UmtsblM für den OberaNtsbezirk Nagold.
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T a g - s - N e u i g k - i t e n.
** Nagold, 27. Juli. Ein kleines, aber liebliches Fest fand am Jakobifeierlag in Altenstaig statt. Der Verein zur Versorgung verwahrloster Kinder des Bezirks hielt nemlich feine Jahresfeier. Die Kinder sammelten sich mit ihren Pstegeeltern im Gasthof zum Waldhorn, wo sie vor und nach der Feier in der Kirche bewirthet wurden. Für diesen Zweck verwilligte die Stadt Altenstaig den schönen Beitrag von 12 fl., was dankbar anerkannt wird und wohl Nachahmung finden dürste. — Die Eröffnung der Feier geschah nach dem einleitenden Chor- und Gemeindegefang durch den Ortsgeistlichen, Sladtpsarrer Göz, welcher das Eingangsgebet sprach. Dekan Freihofer erstattete, an Ezechiel 34, 11. 12 anknüpfend, den Jahresbericht des Vereins. Diesem interessanten Berichte entnehmen wir folgendes. Die Zahl der fest dem 26jährigen Bestehen des Vereins versorgten Kinder ist 128. Gegenwärtig befinden sich 33 Kinder, nemlich 26 Knaben und 13 Mädchen in der Pflege des Vereins, eine noch nie überschrittene Zahl. Mit Ausnahme eines Kindes, das besonderer Umstände halber in der Nettungsanstalt Lichtenstern unter-gebracht ist, werden alle dem Verein übergebenen Kinder in Familien unserer Diöcese verpflegt. Erfreulich ist, daß es dem Verein, der voriges Jahr in ziemlicher Bedrängniß war und daher einen Hilferuf ergehen lassen mußte, im abgelaufenen Jahre an den Mitteln zur Versorgung der Pfleglinge nicht fehlte, obwohl am Schlüsse der letzten Jahresrechnung nur 3 fl. 19',- kr. in der Kasse waren. Dem Mangel wurde abgeholfen theils durch erhöhte Kirchenopser, theils dadurch, daß überhaupt manche Herzen erweckt wurden, für diesen Zweck darzureichcn, wofür herzlich gedankt wurde. An tauglichen Familien zur Aufnahme der Kinder, welche nach dem Ausspruch des Berichterstatters die Kraft des Vereins sind, hats im letzten Jahre auch nicht gefehlt. Es folgten sodann Mittheilungen über die Pfleglinge, die meist erfreulich sind; leider mußte man an einigen derselben auch betrübende Erfahrungen machen, welche namentlich der Einwirkung der Angehörigen auf die Pfleglinge zuzuschreiben sind. Pfarrer Binder von Walddorf hielt sodann mit den 30 anwesenden Vereinskindern über das Gleichniß vom verlorenen Schaf (Luc. 15, 3—7) eine ansprechende Katechese. Pfarrer Zeller von Ebhausen machte den Schluß mit Rede und Gebet. Er sprach unter Zugrundlegung von Lucä 9, 46—49 über die Nothwendigkeit und Wichtigkeit des zu treibenden Werkes, sowie über die Art und Weise, wie es am segensreichsten betrieben werden könne. Das vielen noch unbekannte Fest war von Einheimischen und Fremden ziemlich zahlreich besucht; gewiß kehrte keiner der Anwesenden ohne gute Anregung nach Hause zurück.
8 Nagold, 28. Juli. Am gestrigen Sonntag wurde unsere Stadt wieder ein wenig aus ihrer Ruhe aufgescheucht. Ursache war der hiesige Turnverein, der mit Sang und Trommelschlag den zum Besuch eingetroffenen Alteuftaiger Turnverein abholte und dann vom Lokal aus auf den Turnplatz geleitete. Zeigten sich bei dem vor pielen Zuschauern auf den leider baufälligen Gerätschaften ungehaltenen Kürturnen die Leistungen des hiesigen Vereins auch nicht gerade bewunderns werth so waren sie doch genügend genug, um Anerkennung zu verdienen, besonders wenn man bedenkt, daß der Verein erst seit April sich neu organisirt hat. Möge derselbe mit nie erlahmendem Eifer den schönen Zweck stets streng im Auge behalten, so wird ihm gewiß auch Achtung und Anerkennung zu Thcil werden, die ihm durch sein edles Streben gebührt.
