Breslau, 28. Juli. Der „Schlesischen Presse" zufolge hat der Erzbischof L ed o ch o w ski angeordnel, daß am 12., 18., und 14. August in allen Kirchen seiner beiden Erzdiözesen öffentliche Gebete für „die schwer verfolgte und bedrängte Kirche" gehalten werden, indem er vollkommenen päbstlichen Ablaß verheißt.
Wien, 25. Juli. Heute besuchten Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich de» deutschen Theil der Weltausstellung. Besonders eingehende Besichtigung erfuhr der deutsche Unterrichtspavillon, in welchem Seine Majestät nahezu ^,4 Stunden zubrachten. Unter den Unterrichtsausstellungen des deutschen Reichs erregte die hervorragende Aufmerksamkeit Seiner Majestät die Württembergs sche Ausstellung, welche von Sr. Excellenz dem Präsidenten v. Sleinbeis erläutert wurde. Der Kaiser erkundigte sich nach vielen Einzelnheiten und sprach sich bei Betrachtung der physikalischen Schulapparate und der sonstigen naturkundlichen Lehrmittel Württembergs sehr erfreut darüber aus, daß in Württemberg die obligatorische Einführung des naturkundlichen Unterrichts in sämimliche Volksschule gelungen sei. Bei Besichtigung der Arbeiten der Fortbildungsschulen druckte der Kaiser leine besondere Anerkennung über die Allgemeinheit, Vollkommenheit und Verbreitung dieses Unterrichts bis in kteine Ortschaften aus. Die Ausstellung der Stuttgarter Kunstgewerbeschule wurde besonders geschmackvoll befunden. Von der Ausstellung der Bangewerkschule fand neben der Vollendung der von den Schülern selbst gefertigten Entwürfe die graphische Darstellung der Statistik der Anstalt besondere Anerkennung. Seine Majestät drückten sich bei dieser Gelegenheit dahin ans, Laß Württemberg im Unterrichtswesen sehr vieles und sehr Interessantes ausgestellt habe.
W i e n, 26. Juli. In der heutigen Sitzung des Gemeinderaths theille der Vorsitzende Dr. Rewald mit, daß Se. Majestät der König von Württemberg vor seiner Abreise zur Verlheilung an die Armen Wiens eine Summe von 3500 fl. gespendet habe. Die Versammlung erhob sich zum Ausdrucke des Dankes von den Sitzen. (St.-Anz.)
Versailles, 26. Juli. Heute um 1 Uhr fand in der Schloßkapelle ein Gottesdienst statt, um dem Himmel für den Segen zu danken, den er der Session der Nationalversammlung gespendet. Der englische Gruß wurde von der Gräfin Grandvall und anderen Damen und Zöglingen der Versailler Normalschulen gesungen. Deputirte waren wenige anwesend, wohl aber Mac Mahon und die Minister, deren Frauen Geld einsammelten. — Um 1',4 Uhr schlug der Blitz in das Versailler Schloß.
