Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.
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Dienstag den 5. August.
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LageS-Neuigkeiten.
In Altin gen, O A. Herrenberg, schlug am 27. Juli, Nachmittags 1 Uhr, der Blitz in ein Wohnhaus und richtete große Zerstörungen an. In Loffenau, O. A. Neuenbürg, schlug am gleichen Tage, Morgens 6 Uhr, der Blitz in ein dreistöckiges großes Wohnhaus, in Folge dessen dasselbe säst ganz abbrannte.
Stuttgart, 30. Juli. Es scheint, nach dem Resultate der bisher von den Behörden angestellten Untersuchungen, erörtert worden zu sein, daß Hr. Gutsbesitzer Schwaderer nicht durch Ver- brecherhanv sein Leben verloren hat, sondern in Folge eines Unfalls, entstanden durch sein schwaches Augenlicht und die große Hitze, welche ihm eine starke Betäubung verursachte.
Stuttgart, 1. August. Die Stadtgemeinde nimmt jetzt zu außerordentlichen Ausgaben, sowie zur Einlösung zweier früherer Anlehen von zusammen 1,400,000 fl. ein Anlehen von 6 Millionen Mark oder 3,500,000 Gulden auf, worüber sie mit dem Reichs-Jnvalidenfonds in Unterhandlung steht. Der Stadt- pfiege-Etat für 1873/74 (ordentlicher Dienst) wurde gestern Abend definitiv festgestellt zu 454,852 fl. Einnahmen und 1,532,844 fl. Ausgaben, was ein Deficit ergibt von 1,077,092 fl. Davon werden 117,229 fl. durch Mittel des Grundstocks, des Restvermögens und etwa 29,000 fl. aus dem neuen Anlehen gedeckt, weil sie zu productiven Ausgaben von bleibendem Werth verwendet werden. Die weiteren 950,000 fl. werden auf Grund-, besitz, Gebäude und. Gewerbe nach dem Steuer Cataster umgelegt. Von den 1871 ortsanwesend gewesenen 91,623 Einwohnern sind nur 32,098 in Stuttgart geboren, 49,942 in anderen Gemeinden Württembergs und 9583 außerhalb Württembergs.
Reutlingen, 29. Juli. Gestern holten die zwei Söhne eines hiesigen Fuhrmanns, 14 und 16 Jahre alt, Gypssteine bei Entringen. Während sie mit dem vollen Wagen die steige herunterfuhren, brach die Mücke und als der jüngere der Brüder vorspringen wollte, um den Wagen mit anzuhallen, fiel er und der Wagen ging ihm über den Arm, so daß der Ellenbogen total zerquetscht wurde. Er stand selbst wieder auf und sagte auf die Frage seines Bruders, es mache nichts, nur der Arm thue ihm wehe. Sodann setzte er sich auf den Wagen und eine halbe Stunde darauf starb er. Der Tod war in Folge von Verblutung eingetreten; der Arm war so stark verletzt, daß er sofort hätte abgenommen werden müssen. Der Schrecken der Eltern war ein großer, als Abends gegen 10 Uhr der ältere Bruder vor dem Hause anfuhr und den jüngeren todt im Wagen hatte.
Rosen seid, 31. Juli. Unsere Staet ist heule wieder eine Stätte des Jammers und Entsetzens geworden, nicht durch Feuer oder Hagel, sondern durch den Tod. Es war uns auf heute die Besatzung der Burg Hohenzollern, 112 Mann stark, die in ihre Garnison Freiburg zurückkehrte, ins Qnartier angesagt, zu deren, freundlichem Empfang alles bereit war, der aber ein trauriger werden sollte. Denn eine Viertelstunde von hier und noch in der Stadt wurden viele von der drückenden Hitze niedergeworfen. Einige erholten sich wieder, aber sechs erlagen und liegen nun, nachdem sie Morgens fröhlich den Zollern verlassen, als Leichen in einem hiesigen öffentlichen Gebäude, während andere fünf noch zwischen Leben und Tod schweben. Dem Kom- mandirenden kann kein Vorwurf gemacht werden, da er nach einstimmigem Zeugniß der Soldaten ihnen den Marsch auf jede Weise zu erleichtern gesucht hat. Nachschrift. In dem von mir eingesandten Artikel sind statt 6 Todten 8 aufzuführen, indem zwei weitere eben verschieden sind. (St. A.)
München, 1. August. Vom Ministerium ist den sämmt- lichen Staats- und sonstigen öffentlichen Kaffen die fernere Annahme der östreich! schen Ein- und Z w e i g uld e n st ücke untersagt worden und es bleibt auch fernerhin die Annahme der niederländischen Ein- und Zweieinhalbguldenstücke, welche in Bayern schon seither als kastenmäßige Münzen nicht zugelassen waren, ausgeschlossen. (S. M.)
