Amtsblatt für den Oberauttsbezirk Nagsld.
Nr. 84
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1873.
Amtliches.
An die Ortsbehörden.
In Vollziehung des Gesetzes vom 13. April 1873, betreffend die Führung der Güterbücher durch Gemeindebeamtc, werden die Ortsbehörden veranlaßt, in Bälde gcmeinderälhlichen Beschluß darüber herbeizuführen, welchem Beamten die Fortführung des Güterbuchs vom 1. Juli 1873 an übertragen werden will und das Ergebnis; der Wahl spätestens bis Ist. August hieher anzuzeigen.
Den 21. Juli 1873. K. Oberamtsgericht.
Kißling.
Tag-«-Nettigkeiten.
Stuttgart, 20. Juli. Seine Excellenz der kommandi- rende Herr General, Generallieutcnaui v. Stülpnagel, haben Sich mit Allerhöchster Genehmigung Seiner Majestät des Königs zum Gebrauch einer Kur nach Baden-Baden in Urlaub begeben und werden voraussichtlich zum Beginn der Herbstübungen wieder hier cintreffen. (St.-A.)
Stuttgart, 20. Juli. Windthorst, die kleine „Excellenz", die „schwarze Perle von Meppen", war einige Tage hier und hat in unsere ultramontanen Kreise trotz der argen Hitze einiges Leben gebracht. Im katholischen Casino vom Reichsund Landtags-Abgeordneten Probst eingesührt, hat er die Gelegenheit nicht versäumt, den Schwaben einiges Angenehme auf Kosten der jetzigen preußischen Regierung zu sagen, wozu ihm die Uhlands-Feier den besten Anhaltspunkt bot. Der noch ungestörte religiöse Friede gab Anknüpfungs-Punkte gegenüber den preußischen Kirchengesetzen, und Windthorst's Rede gipfelte in einem Toast auf Bischof Hefcle. Jndeß wird sich Windthorst doch irren, wenn er glaubte, daß, weil er im katholischen Casino so begeisterte Gesinnungs-Genossen fand, im Schwabenland sonderliche Sympathien für das Unfehlbarkeils-Dogma bei der großen Mehrzahl, besonders der Gebildeten vorhanden wären. Wenn wir au den preußischen Kirchengesetzen etwas zu tadeln finden, so sind es weniger diese Gesetze selbst, als die Handhabung derselben, welche — damit ja das Sprichwort sich bewähre: „kleine Diebe hängt man und große läßt man laufen" — sich an die Anstifter des Ungehorsams gegen die Regierung, an die Bischöfe, sich nicht wagt, aber die denselben untergebenen niederen Geistlichen allein mit Strafen verfolgt. (Fr. I.)
Auf die Bekanntmachung der K. Centralstelle für Gewerbe und Handel, daß Neisebeiträgc aus Staatsmitteln zum Besuche der Wiener Weltausstellung verwilligt werden, sind 257 Gesuche eingelaufen und unter diesen 124 berücksichtigt worden. Diejenigen Industriellen, welche Reisekostenbeiträge erhalten, werden durch die K. Oberämter noch nähere Mittheilung erhalten. (B.-Z.)
Ulm, 21. Juli. Heute wurden aus dem Laden eines hiesigen Goldarbeiters Waren im Werthe von gegen dritthalb- tausend Gulden entwendet. (St.-A.)
Am 18. d. M. ist auf dem Bahnhofe in Ulm, Nachts 11 Uhr 20 Min., der Weichenwärter Schultheiß von der dortigen Reservemaschine überfahren worden. Es wurde ihm dabei der Kopf vom Rumpfe getrennt. (St.-A.)
^^-Wildbad. Auf den Wunsch von Israeliten, deren mehrere Hunderte als Kurgäste alljährlich hier sein mögen, hat der hiesige Stadtschnltheiß mit größter Bereitwilligkeit ein geeignetes Lokal zur Abhaltung des sabbathlichen Gottesdienstes unentgeltlich eingeräumt, da ja auch eine englische und eine katholische Kapelle für die betreffenden Badgäste neben der evangelischen Stadtkirche vorhanden sei. Am jüngsten Sabbath wurde schon ein israelitischer Gottesdienst abgehalten, an dem etwa 40 Personen theilnahmen. Der anwesende Klausrabbiner von Mannheim hielt eine Rede mit vielem Beifall. (N. Z.)
Wildbad, 21. Juli. Bis heute beträgt die Zahl dck'" Kurgäste 3523, die der Passanten 1615. Von hervorragenden Fremden, die seitdem 10. d. hier einlrafcn, sind zu verzeichnen: v. Fransecky, General der Infanterie, und kommandirender Ge
neral im Elsaß, aus Straßbnrg. Frhr. v. Gagern, wirkt. Ge- heimerath, aus Darmstadt, v. Zastrow, General der Infanterie, von Berlin. Gen. v. Bcsobrasoff dus Petersburg. Polizeipräsident v. Madai, aus Berlin.
