Diese Worte wurden rasch hintereinander mit bewunderungswürdiger Zungenvolubilität dem armen Dämeler vor den Kopf geworfen, daß er ganz erstaunt seinen Neffen anstarrte, der ihm als barmherziger Samariter gar kurios vorkam.
„Schnattcrlepana!" unterbrach er ihn endlich. „Was sind das für Faxen! Was schwindelst du mir da von einer alten Jungfer, die zwei unerzogene Deine von Guttapercha von einem Gerüst gestürzt hat.
„Ach was sagen Sie denn, Onkel, nein, nein, das Ganze oder kurze an der Sache ist, Sie sollen 30 Gulden zu einem milden Zwecke geben, das ist Alles!"
„So das ist Alles! das ist ei» Glück! ich dachte, es käme noch etwas! Nein, mein Junge, geh' du nur immerhin, wo du gewesen hast — daraus wird nichts!"
Während Karl auf neue UeberzeugungSgründe sann, fiel Dämelern plötzlich sein Brief ein. — Ha, wie wäre es, wenn sein Mündel — richtig, der muß den Brief lesen.
„Potz tausend," rief er, — „da Hab' ich den Morgen einen Brief erhalten, wo ist er denn? Richtig, hier. Wo ist meine Brille? Karl, hast du meine Brille?"
„Seit wann tragen Sie denn Brillen, Onkel; Sie haben ja Augen wie ein Falke?"
„Ja gewöhnlich, aber lesen kann ich nur mit der Brille! Das ist aber ärgerlich, ich Hab' sie wahrscheinlich im Orchester liegen lassen, nun kann ich den Brief nicht lesen!"
„Bah! wenn es keine Geheimnisse sind, will ich ihn vorlesen!"
„Ja Karl, bravo! du thust mir einen Gefall«, damit. — Hier ist er!"
Karl nahm den Brief und las ihn. Aengstliche Spannung Dämelers, die in ein gelindes Entsetzen überging, als sein Mündel plötzlich i» ein krampfhaftes Gelächter ausbrach. —
„Ja, wa — was gibt es denn scho — schon wieder? — stotterte Dämeler.
„Jetzt weiß ich's, warum Sie denn Heute M^gen so aus dem Häuschen waren, — ha! ha! ha! — Sie haben Liebschaften, Amouretten, — Sie machen Eroberungen ha! ha! — Na! nennen Sie mich noch einmal leichtsinnig!"
„Ich verbitte mir jetzt ernstlich und dringend alle Foppereien und schlechten Witze, ein für allemal! Verstanden!" donnerte so würdevoll als möglich der Hofmusikus. ' Es gelang ihm leider sehr schlecht, er war zu verblüfft dazu.
„No, no! Onkel, nur ruhig Blut! ich kenne jetzt Ihre
Schliche! Na, das hält' ich doch nicht gedacht! Hör?» Sie nur selber, da steht deutlich:
Lieber Kaspar!
Es freut mich unendlich, daß du endlich meine Zeichen bemerkt und verstanden hast. Ich habe nur wenig Zeit zum Schreiben. Heute Abend geht mein Bruder fort, da Hab' ich einen Augerchlick Zeit. Komme Punkt 9 Uhr in die große Laube vor dem Thor. Komme gewiß, es gilt unsere Zukunft, unser Glück. Lebe wohl, Theurer!
Deine Natalie."
Stieren Blickes glotzte Dämeler de» Vorleser an, so daß dieser am Ende wieder in sein unbändiges Lachen ausbrach. „Wenn ich nur wüßte!" — — brummte er vor sich hin, indem er bald seinen Stieselkuecht, bald seinen lachenden Mündel ansah.
„Kerl, du foppst mich!" —
„„Ader Onkel, ich bitte Dich!""
„Das heißt doch nicht Natalie, die Unterschrift!"
„„So sieh doch her, N, a, t, — Nat a, l, i, e, — alle — Natalie. Was soll's denn sonst heißen? Weißt Du was, ich springe schnell in's Orchester, und hole Deine Brille, dann wirst Du sehen, wie Du mir Unrecht thust!""
„No! no! laß es nur gut fein! Das ist mir alles gleich- giltig, heiß es wie es wolle; ich gehe doch nicht hin!"
„„Ist das Ernst, Onkel?""
„Voller Ernst!"
„„Das ist recht, Onkel, dann geh' ich hin!""
„Untersteh dich!" sagte dasmal aber wirklich sehr entrüstet Dämeler, „untersteh dich! Da herum laufen, Dummheiten machen, mich, einen k. Angestellten, compromittiren!"
„„Doch Onkel, doch! Das gibt «inen Hauptspaß. Nach C. zurück kann ich doch nicht, vor ich die 30 Gulden habe, da muß ich eben in der Residenz zu pumpen suchen — wollte sagen, Collecte sammeln, und da amusir ich mich heut' Abend prächtig. Juhe, das wird ein Spaß!""
