Die Behörden lassen jetzt die Gerichtskosten der von den Kriegsgerichten verurtheilten Kommunisten bei de» Familien der­selben erhebt. Da der größte Theil derselben sich im tiefsten Elende befindet, io verkauft man deren letzte Habseligkeiten.

St. Petersbnr g, 23. März. Khivanische Emissäre reiz­ten die Kirgisische Bevölkerung auf der Butzachhalbinsel (im uord- östl. Theile des kaspischen Meeres) auf, indem sie dieselbe» auf­forderte», au Khiva Tribut zu zahlen und den Russen die Lieferung von Kameele» und Pferde» zu verweigern. Die Mehrzahl der Kirgisen blieb treu. Sie suchten in den russischen Forts Schutz und kehrten nach dem Erscheinen eines Russischen Korps in ihre Wohnsitze zurück.

Die sicilianischen Damen, welche dem Gebrauche von cos- me tischen Mitteln huldigen, werden nicht sonderlich erbaut sein über die Dinge, welche jüngsthin vor den Assisen von Palermo zu Tage kamen. Es gelangte nämlich daselbst ein Proceß zur Verhandlung, dessen Anklage ausProfanalion von Leichnamen" lautete und der mit der Vernrtheilnng von zwei Todtengräbern und einem Hehler endete. Die Profanalion bestand darin, daß die Vernrtheiltcn die Leichname zerschnitten, auskochlen und aus den gewonnenen Fettstoffen Salben nnd Pomaden bereiteten Es wurde während der Verhandlung constatiri, daß jene Todtengräber die Leichname zu ihrer Industrie nicht anss Geralhewohl wählten, sondern immer die fettesten nnd frischesten heraussuchten, um voll- auf gutes Menschenfett für ihre Quacksalbereien zu gewinnen.

Nachstehendes, uns eingesendetes Gedicht, das am Veteranenfest in Aalen zur Feier der Heimkehr der deutschen Krieger aus Frankreich in dem dortigen BlattAalklänge" erschienen, dürtte auch sur unsere Leser noch einiges Interesse bieten, indem darin manche originelle Gedanken sich ausgedrückl finden.

Es waren einst zwei geniale Künstler,

In aan; Europa überall bekannt,

Ludwig als stolz, hochmütbig, finster,

Wilhelm bescheiden, aber sehr gewandt.

Schon manch Conzert ward trefflich ^»orgesühret,

Von seiner Künstler wohlgeprüiten Schaar,

Und was der große Meister arrangiret.

Stets mit Erfolg und Ruhm gekrönet war.

Darob ergrimmt der Louis, cs will ihm.nicht behagen,

Daß noch ein zweiter Künstler wird genannt,

Drum läßt er auch dem Wilhelm sofort sagen,

Was unterstehst Du Dich mit frecher Hand ?

Bald zwanzig Jahr bin ich der Ruhmgekrönte,

Deß Name schon die Sinnen macht berauscht,

An besten Ton sich Jedermann gewöhnte

Ja ganz Europa hat mir gern gelau'cht!

Durch mein Talent Hab ich mir rasch erworben Die Gunst des Volkes, das mich hoch verehrt,

Und keiner noch bat mir das Spiet verdorben.

Weil meine Kunst sich stets hat gut bewährt:

Und nun kommst Du und willst mir streitig machen Das lang erworbene, erste Künstlerrecht,

Willst mein Talent und meine Kunst verlachen

Wart Wilhelm, Wilhelm, diesmal gehl s Dir ichtecht!

Ich liebe zwar die kleinen Künstiergcister,

Wenn sie mir nachzuahmen sich bemüh»;

Doch wer sich frech erhebet bis zum Meister,

Der hat verscherzet seines Glückes Blühn.

Drum ziehe Wilhelm Dich zurück^ ich mahne,

Sei mir kein frecher übermüth'ger L.rvplt Denn wenn Du fortsährst in dem tollen Wahne,

Schlag meine Geige ich Dir an den Kops.

