Augusta von Seilen des österreichischen Hofes wird in der A. Z " berichtet und wir erzählen es als Probe höfischer Ge­schichtschreibung nach:Die Kaiserin Augusta ist in Wien, und sie kann mit dein Empfang, der ihr geworden, zufrieden sein. Der Kaiser war ihr bis St Pölten eiugegengefahren Als der mit Guirlanden und mit österreichischen und preußischen Fahnen reich geschmückte Zug kielt, der die erlauchte Frau führte, trat er an den Schlag des Wagens und kugle ihr die Hand: er küßte sie nochmals, als sie ihn: mil freundlichem Lächeln ein Billet ihres kaiserlicheil Gemahls überreichie, in welchem derselbe, dem Ver­nehmen nach, der bestimmtesten Hoffnung Ausdruck gibt, im August in Wien sein zu tonnen; er küßie sie zum drillen Mal, als er ihr den Arm bot nach dem festlich hergerichteten Empfangssaale des Bahnhofs. Der Leschof und der Bürgermeister von St. Pölten wurde» vorgestellt; für jeden hatte die Kaiserin ein ge­winnendes Lächeln und ein liebenswürdiges Wort. Aber als­bald brauste der Zug weiter und fuhr »in 8 Uhr, während die ausgestellte Ehrencompagnie dasHeil dir im Liegeskranc" in- tonirte, in Penzing ein, wo sich inzwischen die Kaiserin Elisabeth, der Kronprinz, die Erzherzoge Albrecht, Karl Ludwig, Ludwig Victor, Leopold, Rainer und Friedrich, sowie die Erzherzogin Maria, dann die Prinzen Wasa und Weimar, sowie der Fürst von Rumänien eingesunden hatten. Der Kaiser führte seinen erhabenen Gast sofort seiner kaiserlichen Gemahlin zu; die beiden hohen Damen umarmten und küßten sich aufs herzlichste. Dann erfolgte die Vorstellung der übrigen Anwesenden. Dem Kron­prinzen drückte die Kaiserin, nachdem er ihr die Hand geküßt, einen Kuß auf die Stirn:Grüß Gott, lieber, lieber Rudolph", klang es weithin vernehmlich. Sehr herzlich war die Begrüßung mit dem Erzherzog Albrecht, vertraulich freundlich mit dem Fürsten von Rumänien und den Prinzen Wasa und Weimar. Am Arm der kaiserlichen Wirthin schritt die hohe Frau sodann aus den offen stehenden Hoswagen zu, der sie gemeinsam nach dem nahen Schönbrunn führte; der Kaiser mit dem Kronprinzen folgte. Die Menge, welche den Weg zu beiden Seiten dicht umsäumte, rief begeistert hoch."

Wien, 30. Juni. Bei dem gestrigen Galadiner brachte der Kaiser folgenden Toast ans:Da mir zu meinem innigste» Bedauern der Besuch meines iheuern Freundes, des Kaisers Wilhelm, vorläufig versagt blieb, trinke ich aus das Wohl Sr. Mas des deutschen Kaisers mit dem Ausdrucke der herzlichsten Dankbarkeit für den unvergeßlichen Besuch I. Mas. der Kaiserin Augusta. Beide Majestäten leben hoch!" Die Kaiserin Augusta antwortete:Ew. Majestät wissen, wie schmerzlich der Kaiser bedauert, gegenwärtig nicht hier sein zu können. Ew. Majestät wissen aber auch, daß es mein ehrenvoller Auftrag ist, seine jetzige Abwesenheit zu entschuldige», und zugleich jener Frennd- schast gewidmet ist, die in treuen Wünschen snr das Wohl beider Majestäten, für das Wohl ihrer Länder und Völker herzlichen Ausdruck findet."

Die deutsche Kaiserin Augusta besucht die Wiener Welt­ausstellung sehr fleißig und zeigt großes Interesse an allen her­vorragenden Erscheinungen. Die Kaiserin reist am 1. Juli Vor­mittags ab nach Coblenz. (B.-Z.)