„Hör, Kurl, sei vernünftig, ich will dir 15 Gulden geben, für dich Natürlich, wen» du gleich nach C. abfährst. In einer halben Stunde geht der Zug, komm, sei ein braver Kerl!"
„„Nun meinetwegen! eigentlich thuc ich es zu billig; aber weil Sie es sind.""
Mit verschiedenen Seufzern zählte Dämeler die fünfzehn Silberlinge auf den Tisch, begleitete seinen Mündel auf den Bahnhof und athmete erst erleichtert auf, als der Zug abfuhr. Karl grüßte ihn noch laut lachend. (Forts, folgt.)
Amtliche und Privat-Bekanntmachnngen.
Dornstetten.
Hoh-Verkaul.
Aus den hiesigen U Stadtwaldnngen kommen gegen bare s Bezahlung auf dem , dem Rathhaus hier am Montag den I6.ds., Vormittags
10 Uhr,
257 Stämme Langholz »nd 432 Stück Sägklötze
zum Verkauf, wozu Kaufsliebhaber eingeladen werden.
Den 7. Juni 1873.
Stadtfchultheißenamt.
A g e n b a ch, Gerichtsbezirks Calw.
Liegenschafts-Verkauf.
In der Gantsache des Johannes Schaible, Fuhrmanns hier, kommt die vorhandene Liegenschaft
Montag den 30. Juni d. I., Vormittags 9 Uhr,
auf den Grund eines Nachgedots von 300 fl., auf dem Rathhause in Agenbach wiederholt im öffentlichen Aufstreich zum Verkauf, und zwar:
Markung Agenbach:
Prz.Nr. 9.
44,0 Nth. Ein zweistöckiges Wohnhaus mit Scheuer,.
Speicher. Stal-l lung, Holzschopf, Backofen, Schweinstall und Hofraum, in den Eichen am Weg,
Anschlag 500 fl.
Erlös 200 fl.
Parz. Nr. 92/i.
l'/s Mrg. 7,0 Rth. Gras-, Baumund Gemüsegarten allda,
Anschlag 500 fl. Erlös 300 fl.
Prz.Nr. 37.
2'/. Mrg. 22,1 Rth. Wechselfeld mit Laubholzgebüsch in den Eichen. Anschlag 480 fl. Erlös 300 fl. Markung Oberkollwangrn: Prz.Nr. 180.
4'/» Mrg. 30,0 Rth. Wechselfeld in alten Hausäckern, Anschlag 300 fl. Erlös 250 fl. Markung Neuweiler:
Prz.Nr. 285«,.
4*/, Mrg. 29,9 Rth. Wiese, Acker, Laubholzgebüsch u. Weg in den Metzeläckern,
Anschlag 530 fl. Erlös 270 st. Hiezu werden Kaufsliebhaber — unbekannte mit obrigkeitlichen Vermögenszeug- nissen versehen — eingeladen.
Calw, den 9. Juni 1873.
K. Amts-Notariat Teinach. Müller.
Nagold.
Gläubiger-Ausruf.
In der Vcrlasfenschaftssache des Johann Gottlob Dengler, Straßenwärters hier, haben die Erben die Erbschaft mit der Rechtswohlthat des Inventars angetreten, daher die Gläubiger des Erblassers ihre Forderungen bis zum 31. Juli 1873 hier
anzumelden haben, widrigenfalls auf ihre Befriedigung oder Sicherstellung von Amts- wegcn keine Rücksicht genommen werden würde, und somit ihnen blos das mit dem Ablauf von drei Jahren vom Antritt der Erbschaft an sich verjährende Absonderungs- Recht Vorbehalten bleibe.
Den 9. Juni 1873.
K. Gerichtsnotariat. Fischha ber. Gündringen,
Oberamts Horb.
Hoh-Verksuf.
Die hiesige Gemeinde verkauft am Montag den 16. d. M.,Morgens9Uhr, an der Hochdorfer Steig, 80 Stück Langholz und 100 Stück starke Gerüst- und zu Rollbahnschwellen sich eignende Stangen, wozu Liebhaber eingeladcn werden.
Schultheißenamt.
Klenk.
Revier Pfalzgrafen weiter.
Rkis-Verksuf.
Am Freitag den 13- Juni, Nachmittags 1 Uhr,
auf dem Rathhaus in Pfalzgrafenweiler ca. 16500 Stück Nadelholzwellen, ungebunden geschätzt, aus den Schlägen Eschcn- rieth, Findelbuckel, Lachenrain und vom Scheidholz aller Hüten (auch der Gröm-
bacher)._
A l t e n st a i g.
Einige tüchtige Maurer
finden bei gutem Lohn dauernde Arbeit.
Schilling, Maurer.
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