Anordnungen getroffen hat, die darauf schließen lassen, daß die deutsche Marine binnen kurzem ein Bertheidigungsmittel in Hän­den haben wird, welches die Küsten der Nord- und Ostsee und die Hafenzugänge vor dem gefährlichsten Feinde wirksam zu schützen geeignet ist.

Das preußische Kriegsministerium hat in Folge der günsti­gen Resultate, welche die Pariser während des letzten Krieges mit den Brieftauben erreicht haben, jetzt in allen großen Festun­gen (Königsberg. Posen, Köln, Slraßburg und Metz) die Er­richtung von Brieflanbenstationen angeordnet. Es dürste daher nicht ohne Interesse sein, über die in Frankreich organisirt ge­wesene Briefiaubenpost näheres zu erfahren. Den Beispielen der Engländer, Belgier und Holländer folgend, bei welchen die Brief­taubenzucht am weiteste» vorgeschritten, hatte sich schon vor dem Kriege in Paris eine Gesellschaft gebildet, welche es sich zur Aufgabe gemacht, Brieftauben, wenn auch nur zu Privarzwecken, Sport oder Börsenspekulation nutzbar zu machen. Von diesem Brieftaudenoereine wurden dem BallonArmand Bardos", mit welchem Gambetla am 27. September 1870 Paris verließ, sech­zehn Tauben mitgegeben, nnd schon am 10. Oktober erfuhr man in der Hauptstadt durch eine Taube, daß der Ballon in der Ge­gend von Montdidier (Somme) gelandet und der Diktator un­versehrt in Tours angekommen wäre. Hiedurch ermulhigt, war man nunmehr eifrigst bemüht, dieses einzige Mittel, mit den Provinzen Fühlung zu Hallen, weiter zu vervollkommnen, und verließen daher mit jedem folgenden Ballon Mitglieder des Ver­eins sammt ihren Tauben Paris und organisirten in Tours einen vollständigen Brieftauben-Postdienst. Anfangs konnte man den Tauben nur kleine Deveschen mitgeben, welche auf äußerst dünnen Stückchen gnmmirten Taffets gesetzt und unter die Schwanzfeder geklebt oder in eine Federpose gelegt und ebendaselbst angebunden wurden, bis es dem bekannten Msr. Dagron gelang, seine Er­findung Erzeugung mikroskopischer Photographien auch hiesür glücklich zu verwenden. Dagron verließ, von der Regie­rung dazu aufgefordert, am 21. November 1870 per Ballon die Hauptstadt und errichteie, inLours angelangt, ein großes Atelier für Mikrophotographie. Mit seinen Instrumenten war er in der Lage 12 16 Foliodruckbläfter mit 28000 Depe­schen oder 1520,000 Buchstaben auf ein Depeschenblatt aus Hautpapier, 1 bis 3 Centim. groß, innerhalb zwei Sekunden zu reduciren. Dieses aus Collodinm gefertigte Hautpapier war so leicht, daß 60.000 Depeschenblätter nur einen Gran wogen. Zwanzig solcher Häutchen wurden gerollt, in einen Federkiel ge­steckt, an der Schwanzfeder einer Taube befestigt und an die Adresse des Haupttelegraphenbureaus zu Paris abgelassen, woselbst sie mittelst photoelektnscher Mikroskope dechiffrirt wurden. Von den 358 Brieftauben, welche während der Belagerung von Paris abgesandt wurden, sind im ganzen 56 darunter nur 30 nutz­bringend dorthin zurückgekehrt. Diese anscheinend ungünstigen Resultate sind sowohl dem ungewöhnlich strengen Winter als dem unaufhörlichen Geknalle innerhalb der Vorpostenlinie, sowie vorzüglich dem Umstande zuzuschreiben, daß sich in Paris nur eine sehr geringe Zahl wirklich echter und guter Brieftauben vorfand.

Nach einem in Berlin angelangten Telegramm ist der englische Dampfer, welcher die deutsche afrikanische Expedition (zur Erforschung des Congo) führte, bei Sierra Leone gestran­det z alles Gepäck (Instrumente, Bücher) ist verloren und die Reisenden haben blos das nackte Leben gerettet.

