Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold

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TageS-Neuigkeiten.

§ Vom Weiler Wald, 28. April. Dem in vergangener Nacht eingetretenen verspäteten Schnee haben wir die Erlegung eines seit nahezu 60 Jahren in hiesiger Gegend nicht mehr ge­sehenen Wildes zu verdanken. Ein Wildschwein, Keiler mit 130 Pfd., welches im Lause des Winters in Folge der Ungeschicklich­keit der bctr. Schützen mehrere Male glücklich entkam, wurde bei dem heute veranstalteten Treiben in der von Forstmeister H. ge­pachteten Staatsjagd durch Forstass. G. und Waldschütz R. in der Nähe von Grömbach geschossen.

Calw, 28. April. Die frühere Nachricht in Betreff des zum Nachtheil der Wittwe Beck in der Teinacher Straße dahier verübten Diebstahls mit nachgefolgter Brandstiftung kann nun dahin ergänzt werden, daß die Untersuchung zu erheblichen Zweifeln bezüglich der Verübung eines Diebstahls geführt zu haben scheint und die angeblich Bestohlene heute wegen Verdachts der Brand­stiftung in Untersuchungshaft genommen worden ist. (St.-A.)

Landesprodnkkcn-Börse Stuttgart vom 28. April. Die heutige Börse war stark besucht und es wurde namentlich in Waizen manches umgesetzt. Wir notiren: Waizen, rum., 8 st. 12 bis 36 kr. Waizen, dair., 8 fl. 18 bis 24 kr. Waizen, rhein., 8 st. 36 kr. Kernen 8 fl. 24 kr. Dinkel b fl. 12-30 kr. Hafer 4 fl. 30 bis 48 kr. Mehl­preise per 100 Klg. incl. Sack. Mehl Nr. 1: 25 fl. 36 kr. bis 26 fl. Mehl Nr. 2: 23 fl. ?4 bis 26 kr. Mehl Nr. 3: 20 fl. bis 20 fl. 36 kr. Mehl Nr. 4: 16 fl. 36 bis 17 fl.

Stuttgart. Der bestrenommirte Gasthof zum Petcrs- burgerhof ist von Hrn. Hauser, welcher denselben im Jahre 1853 um 40,000 fl. erkauft, dazu die Sander'sche Scheuer um 11,000 fl. erworben und etwa 10,000 fl. verbaut hat, dieser Tage an Hrn. Bauunternehmer Georg Schüttle um 182,000 fl. verkauft mor­den. Wie verlautet, soll das bisherige Hotel abgerissen und der vor dem Hotel befindliche Garten an der Ebrrhardsstraße ebenfalls überbaut und das ganze zu einem in edlem Baustyle herzustellenden Bazar eingerichtet werden. Ob die ober» Räume des Neubaus wieder als Hotel eingerichtet werden, ist noch unbestimmt.

München. 25. April. In der Spitz cd er'schen Gant­masse sind Wechselforderungen im Gesammtbetrage von 8,622,000 fl. angemeldet worden; hiezu kommen noch 510,000 fl. Hypothek­schulden, so daß sich ein Gesammtschuldenstand von 9,132,000 fl. ergibt.

Berlin, 27. April. DieSpen. Ztg." behauptet, daß in Bezug auf die Herstellung eines Reichseisenbahnamts mehrere Regierungen einen ganz unerwarteten Widerstand erhö­ben. Es soll neben der bayerischen Regierung ganz vorzugsweise die sächsische Regierung sein, welche gegen eine Erweiterung der Reichscomptetenz nach dieser Richtung von vornherein entschiedenen Protest eingelegt hat. Aber nicht bloß Sachsen und Bayern, auch Württemberg und Baden zeigen sich abgeneigt. Wie berichtet wird, gedenkt der Oberkirchenrath in der Sydow'schen Ange­legenheit das Gutachten einiger Universitäts-Fakultäten einzuholen. Wenn die Nachricht sich bestätigt, muß die Verlegenheit sehr groß sein, indem man schon daran denkt, die Verantwortlichkeit von sich abzuschieben.

Vor seiner Abreise nach St. Petersburg hat der Kaiser das nach mehr als 6monatlicher Arbeit vollendete Fürstendiplom für den Reichskanzler unterzeichnet. Das Diplom, welches unter der Aufsicht des Grafen Stillfried nach dessen Anordnungen von dem Hofkalligraphen Vietz ausgeführt ist, enthält 12 Seiten Text. Mf der ersten Seite steht der Titel des Kaisers und Königs, im Bogen umrahmt von den Wappen der 12 Provinzen, darüber der Adler, darunter der Namenszug des Kaisers. Die zweite Seite bringt die Motivirung der Erhebung in den Fürstenstand, in welcher derunvergänglichsten Verdienste" des Fürsten um die Einheit und Größe des Vaterlandes gedacht wird, die dritte den Akt der Erhebung, die vierte die Bestimmungen über die Erblich­keit der Würde, die fünfte und sechste die Beschreibung des Wap­pens, die siebente das Wappen selbst. Es ist das alt Bismarck'sche, nur durch den Fürstenmantel und die Schildhalter, den preußischen Adler zur Rechten und den brandenburgischen zur Linken, aus­gezeichnet. Rechts von dem Wappen sind dänische, links östrei- chische, darüber französische Fahnen angebracht. Darunter ist ein Miniaturbild Straßburgs. Die achte Seite bringt die Fortsetzung

der Beschreibung des Wappens, die neunte Bestimmungen über die nichtfürstlichcn Nachkommen, die zehnte die Unterschritt des Kaisers, die elfte und zwölfte einen Auszug aus der Fideikomintß- Stistungsurkunde des Fürsten.

