaten Katharinens, den grünsammlenen mit goldhaarigein kostbaren Zobel gefütterten und breit verbrämten, mit Gold reich verfchnürlen Pelzrvck, den kurzen Säbel an dem schwarzlackirten Wehrgehänge, das üppige blonde Haar unqepudert unter dem schwarzen dreieckigen Hute in einen großen Küsten geschlungen.
So nahm Jadwiga Alexandrowna Niewelinski Abschied von ihren trostlosen Eltern, welche sie segneten und ihr ebenso weitläufige als unnütze Ermahnungen auf den Weg gaben.
Daun stieg der verführerische Musketier in eine Sänfte und ließ sich von zweien seiner Sclaven in die Kaserne des Regiments Tobolsk tragen, wo er sich bei dem Kapitän Samarin zum Dienste meldete. Soweit ging Alles ächt militärisch, da in der Stube des Capiläns zwei jüngere Offiziere und einige weiß- bärtige Unteroffiziere zum Rapporte anwesend waren, als aber der Capitän und der Rekrut allein waren, stürzte der Erstere seinem Soldaten zu Füßen und der Letztere schlang seine Arme um den Hals des Vorgesetzten und bedeckte dessen Antlitz mit Küssen. Nun übersprudelten gegeuseitig die Fragen die Antworten, bis sich die Liebenden über ihre ebenso reizende als seltsame Situation verständigt hatten.
Sir saßen noch lange auf dem etwas defecten Sopha des armen Commandanten, bis der Trommelwirbel im Kasernenhose das Signal zur Musterung gab.
Es war ein köstlicher Anbick, als der junge hübsche Capitän jetzt feinen noch jüngeren und schöneren Soldaten galant an seinem Arme herabführte, ihm selbst die Muskete übergab und ihn in seine Compagnie einreihte.
Endlich war die gesammte Mannschaft in einem großen Viereck angetreten und die Obcrstcommandantin Frau von Mellin erschien in voller Uniform mit Feldbinde und Degen von ihren Offizieren begleitet und hielt Revue; als dieselbe zu Ende war, verkündete der anmuthige Oberst mit lauter Stimme, daß Ihre Majestät in besonderer Gewogenheit für das Regiment das hoch- geborne Fräulein Jadwiga Alexandrowna Niewelinski in dasselbe eingereiht habe, es werde hiermit allen Offizieren und Soldaten befohlen, dasselbe mit der einem Soldaten gebührenden Freundschaft und der einer Dame zusteheuden Achtung und Galanterie zu behandeln, «schließlich stellte Frau von Mellin die Frage, wer die Bedienung des Fräuleins übernehmen wolle.
Im Nu traten mehr als hundert Soldaten und Offiziere aus dem Gliede, unter den Letzteren Capitän Samarin, welcher, als er sich von so vielen Rivalen bedroht sah, zierlich ein Knie vor der Commandantin beugte und um diesen Dienst als ein Zeichen höchster Gunst bat.
Lächelnd wurde ihm diese Bitte als eine besondere „Gnade" gewährt und so wurde der Capitän Diener seines jüngsten Soldaten. Er begann damit, daß er, nachdem die Revue beendet war, den schönen Musketier in das Zimmer führte, welches aus Befehl der Kaiserin mit verschwenderischem Luxus für denselben in der Kaserne eingerichtet worden war. Jadwiga stieß einen Ruf der holdesten Ueberraschung aus, als sie den reizenden kleinen Raum sah. Die Mitte der Hauptwand nahm ein schneeweißes Himmelbett ein, dessen Falten ein scheinbar in der Luft schwebender Amor zusammenhielt, gegenüber hing das Bild Katharina's im Kaisermantel, die kleine Krone auf dem Haupte, unter demselben lud eine Sammtottomane zum Ruhen und Plaudern ein, eine mit allen zu den Bedürfnissen der damaligen Modedamen gehörigen Bagadellen beladene Toilette, ein Turmeauspiegel, und eine riesige Garderobe mit schönem Schnitzwerk vollendeten die Einrichtung, persische Teppiche bedeckten den Boden und dämpften
deil Schritt, im Fenster versendeten Rosen und Levkoien ihren feinen Duft.
Jadwiga war entzückt, gerührt, außer sich vor Dankbarkeit für die gütige Fee, welche ihr Leben gleich einem goldenen Märchen arrangiren zu wollen schien.
Sie blieb in der Kaserne in Allem die vornehme Dame, nur daß sie den Dienst lhun mußte, wie jeder andere Soldat, darin gab es keine Ausnahme.
Am Morgen nach der Reveille kam der liebeskranke Capitän, um die Stiefel, die Uniform und die Waffen seiner Göttin zu putzen und in Stand zu setzen, daun brachte er ihr auf silberner Tasse die Chocolade und nach dem Frühstück harrte er vor der verschlossenen Thüre, bis der Musketier die Gnade hatte, seine Toilette zu beenden.