Der täglich durchschnittliche Feemdsnzufluß in Wien beläuft sich jetzt aus 15 bis 20,000. Es sind aber auch die Preise so gestellt, daß Wien nicht nur nicht theuer wie andere Städte, sondern in Manchem noch billiger ist. (B.-Z)

Paris, 20. Juni. Am letzten Samstag Abend wurde ein deutscher Offizier durch zwei große Steine verletzt, welche man durch die offen stehenden Fenster in den großen Saal des Inne- viller Militär-Casinos geschleudert hatte. In Folge dieses Vor­falls erließ der deuische Commandant eine Verordnung, der zu­folge alle Wirihshäuser um 9 Uhr Abends geschlossen werden müssen und der Verkehr auf den Straßen von dieser Stunde an bis 3 Uhr Morgens verboten ist. Den Bewohnern ist es auch verboten, sich von 9 Uhr Abends ab an den Fenstern sehen zu lassen Sie müssen Fenster und Läden schließen.

Paris, 29. Juni. In der gestrige» Sitzung der Nati o- ualversammluug brachte Drogkie eine Vorlage ein, welche einen Kredit von 390,000 Frs. znm Zwecke des Empfanges des Schahs von Persien verlangt.

Die Lyoner haben aus ihre Art auf das berühmte Ducro s'- sche Reskript betreffs der Z iv i l b e er d i g u n g e n geantwortet. Vorgestern um 6 Uhr früh wurde eiu armer Weber ohne Zu­ziehung der Kirche begraben, und es hatten sich nicht weniger als 4000 Theilnehmer a» dem Leichcnzuge eingefnnden. Außerdem drängte sich eine gewaltige Menge ans dem Wege, den der Zug nehmen mußte. Wie die Agence Havas sich telegraphisch melden läßt, beabsichtigt jetzt der Präfekt Ducros eine Verfügung von 1865 wieder in Kraft zu setzen, wonach nicht mehr als 300 Per­sonen zum Kirchhof zngetassen werden. Der Progres von Lyon will wissen, bei den protestantischen Geistlichen seien zahlreiche Anmeldungen zum Uevertritt, zur protestantischen Kirche Ange­gangen

Die bonapartislische Propaganda i» den Provinzen ist wieder sehr rührig, sie überschwemmt dieselben namentlich mit Flugschriften.

Am Samstag, 28 Juni, gingen 150 Millionen in Wechseln zur Zahlung auf die nächsten 250 Millionen nach Deutschland ab; die restirenden 100 Millionen in Gold sind in Nancy.

Am 10 Juli wird sich General Manteuffel nach Verdun begeben, und an demselben Tage beginnt die allgemeine Räu­mung des noch von den Deutschen besetzten Territoriums, wie der frauzösiscben Regierung angezeigt wurde.

Der Minister des Innern, Beule, hat, wieBien Pub­lic" meldet, ein neues Rundschreiben an die Präsekten gesandt, in welchem sich folgende Stelle befindet:Lassen Sie die Fragen der Menschlichkeit und der Personen bei Seite; handeln Sie ohne Mitleid, selbst wen» es Ihren Vater oder Ihren Sohn belrifft."

Dem Marschall Mac Mahon schreibt derGanlois" fol­gende Worte zu: Was die Gewissensireiheit anbelangt, so kann man allenfalls noch eiu Auge zudrücken; aber um keinen Preis werde ich die Freiheit, dieselbe kund zu geben, dulden."

Haag, 30. Juni Die Deputirleuka,inner verwarf bei Berathuug des Gesetzentwurfs über Anschaffung des Einsteher­systems mit 43 gegen 25 Stimmen den Artikel 3, welcher das Prinzip der Abschaffung dieses Systems ausspricht. Die Regierung zog hierauf den Gesetzentwurf zurück, worauf der KriegsminEter seinen Rücktritt erklärte. lN.-Z.)

St. Petersburg, 29. Juni. Der Rufs. Invalide ent­hält ein gestern Angegangenes Telegramm des Generals Kauf­mann, wonach die vereinigten Truppeuabtheilungen am 29. Mai a. St. (10. Juni) die Hauptstadt Khiwa eingenommen haben und der Khan von Khiwa nach Donmoudow entflohen ist.