General v. Manteuffel hat bei seinsr Anwesenheit in Del fort an die französische Civilbehörde eine Ansprache gehal­ten, deren Schluß etwa folgender war: ,,Der Patriotismus Frankreichs, seine Hilfsquellen sind so groß, daß die Erfolge, welche die Deutschen über sie errungen haben, deren schönste Ruh­mestitel sind. Aber in wenigen Jahren wird diese große Nation mit ihrer Thätigkeit ihren Einfluß in Europa zurückgewonnen haben." Die Worte sind für einen deutschen General etwas un­vorsichtig gewählt Jedenfalls haben sie die Eitelkeit der Fran­zosen nicht wenig gekitzelt. Uebrigens heißt es, die Festlichkeiten, welche man zur Feier der Befreiung des Landes von der frem­den Besatzung in Nancy und anderswo beabsichtigt, werden von dxn Staatsbehörden nicht gestattet werden, offenbar ans Vorsicht, damit der Chauvinismus sich nicht gar zu laut mache, auch damit die für Thiers beabsichtigten Huldigungen wegfallen.

Chemnitz, 10. Juli. In den letzten Tagen wurden hier dem hiesigenTagblatt" zufolge 60 Fälle von Erkrankungen an Trichinose konstatirt.

Wien, 13. Juli. Die Cholera ist im Zunehmenbei der furchtbaren Hitze der letzten Woche und bei den der einfachsten Vorsicht spottenden Lebensgewohnheiten der Wiener Bevölkerung darf das nicht Wunder nehmen. Vom 5. bis N. Juli sind 66 neue Cholera-Erkrankungen konstatirt: wie viele der Erkrankten gestorben sind, wird in sehr verdächtiger Weise verschwiegen. Sehr bedenklich scheint die Seuche allermeistens in den allerdings überfüllten nnd meistens ganz sanitätswidrig konstruirten Kaser­nen anizutreten. Schon vor einigen Tagen munkelte man von Cholera-Erscheinungen, in der Franz Josephs Kaserne und jetzt

soll in der Heumarkts-Kaserne die Krankheit so stark aufgetreten sein (in 3 Tagen 25 Erkrankungen und 13 Todesfälle), daß die dort kasernirlen Truppen aus Wien herausgezogen werden

Wien, 14. Juli. Die Versammlung der B u ch d r u cker ei- besitzer, auf welcher fast alle größeren Druckereien Oestreichs, Deutschlands und der Schweiz vertrete» waren, genehmigte fast einstimmig eine Resolution wegen Einführung eines Minimalta- rifes in Deutschland, Oestreich und der Schweiz auf Grund einer zwischen Prinzipalen und Gehilfen zu treffenden Vereinbarung, lowie wegen Herstellung eines innigen Anschlusses der Buchdrucke- reibesitzer-Vercine an einander. (S. M )

Wien, 14. Juli. Der König von Württemberg ist heule Mittag mittelst Exlrazngs der Westbahn hier eiugetroffen und von dem Kaiser und den hier anwesenden Erzherzögen empfan­gen worden.

Paris, 14. Juli. Dem Vernehmen nach wird der Schah von Persien am 18. oder 19. von hier abreisen und zunächst nach Lyon gehen. Ob derselbe nach Wien gehen wird, ist noch unge­wiß. Gestern fand zu Ehren des Schahs eine Illumination statt.

Wie diePaine" vernimmt, hat die französische Regierung die Absicht, allen fremden Mächten einen gleichlautenden Handels­vertragsentwurf anzubieten, welcher im wesentlichen auf den Be­stimmungen des Vertrags von 1860 beruht und wobei es dann jeder Macht unbenommen bliebe, in Bezug auf diese oder jene Industrie, die ihr besonders am Herzen liegt, spezielle Amende­ments in Vorschlag zu bringen. Die französische Regierung würde dann nach Paris zu einem großen Handelskongreß ein- laden, auf welchem sich alle Mächte durch die angesehensten Fach­männer vertreten lassen und die einzelnen Artikel des Vertrags­entwurfs eingehend discuttrt werden könnten.

