Amtsblatt für den OberaAtsbezirk Nagold.

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Amtliches.

Ob er amt Nagold. Aushebung betreffend. Die Aus­hebung durch die Departements-Ersatz-Commission findet statt: in Neuenbürg am 17. Juni, in Calw ani 19. Juni, in Herren- berg am 23. Juni und in Nagold am 21. Juni d. Jahres und beginnt hier Morgens halb 8 Uhr, zu welcher Zeit sich die Militärpflichtigen, welche den Ortsvorstehern in besonder» Aus­schreiben bezeichnet werden, pünktlich im Nathhans in Nagold ein- zufindcn haben. Pflichtige, welche sich nicht stellen, oder bei Auf­rufung ihrer Namen im Aushebnngslocal nicht anwesend sind, treffen die in § 176178 der Militär-Ersatz-Instruction ange­drohten Mchtheile und Strafen. Zu diesem Geschäft haben sich die Ortsvorstehcr sämmllicher Gemeinden, (mit Ausnahme von Altenstaig Dorf, Bcihingen, Gaugenwald und Wenden, in welchen Gestellungspflichtige nicht sind) rechtzeitig cinzusindcn, auch ihre Stammrollen mitzubringen. Alle zur Vorstellung kommenden Militärpflichtigen haben sich mit ihren Loosnngsscheinen und Ge­stellungs-Attesten zu versehen. Nicht gestellungspflichtig sind nur diejenigen Mannschaften, welche im 1. oder 2. Concurrenzjahr ans 1 Jahr zurückgestellt sind.

Den 12. Juni 1873.

K. Oberamt.

G ü ntne r.

Nagold. Die Vorsteher derjenigen Orte, welche im ver­gangenen Winter Kosten für Schneebahnen auf Staatsstraßen und aus Nachbarschaftswegen mit Post-Verkehr gehabt haben, und um Staatsbeiträge hiezu entkommen wollen, haben die Verzeich­nisse binnen 10 Tagen hieher einzusenden.

Den 14. Juni 1873.

K. Oberamt.

G ü ntne r.

TageS-Neuigkeiten.

Die Heuernte hat im Unterlande seit einigen Tagen begon­nen und liesert einen vorzüglichen Ertrag, sowohl in Beziehung aus Qualität, wie auf die Quantität. Die Repsfelder stehen überall in seltener Pracht, sowohl im Oberlande, wie im Unter­lande. Die Kartoffelfelder sind überall im besten vielversprechen­den Stande. Die Weinberge haben sich da und dort über Erwar­ten erholt. (B. Z.)

In der Nähe von Mutterstadt ist an Pfingsten ein schreck­licher Mord vorgekommen: ein übel beleumundeter, oft schon bestrafter Bursche bekam eine Anwandlung von Bestialität;den Ersten, der mir heute in den Weg kommt, erschlage ich", schrie er. Nachmittags im Wirthshaus, und er machte die rohe Aeuße- rung nur zu bald zur Wahrheit. Sein Opfer war ein ihm gänz­lich unbekannter, auf der Landstraße daherkommender Handwerks­bursche, den er mit einem zum Wildern bereit gehaltenen Gewehr niederschlug und so greulich mißhandelte, daß die Leichenschau nicht weniger als etliche fünfzig Verletzungen an dem Körper des Getödteten nachwies. Nicht genug damit: trotz der erlittenen Mißhandlungen lebte der Unglückliche, wie die Sektion mit ziem­licher Sicherheit ergab, noch einige Zeit, der Mörder aber begab sich kalten Bluts nach etlichen Stunden nochmals an den Ort der Schandthat, um sich zu vergewissern, ob sein Opfer nicht noch lebe, und als er es noch schwach athmend fand, erstickte er es allem Anschein nach durch Zuhalten der Nasenlöcher. Das Scheusal ist verhaftet.

Berlin, 12. Juni. Ans dem Umweg über Heidelberg verlautet, daß der neue Vorsitzende des Oberkirchenrsths, Geh. Rath Herrma nn, in der Lage ist, seine Berliner Mission schon jetzt als so ziemlich abgeschlossen betrachten zu müssen, da derselbe in der brennenden Frage der Absetzung Sydows einer unerwartet schroffen, geschlossenen Phalanx von orthodoxen Heißspornen sich gegenüber sieht, die von einem Pactiren so wenig wissen wollen, als ihre oppositionslustigen römischen College».

Berlin, 12. Juni. Sämmtliche hiesige Redactcure, aus­genommen die desStaatsanzeigers", derNorddeutschen Allge­meinen Zeitung", derKreuz-zeitung" und derPost", beschlossen

einen Protest gegen den Reichs-Preß-Gesetz-Entwurf. Die Er­klärung richtet sich gegen die unveränderte Beibehaltung der po­lizeilichen Beschlagnahme und findet die Definition der Vergehen und Verbrechen nicht begrenzt genug, glaubt vielmehr, daß die statt dessen ausgestellten allgemeinen Sätze nach subjecliver Will­kür gedeutet werden könnten. Die Erklärung fordert alle deutschen Redactionen zum Beitritt auf.