London, 28. Juni. Graf Münster hat der Königin fein Beglaubigungsschreiben überreicht. Das deutsche Dor­sch afterhaus, welches früher der preußischen Gesandtschaft diente und von dieser auf eine Reihe von Jahren gemielhet worden war, wird von der deutschen Reaiernng käuflich erworben werden.

Nachrichten ans Sumatra über Calcutta, die aber wohl noch der Bestätigung bedürfen, sagen, daß die Holländer den Atschine- sen Vorschläge zur friedlichen Beilegung der Differenzen gemacht haben. Die Holländer erklären sich bereit zur Zahlung der Kriegs­kosten und einer Entschädigung für eine abgebrannte Moschee; dagegen verlangen sie aewiffe Privilegien. Der Sultan soll un­abhängig bleiben und die Holländer'würden versprechen, sich nicht in die Angelegenheiten der mohamedanischen Religion in Ntschien Anznmischen. (B.-Z.)

In Valparaiso und in anderen THAlen Chilis hat am 15. Mai ein Erdbeben stattgefunden, wobei mehrere Personen getödtet und andere verletzt wurden. Namentlich litten Maurer, Zimmerlente und dergl. Arbeiter, da sie in Folge des Stoßes von ihren Gerüsten heruntergeworfen wurden.

Auf der Schwelle des Grabes.

(Schlup.)

Heute haben wir Freitag, nicht wahr?" wiederholte er öfters. Heute ist unser Kränzchen. Sie sitzen jetzt an der Themse tu der Veranda, drüben in Roberts Haus, an ihm ist heule die Reihe." Dann rief er uns Alle beim Namen, einen nach dem andern, besonders mich. Auch' einen weiblichen Namen nannte, er, Anselm konnte sich nur nicht mehr darauf besinnen, welchen.

So hatte es ihn denn nicht einmal ruhig sterben lassen! Mit tiefer Selbstanklage mußte ich mir gestehen, daß meine Sünde ihn znrnckriß.

Ja er hielt Wort!" sagte ich zu mir selbst.Auf der Schwelle des Grabes ist er noch umgekehrt, um mich an meinen Schwur zu ermahnen, den ich im Begriffe war, zu brechen."

Keiner der Freunde vermochte es, in Folge des erschütternden Gesichts jener Mitternacht, über sich zu gewinnen, den Hinge­schiedenen als Leiche noch einmal zu sehen, gehüllt in das Grab­tuch, das ihn schon einmal vor unseren Blicken umwallt hatte. Dieses Bild mit all feinen Grauen begleitete Jeden von uns durch die kommenden Lebenswahre. Ich weiß, daß Keiner es je wieder vergessen, noch bezwungen hat. Den dunkelsten Schleier warf es auf meine Zukunft. Denn bei mir gesellte sich die Pein innerer Vorwürfe hinzu. Es gab Stunden, wo ich mich für nicht weniger als den Mörder meines Freundes betrachtete.

Ich wallfahrtete noch zu feinem Hügel: da wenigstens wollte ich Buße thun.Ich danke Dir," sprach ich,daß Du mich zu der Pflicht zurückgernfen, daß Du meine Seele vor Mein­eid bewahrt hast. Mein Stephan! Wirst Du mir verzeihen? Nichts soll mehr Deinen Frieden und den meinen stören."

Ich habe May nicht wieder gesehen. Wenn ich noch län­ger in London geblieben wäre unter diesem Himmel, der dreifache Schwerwuth auf das Gemüth senkt, der vielmehr keiner ist, sondern ein Dunstkreis für sich, von Nebel Dampf und Staub - ich glaube, ich hätte als Selbstmörder geendet. Doch fügte es sich so günstig für mich, daß ich meine Verhältnisse, die mich in England hielten, rasch lösen und in kurzer Frist nach dem Continent zurückschiffen konnte, wo michin der Heimath die Meinen freudig erwarteten.

Aber wie verändert sahen sie mich zurückkommen! Das war nicht der nämliche, der von ihnen gegangen. Man kannte