Was den Einsturz des Forts Miotte bei Bclfort betrifft, so ist derselbe nach dem offiziösen Franxais nur seinem baufälli­gen Zustande zuzuschrciben. Die Deutschen halten keine Stützen, sondern nur einen Verhau bildende Bretter hinweggeuommen. Die Spitze des Thurmes stürzte allein ein. Eine Untersuchung wurde von den deutschen und französischen Behörden eiugeleitet.

Ein Herr Sonoogeon in Valencia Hut die Erscheinungen, die in einer Tasse Kaffee Vorkommen, nachdem man sie gezuckert hat, langjährigen Betrachtungen unterzogen, aus denen er fol­gende Schlüsse mit Sicherheit ziehen zu können glaubt: Wenn man den Zucker, ohne die Flüssigkeit umzurühren, sich ruhig auflösen läßt, so steigen bekanntlich Luftblasen an die Oberfläche der Flüssigkeit. Bilden diese nun eine schaumige Masse in der Mitte der Tasse, so kann man bestimmt auf dauernd schönes Wetter rechnen; setzt sich im Gegentheil der Schaum ringförmig an den Rand des Gesäßes an, so stehen starke Regengüsse bevor; bleibt der Schaum zwischen Rand und Mitte, so wird das Wet­ter veränderlich, fließt er, ohne sich zu zertheilen, nach einem einzigen Punkte des Tassenrands, so steht mäßiger Regen bevor. Er hat diese Anzeichen regelmäßig mit denen des Thermometers und Barometers verglichen und sie erstj, als er der genauen Uebereinstimmung sicher war, der Oeffentlichkeit übergeben.

Der französische Finanzminister Magne, dem man doch ein Urthcil über den Stand der französischen Finanzen zutrauen darf, hat beantragt, das Budget für die Marine um 1 Million, für das Ministerium des Innern um 12 Millionen, und für die übrigen Ministerien zusammen um 7 Mill. herabzusetzen. Eine Reduktion des Kriegsbudgets um 20 Mill. ist bereits angenom­men. Daraus dürfte hervorgehen, daß ernstliche Bedenke» vor­liegen müssen, die Steuerschraube noch weiter in die Höhe zu treiben.

Madrid, 15. Juli. Contreras hat das Commando über die Insurgenten in Carthagena übernommen. Dieselben sind Herren der ganzen Stadt und fürchtet man, daß sie sich des Marine-Arsenals bemächtigen.

Petersburg, 13. Juli. DerRussische Invalide" bringt Näheres über die Unterwerfung des Khans von Khiwa: Der Khan sei im russischen Lager erschienen und habe sich als Vasall des Kaisers von Rußland erklärt, worauf er von General Kauf­mann wieder in seine Würden eingesetzt worden sei. Für die Dauer des Aufenthalts der Russen sei eine besondere Verwal­tungsbehörde gebildet worden. Demselben Blatt zufolge hat der Khan am 12. Juni a. St. ein Manifest veröffentlicht, worin aus Dankbarkeit die Sklaverei für ewig als aufgehoben erkläist wird, und hat General Kaufmann sofort die persische Regierung telegraphisch benachrichtigt, Vorbereitungen zur Aufnahme der befreiten persischen Sklaven zu treffen. (Fr. I.)

Aus Japan wird vom 1. Juli telegraphirt: In dem Städt­chen Biknzon, etwa 100 Meilen von Nangasaki entfernt, ist ein Aufstand ansgebrochen. Die bis 50,000 Mann starken Aufrüh­rer haben die Festung Fikudko genommen, wo sich Regierungs­behörden befanden; sie brannten alle Gebäude nieder, so daß von den darin beschäftigten Beamten nur drei ihr Leben durch die Flucht nach Saga retteten, alle übrigen sind höchst wahr­scheinlich umgcbracht. (Nach neueren Nachrichten ist dieser Auf­stand nach kurzer Dauer wieder unterdrückt worden.)