Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

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Einrückungsgebühr für die kleine

Dienstag den 1. Juki. > Zelle aus gewöhnlicher Schrift 1873 .

je 2 Kreuzer.

TageS-Neuigkeiten.

* Nagold. Am vergangenen Montag zwischen 4 und 5 Uhr Nachmittags hatte ein Unwetter auf der Felderstrecke gegen Vsllmaringcn nicht unbeträchtlichen Schaden verursacht. Auch die Markungen Ober- und Uuterjettingen, Vollmaringeu, Jselshausen sind davon betroffen worden. Der Sturm war so gewaltig, daß er mehrere beladene Heuwagen umlegte.

In dem Pfarrdorfe Slammheim, O.A. Calw, tritt am 1. August eine Postablage in Wirksamkeit.

Stuttgart 27. Juni. Von der vor einiger Zeit mehr­fach besprochenen Erhöhung der Civilliste des Königs, die im Verhältnis; zu dem jetzigen Geldwerthe sehr niedrig ist, ist es wieder stille geworden und auch in dem neuen Hauplsiuanz-Etat für 1873/75 keine Exigenz hierfür ausgenommen, obschon eine solche Erhöhung nicht mehr als billig wäre. Dagegen ist neuer­dings davon die Rede, es solle den Ständen der Antrag gestellt werden, das k. Hoflheater, das den König jährlich über 100,000 fl. an Zuschuß kostet und wohl in einzelnen Jahren schon mehr gekostet hat, auf den Staat wieder als National­theater zu übernehmen. Ich sage wieder, da das Hoftheater die Eigenschaft eines Hof- und Nationaltheaters bis zum Jahre 1819 gehabt hat und erst im Jahr 1819 bei Festsetzung der Civilliste, als die Verfassung gegeben wurde, vom König auf die Hofkasse übernommen worden war. Als der König Wilhelm bei Verkündung der Verfassung die Domänen gegen die Civil­liste an den Staat übergab, hatte das Geld einen weit höheren Werth als jetzt. Durch das Sinken des Geldwerthes hat er die Hofbeamten sammt und sonders in höhere Gehalte einsetzen müssen, als sie damals bezogen und außerdem hat König Wilhelm im Jahre 1858 auch noch das königliche Cabinet, Geheim Cabinet, wie es damals hieß, und das doch im Grunde nichts als die Staatskanzlei ist und daher bis zu jener Zeit auf Staatskosten unterhalten wurde, gleichfalls auf die Civilliste übernommen, wo­durch der letzteren eine Ausgabe von immerhin 30 40,000 fl. per Jahr erwachsen ist.

Stuttgart, 1. Juli. Viele Leute klagen gegenwärtig über Geldmangel; in der Königsstraße flogen aber gestern Abend um halb 5 Uhr lOGuldenscheine zu Hunderten in der Luft herum und zwar aus einer ganz merkwürdigen Veranlassung. Ein junger Mann vom Comptoir des Hrn. Bijouteriefabrikanten Moritz Ries war beauftragt, eine Summe von 3000 Gulden an das Bank­haus des Hrn. Pflaum u. Comp, zu überbringen; an der Ecke der Königs- und Lindenstraße entfiel demselben das werthvolle Paket, in dem nämlichen Augenblicke als ein Fuhrwerk daherkam; das Pferd trat auf das Paket und das Band löste sich auf in dem Momente, als der Sturmwind tobte. Die Zehngulden-Scheine flogen bis in die Friedrichsstraße zumHotel Texlor", auf den Schloßplatz, ja sogar bis an das Königsthor; 1640 Gulden sollen noch fehlen. Ehrliche Finder haben Gelegenheit, dem jungen Manne aus der ihm gewordenen großen Verlegenheit zu helfen.

Landesprodukten-Börse Stuttgart vom 30. Juni. An asten auswärtigen größeren Getreidemärkten hat sich mit dem Eintritt der besseren Witterung eine entschiedene Flauheit mit theilweisem Preis­rückgang geltend gemacht und nur Süddeutschland verharrte in auffallend fester Haltung, was jedoch einzig dem sehr starken Bedarf zuzuschreiben ist. Bei heutiger Börse war das Geschäft sehr schleppend und die Um­sätze beschränkten sich nun aus den nöthigsten Bedarf. Wir notiren: Waizen, bair., 9 fl. 9 bis 36 kr. Waizen, kaliforn., 9 st. 2t bis 30 kr.

Waizen, ruff., 8 st. 5» kr. bis 9 fl. 21 kr. Kerner 9 fl. 94 bis 4L kr.

Roggen 6 fl. Hafer S fl. 15 kr. Mehlpreise per 100 Klg. incl. Sack. Mehl Nr. 1: 27 fl. bis 37 st. 48 kr. Mehl Nr. 2: 24 fl. 48 bis 2L fl.

24 kr. Mehl Nr. 3: 21 fl. 24 kr. bis 22 fl. Mehl Nr. 4: 17 fl. 36

bis 18 fl. 24 kr.

Kirchheimu. T., 27. Juni. Der heurige Wollmarkt wurde mit 13,086 Ztr. gegen 12,030 im vorigen Jahr be­fahren, darunter 3000 Ztr. aus Bayern. Schon am ersten Markttag ist etwa drei Viertel des beigeführten Quantums zu guten Preisen, und zwar 126130 fl. wenige Käufe ä 121 124 fl., verkauft worden, an den folgenden Tagen war der Handel dagegen flau und wurde das noch übrige Quantum mit etwas sinkenden Preisen abgesetzt.