Damit bat's Zeit, sprach Wilhelm Deine Geige Schreckt mich nicht ab, noch Deine Zaudermacht',

Doch wünschest Dn daß meine Kunst ich zeige,

Ich bin parat Louis, dann wirst Du ausgelachl.

S' ist zwar nicht meine Sache mich zu rühmen,

Doch zieh' ich mich auch nicht zurück vor a,ir;

Trum stimme Du indessen Violinen,

Ich bleib im Bad und stärk die Glieder mir.

Doch wütbender ward Louis, der alte Knabe Will auch noch trotzen, mir dem Gvttersohn,

Wart, Du ioljst sehen, daß gestimmt ich habet Du sollst mir büßen diesen frechen Hohn!

Und sofort ließ er auch dem Wilhelm melden:

Alsbald beginn' der Wettkamps mit Mustk;

Wenns Du verspieltst, so kann ich Dir nicht helfen,

Tu hast Dir selbst verscherzt Dein eigen Glück!

Nun warb auf beiden Seiten rasch zum Fest geladen,

Man schrieb ein groß Concert am Rdeinstrom aus ;

Der Louis erbittet freundlich sich Kameraden,

Dem Wilhelm jause» sie von selbst ins Haus.

Mau putzt die Geige, reinigt die Trompete,

Denn alles nimmt man blank mit in's Konzert,

Ein Jeder denkt, gewinnen wir die Wette,

So ist es schon ein wenig Blüh und Arbeit werth.

Der Ludwig denkt, wie wird der Wilhelm horchen,

Bis an die Ehastpotsqeigen sich sein Ohr gewöhnt,

Wenn erst der Baß der Mitrailleuienorgeln,

So süß melodisch noch dazwischen tönt.^

Wie wird sich erst sein Spottgesicht verfinstern,

Womit er jetzt noch mein Talent verlacht;

Wenn ihm von Turko- »nd Zuavenkünstlern,

In Algier drinn' ein Ständchen wird gebracht?

Der Wilhelm denkt: wie wird der Louile lauschen.

Hört er der schmetternden Zünbnadel-Ton?

Und wenn erst Werder'sche Akkorde rauschen,

Begleitet von dem Krupp'scben Bombardon!

Wenn blaue Teufel meine Vauken schlagen,

Wenn so ein sLwäd'fcher Ländler wird gespielt.

Dann werden seine Kunstgenosten sagen:

Louile greis K. sonst ist die Wett verspielt!

Doch horch, es klingt, das Zeichen wird gegeben, Langsam, allmähiig geht der Vorhang auf,

Das Spiel beginnt, es gebt aus Tod und Leben:

Schon athmet Louile leicht und freier auf!

Da klingen Wilhelms rauschende Akkorde,

Verspielt hat Ludwig schon das erste Stück,

Nur eine Saite sprang! sind seine Worte:

Ich ziehe diesmal gerne mich zurück!

Doch Stück für Stück sind es des Wilhelms Melodien, Die klingend rauschen durch Europa hin!

Und immer weiter rückwärts muß der Louile ziehen,

Er fühlt es bald, sein Stern ist im Verblüh'».

Da - im August am eiuuubdr-ißigsten Tage,

Wo mau in Sedan gab ein groß Conzert,

Erlitt Er erst die völlige Niederlage,

Da sah er ein, daß seine Kunst nichts Werth.

Des ander» TageS nimmt er seine Geige,

Zerschmettert sie an Wilhelms Bombardon;

Zum Fibelbogen sagt Er: komm und schweige,

Denw niemals, hörst du's, spiel ich einen Ton!

Wir sind besiegt! dieß wirb man laut verkünden,

Ich geh' zu Wilhelm, ehe es zu spät,

Vielleicht kann ich bei ihm ein Plätzchen finden In seinem groben wahren Künstlerkadinet!

Wilhelm inmitten seiner großen Geister

Sagt ihm ganz freundlich: Louile: Du irrest Dich,

blicht immer ist nur der ein großer Meister,

Der mit der Kunst stolz produziret sich;

Nein Lieber Freund! Du hast Dich schwer betrogen,

Dich und dein Publikum, wie Lu nun siehst;

So gib nun Mir den groben Fidelbogen,

Mit dem Europa Du im Zauber hieltst!