Berlin, 13. Juni. Der Bnndesrath hat sich gestern für die Ausgabe von Reichspapiergeld im Gesammtbetrage von drei Mark oder einem Thater pro Kopf der Bevölkerung ausgesprochen, jedoch einen definitiven Beschluß noch Vorbehalten.

Berlin, 14. Juni. Die Bundesraths-Ausschüsse für Justiz, Verkehr und Handel haben der Gewerbe-Ordnungs-Novelle, be­treffend die Errichtung von Gewerbegerichten und die Bestrafung des Contractbruchcs, zugestimmt. Die Zustimmung des Bundes- ralhs ist zweifellos. Der Kaiser und die Kaiserin beziehen heute Babelsberg.

Berlin, 14. Juni. DemDeutschen Wochenblatt" zu­folge gilt es in Regierungskreisen für wahrscheinlich, daß die Herbst-Session des Reichstages im November beginnen und den December hindurch dauern soll, worauf der preußische Landtag, kurz vor dem verfassungsmäßigen letzten Termin, im Januar ein­berufen würde. Demselben Blatt zufolge werden in dem von Deutschland mit Persien abgeschlossenen Vertrage den deutschen Consuln größere Rechte und dadurch dem deutschen Handelsstande größere Rechtssicherheit gewährt.

Wiesbaden, 13. Juni. Vorgestern besah sich einer der Perser die elegante glasbedeckte Trinkhalle im Grand-Hotel, in deren Mitte eine warme Mineralquelle in einem hübschen Mar­morbassin gefaßt ist. Der Perser nahm nun in einer der Bade­zellen ein Bad von 27" R. Wärme, die gewöhnliche Wärme der hiesigen Bäder. Nach einiger Zeit erlebten die in der Trinkhalle anwesenden Gäste, erst mit starrem Entsetzen, bald zu allgemein­ster Heiterkeit ein in unseren Bäder-Annalen noch nicht dagewe­senes Schauspiel. Würdevollen Schritts betritt unser Perser in fast paradisischem Kostüme die Trinkhalle, läßt sich mit vieler Gravität in dem Maomorbecken der Quelle mit gekreuzten Beinen nieder und vollzieht in unschuldigster Natürlichkeit seine Waschungen. Die Wärme des Sprudels (42" R.) behagte dem Orientalen so sehr, daß er nur durch Abstellung der Warwwasserleitung und Pen so bewirkten Mangel an Wasser zum Verlassen seiner eigen- thümlichen Badewanne veranlaßt werden konnte. Den Hotelbe­sitzer versicherte er wegen dieser trefflichen Badeeinrichtung seiner größten Zufriedenheit und versprach wiederholten Besuch. Als er an anderen Tagen richtig wiederkehrte, war jedoch Vorsorge gegen eine wiederholte derartige Benützung des Bassins getroffen.

Der Bischof von Paderborn hat den neuen preußischen Kirchengesetzen bereits thatsächlich den Gehorsam versagt, indem er sich weigerte, die Studienplane der ihm unterstellten Semina- rien vorzulegen, welche die Regierung diesen Gesetzen gemäß von ihm zu verlangen berechtigt ist. (B. Z.)

Die Zufuhren zu dem Breslauer Wollmarkt betrugen 25,000 Centner, die bald verkauft waren. In den geringeren und mittelfeinen Sorten wurde etwas weniger als im vorigen Jahr gelöst, die feinen aber kamen den vorjährigen Preisen gleich. Die anwesenden Käufer waren deutsche Tuchsabrikanten und Händler aus England, Frankreich und Schweden.

(Eine Heldenthat.) Am Himmelsahrtstage, Abends ge­gen halb 11 Uhr, brannte nach demNiederrh. C." ein Haus am westlichen Ende der Stadt Bischweiler. In dem einzigen untern Stockwerk wohnte die Wittwe Löschall mit ihrer Mutter, einer 14jährigen Tochtkr und zwei Pensionärinnen. Die drei Kinder der Wittwe, zwölf, nenn und fünf Jahre alt, schliefen in der Dachstube, und das Feuer war aus dem Boden entstanden. Wohl stürzte die aus dem Schlaf aufgeschreckte Mutter über die bereits vom Feuer erfaßte Treppe auf den Boden; doch der ist voll Rauch und Flammen und vor der brennenden Thüre des Schlafzimmers ihrer Kinder muß die Arme mit versengtem Haar und verbrannten Gliedern, dem Ersticknngstode nahe, zurück und erreicht mit knapper Noth die Treppe und den Erdboden. Ihre Mfe gilt zunächst nur der kranken Mutter. Ihr Hilferuf auf