W i e n, 24. Mai Einem Telegram derNeuen Fr. Presse" aus Rom zufolge bereitet der Vatican ein äußerstes Mittel gegen das Klosicrgesetz vor. Der Papst wird in einer demnächst erscheinenden Encyciica einen größeren Bannfluch gegen das Eabiner Lanza und gegen alle Abgeordneten, welche das Gesetz voüren und zu dessen Ausführung beilragen, anssprechen. In dem Schriftstücke soll das Klosiergesetz für null und nichtig erklärt und allen Katholiken verboten werden, sich demselben zu fügen, "Alle, welche Kirchengüter kaufen oder an deren Verkauf theilnehmcu, weiden cxcommunicirt.

Versailles, 24. Mai, 2 Uhr Nachm. Thiers hirlt in der Verhandlung der "Nationalversammlung über die Inter­pellation Lee Rechten soeben eine große Rede, worin er die Nmh- wendigkeil betont, die Republik als Regier unzsform zu er klä­ren, und das Schädliche eines neuen Provisoriums auseinander- fetzl.Es gibt in Frankreich nur einen Thron, und drei sind, die ihn entnehmen möchten " Seine Politik sei konservativ. Um 5 Uhr Abends hielt die 'Nationalversammlung eine neue Sitzung, worin Ernonl folgende Tagesordnung einbrachte:Die National­versammlung, in Erwägung, daß die Regieruugsform nicht in Rede steht, und daß es darauf antommi, das Land zu beruhige», indem man eine entschieden konservative Politik zur Geltung bringt, bedauert, daß die treulichen Minister-Veränderungen den kon­servativen Interessen nicht die Befriedigung gegeben haben, welche sie das Recht hatten zu erwarten." Dufanre erklärt, daß das Kabinet nur die einfache Tagesordnung annehme, diese wird aber mit 362 gegen 348 St. abgelehut.

Paris, 24. Mai. Thiers hat kräftig gesprochen. Unge­heurer Applaus. Die Rechte, darüber ausgebracht, beantragte Leerung der Präsidentenlogc, wo sich Madame Thiers befand, unter Lei» Vorwände, der Seine-Prüftet hätte applaudirt. Der Antrag wird abgelehnr. Thiers brandmarkte die Eoaliiion Brog- lie's mit den Bonapartistcn.

V e rsaill e s, 25. April. Die "Nationalversammlung nahm gestern Nacht das Ernoul'sche Tadeisvotum mit 360 gegen 344 Stimmen an. Der Vicepräsident des Ministerralhs, Du- saure, kündigte einige Zeit hernach an, das Ministerium habe feine Entlassung cingereicht und Thiers habe sie angenom­men; er verlas zugleich eine Botschaft Thiers', worin derselbe seine Entlassung als Präsident der Repri- blik einreicht. Seitens der Rechten wird daraus sogleich der Antrag eingebracht, zur Wahl eines N a ch f o lgcrs zu schreiten, zuvor aber wird noch ei» Antrag der Linken, besagend, daß die Nationalversammlung die Demission Thiers' nicht airnehme, mit 368 gegen 330 Stimmen verworfen. Darauf wird Marschall Mac Mahon mit 390 Stimmen gegen Grnvi), den Kan­didaten der Linken, zum Präsidenten der Republik pro- clamirt. Um 14^,4 Uhr zeigte Buffet an, daß Mac Ma­hon die Präsidentschaft, nicht ohne Widerstand, an­genommen habe. Die gegenwärtigen Minister verbleiben in ihrem Amte, bis die neue Ordnung der Dinge eirrgetreicn fein wird.

Rom, 23. Mai. DieItalienischen Nachrichten" melden, daß der Papst dem Jesuitengeneral den Vatikan zum Aufenthalt angeboten und beschlossen habe, neue Cardinäle zu ernenne», deren Name» noch »»bekannt seien. Cardinal die Pietro werde wahr­scheinlich den Cardinal-Staaissecrerär Antonelli ersetzen. Nach dem genannten Blatte hätte der Papst sängst eine Bulle unter­zeichnet, durch welche die Bestimmungen über das Conclave geän­dert würden. Die Gesundheit des Papstes wäre gut, derselbe empfange zahlreiche Personen.

