Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.
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Die Redaktion des „Gesellschafters."
Lage»-Neuigkeiten.
Stuttgart, 26. Juni. Es wird uns als bestimmt versichert, daß im Kommando des 13. Württembergifchen Armeecorps ein naher Wechsel bevorsteht. Der Natur der Sache nach entziehen sich die Gründe der öffentlichen Besprechung.
Stuttgart, 27. Juni. Hr. Essig in I! eonberg ist dieser Tage von der Weltausstellung aus Wien zurückgetehrt und hat dort brillante Geschäfte gemacht, denn er verkaufte wieder mehrere seiner Hunde um hohen Preis an adelige Gutsbesitzer nach Ungarn, denn bis Arad trifft mau Hunde, die von ihm bezogen wurden, an Das Renomms verdankte ec der ihm übertragenen Lieferung von Prachtexemplaren für Ihre Majestät die Kaiserin von Oesterreich und was Hrn. Essig am meisten freute, war die Ehre, Ihrer Kaiserl. Majestät oorgestellt zu werden und HöchstDeren Zufriedenheit zu erfahren. — Vorgestern hat Hr. Essig wieder zwei schöne Leonberger Hunde um die L-umme von 40t) fl. an das berühmte Bankhaus Bleichröder verkauft und bereits verschickt.
Von der Jagst, 25. Juni. Der durch feine mystischen Schriften und Lehren vom tausendjährigen Reiche bekannte ehemalige katholische Geistliche Oswald hinterließ bei feiner Auswanderung nach Amerika eine ledige Weibsperson, Namens Magdalena Walz, in Overwittstadt, welche, obgleich nur einfaches Bauernmädchen, die Leitung des neuen Cultus übernahm und nicht ohne Geschick bis jetzt der Secte Vorstand. Ihre Gläubigen verehrten sie als Heilige, welche ihre Eingebungen direct von der heil. Maria empfange und Seelen-Versicherungen abzufchließen im Stande sei, und sie wurde im Volksmunde heilige Magdalena genannt Vor mehreren Jahren bauten ihr ihre Anhänger eine reizende Villa bei Oberwittstadt. Zu ihren Amts-Insignien gehört eine auf 30,000 fl. veranschlagte goldene Krone, deren Kosten durch Beisteuern ihrer Anhänger gedeckt wurden. Zur Besorgung ihrer Privatgeschäfte hatte sie gleich Anfangs einen kräftigen jungen Mann beigezogen, der, vom Volke hl. Joseph genannt, bis jezt ihr Hauswesen leitete. Dieser Tage nun ist die sonderbare Heilige, 59 Jahre alt, mit Tod abgegangen und soll, wie man hört, ihren heiligen Joseph zum Universalerben eingesetzt haben.
Aus Baden, 24. Juni. Nachrichten aus Walldürn zu- solge war die Wallfahrt „zum heiligen Blut" noch nie so stark besucht wie in diesem Jahre. Walldürn scheint das deuische Lourdes werden zu sollen. Auch bischöfliche Häupter trafen ein, so der Bischof von Mainz und der Bischof von Würzburg; der Bischof Kübel von Freiburg wurde erwartet. Der streitbare Mainzer Bischof predigte „gar erschrecklich" , wie ein Wallfahrer meinte.
Köln, 22. Juni. Heute Morgen 5 Uhr liest der ornitho- logische Verein etwa 200 Taubenin Börfum bei Magdeburg, 65 Stunden von hier, steigen. Die erste Laube hat diese Tour in 5 Stunden und 5 Minuten zurückgelegt, also 13 Stunden in einer, während am vorigen Sonntage die erste Taube von Höxter, 50 Stunden von Köln, nur 12 Stunden in jeder Stunde durchsegelte. Drei Stunden später waren schon 50 Tauben in Köln eingetroffen.
Ems, 26. Juni. Die Königin von Württemberg und die Großfürstin Vera find zum Besuche des Kaisers von Rußland hier eingetroffen und haben ihr Absteigequartier in den „Vier Thürmen."