Da nimm idn hin, Wilhelm, Dir wirb er bester taugen, Du bist in Kunst und Tugend ein Genie.

Ich Hab verblendet meinem Publikum die Augen Und war doch selber blinder noch wie sie!

Nun ist erloschen meines Namens Glanze,

Du bist der Große, Dir gebildet der Ruhm;

Nach Deiner Geige ich nun untertbänigsl tanze.

Vielleicht auch mein verblendet Publikum!

Nur eine Bitte, Wilde km, wollst mir nicht abschiage», Schick mich zurück nicht, laß mich mit Dir geh'n.

Was würden meine Kmistgenossen ragen.

Wenn sie mich würden obne Geige sed'n?

Laß mich mit Dir, daß ich mag ferner lauschen Den vollen Tönen Deines Bombardon;

Wo selige Gedanken mich nmrauschen.

So saß auch ich einmal auf einem Thron!

Nachdem nun seine Musikbanden Den Meister ohne Fidelbogen sab'n,

Ta gaben sie des Wilhelms Kunstverwandten Die Instrumenten alle, sammt der^Fahn,

Tie spielten selbst mit diesem Instrument Bei Straßburg, Rietz und Orleans,

Der Lisaineiinie und St. Quentin Manch Trauerstück, auch bei Le Maus,

Und anno 1871, am 26. Januar,

Da spielten sie bei Louiles größtem Ort Ein stück, das in Paris gar selten war.

Zum größten Aerger der Pariser aus den Fort's.

Von da an wollten Louiles Künstlerdanden,

Nicht mehr zur Musikprobe her.

Denn immer wurden sie zu Spott und Schanden Und kein einzig Stück gelang ihm m'tbr.

Nachdem Wilhelm, der größte deutsche Meister,

Ritt seiner wohlgeprüsten Künstlerschaar De» übermüthigen Franzosengeister Ten Standpunkt nun gemacht ganz klar.

Da wurde unterhandelt mit dem größten Fleiß,

Was wohl dem deutschen Künstlervolk An Reisegeld und wohlverdientem Preis Bon Frankreich bald bezahlet werden soll.

Gekrönt mit vielen tausend Fidelbogen,

Mit Orgeln, Bombardonen, Fahnen, Chassepot,

Die unsere Künstler Denen Louiles ganz entzogen, Ging's vorig's Jahr in's Heimatbort.

Ein donnernd Hoch! dem edlen deutschen Meister,

Und seinen tapfer» Künstierschaaren,

Den größten Ruhm das größte Lob Len Geistern,

Die bei den Spielen Heiter waren:

Den Deutschen allen, die nun einig worden,

Verleih' der Himmel, Friede, Heil und Glück,

Es sehe jedes Volk an allen Orten Mit Ehrfurcht aus ihr Werk zurück.

Allerlei.

(Ein neues Schimpfwort.) Dieser Tage saßen, wie dieTribüne" erzählt, in einer Restauration in Berlin zwei Industrielle, langjährige Bekannte, welche sich über die jetzigen Tagesereignisse, über Lasker's Rede, den Gründungsschwindel rc. lebhaft unterhielten. Die Meinungen gingen hierbei weil ausein­ander nnd arteten schließlich in einen Streit aus, den der eine Zänker damit schloß, daß er seinem Gegner die Worte:Sie Wagener Sie!" an den Kopf warf. Jeder, der den Streit der Beiden mit angehört hatte, lachte nach dieser Aenßerung hell auf, nur der so Angeredete ergrimmte sehr darüber und forderte die Anwesenden ans, sich gefälligst zu merken, wie sein Gegner ihn beschimpft" habe, da er sofort die Jnjurienklage gegen ihn ein­leiten werde. Er hat in der That damit Ernst gemacht, denn Derjenige, von dem die Worte ausgingen, hat bereits eine Vor­ladung vor den Schiedsrichter erhalten.