Kempten, 29. Juli. Unter den Verwüstungen, welche
die Gewitter in den letzten Tagen angerichtet haben, sind die des Fleckens Jmmenstadt, über welches gestern Abend ein Wölten bruch niederging, die ärgsten. Die „Kempt. Ztg." berichtet hierüber: „Das Gewitter hat sich vortsetbst gegen 5'/» Uhr Abends in einer wolkenbruchartigen Weise entladen; unter unaufhörlichem Blitzen und Donnern, bei mild rasendem Sturme hat sich der Regen stromweise ergossen, der Art, daß binnen Kurzem der Steigvach über sein Bett getrieben wurde. Entwurzelte Sträucher und Bäume, losgerissene Sparren und Balken, welche bald dem Bette entlang getrieben wurden und sich dort ausstautcn, verhinderten vollends den Lauf wes wilden Gebirgswassers, so daß dieses in wenigen Minuten den Ort selbst bis zu einer Höhe von 2'/» Metern unter Wasser setzte und seine brausenden Wellen gegen die Häuser trieb. Alles dieses ereignete., sich mit solcher Schnelligkeit, daß die Einwohner kaum die Zeit gewinnen konnten, die Erdgeschosse zu verlassen, um in den oberen Hausräumen Rettung zu suchen. Leichtere Stallungen wurden sofort sammt dem darin befindlichen Vieh -weggerissen und die losgewordenen Balken hoch emporgeschleudert. Die Gewalt der Wogen wuchs in kürzester Frist zu einer solchen Heftigkeit, daß auch die festeren i Wohnhäuser dem wüthenden Elemente keinen Widerstand leisten konnte»; ganze Unterwerke schoßen dahin, und die oberen Etagen mit ihren Insassen wurden dahingetrieben. Fünf bis sechs Wohngebäude sind auf diese Weise zerstört worden. Die eiserne Ueber- gangsbrücke in der Nähe der Seilerwaareufabrik wurde wie ein leichter Holzsteg in die Fluchen geworfen, die Wehrbauten der genannten Fabrik, sowie die benachbarte Sägemühle gänzlich zer- Pört; aus dem Landgerichtsgcbäude wurde ein großes Stück herausgerissen, und das Innere dadurch offen gelegt; das Theater ist durchbrochen worden; die kräftigen Pfeiler der Eisendahnbrücke stehen gebogen da, so daß eine Beförderung der Züge wegen der drohenden Gefahr vorläufig unterbleiben muß. In den Kaufläden, welche in ihrer ganzen Höhe unter Wasser gesetzt wurden, sind fast sämmrliche Maaren verdorben und weggeschwemmt worden; kurz, das angerichtete Unheil läßt sich kaum schildern. Bis jetzt ist der Tod von 5 Personen festgestellt worden, und sechsundfünfzig weitere Personen sind als vermißt amtlich angemeldet, unter welch' ersteren sich auch eine Kaufmannsfrau befindet, die nebst Dienstmädchen in ihrem Laden von der hereinbrechenden Wassermasse erfaßt wurde und ertrinken mußte. Der Gesammt- schaden läßt sich noch nicht übersehen. Die Stadt bietet zu dieser Stunde einen höchst traurigen, trostlosen Anblick; Balken, Bäume, Haustrümmer und todtes Vieh aller Art bedecken die Straßen, welche mit Schlamm und herangetriebenem Gestein gefüllt find. Die hiesige Feuerwehr bereitet sich. auf ergangene Requisition, zur Abfahrt vor, um bei den nothwcndigen Auspumpungen hülf- reiche Hand zu bieten."
Der König von Bayern hat die Deputaten, welche bei ihm die Bitte anbringen sollte: Dem bayerischen Bevollmächtigten im Bundesrath den Befehl zu geben, jeder weiteren Ausdehnung des Jesuitengesetzes im Bundesrathe entgegenzutrelen, nicht empfangen, weshalb die darauf bezüglichen Wünsche auf schriftlichem Wege zur Kenntniß des Königs gebracht wurden.
Als die zum Tode verurtheilten Ra ub mörder Marchner aus dem Schwurgerichtssaal zu Amberg nach der Frohnfeste zurückgeführt wurden, waren alle Straßen dicht mit Menschen besetzt , die ihnen Flüche und Verwünschungen nachschleuderten. Gleichgültig schritt der Vater, frech und trotzig der Sohn durch die empörte Menge. Da, in der Nähe der Frohnfeste, stellte sich dem jungen Marchner plötzlich ein armer Knabe mit einem Stelzfuß in den Weg, dem Verbrecher zurufend: „So jetzt hast Du Deinen Lohn; es hält' keine Gerechtigkeit auf Erden und im Himmel geben, wenn Du nicht noch auf das Blutgerüst kommen wärst! Daß Dir der Kopf abgehaut wird, das hast Du um mich schon allein verdient!" Sprach's und verschwand in der Menge. Diese eigenthümlich erschütternde Scene fand ihre Begründung darin, daß der in der Nähe Thalmassing's beheimathete Knabe vorigen Herbst am Wege saß, und sich vergebens abmühte, ihm zu enge Stiefeln, welche ihm die Haut abgerieben hatten, vom Fuße zu bringen, als eben Taver Marchner vorübcrfuhr. Auf dessen Fragen, was ihm fehle, klagte der Knabe sein Leid,