M adri d,,20. Mai. Das Ministerium hat dem Vernehmen nach beschlossen, für die Wahl des Präsidenten der Republik den Weg des Plebiszits vorzuschiagen.

Petersburg, 22. Mai. Der Schah von Persien ist heute Mittag hier »»gekommen.

Newyork, 24. Mai. Die Modoc-Jndianer haben unter der Bedingung der Schonung des Lebens ihre Ergebung ange­boten. Davis verlangte unbedingte Unterwerfung bis Freitag, widrigenfalls alle erschossen würden. In Iowa hat ein Or­kan gewnthet, welcher Häuser und Farmen zerstörte und Menschen und Thiere sortführtc. Viele Tobte und Verwundete werden gezählt.

4 62 Mädchen in Lomell, Massachusetts, haben an die Legis­latur des genannten Staates eine Petition eingereicht, in welcher sie um Legalisirung der Vielweiberei bitten, Massachusetts Hai 40,000 Frauenzimmer mehr als Männer. Um ihre Bitte etwas plausibler zu machen, verlangen die Petitinnen, das Ge­setz solle gleichzeitig bestimmen, daß zur Schließung einer zweiten, dritten, vierten u. s w. Ehe die Zustimmung der früheren Gattinnen erforderlich sein soll.

Amerikanische Frauen.

(Sckluß.l

Wie im össemüchen Leben, genießen die Frauen auch im Privatleben weitgehende Vorrechte. Die Galanterie wird in einer

Weise geübt, die die Männer lächerlich und die Frauen in vielen Fällen unausstehlich macht. Der Amerikaner'nimmt von seinen schönen Landsmännineii Alles, selbst Beleidigungen mit einem Lächeln an, gleichwie man sich die Capricen eines schönen, aber eigensinnigen und ungezogenen Kindes gefallen läßt; er entrichtet alle geforderte übertriebene Galanterie, die einer deutschen Dame von einem fremden Herrn unangenehm und peinlich wäre, ent­weder mit stoischem Ernst oder trockenem Humor, so daß sein folgsames Benehmen im Ganzen mehr einen komischen als de- müihigenden Eindruck inacht. Die fange Amerikanerin kann auch in Gesellschaft lebhaft und liebenswürdig sein, aber aus ganz anderem Grunde, wie eine deutsche Dame. Für die Töchter einer deutschen Familie ist eine Abendgesellschaft ein wahres Fest; der Gedanke mit jungen Männern znsaiiimenzukommen, erfreut sie, gleichviel ob sie nach einer guten Partei trachten oder nicht; sie entfalten dann in der Gesellschaft alle Anmnih und Liebenswürdig­keit und alle jene kleinen und unbewußten Koketterien, wozu sie ihre warme, sympathische, echt weibliche Natur bewegt. Eine Amerikanerin hingegen wird nur liebenswürdig ans Interesse, sobald sie weiß, daß Einer der Anwesenden eine sogenannte glän­zende Partie ist; dann wird sie lebhaft, geistreich, witzig, origi­nell, keck und ist im Stande, ihre Landsleute wahrhaft zu bezaubern; aber einem ehrlichen Deutschen wird es dabei doch zu Much, als würde er fortwährend mit Nadeln geprickelt.