Der Etat für das Reichseisenbahnamt wirft für die aitzustellenden Beamten folgende Gehaltssätze aus: Für den Vorsitzenden 5000 Thaler für 2 Vortragende Räthe 3300 und resp. 2500 Thlr.,zfür 2 ständige Hilfsarbeiter 2000 und 1800 Thlr; für 7 expedirende Sekretäre, Kalkulatoren und Registratoren 1000 bis 1800 Thlr., im Durchschnitt 1400 Thlr.; für 3 Kanzleisekretäre im Durchschnitt 850 Thlr. und für 2 Kanzleidiener 400 und 500 Thlr. An andern persönlichen Ausgaben werden erfordert 6500 Thlr. und für sächliche Ausgaben 6000 Thlr., so daß der gefammte Ausgabe-Etat sich auf jährlich 40,350 Thlr. stellt.
Was das Kriegsühren kostet, rechnet die „Voss. Ztg." so im Ueberschlag aus den finanziellen Verhandlungen des Reichstags heraus. In dem Gesetzentwurf über den Amheil des norddeutschen Bundes an der französischen KriegSkosten-Enischädigung werden dessen außerordentliche Aufgaben für 1870, 71 72 mit 598,391,942 Thaler berechnet, noch dazu, so weit sie nicht durch andere während des Krieges entstandene Einnahmen gedeckt sind. Die Kosten für das Retablissement des norddeutschen Contingents sind ungefähr mit 106,846,810 Thlr. berechnet, und wenn dazu die etatsmäßigen Militär-Ausgaben sämmtlicher deutschen Staaten blos für zwei Kriegsjahre mit 178 Millionen Thlrn. kommen (was unzulänglich ist, weil zu jedem Kriege die Ausgaben einer längeren ,vorausgegangenen Periode hinzugefügt werden sollten), dann macht das mit den im erwähnten Gesetzentwürfe angeführten Zistern ein Totale von 883 Millionen Thalern aus. Nimmt man dazu die außeretatsmäßigen Kosten der süddeutschen Staaten und die vorerwähnten „anderen" Einnahmen, dann beträgt der bloße Geldaufwand Deutschlands für einen Krieg von sieben Monaten mehr als eine Milliarde Thaler. Beinahe anderthalb Milliarden Thaler zahlt Frankreich an Deutschland, eben so hoch wird es seine eignen Verluste annehmcn müssen und der Geldaufwand für den Krieg ist mit drei Milliarden Thaler nicht zu hoch veranschlagt. „Das ist eine so ungeheure Summe — schließt die „V. Ztg." — daß den Völkern die Lust vergehen könnte, sie für solchen Zweck im langen Frieden zu erarbeiten. Eine solche Illustration hat Montecuculi's Wort, daß zum Kriege Geld und noch einmal Geld und zum drittenmal Geld gehört, noch niemals erfahren."
Ein in der Hasenhaide bei Berlin wohnender Gärtner hatte vor Jahr und Tag mit einem Blumenfreund gewettet, daß einer seiner Rosenstöcke, ein wohl 30 Jahre altes Exemplar, in diesem Jahre 10,000 Knospen tragen werde. Jetzt ist nun die Wette entschieden, denn der betreffende Rosenstock trägt nahezu 11,000 Blüthen.
Zwei Notizen, die wir heute in den Blättern finden, die eine in der „Kreuz.-Ztg.", die andere in einer sonst gut unterrichteten Berliner Correspondenz der „Mrh. Ztg.", werfen, zusammengehalten , wodurch sie auch erst ihr richtiges Relief erhalten, ein pikantes Streiflicht aus gewisse Antithesen in Regierungskreisen. Die „Mrh. Ztg." bringt nämlich „aus zuverlässiger Quelle" die fast unglaubliche Meldung, daß Fürst Bismarck „dem Könige die Geneigtheit zur abermaligen Uebernahme der Minister-Präsidentschaft in Preußen kundgegeben." Die Sache tritt aber aus dem Bereich des Unwahrscheinlichen heraus, wenn man die folgende Nachricht der „N. P-Z-" berücksichtigt: „Der Präsident des Staatsministeriums, Feldmarschall Gras Roon, wird seiner Gesundheit wegen sogleich nach dem Schlüsse des Reichstags sich aus Reisen begeben. Das Präsidium des Staatsministeriums würde der Anccennetät zufolge an den Minister des Innern, Grafen zu Eulenburg, übergehen." Eulenburg an der Spitze des preußischen Ministeriums — das vermag Bismarck zu verzweifelten Entschlüssen zu bringen. Das zu verhindern, wäre ihm keine Mühe zu viel! Der König scheint von den Anerbieten des Reichskanzlers keinen Gebrauch gemacht zu haben.
Es ist zwar schon etwas lange her, seit Hermann der Cherusker -Fürst im Teutoburger Walde die römische Macht uz