gelang es jedoch, Allheimer zu überzeugen, daß der Oberkellner, ein junger hübscher Mann, keineswegs sechzigjährigen Matronen nschstelle, so daß sich Allheimer schließlich zufrieden gab und auf die Ausführung von Racheplänen verzichtete. (Frkf. I )

Berlin, 5. Febr. Unter denAufgeknöpftheiten", welche Fürst Bismarck bei seinem letzten parlamentarischen Empfangs- Abende begangen haben soll, verzeichnet dieFrkf. Pr." folgende Aeußerung über Italien: Fürst Bismarck fragte, ob denn wirklich der Abgeordnete v. Mallinckrodt behauptet, Preußen habe die italienische Regierung 1870 aufgefordert oder ermächtigt, von Rom Besitz zu ergreifen. Dies wurde bejaht. Der Fürst versicherte darauf, dies sei eine grobe Unwahrheit, der König von Italien sei im Beginn des Krieges mehr französisch als deutsch gesinnt gewesen. Dies antipathische Berhältniß sei während des Krieges nicht gehoben worden und erst gegen Ende des letzteren oder gar erst nach dem Friedensschluss sei die Wiederherstellung eines Ein­vernehmens mit Italien möglich gewesen, jedenfalls sei jene Be­hauptung Malliukrodt's, wenn solche gefallen, das direkteste Ge- gentheil der Wahrheit, und Deutschland sei frei von dem Vor­wurf, irgend etwas gethan zu habe», was geeignet war, die feindselige Haltung Roms zu provociren.

Berlin, 7 Febr. Die Einleitung des Disciplinar-Ver­fahrens gegen den Geh. Ober-Neg.-Rath Wagener steht unmittel­bar bevor. Dieselbe ist veranlaßt durch vorgekommcne Unge- hörigkciten bei Eisenbahnkoncessioneu, die Laster in der Abgeord­netenkammer anfgedeckt. (Fr. I.)

Berlin, 7. Febr. Der große Rath von Tessin beschloß mit großer Mehrheit, jede Annahme und Ausübung geistlicher Aemter, sowie jede ohne Bewilligung des Staates statlsindende Veröffentlichung in Religions- und Cultus-Angelegenheiten mit sofortiger Amlsentsetzung und einer Geldbuße zu bestrafen.

Berlin, 8 Febr. Sämmtliche Morgeublätter heben den überwältigenden Eindruck der Anklage Lasters gegen Wage­ner hervor und fordern die öffentliche Untersuchung, welche Roon verheißt. Laster, welcher die Integrität des preußischen Be­amtenthums trotz einzelner Ausnahmen anerkannte, feierte einen Ehrentag. (S. M.)

DieKreuzztg." schreibt: Der NameProtestanten", ursprünglich der Ausdruck einer berechtigten Negation, bezeichnet hoch keineswegs zutreffend die positive Lebensgrnndlage, auf wel­cher die evangelische» Kirchengemeinschasten ruhen. Neuerdings hat er durch den Mißbrauch, den derProtestantenverein" damit treibt, einen besonders üblen Beigeschmack erhalten. Da er trotz­dem auch auf evangelischer Seite noch häufig gebraucht wird, ist es wohl an der Zeit, an eine Cabinetsordre des Königs Fried­richs Wilhelm III. zu erinnern, welche folgendes kundgibt:Die Benennung: Protestanten, protestantische Religion rc für die Be­kenner und das Bekenntuiß der evangelischen Lehre ist Mir stets anstößig gewesen; sie gehört der Zeit an, in welcher sie auskam. Das evangelische Glaubeusbekenntniß gründet sich lediglich auf die heilige Schrift, der -Name muß also davon ausgehen. Im gemeinen Leben läßt sich eine alt gewordene Benennung schwer vertilgen, im Geschäftsstil aber die Benennung evangelisch statt protestantisch Evangelische statt Protestanten gebrauchen, weil eben dadurch der alte unpassende Name nach und nach verschwin­den muß."