Calw, 24. Juli. Kaum sind die letzten Spuren der großen Zerstörungen, welche der am 5. v. Nils, gefallene Wollende n ch an den Feldern, der Stuttgarter Straße und in den Häusern bei dem Stuttgarter Thor angerichiet Hai, beseitigt, und schon
Einrückungsgcbühr für die kleine ,
den 29 . Aull. Zeile aus gewöbiüiHer Schritt 18/3.
je 2 Kreuzer.
wieder muß über eine Wiederholung dieses fatalen Nalur-Ereignisses berichtet werden. Im Gefolge zweier heftiger Gewitter, welche beinahe während der ganzen vorigen Nacht den Horizont unausgesetzt erhellten, fiel ans der .Höhe nordöstlich von der Stadt in der 'Nähe der Schasschcucr gegen 2 Uhr wieder ein Wolkenbruch, dessen Wassermenge sich jedoch glücklicher Weise veriheilte, indem ein Theil im Thälesbach nach Hirsau, der andere Theil aber wieder im Ziegelbach nach Calw ablief. Der letztere schwoll im Verlauf weniger Minuten so hoch an, daß sein Bett die gc- sammte Wassermasse nicht aufzunehmcn vermochte. Die Stuttgarter Straße wurde überschwemmt, bei den Eisenbahnbrücken auch wieder rheilweise zerrissen, und wälzte sich das Wasser 1 Meter hoch dem Waldhorn zu. Die Parterre-Gelasse der Häuser beim Stuttgarter Thor (Adler, Kaufmann Kraushaar, Bierbrauer Keller rc.) standen alsbald wieder unter Wasser. Doch war cs bei rechtzeitiger Warnung der Hausbesitzer, und weil die Fensterläden, und Hauslhüren geschlossen waren, dieses Mal noch möglich, Waren und Geräthe rechtzeitig zu flüchten. Dagegen wird die Wegräumung von Steinen, Sand und Schlamm, womit die Straße wieder bedeckt ist, abermals nicht unerhebliche Kosten verursachen Der Verkehr mit dem Bahnhof wird diesen Morgen noch durch die Badgasse und die eine Viertelstunde oberhalb der Stadl befindliche Brücke am sog. Oelenderle vermittelt.
Stuttgart. Wie wir vernehmen, haben die Rekruten der württembergischen Reiter-Regimenter am 5. November, die der übrigen Waffengattungen am 5. Dezember einzurücken. Nach den Anfangs des Monats September zu Ende gehenden Herbstübungen wird eine größere Uebersetzung der Mannschaft zur Reserve eintreten. (B.-Z.)
In Herrenalb ist gestern ein hochberühmter Mann, Se. Excellenz der Königl. preußische Kriegsminister Graf v. Roon als Badegast angekommen.
München, 24. Juli. Die Stadt Cham (Oberpfalz) wurde fast ganz durch Brand zerstört. — Die Gemahlin des früheren Ministerpräsidenten Frhrn. v. d. Pfordt en ist auf der Eisenbahn bei Ragatz (Schweiz) überfahren worden und blieb alsbald todt. Die Leiche trifft heute hier ein. (S. M.)
München, 25. Juli. Graf Friedrich Holnstein aus Baycrp , wurde durch heutigen Wahrspruch der Geschworenen des betrügerischen Bankerotts als Inhaber der Dachauer Bank für schuldig erachtet und vom Gerichtshof, ebenso wie seine übel beleumundeten Mitschuldigen, Schneider Knipper und Metzger Brod zu je einem Jahr Zuchthaus verurtheilt. Von dieser Strafe wurden je drei Monate als durch die Untersuchungshaft bereits verbüßt erklärt.
Amberg, 22. Juli. Das oberpfälzische Schwurgericht hat heute den Söldnerssohn Xaver Marchner von Thalmassing wegen vier Verbrechen, des Mordes, eines Verbrechens des Mordversuchs und eines Verbrechens des Raubes, und den Vater des X. Marchner, Joseph.Marchner, wegen Anstiftung und Hülfeleistung zu diesen Verbrechen, beide zum Tode verurtheilt. Der ein gräßliches Bild menschlicher Verworfenheit entrollende Thatbestand, wie ihn die Untersuchung feststellte, ist folgender: Am 7. Januar d. I. wurde der Wegmacher Lorenz Stang unweit seines 400 Schritte von dem Orte Thalmassing, Bezirksamts Regensburg, entfernt gelegenen Hauses, blutbedeckt und noch röchelnd, auf dem Gesichte im Straßengraben liegend, aufgefunden. Der Ortsbürgermeister von Thalmassing, dem hiervon Mittheilung gemacht wurde, begab sich mit einigen Knechten an die bezeichnete Stelle. Der ganz Erstarrte, völlig Bewußtlose wurde in seine Wohnung geschafft. Dort bot sich dem Bürgermeister und seinen Begleitern ein entsetzlicher Anblick dar. Auf dem Stubenboden lag die ihrer Entbindung nahe Ehefrau des Stang; sie war durch Zerschmetterung der Hirnschale getödtet. An den Leichnam der Mutter sich anschmiegend, bemerkte man ihre neunjährige Tochter Crescenz! sie trug schwere Verletzungen am Kopfe, lebte zwar noch, war aber ohne Bewußtsein. Aus der Schwelle der Nebenkammer mit den Füßen in dieser, mir dem zerschlagenen Schädel aber in der Wohnstube, lag das dreijährige Mädchen Maria Stang, aus dem Boden der Kammer aber das einjährige Knäblein Johann Stang, anscheinend nnver-