Gras Beusi ist nervös geworden, er kann seinen Namen öffentlich nicht mehr nennen hören, ohne zusammen zu fahren. Daran sind nicht nur die alten sächsischen Vinculirungsgeschich- ten, sondern auch die »euere» französischen Schuld. Der Herzog Gramont hat ihn voriges Jahr mit seinen Enthüllungen nervös gemacht und dieses Jahr hat's Graf Chaudordy, der Gam- bena'sche Minister des Aeußern, besorgt, lieber die Deusl'schen diplomatischen Manöver machte er Mittheiluugen in der betr. Unterslichnngskommission in Versailles. Es geht ans ihnen hervor, daß Graf Beust 1870 gerade so gut sich mit Revanche-Gedanken trug, wie die Franzosen jetzt, natürlich auf Kosten seines über alles geliebten Deutschland. Chaudordy sagte aus: „Oest- reich rechnete auf französische Siege und war bereit, von ihnen zu prositiren, es war aber wegen der lleberstürzung der französischen Kriegserklärung außer Stand, sofort militärisch einzugreifen Da auch Italien nicht gerüstet war, und Rußland zu Gunsten Preußens aufzutreten Miene machte, so schloß man keine Alliance, sondern einen Vertrag, nach welchem Oestreich und Italien sich verpflichteten, neutral zu bleiben bis zu dem Augenblick, in welchem sie zu Gunsten Napoleons eintreten könnten. Dieser Augenblick sollte der sein, wo es der französischen Armee gelingen werde, den Rhein zu überschreiten, im Süden Deutschlands einzudringen und bei München den östreichischen und italienischen Truppen die Hand zu reichen." Nach der verlorenen Schlacht bei Wörth — so schließt Chaudordy seine Aussage — war der Vertrag annnllirt, denn die erste Bedingung, das Eindringen in das südliche Deutschland, war unmöglich geworden. Das, was Beust's Vertrag bedeutete, faßt das Gotha- ische Tageblatt so zusammen. Oestreich und Italien sollten unter dem Deckmantel einer Neutralität verrätherisch rüsten, um dann, wenn die entscheidenden Siege von den Franzosen erfochten, wenn die Hauptsache gethan war, mit den frisch gesammelten Kräften auf den schon ermatteten Feind sich zu stürzen; Oest- reich und Italien sollten nur dem gehetzten Wilde den Genicksang geben, eigentlich nur zum Halali eintreffen. Und dies lediglich aus dem feigen Grunde: um von den Siegen der Franzosen aus recht billige Weise „zu prositiren." Hätte aber wohl Napoleon de» nachzüglerischen, marodirenden Alliirten einen Prosit überlassen sollen, ohne selbst erst den ihm gebührenden Lö- wenantheil vorweg zu nehmen? Sicher nicht; dieser Antheil aber wäre das deutsche Nheinufer gewesen, dessen Uebergabe bekanntlich ja selbst Renan behufs der Abrundung Frankreichs für noth- wendig erklärt Hane. Das wußte Beust sehr wohl, dennoch aber schloß der deutsche Patriot einen Vertrag, der lediglich dahin
zielte, deutsches Land den Händen des Feindes zu überliefern und die Wehrkraft Oestreichs diesem Feinde Handlangerdienste leisten zu lassen. Durch die ganz unerwartet gekommene Wendung ist der annullirte Vertrag lediglich geschichtliches Material zur Prüfung des sittlichen Gehaltes verschiedener Staatsmänner geworden; der nachgemachte Schimmer, den Graf Beust durch eifrige Selbstreklame um sich zu verbreiten bemüht war, ist für immer beseitigt.
Die 'Nationalversammlung in Frankreich artet immer mehr in ein Concil aus. Aus der jüngsten Tagesordnung standen: Einführung einer Armeegeistlichkeit, Errichtung einer Kirche zu Ehren des heiligen Herzens Jesu und Anrufung des heiligen Geistes für die Arbeiten der Versammlung. (Letzteres scheint wirklich sehr nöthig zu sein.) Man sah sich unwillkürlich um, ob nicht ein Weihbecken an die Stelle der Glocke getreten sei und ob nicht der Präsident den Oppositionsrednern den Teufel austreibe, statt sie zur Ordnung zu rufen. General Robert stellte „das heilige Sakrament, dieses verehrte Zeichen der leibhaftigen Gegenwart Gottes" inmitten der Versammlung aus und forderte sie auf, auf die Knie zu fallen, das Haupt zu neigen und betend Beschlüsse zu fassen. — „Bald wird es wieder dahin kommen, daß die Conduitenlisten der Offiziere von den Beichtvätern des Regiments geführt werden, daß unkirchliche Liebesverhältnisse zum Rapport gelangen, die Cameraden sich wechselseitig geheim überwachen und diese Ueberwachung durch Gensdar- merieossiziere von Garnison zu Garnison organisirt und von den Feldpakres durch Vermittelung der Bischöfe bis zum Marschall und Minister hinauf praktizirt wird."
