Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.
CELeint rröLentlicb und krüct
Nr. 44. baldsädrlild ticr 54 kr., im Bezirk SüMStag dkll 19. ApNt.
mii Postauiicbiag I. f!. 8 kr.
Einrückungsgcbürr iür ric kleine Zeile aus ^ewöbn'iider Lärriit je 2 Kreuzer.
1873 .
Die amtlichen Stellen des Bezirks machen wir wiederhol: daraus aufmerksam, daß Briefe und Pakctscndungcn, die das Recht der Porto- irciheit haben sollen, nur die Adresse:
„Redaktion des Amtsblattes in Nagold"
tragen dürfen. An die Buchhandlung oder die Buchdruckern gerichtete Adressen, auch wenn solche als Dienstsache bezeichnet sind, werden mir Porto belastet und muß dem Absender zum Ersatz ausgerechnet werden.
Die Redaktion des Amtsblattes in Nagold.
TageS-Nenigkeiten.
Die niedere Justizdicusixrüfung hat u. a. bestanden: Renz, Gottlieb, ron Nothfelden-
In Feige der vom 17.- 21. März in Nürtingen vorgcnommcnsn Norrrüsung sind u. a. nacbgenannle evangelische Schulaspiranten zur Vorbildung für den Lchuliland ermächtigt worden: Boiav, Otto Heinrich, von x>errcnberg. Haug, Jakob Friedrich, von Gültliugcn, Haug, Christian, von Güliiingen, Ißärner, Johann Michael, von Sulz, Reicher:, Göttlich, von Rvbrdors, Lceger, Johann Jakob, von Eddau'cn.
Stuttgart, 16. April. Zwei Individuen, welche sich an den treulichen 'Straßen-Excessen bctheiligt hatten, wurden heute vom Krcisgerichle zu se 4 Monate» Gesäugniß verurthciil.
Stuttgart, 16. April. Aus Ulm ist heule die 'Rachricht von dem nach längerer Krankheit am 15. d. M. erfolgten Ableben des Obcrstudienralhs Dr. Häßler, Konservator der vater- ILndischcn Kunst- und Allerrhnmsdcnkmale und Vorstands der Staatsalterlhümerversammlung. hier eingetroffen. Durch den Hingang dieses um die Erforschung der vaterländischen Geschichte und um die Pflege des vaterländischen Altenheims hochverdiente!! Mannes erleidet das ganze Land, insbesondere aber dessen Vaterstadt Ulm, einen schweren Verlust.
Eßlingen, 15. April. Die kalten Nächte in der vorigen Woche haben auch in den hiesigen niederen Lagen der Weinberge Schaden gclhan, insofern sämmtliche Augen der Affenthalerstöcke erfroren sind. Dieser Schaden kann wieder ersetzt werden; es ist nur zu wünschen, daß später nicht noch größerer Schaden durch Frost verursacht wird. , (N. Z.)
Mannheim, 16. April. Heute Abend fand ein großer Krawall wegen eines Bicrausschlags statt. Mehrere Brauereien wurden zerstört, daS Militär schritt ein; die Zerstörer zählten nach Tausenden. Verhaftungen wurden vorgcnommen.
Mannheim, 17. April. Bei dem gestern stattgehabten Bierkrawall wurden drei große Bierbrauereien zerstört. Die Po- lizeimannschasten blieben den Ruhestörern gegenüber machtlos. Als die Letzten: mit der Zerstörung der vierten Brauerei begannen, schritt das Militär erfolgreich ein. Dasselbe hatte vor Mitternacht die Straßen geräumt. Man befürchtet die Fortsetzung der Unruhen, weßhalb Vorsichtsmaßregeln getroffen sind. Eine auf heute anberaumte Volksversammlung wurde polizeilich untersagt.
Konstanz, 14. April. Die am Samstag 12. d. M. in der Restauration Baumgärtner abgehaltene Versammlung der „Biertrinker" war sehr zahlreich besucht. Sämmtliche Anwesenden verpflichteten sich durch Unterschrift, bei keinem Wirthc, welcher zu erhöhtem Preise Bier ausschcnkr, solches zu trinken, und nur jene Wirthc zu besuchen, welche das Bier zum alten Preise ab- acbcn. Die Liste ist bereits mit 300 Unterschriften bedeckt, darunter eine große Anzahl gewichtiger Biertrinker. Es wurde sodann ein Konnte gewählt, welchem die Aufgabe zufällt, gute und billige Biere auszukundschaften und jene Wirihschastcn, in welchen solches gehalten wird, von Zeit zu Zeit durch Plakate an den Straßenecken bekannt zu machen. Den Worten folgte die Tbar aus dem Fuße nach; denn gestern und heute sind letztere Wirthschaftcn gepfropft voll Gäste, während die „Ausschläger" manches theure Haupt vermissen mochten.