Heilbronn, 30. Juni. (Wollmarkt.) Erster Tag.

Zufuhren dauern fort, Verkauf sehr lebhaft. Ordinäre Bastard fl. 102 bis fl. 108. Mittel-Bastard fl. 110 bis fl. 118 Fein Bastard fl. 120 bis fl. 126. Gemischte Wolle fl. 108 bis fl. 112.

Eßlingen, 30. Juni. Das gestrige 20jährige Stiftungs­fest der freiwilligen Feuerwehr versammelte aus mehr als 20 Orten eine größere Anzahl von Feuerwehrmännern in hiesiger Stadt. Der Tag verlies, vom Wetter begünstigt, ohne Unfall und Störung. (S. M.)

Friedrich Hecker liegt in Mannheim an der Gesichtsrose darnieder.

Hanau, 25. Juni. Im Verlaufe unserer derzeitigen Kinder-Jmpfung machte sich in den letzten Tagen unter den Impflingen eines der hiesigen Aerzte eine große und unter auf­fälligen Erscheinungen von Wundrose, Blnlzersctzung rc. auf­tretende Sterblichkeit bemerklich, der Art, daß dem bedauerlichen Vorkommniß amtlich nachgegangen wurde. Wie ermittelt worden, hat der betreffende Arzt, übrigens in seinem Fach durchaus tüch­tig und erst seit einem I ihr hier ansässig, die zur Impfung ver­wendete Lymphe von Gießen bezogen. Ob und wie die letztere etwa inficirt war, was man annehmen zu müssen meint, weil das Seitens der übrigen Aerzte vorgenommene Jmpfgeschäft günstig verlaufen ist, wird die weitere Untersuchung Herausstellen.

Im preußischen Kultusministerium sind nunmehr bis auf wenige Einzelheiten die gesammten Aussührungsvorschristen für die kirchlichen Gesetze beendigt. Es steht, wie dieKöln. Ztg." mit Bestimmtheit vernimmt, binnen kurzem die Anordnung bevor, wonach diejenigen geistlichen Lehr- und Erziehungsanstalten, über deren Einrichtungen der gesetzliche Nachweis verweigert wird, den ihnen bislang gewährten Zuschuß aus Staatsmitteln verlieren und die Anstalten selbst geschlossen werden sollen.

Wie das in Leipzig erscheinende Börsenblatt meldet, sind in Wien 15 Buchdruckereien, in Folge vieler Fallimente, geschlossen worden, weil die Accidenzarbeiten sich bedeutend verringert haben und vie Verlagsbuchhändler ihre Werke theilweise in der Provinz drucken lassen. (B.-Z.)

Fürst Bismarck gedenkt bis zum Herbste in Varzin zu verweilen, und er hat diesesmal keinen seiner ihn gewöhnlich be­gleitenden Räthe dorthin beschicken, um sich auf längere Zeit aller politischen Beschäftigung zu enthalten. Das Gerücht, daß er beabsichtige, aus dem preuß. Ministerium auszuscheiden und sich gänzlich auf sein Reichsamt zurückzuziehen, dauert inzwischen fort. Die Session dieses Reichstags soll, wie es jetzt heißt, nicht im Herbst, sondern im Januar einberufen werden.

Die persönliche Aufnahme, welche der Kaiser der Adresse reichstreuer Katholiken zu Theil werden ließ, die der Herzog von Natibor in Babelsberg überreichte, war, wie das D. Wochenbl. schreibt, eine überaus gnädige und herzliche. Der Kaiser versicherte den Herzog wiederholt, daß er von dem Her­vortreten der ruhigen und friedliebenden Elemente unter den Katholiken zuversichtlich eine günstige Wendung in dem leiden­schaftlichen Streite der Parteien erwarte, und daß nach den maß­losen Angriffen gegen seine Regierung das Platzgreifen gerechterer Anschauungen ihn mit Freude erfülle. Aehnliches soll der Kron­prinz mit gleicher Wärme geäußert haben. Wenn es den An­strengungen der ultramontanen Partei nicht gelingt, die begonnene Bewegung unter den Katholiken zu bemeistörn und das wohl­meinende, nicht genug zu beherzigende Wort des Kaisers durch ihre bekannten Mittel und Künste im katholischen Volke nicht zur Würdigung kommen zu lassen, so hoffen wir, fährt das D. Wochenbl. fort, auf einen Umschlag der feindseligen Strömung und auf ein Einlcnken zum Bessern. Von einem der unterrich- tetsten Kenner der römischen Verhältnisse wird uns versichert, daß man im Vatikan in der Erkenntniß Fortschritte mache, daß man mit der schroffen Haltung gegen das deutsche Reich einen Mißgriff gethan hdbe. Die aufregenden Stimmen, welchen man bisher nur zu gern geneigtes Ohr lieh, dürften dasselbe schwer­lich mehr finden. Es steigt darum die Zuversicht, daß die kirchen­politischen Wirren für Deutschland von ihrer leidenschaftlichen, verderblichen Schärfe verlieren werden, was jeder Patriot mit Freuden begrüßen muß.

Wien, 27. Juni. Ueber den Empfang der Kaiserin