Daun begann die Abrichtung im Kasernenhofe.
„Brust heraus!" Erst wurde die Haltung eingeschärft, dann der Schritt eingeübt, dann kamen die Handgriffe mit der Muskete und da der weibliche Soldat um hundert Procent rascher begriff und besser behielt, als die Rekruten, die man vom Pflug weg genommen hatte, so kam man rasch zum Exerzieren im Gliede und in der ganzen Compagnie.
Nach den UebungsstmHen durfte Jadwiga ruhen, dann servirte der Capitän das Diner, Nachmittag wurde wieder cxcer- zirt, daun nach dem Zapfenstreich Thee genommen und geplaudert, geistreich und kindlich, albern und ernsthaft, wie eben zwei liebenswürdige, unschuldige Liebende plaudern.
Der Abschied bestand gewöhnlich darin, daß der Capitän einige Exerzitien repetirte.
„Habt acht — Präsentirt das Gewehr — Schultert — Bei Fuß!" Dann ohne Flinte: „Habt acht — Marsch — Halt!"
Jetzt stand der Rekrut unmittelbar vor seinem Exerzir- meister.
„Zur Generaldecharge — Fertig — Schlagt an — Feuer —!" und zwei jugendliche, frische Lippen brannten im feurigsten Kusse auf einander.
Jadwiga war etwa zwei Wochen Soldat und hatte wiederholt au den Exerzitien des Regiments theilgenommen, sowie den Dienst in der Kaserne versehen, auch zu einer Parade war sie ausgerückt gewesen und hatte einen huldreichen Blick der Kaiserin empfangen, welche im Amazonenkleide, den Hut mit Tannen- rcisern begränzt, auf ihrem berühmten Schimmel die Front der Truppen abritt und sie sodann defiliren ließ. Es war an dem Mittwoch der dritten Woche ihres Kriegsdienstes, als Samarins Compagnie die Wache im Winterpalaste traf.
Der junge Capitän führte Schlag zwölf Uhr Mittag seine Truppe mit klingendem Spiele und fliegender Fahne, die Geliebte als Flügelmann im dritten Gliede des ersten Zuges, vor der Hanptwache aus, löste die einzelnen Posten und schließlich die wachehabende Compagnie der Preobraschenkskischen Garden ab und zog sich dann in das Jnspeklionszimmer zurück, während Jadwiga, die Arme auf der Brust gekreuzt, in ihrem prächtig warmen Pelzrocke vor den Gewehren auf und ab stolzirte, die Vorübergehenden musterte und von denselben noch neugieriger gemustert wurde.
Auf einmal entstand lebhafte Unruhe unter dem Volke auf dem Postplatze, Alles drängte in einen Knäuel zusammen, der sich ebenso rasch in ein langes Spalier löste, durch welches mit Blitzesschnelle ein phantastischer Schlittenzug auf den Wimerpalast zuschoß.
Die Wache rief in das Gewehr und kaum hegten die Leute Zeit, anzutreten, so waren die Vorreiter in ihren grellrothen Kosakenanzügen schon vorbeigejagt und es folgte ein großer, vollkommen schwarzer Schlitten, dessen Kopf ein schwarzer Schwan bildete, und in dem Schlitten ganz in schwarzen, glänzenden Bärenfellen saß die Kaiserin Katharina, vom Kopf bis zum Fuße in schneeweißen Hermelin gekleidet, eine hohe runde Kosakenmütze von Hermelin auf dem Kopfe. Den Platz neben ihr nahm ein großer schöner Mann, mit ebensoviel Rohheit als Hoch- muth des Gesichtsausdruckes ein, es war ihr Günstling, der Generallieutenant Graf Orloff.
Die Wache präsentirte, die Fahne wurde gesenkt, die Trommel gerührt; die Kaiserin überflog die Truppe mir einem raschen Blicke und erkannte Jadwiga, welcher sie mit dem weißen Handschuh lebhaft zuwinkte.
Graf Orloff zog die Brauen zusammen und blicktetzzurück, er fürchtete einen Nebenbuhler gefunden zu haben, als aber fein Auge Jadwiga traf, lächelte er freudig überrascht und grüßte gleichfalls, indem er seinen Hut artig lüftete.
(Fortsetzung folgt.)
Herrenloses Mast.
In der Mühle des Gottlob Widmaier in Wildberg wurden ca. 2 Ctr. ge-
schrotenes Malz aufgefunden.
Amtliche und Privat-Bekanntmachungen
An den rechtmäßigen Eigcuthümer ergeht hiemit die Aufforderung, seine Ansprüche bei der Unterzeichneten Stelle innerhalb 1L Tugen geltend zu machen, da nach fruchtlosem
Ablauf dieser Frist anderweitig über das selbe verfügt werden wird.
Reuthin, 1. August 1873.
K. Kameralamt.