Die Stadt Paris hat seit 1865 um 150,000 Bewohner zugenommen und zählt jetzt deren 2,150,216. Es existiren 78,575 Häuser und 2,366 Straßen. Von den verschiedenen Berufsklassen heben wir hervor: 3,691 Maurermeister, 300 Hebammen, 1,198 Damenschneiderinnen, 3,748 Herrenschneider, 467 Korsett- sadrikanten, 5,351 Restaurateure, 3,812 Weinschenker, 2,982 Cafetiers, 34 Tanzmeister, 675 Optiker, 218,840 Metallarbeiter, 527,046, die sich durch Fabrikation und Handel mit Luxusgegenständen nähren, 816 Photographen und 366,518 Rentiers.
Mailand, 27. Juli. Der Schah von Persien ist von Turin kommend um 4'/4 Uhr hier eingetroffen und von dem Kronprinzen und den Spitzen der Behörden am Bahnhofe empfangen worden.
Am 21. Juli, hundert Jahre nach der Unterdrückung der Jesuiten durch den vormaligen Franziskanermönch und nach- herigen Papst Clemens XIV., wurde im Universitätsgebäude zu Neapel nachstehende Inschrift eingeweiht: „Dem Papste Clemens XIV., welcher durch die Bulle vom 21. Juli 1773 die Gesellschaft Jesu aushob, setzt die Universität Neapel dieses Denkmal.
Madrid, 25. Juli. Die Insurgenten in Chartagena rüsten Schiffe aus, um die preußische Fregatte anzugreifen; es fehlt ihnen jedoch an Offizieren, Mechanikern und Matrosen, da sich kein spanischer Marine-Offizier unter ihnen befindet und die Matrosen fortwährend desertiren.
Madrid, 26. Juli. Die preußische Fregatte hat die Gefangenen der „Vigilante" in Chartagena in Freiheit gesetzt, nachdem die Insurgenten den preußischen Konsul, der Spanier ist, sowie dessen Familie zu erschießen und sein Haus anzuzünden drohten. Die Insurgenten versprachen bis zum 28. Juli keine Schiffe anslansen zu lassen, auf daß die Offiziere der preußischen Schiffe bis dahin Instruktionen von ihrer Regierung empfangen können.
Madrid, 27. Juli, Abends. Sevilla und Valenzia boten ihre Unterwerfungen unter gewissen Bedingungen an; die Regierung fordert bedingungslose Uebergabe. Die Nachricht von der Belagerung Bilbao's durch die Karlisten wird dementirt.
Madrid, 28. Juli. General Pavia eröffnete gestern das Feuer auf Sevilla. Die Insurgenten in Granada setzten den Bischof in Freiheit, nahmen dagegen vieke Verhaftungen unter den Einwohnern vor und legten den Reichen Steuern auf. Die Regierung wünscht die Rückgabe des „Vigilante" von dem Konsul in Gibraltar.
Das „Diario Espannol", ein allerdings mehr conservatives Blatt, gibt folgende Uebersicht der Stimmung in Spanien: „Gutsbesitzer: Pacht geht keine ein; wir sind überbürdet mit Stenern, und die Grundstücke, welche die von den Gemeindebehörden beschützten Communisten sich angeeignet haben, sind für uns so gut wie nicht vorhanden. Großbauer: Ein Theil unserer heurigen Ernte wird uns durch die übermäßigen Forderungen der Tagelöhner, der andere durch die unerschwinglichen Steuern aller Art und die hohe Pacht verloren gehen. Rentier: Zwei Drittel unseres Capitals sind dahin; die Zinscoupons werden nicht bezahlt und wir haben' nicht von der Hand in den Mund zu leben. Geistliche: Wir gehen zu Grunde; seit Jahren bekommen wir keinen Gehalt; wir leben kümmmerlich von Stolgebühren und Almosen, die nicht einmal zum täglichen Brod reichen. Es ist fast überflüssig, daß man uns noch mit dem Tode bedroht. Kaufmann: Von Geschäften keine Rede;