Wlvr«

(Schluß.)

More Martin," begann ich,Ihr seid auch zu fleißig." Ei," meinte sie,wie lange werde ich überhaupt noch spinnen können " -Seid ihr denn wirklich schon achtzig Jahre alt,"

fragte ich, denn ich wußte, sie liebte es, sich in Vielem zu rühmen. Volle achtzig. Dafür seid Ihr noch sehr rüstig, Ihr bringt es sicher noch znm Hundert "Ach nein," sagte sie,sehen Sie da drüben zwischen dem grauen Stein und dem großen Kreuze das kleine Plätzchen, da werde ich begraben werden; unter dem Steine liegt meine Schwester, unter dem Kreuze mein Mann. Weit habe ich dock» nicht bis zu meinem Grave?" Und dabei lachte sie, die gute Mere Martin; so saß sie nun schon seit vielen, vielen Jahren am Fenster, blickte von der Arbeit nach dem Kirch­hof und hatte schon gar manchem Legräbniß zugeschaut. Sie war also mit dem Gedanken an den Tod innig vertraut.

So war allmählich zwischen uns eins Stimmung entstanden, die für unser materielles Wohlergehen von den besten Folgen war; denn als mein Camerad Abends von der Wache zurückkam, gab More Martin zwei derletzten" zum Vesten; das Oberbett jedoch fanden wir nicht mehr vor.

Die Einquartierung sollte aber unserer Wirthin noch Grund zu neuer Aufregung geben. Dießmal war eine Blechtasse die Veranlassung. Unser junger Camerad hatte zum Requiriren eben­soviel Talent wie Neigung. In unserem Zimmer befand sich an der Wand ein Gestell, auf dem Teller, Becher, Tassen und an­dere Dinge standen, die wohl nur an.Sonn- und Feiertagen ge­braucht wurden. Darunter befand sich auch eine unscheinbare Blechtasse, auf der, wie ich bemerkt, die Blicke des Jungen oft mit besonderem Wohlgefallen ruhten. Ich hatte ihm dann nur gesagt:Die Blechtasse bleibt da" und dieß Verbot für genügend gehalten. Am 5. November verließen wir Eix für einige Tage, um vor Verdun in die äußerste Vorpostenkette einznrücken. Wäh­rend dieser Zeit beauftragte ich einmal unseren Jungen, mir Wasser zu holen. Er lief, kam zurück und brachte mir Wasser in der Blechtasse.

Wie", rief ich,Du hast sie doch gestohlen?"Sie sehen ja, wie nützlich sie uns ist?"Ganz egal, was wird die Alte sagen, wenn wir in's Quartier zurückkommen; Du bist ein Undankbarer "Beruhigen Sie sich, sobald wir zu More Martin zurückkehren, werde ich die Tasse unbemerkt wieder an ihren Platz stellen."

Als wir später wieder in's Dorf kamen, schien More Mar­tin etwas aus der Zunge zu haben, womit sie nicht recht heraus wollte. Sie war schweigsam, und wenn nicht gerade mürrisch,

so doch nicht wie gewohnt zuthunlich. Wir saßen beim Mittagbrod. Was habt ihr denn, More Martin," fragte ich,Ihr seid ja o still?"Mir fehlt etwas."Ihr seid doch nicht krank?" ., sNein etwas ganz anderes." Ich sah den Jungen an, er winkle mir, daß Alles in Ordnung sei.Denken Sie sich," fuhr Frau Martin fort,als ich am Morgen Ihres Abrückens die Elagörc abstäubtc, fehlte mir eine Blechtasse."Nicht möglich," rief ich'Ganz gewiß, ich habe genau nachgesehen, die Blech­lasse ist weg und Sie wissen, wie man an solchen Dingen hängt, wenn man alt geworden."Mutter Martin, sagte ich mit fester Stimme (der Junge konnte das Lachen kaum unterdrücken), Mutter Martin," Ihr habt doch nicht etwa uns im Verdacht; wir sind ehrliche Leute. Wenn die Blechtasse vorher dagewesen ist, so muß sie auch jetzt noch da sein, Eure 80jährigen Augen werden Euch getäuscht haben. Zeigen Sie mir, wo die Tasse ge­standen hat." Wir standen auf, gingen in's andere Zimmer. Wo stand sie?"Da," zeigte More Martin, da, da." Dieß Blechdings da," sagte ich, und Holle die Taste herunter, die der Junge längst wieder hingestellt.Das meinen Sie?" Oisl," rief die Alle und schlug die Hände zusammen,ich hätte geschworen, daß sie verschwunden war, e'ost ourioui, o'ost ourioux." Wir gingen zurück zu Tische aber die Alte nichts mehr.

Der gleichen Auftritte haben wir noch manche mit der Mutter Martin gehabt. Es sollten auch die letzten für sie sein. Am Tage vor der Kapitulation entstand gegenüber von unserem Häuschen Feuer. Die Alte sprang entsetzt aus dem Bette und schrie, die Preußen hätte» das ganze Dorf in Brand gesteckt. Da sie nicht zu beruhigen war, so faßten wir Drei die Alte an und trugen sie wider ihren Willen in's Bett, deckten sie zu und ich sagte:Ihr seid unvernünftig, Mare Martin. Den Tod hättet Ihr Euch holen können."Und richtig," sie blieb liegen und war mäuschenstill.