Das Bamb. Tagbl. schreibt: Wie vorsichtig man mit Papiergeld und Werihpapieren überhaupt sein muß, besonders Kindern gegenüber, lehrt uns wieder ein äußerst trauriger Vor­fall. Ein Einwohner in einem Orte bei Forchheim erhielt von Jemanden 600 fl. in Kassenscheinen bezahlt, ließ dieselben auf dem Tische liegen und begleitete seine Freunde zur Hausflur. Inzwischen machte sich sein zweijähriges Kind über die Kassen­scheine und zerschlitzte sie oder einen Theil in kleine Stücke. Als der Vater zurück kam und dies sah, war er so erbost, daß er das arme Kind an die Wand schleuderte, so daß dasselbe sofort todt blieb.

Anna Böckler. Wie man aus Odessa unter dem 4. Februar telegraphirk, wurde daselbst konstatirt, daß die gestohlene Anna Böckler von Zigeunern an eine Akrobaten-Gesellschaft unter Führung eines gewissen Grünholz, der jetzt in Rußland weilt, verkauft wurde. Die erwähnte 'Akrobaten-Gesellschaft wird in Liefland vermulhet.

Straßburg, 3. Febr. Wie derNiederrh. K." erfährt, ist vorigen Donnerstag Abend im hiesigen Bahnhof ein Sack mit 1Millionen Fr. in Banknoten entwendet worden. Ein erst kürzlich verschwundener Angestellter des Empfangs-Büreaus ist des Diebstahls stark verdächtig. Die Betriebs-Commission der Elsaß-Lothringer Eisenbahnen setzt eine Belohnung von 5000 Fr. Renten auf die Entdeckung des Diebs.

Ein interessanter Auftritt ha! im österreichischen Her­renhaus bei Berathung über die Lehrfreiheit der Universität siattgefundcn. Baron Lichtenfels, ein alter, streng katholischer Herr, einer der höchsten Würdenträger des Staats und Vertrau­ter des Kaisers, brach gegen die päpstliche Unfehlbarkeit und ihre Urheber, die Jesuiten, los. Er erinnerte den anwesenden Cardi­nal Rauscher daran, daß er selber anfangs ein Gegner dieses

Glaubenssatzes gewesen und sie in einer Schrift als einenHoch- vcrrath am Staate" erklärt habe. Habe sich der Cardinal auch bekehrt, so dürfe doch der Staat die Warnung nicht in den Wiuv schlagen. Es dürfe in den Schulen nichts gelehrt werden, was dem Rechte des Staats widerspreche, die Gränzen zwischen Staat und Kirche seien durch Gesetze genau zu regeln und den staats - gefährlichen Wühlereien der Jesuiten und Römlinge müsse scharf enlgegengetreten werden u. s. w. Das Herrenhaus brach in stürmischen Beifall aus und die amtliche Wiener Zeitung veröffeul lichte die Rede des Alten Wort für Wort. Durch Oestreich i,t sie gefahren wie ein Lauffeuer. Man muß sagen, daß ein Ka­tholik schärfer und eindrucksvoller gegen die Unfehlbarkeit und die Jesuiten sprechen kann als ein Protestant, weil er weniger in den falschen Verdacht geräth, gegen den Katholizismus selbst zu spre­chen. Ein merkwürdiges Gegenbild zu dem preußischen Herren Haus ist dieses beifallrufende ö sie rr ei ch i sch e Herrenhaus doch!

Nach dem Pariser Eorrespondenten derTimes" beabsichtigt die bonapartistijche Partei in Frankreich den Sohn Napoleons III. in kurzem zum Kaiser zu proklamiren, weil ohne einen Kaiser eine Wiederherstellung des Kaiserreiches augenscheinlich unmöglich ist. Am 16. März wird der Prinz sein 17. Lebensjahr erreichen, und am 20. d. Mts. gedenkt man ihn von seiner Minorität zu emanzipiren, was in dem Falle von Kronerben, in Gemäßheit eines alten Gesetzes, im Alter von 16 Jahren geschehen kann.