München, 13. April. In einer gestern Abend im Saale des „Lampclgartens" in München abgehaltenen, von etwa 50 Personen besuchten Versammlung der socialdemokratischen Arbeiterpartei wurde über „die Auferstehung Christi und die der Menschheit" gesprochen, Christus als Socialist charakterisirt, und Lassalle als derjenige bezeichnet, welcher, nachdem Christi Lehre durch seine
Anhänger selbst verdreh! worden sei, um die Zurücksühruug des Volkes ans den rechten Weg bemüht gewesen. Christus wie Las- salle seien für ihre Lehre leider zu früh gestorben u. s. w. Die Versammlung nahm einen sehr ruhigen und, da sich die beliebten Schlagwörtcr: „Capital, Arbeit, Produktionsweise re." hier nicht in gewohnter Weise behandeln ließen, sehr kurzen Verlauf.
Berlin, 15. April. Auch die Haupt-, Statious- und Gntcr- Cassen der Staatsbahnen werden fortab ösircichischc Gulden nicht mehr anuchmen (Frki. I )
Ein Antrag, betreffend den Erlaß eines Re ichs g c s etze s über die bürgerliche Form der Eh es ch l i e ß u n g ift, wie wir schon früher kurz berichtet, von den Abgeordneten Völk und Hin- ichius dem Reichstage vorgeleg! worden. Seine Tendenz ist in §. 1 klar ausgesprochen, wo es heißl: Eine rechtsgültige Ehe kann mir vor den in den einzelnen Bundesstaaten zur Entgegennahme von Eheerklärungen bestellten Beamten (Ehcslaiidsbeanuen) geschlossen werden. Die Vollziehung der von den einzelnen Re- ligioiisgcsellschaften für die Eingehung der Ehe vorgesckriebenen Förmlichkeiten darf erst nach Abschließung der Ehe vor dem Ehe- standsbcamlen erfolgen.
Das Telegramm, welches der König von Bayern kürzlich an Fürst Bismarck zu dessen Geburtstag (l. April) abgesendet hat, lautet nach dem Hamb. Korr.: „Die wärmsten Giück- uiid Segenswünsche zum Geburtstage! Se. Majestät hoffen, daß der Tag, an welchem der Fürst mir erhebendem Bewußtsein auf ein Leben voll der reichsten staarsmännischcn Thärigkcit zurückbttckt, dem Kanzler noch oft wicderkehren möge."
Berlin, 16. April. Der Kaiser reist am 24. April nach Petersburg ab und nimmt unterwegs einen kurze» Aufenthalt in Königsberg. — In dem Gefolge des Kaisers werden, der „Kreuzzeitung" zufolge, sich bcsinden: der Reichskanzler Fürst Bismarck mit einem Deparlementsbeamlen (Bücher oder v. Bülow), Fcldmarschaü Gras Moltke, die Generale v. d. Goltz, v. Steinäcker, v. Albedyll, Hosmarschall Graf Perponcher, sechs Kabinetsbcamtc, Generalarzt Dr. Lauer und Geheimer Hosraih Borck.
Durch die Einführung des neuen Mauscr - Gewehres werden die Arbeiten der Truppen in Fricdenszeitcn auch vermehrt werden. Das Feuern aus diesen Gewehren erfolgt nämlich nicht mit den bisher in Gebrauch befindlichen Papier-Hnlsen- Pattonen, sondern mit Patronen, zu deren Herstellung Metall- Hülsen verwendet werden. Da diese durch das Feuern selbst nicht leiden (nur daß sie von dem Pulverschleiin schmutzig werden) und immer wieder auf längere Zeit verwendet werden können, da ferner die Metall-Hülsen an und für sich von viel höherem Werth sind als die Papier-Hülsen, so wird es in Zukunft die Aufgabe der Truppen sein, nach Hebungen mit scharfen Patronen (Scheibenschießen rc.) zunächst die verfeuerten Metallhülsen zu sammeln und sie sodann mit zur Kaserne zurückzunehmen. Hier werden sodann bald nach der Rückkehr die Truppen zur Arbeit autrcten müssen, um die gebrauchten Hülsen wieder zu reinigen und zur ferneren Verwendung wieder fertig zu machen, da diese Manipulation, wenn sie von Erfolg sein soll, möglichst bald nach dem Gebrauch der Hülsen vorgenommen werden muß. So meldet die „Spener'sche Zeitung."
21 Verleger in Thüringen erhöhen aus guten Gründen den Preis ihrer Zeitungen und Inserate.
Die „Köln. Ztg." hat einen eigenen Korrespondenten zu der Karliftenarmec geschickt.
Ein an die Cyklopen der Mythologie erinnerndes Monstrum kam vor etlichen Tagen in dem westphäl. Dorfe Ergste bei Schwerte zur Welt. Es ist dieses ein Kind männl Geschlechtes, dessen einziges Auge sich mitten auf der Stirn befindet. Alle übrigen Theile sind proportionirt entwickelt. Der Leichnam dieser Mißgeburt ist dem anatomischen Museum in Berlin übermittelt.
Die auch in unser Blatt übergcgangene Nachricht, daß preußische Geistliche aus Animosität gegen die neuen Kirchengesetze am Geburtstag des Kaisers die Festprcdigt und die Benützung der Kirchen verweigert hätten, wird im Schw. Merkur dahin berichtigt, daß an allen Orten nur äußere und ganz bestimmte lokale Gründe von einer besonderen gottesdienstlichen Feier hatten ab- sehen lassen, und daß es dem Geistlichen ausdrücklich sreigestellt