In der nächsten Nacht marschirten wir ab, und rückten in Verdun ein. Acht Tage darauf kam mein Putzjunge und zeigte mir lachend die Blechtasse. Er hatte sie wieder requrirt. Ich aber nahm sie ihm ab und beschloß, am Montag nach Eix, das nur 7Kilometer entfernt war, zu gehen, um unsere gute Wir­thin zu besuchen, um ihr die Tasse zurückzustellen. Wie ich nach Eix und zu unserem Häuschen kam, waren Thür und Fenster­laden zu. Ich erkundigte mich. Mere Martin war gestorben. Schreck und Erkältung bei jenem Brande hatten ihrem hohen Alter schnell und plötzlich ein Ende gemacht.

Ich sah hinüber zum Kirchhofe, zwischen dem grauen Stein und dem großen schwarzen Kreuz stand ein kleines Holzkreuz. Darunter ruhte nun auch: Mdre Martin.

Amtliche und Privut-Bekanntmachungen.

Nagold.

Oefferttlicher Aufruf.

Ernst Gottlob Günther von Nagold, geboren am 2. Juni 1848, welcher als Soldat beim Kgl. 2. Jägerbataillon den Feldzug gegen Frankreich mitmachte und feit dem Gefecht bei Champigny am 2. De­zember 1870 vermißt wird, wird hiedurch aufgefordert,

binnen 90 Tagen

sich hier zu melden, widrigenfalls er für todt erklärt würde.

Den 5. Juli 1873.

K. Oberamtsgericht.

Kißling.

Ober schwa n darf, Oberamt Nagold.

Dan-Akkord.

Gemeinderäthlichem Beschluß gemäß sollen die Bauarbeiten bei Erweiterung des hie­sigen Schulhauses im Wege der schrift­lichen Submission verakkordirt werden.

Die UeberschlagssumMen betragen: Grabarbeit sammt Schutt­abfuhr .161 fl. 20 kr.

Maurer- und Steinhauer-

Arbeit Zimmerarbeit . .

Gipserarbeit . .

Schreinerarbeit Glaserarbeit . .

Schlosserarbeit. .

Gußwarew Lieferung Hafnerarbeit . . Oelsarbanstrich

1081 fl. 3 kr. 799 fl. 2 kr. 52 fl. 30 kr. 311 fl. 8 kr. 58 fl. 40 kr. 161 fl. 45 kr. 43 fl. 45 kr. 4 fl. 12 kr 73 fl. 36 kr

Ueberschlag, Bauplan und Bedingnnger können bei dem Unterzeichneten oder au

dem Nathhause zu Oberschwandorf einge­sehen werden.

Tüchtige Handwerksleute werden einge- laoen, ihre Offerte schriftlich und versiegelt die Angebote injProzenten der Voranschlags­summe ausgedrückt, längstens bis Montag den 21 d. Mts., Nachmittags 1 Uhr, auf dem Rathhause einzureichen.

Unbekannte Handwerksleute haben über ihre Befähigung und Vermögen amtlich beglaubigte Zeugnisse einzureichen.

Zu genannter Zeit werden die einge­laufenen Offerte urkundlich eröffnet, welcher Verhandlung die Submittenten beiwohnen können.

Nagold, den 14. Juli 1873

Aus Auftrag:

Werkmeister Blum.

Nltnuifra,

Oberamts Nagold.

Verakkordiruug.

Die zwei Weiler Alt- und Neu-Nuifra beabsichtigen die westliche Seite ihres Schul­hauses vcrschindeln zu lassen. Zu gleicher Zeit wird auch das Veripsen des Schul- zimmers in Akkord gegeben.

Die Akkordsverhandlnng wird am Freitag den 18. d. M., Vormittags 10 Uhr,

in der Wohnung des Unterzeichneten vor­genommen und werden Liebhaber dazu eingeladen. Aus Auftrag:

Anwalt G u le kun st.

G a r r w e i l e r.

Am Freitag den 18. Juli,

Vormittags 9 Uhr,

werden auf hiesigem Rathszimmer aus dem

ff---

Befundes

Gemeindewald 145 Stück Langholz mit 81,58 Festmetcr zum Verkauf gebracht.

Liebhaber sind hiezu eingeladen.

Den 11. Juli 1873.

Schultheißenamt.

Ad rion.

Ertmannsweiler,

Oberamts Nagold.

wurde am 11. J"li d. I. ein goldener Fin­gerring, mit ! M. E- bezeichnet, an dem Fuß­weg von Ettmannsweiler nach Simmersfeld. Der rechtmä­ßige Eigenthümer kann den­selben bei dein Unterzeichneten gegen Be­zahlung der Einrückungsgebühr innerhalb 14 Tagen in Empfang nehmen. Nach Ab­lauf dieser Frist wird weiter über densel­ben verfügt werden.

Schultheißenamt.

_ Seeger.

Fuhr-Akkorii.

Die Beifuhr von ca. 5000 Ctr. Schienen, Schienenbe­festigungsmitteln, sowie von

_ ca. 500 St. kyanisirten tan-

nenen Schwellen und ca. 3400 Cubikfuß Bahnhofhölzer vom Bahnhof Nagold auf die Station Gündringen (Schietingen) ist im Submissionsweg zu vergeben, und wer­den Lusttragende aufgefordert, ihre Offerte längstens bis

Mittwoch den 23. ds.,

Abends 4 Uhr,

schriftlich und versiegelt mit der Adresse ,,Offert auf Beifuhr von Schienen rc."