Die Amerikanerin ist sich aller Vorrechts und Bewegungen in den wichtigsten Lebensverhälinissen von früher Jugend her wohl bewusst, und wenn wir alle diese Umstände, welche ihre Entwicklung beeinflussen, in Betracht ziehen, so darf cs uns nicht wundern, wenn uns im Allgemeinen die Mehrzahl der amerika­nischen Frauen entweder gänzlich erschlafft und blasirt, oder ans ihrer Sphäre getreten, als emanzipirt entgegenlritt. In beiden Fällen ist sie untauglich als Mutter. Im ersten Falle wohnt sie mit ih^en Kindern beständig in einem Hotel, damit sie keine Mühe mit dem Hauswesen Hai; sie liest, putzt sich, empfängt Besuche, fährt spazieren und kümmert sich niemals um ihre Kinder, die sie fremden Leuten überläßt. Der Mann ist den ganzen Tag in seinem Geschäft, um das Geld für die Toilette und für die Vergnügungen seiner Frau herbeizuschaffen; er beklagt sich darüber nicht, im Gegeniheil freut sich, daß er aus diese Weise zeigen kann, wie viel Geld er zu machen versteht und darein setzt der Amerikaner seinen Haupistolz. Im andern Falle bekümmert, sich die Frau ebensowenig um ihre Kinder, sondern sie nimmt Thsil an den Beschäftigungen ihres Mannes, namentlich an der Politik, welcher überhaupt die Amerikanerinnen mehr zngeneigt sind, und worin sie zugleich schätzbare Kenntnisse, Verstandesschärfe und besonders ein auffallendes Rednertalent an den Tag legen. Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, daß die Frau eines bekannten Parteiführers alle Reden ihres Mannes ausarüeiiete, die stets allgemeine Bewunderung fanden. Tritt der Mann als Candidat für irgend ein Amt auf, so setzt die Frau alle Hebel in Bewe­gung: sie stattet einflußreichen Persönlichkeiten Besuche ab, schmei­chelt, kokettirr, beschenkt die Frau Gemahlin, gibt Ehrendiners, Soireen n. s. w. Daher kommt es, daß mancher Senator seinen Sitz im Congreß zu Washington nur seiner Frau zu verdanken ha!, und weibliche Einflüsse sind in vielen Aemtern bis zum höchsten im Staat hinaus zu verspüren.

Es bleibt nur noch übrig zu sagen, wie sich die Amerika­nerin in der Liebe benimmt. Sie lieb! selten aus wirklicher Liebe, sondern mehr aus Eitelkeit und Stolz. Daß es auch viele Ausnahmen gibt, versteht sich von selbst. Sie wird wild, leiden­schaftlich, rachsüchtig und geneigt, alle socialen Schranken zu durch­brechen, wenn man ihrer Wahl Hindernisse in den Weg legt. Sie liebt überhaubt nur dann mit Energie und mit völliger Hintansetzung ihres eigenen Selbst, wenn sie keine oder wenig Gegenliebe findet, und ihr von Seite der Eltern Hindernisse be­reitet werden. Im letzteren Falle läßt sie sich gewöhnlich ent­führen und zwar wo möglich aus die kühnste und abenteuerlichste Weise. Nach wenigen Wochen ist in der Regel die Leidenschaft wieder verraucht; man trennt sich und kehrt ruhig in seine Vater­stadt zurück, um dann mit der kühlsten und nüchternsten Berech­nung sich nach einerguten Partie" umzusehen. Wird ihr Ge­liebter nach der Entführung untreu, so kennt ihre Rachsucht keine Grenze und sie ist im Stande, ihn auf offener Straße zu erschie­ßen, oder wo möglich sich mit ihm zu vergiften. Forscht man nach den Motiven einer solchen leider zu oft vorkommenden That, so wird man immer finden, daß es eigentlich nicht gekränkte Liebe, sondern gekränkte Eitelkeit und verletzter Stolz ist, der allein die Amerikanerin zu blinder Leidenschaftlichkeit entflammen kann.

So sind die amerikanischen Frauen in den großen Städten. Daß unter solchen Umständen das Familienleben derart ist, daß man sich scheut, darüber zu svrechen, läßt sich denken. Es gibt zwar zahllose amerikanische Ehen, die musterhaft sind, und in welchen ein Familienleben herrscht, das nichts zu wünschen übrig läßt; geht man aber der Sache näher aus den Grund, so findet man, daß in den meisten Fällen ein solch' musterhaftes Familien­leben deutschen oder englischen Einflüssen zu danken ist; gewöhnlich