Die jetzt auf Thaler und Gulden lautenden Banknoten und Staatskasse ns che ine werden bald am längsten gelebt haben. Sie müssen, wenn die neue Goldwährung im deutschen Reich angenommen und eingeführt ist, nach der Markrechnung umgcarbeitet werden. Künftig dürfen nur solche Banknoten zur Ausgabe kommen, die auf wenigstens 100 Mark laute». Der Termin der Einlösung und neuen Ausgabe soll spätestens am 1. Januar 1875 festgestellt werden. So lauten die neuesten Be­schlüsse des Reichstags (die aber noch der Zustimmung der Re­gierung bedürfen.)

Die Festungsmauern von Lützelstein hat man, dem Ndrh. Kur." zufolge, abzutragen angefangen. Die Gräben um die Wälle werden mit Schutt ausgefüllt und sollen als Gärten benutzt werden.

Fu ld a, 28. April. Zu der morgen beginnenden Conferenz der preußischen Bischöfe sind bereits hier eingetroffen: Der Erz­bischof v. Ledochowski, der Fürstbischof von Breslau, die Bischöfe von Osnabrück, Hildesheim, Limburg, Trier und der Bischof Namczanowski. Die anderen Bischöfe werden heute Abend er­wartet. '

Wie aus Fulda gemeldet wird, soll der bischöfliche Protest gegen die preußischen Kirchengesetze bereits abgefaßt sein und er­fährt in der Konferenz nur eine endgültige Redaktion.

Frankfurt, 25. April. Unter den Opfern des Nickelches­tages erregt besondere Theilnahme der 23jährige Sohn des hie­sigen Lehrers Widmann, welcher die Belagerung von Paris glücklich mitgemacht hatte. Derselbe wurde auf dem Wege nach einem Konzerte von einer verirrten Kugel durch die Brust getroffen und starb am folgenden Tage im Hospital zum heiligen Geist. Erst als Leiche kam er wieder in fein väterliches Haus.

Zabern, 22. April. Die Wunder-Epidemie hat jetzt auch unfern Kreis erfaßt. Unfern Lichtenberg im Kanton Lützel­stein liegt das Dörfchen Reipertsweiler und nicht weit davon in einsamer Waldgegend das sog.Fuchsthalerloch"' In diesem Loch erschien die Murtcrgottes den Kindern des dortigen Wirthes, deren Talent zum Geistersehen sich sofort praktisch verwerthete, denn vorigen Sonntag waren nicht Hunderte, sondern Taufende von Menschen zur Stätte, um zu beten, zu knien und sich natürlich bei dem speculativen Wirthe gegen Daarbezahlung zu erfrischen. Für nächsten Sonntag ist wieder großer Spektakel angesagt. Wenn es so fortgeht, wird im Elsaß bald kein rechtschaffener Ort mehr zu finden sein, der nicht seine Wunder aufzuweisen hat; die Phan­tasie des Volkes ist einmal krankhaft erhitzt. Ein Theil des Klerus beutet das aus.

Die Rheinische Eisenbahn hat einem Passagier sein linkes Bein, das bei einem Zusammenstoß verletzt und später amputirt wurde, mit 10,000 Thlr. baar bezahlen müssen.

In Metz haben nun auch die Thore deutsche Namen erhalten.

Ueberall in Deutschland, besonders aber auch in Oestereich, hat durch die letzten Fröste die Vegetation, vor allem die Früchte und der Wein, aufs empfindlichste gelitten. In der Bergstraße gibt man die Obsternte fast verloren, umsomehr allen weniger durch günstige Lage bevorzugten Orten. In Ni er stein ist ein großer Theil der Weinreben total erfroren. Ein gleiches gilt vom Rheingau; in Eltville, Hattenheim, Oestrich, Winkel sind zum größten Theil die Weinstöcke erfroren; dieselbe trübe Kunde kommt von Rüdesheim. Man schreibt von dort: Noch in den letzten Tagen hatten wir die schönsten Hoffnungen für ein ge­segnetes Jahr. Heut ist alles dahin. Die schönen jungen Triebe sind hart gefroren, schwarz und fallen ab. Auch die Pfälzer Weine sind in den höheren Lagen erfroren. Nächst dem Wein sind die Nußbäume, Frühgemüse und der Klee beschädigt worden; in Norddeutschland auch der Raps. Der Stand der Saaten da­gegen wird fast überall gerühmt; Schnee und Kälte vermochten densebcn wenig zu schaden. Aus Italien ähnliche Nachrichten.

Prag, 27. April. Das deutsche Kronprinzenpaar ist auf