Im Bodensee sind 6 Personen, welche im Nachen übersetzen wollten, aber vom Gxrvittersturm erfaßt wurden, in der Nähe von Konstanz ertrunken.
Heidelberg, 14. Juli. Die hiesigen Aerzte haben in einer abgehaltenen Versammlung beschlossen, sich für die Zukunft in Betreff ihrer Honorare lediglich an die Bestimmungen der allgemeinen Gewerbeordnung zu halten, und hicnach die ärztlichen Taxen dem freien Uebereinkommen mit ihren Patienten zu überlassen. Doch soll die niederste Taxe (für einen Besuch oder eine Konsultation) 45 kr. und bei Nachtzeit das Doppelte betragen. Etwaige Streitigkeiten sollen durch ein Schiedsgericht von selbstgeivähltcn Vertrauensmännern ausgetragen werden.
München, 20. Juli. Die Spitzeder ist des betrügerischen Bankerotts für schuldig erklärt und zu drei Jahren Zuchthaus verurtheilt worden. Sie wurde ohnmächtig hinausgetragen; die Ehinger erhielt 6 Monate Gefängnis;, welche durch die Untersuchungshaft getilgt sind. Die übrigen Angeklagten ebenso.
Der König von Bayern hat der protestantischen Gemeinde zu Landshut 25 Centncr Kanoncnmetall zum Gusse neuer Glocken verwilligt.
Berlin, 20. Juli- Daß nicht alles Gold ist, was glänzt, zeigt auch die heute bekannt gewordene Zahlungseinstellung des berühmten Malzbier-Fabrikanten Johann H o f f, welche Nachricht auf die Börsenmänner und deren kränklichen Zustand einen so deprimirenden Einfluß ausübte, daß die Course sich verstauten. Uebrigens soll die Lage des Hrn. Hoff nicht so sehr ungünstig sein, und wenn die Gläubiger auf eine von ihm pro- ponirte dreimonatliche Prolongation ihrer Ansprüche eingehen, so wird er in der Lage sein, Alle vollständig zu befriedigen, da nach vorgelegter Bilanz seine Aktiven die Passiven um das Doppelte übersteigen, so daß es sich nur um. eine augenblickliche Zahlungsstockung handelt. — Die Einleitung der Klage des Bischofs von Ermland gegen den F-iscus wegen Vorenthaltung der ihm bekanntlich seit dem 1. Oktober v. I. gesperrten Temporalien ist jetzt, wie die „Nat.-Ztg." mittheilt, auch vom Obertribunal, also endgiltig, abgewiesen worden. — Die Schießversuche auf Langlütsensand sollen überraschende Resultate geliefert haben und die neuen 24Pfünder etwa eine deutsche Meile weit schießen.
In Berlin spuckt es immer noch gewaltig, sowohl Bauspekulanten als Börsenspekulanten kommen fast Tag für Tag in Bankerott. Für Häuser finden sich gar keine Liebhaber mehr. Dieser Häuserschwindel hat also für eine zeitlang ein Ende. — Gottlob auch in Stuttgart. (B. Z.)
Der frühere Bischof von Culm hatte einen Bedienten, der war Protestant. Wegen seiner Treue gewann ihn sein Herr lieb. Nach Jahren meinte der Bediente, daß es doch wohl die Rücksicht gegen den Herrn gebiete, katholisch zu werden Der Bischof Hörle von dem Vorhaben des Bedienten, ließ ihn vor sich kommen und erklärte ihm, an dem Tage, an welchem er katholisch werde, sei er seines Dienstes entlassen, denn der Uebertritt käme ihm nicht aus dem Herzen. Der Bediente blieb Protestant und diente seinem Herrn bis zum Ende.
Braunschweig, 21. Juli. Die grobherzogliche Burg, Schloß Heinrichs des Löwen, ist in verflossener Nacht durch eine Feuersbrunst zerstört worden. Das Montirungsdepot des 67. Regiments ist gerettet und die nahe gelegene Burgkirchc unversehrt geblieben.
W i e n, 20. Juli. Die Königin Olga hat für die Armen Wiens 3000 Mark in Gold gespendet, denselben Betrag wie die Kaiserin Augusta. — Der Generalfeldmarschall Graf Moltke wird in Wien erwartet.
— Se. Majestät König Karl von Württemberg beschließt morgen Dienstag seinen Aufenthalt in Wien. Die Abreise erfolgt an diesem Tage Vormittags um 10 Uhr vom Westbahn- hofe aus, und begibt sich der König direkt nach Ischl. Am Samstag besuchte Se. Majestät die Ausstellung im Künstlerhausc