(Neue Erfindung.^ In den Katakomben von Paris hat am 2. Febr. vor einer Versammlung von Gelehrten und Jour­nalisten ein interessantes Experiment stattgefunden. Ein Artillerie­offizier, Herr Dcnayrouce, welcher vor 6 Wochen als an­gehender Dramatiker mit einem hübschen StückeDie schöne Paula" in einer Matinee der Garte großen Erfolg erzielte, produzirte sich als Ingenieur und Erfinder. Sein Publikum wurde, am Eingang der Katakomben in Empfang genommen, durch die unter­irdischen Galerieen zu einem der sogenannten Ateliers geführt (größere Kammern, die sich in den Katakomben vorfindcn). Man hatte dort eine Art Bühne eingerichtet. Die Zuschauer waren durch eine Glasplatte von den handelnden Personen geschieden. Die letztere waren ein Mann in Bergmannskostüm, zwei Hühner und ein Kaninchen. Es handelte sich um die Prüfung eines neuen At h m u n g s ap p ar a te s, mit welchem der Bergmann aus­gerüstet war. Ein Schlauchsystem, mit einem portativen Luftbe- hälter in Verbindung, führt dem Manne athembare Luft zu u. speist zugleich seine Lampe. Man ließ in den engen verschlossenen Bühneraum eine große Quantität Kohlensäure eintreten. Die Hühner und das Kaninchen gaben den Geist auf, die offen brennenden Kerzen erloschen, während der Bergmann bei dem Licht seiner Lampe ruhig arbeitete. Der Erfinder hofft sein System in den Bergwerken in Anwendung gebracht zu sehen. Etwa Verschüttete könnten mit dessen Hülfe längere Zeit die von außen kommende Rettung erwarte», während die Reiter selbst durch etwaige böse Wetter in den Rettungsarbeiten nicht gehindert würden. Der Vorralh komvrimirter Luft erhält sich in seinem Behälter mehrere Monate und der Apparat könnte ein paar Minuten etwa nach einer Explosion in Thäligkeit treten.

Ein französischer Chemiker will ein ganz neues Brauver- sahren entdeckt haben und hat ein Patent auf seine Erfindung genommen. Die neue Art, Bier zu brauen, schreiben die Fr. Bl., besteht hauptsächlich darin, daß die Gährung ohne allen Zutritt der Luft vollzogen wird. Genannter Chemiker nennt das von ihm erzeugte Bier, das alle Stoffe enthalten soll, welche Malz und Hopfen abgeben können, frei von Nebengeschmack und klar wie die Sonne sein soll,Rachebier", weil es dem deutschen ur­alten Brauverfahren den Gnadenstoß geben soll.

London, 6. Febr. Die heutigeTimes" enthält eine Analyse der Thronrede, mit welcher das Parlament heute eröff­net werden wird. Dieselbe besagt demnach: Die Regierung habe von allen Seiten Versicherungen der Freundschaft empfangen: der Friede sei nirgends gestört; mehrere Nationen hätten ihre Mit­wirkung bei den Bemühungen Englands zur Unterdrückung des Sklavenhandels an der afrikanischen Ostküste zugesichert. Mit Rußland seien feit 3 Jahren Unterhandlungen über die gegensei­tigen Beziehungen in Centralafien im Gange. Schuwaloff habe der Königin die freundschaftlichsten Gesinnungen des Czaren gegen England versichert. Was Frankreich anbelange, so werde der Handelsvertrag die Freundschaft mit ihm befestigen. Thiers habe das Schiedsrichteramr über die englisch-portugiesischen Differenzen betreffend das Grenzgebiet der nordafrikanischen Besitzungen an­genommen. Die Rede erwähnt der in der Albama- und San Juanfrage erfolgten Entscheidungen und zählt die Gesetzvorlagen auf, welche dem Parlamente zugehen sollen, darunter eine Vor­lage wegen Abänderung des höheren Unterrichtssystems in Ir­land.

London, 7. Febr. Aus der Thronrede, welche bei Eröff­nung des Paslaments verlesen wurde, sind noch nachfolgende Sätze hervorzuheben: Der Deutsche Kaiser habe den Ansichten Amerika'ä gemäß den Harskanal als die den Verträgen von Washington entsprechendste Linie erkannt. Die Würde des Landes und der Geist internationaler Freundschaft erheifchen die sofortige Zurück-