Jndisferentismus geeifert hatte, von der Kanzel herab ein geist­licher Erlaß verlesen, nach welchem fortan allen Denjenigen, die ein ganzes Jahr hindurch die Kirche nicht besuchen, beim Be­gräbnisse das Geläute, Denen dagegen, welche einer Borladung des Presbyteriums oder des Pfarramts nicht Folge leisten, das Abendmahl verweigert wird. (Frkf. I )

Leipzig, 27. Jan. DieDeutsche Mg. Zig." meldet, daß von 9lO in den Offizinen der vereinigten Bnchdruckereibesitzer beschäftigten Gehilfen 314 die Arbeit niedergelegt haben; der Rest setzt die Arbeit fort.

Im preußischen Abq.-Hause wurde kürzlich an den Brief erinnert, den der Papst Gregor XVl. am IN. Mai 1840 an den Fürstbischof von Breslau, Grafen Sedlnitzky, richtete. Es kommt darin folgende, für die Begriffe, die man in Rom von dem U»lerth an enei'd e hat, sehr bezeichnende Stelle vor: ,,Es ist sehr erschwerend und ärgerlich, daß dieses alles nicht achtend, Du dich hinter Deinen den Staatsgesetzen geleisteten Eid flüchtest, als ob dieser auch auf solche Gesetze bezogen werden könnte, welche der Lehre- und Disziplin der heiligsten Kirche zu­wider sind, und als ob Du dich gar nicht schon anderweitig mit einem stärkeren Eidesbande der Kirche selbst und unserem Stuhle verlobt hättest. Nicht zu ertragen aber ist es, daß Du so weit gegangen bist, die Beobachtung der genannten Staatsgesetze der kathol. Kirche in Deinem Sprengel als nützlich zu empfehlen!"

Der Reichskanzler hat dem Bundesrathe den Entwurf einer gemeinsamen Ctrafvrozcßordnuug für das Deutsche Reich mit Motiven zugchen lassen und beantragt, denselben einer nach Berlin zu berufenden Juristen Kommission, deren Zusammensetzung der Justizausschuß vornehme» soll, zur kommissarischen Berathung zu unterbreiten.

Nun, auch in Solothurn haben die Pfarrer mit Strike gedroht für den Fall, daß das neue Kirchengesetz angenommen werde, dann aber ihre Drohung nicht ausgcführt. Das Volk könnte es in diesem Fall, so fürchten sie dort, eine Zeitlang ohne sie ansha-lte». Indessen hat sich im großen Rath von Genf selber eine merkwürdige Sinnesänderung vollzogen. Die große Mehr­heit will jetzt gänzliche Trennung von Kirche und Staat und ohne Zweifel werden die Beschlüste in diesem Sinn ausfallen. (S. M.)

Straß bürg, 27. Jan In der heutigen Sitzung des Kaiserlichen ständigen Kriegsgerichts wurden derPhotographengehilfe Christian Hops aus Tyrol und der eben fünfzehn Jahre alt gewor­dene Theodor Konrad Binder für schuldig erklärt, gemeinsam und mit Vorbedacht den Bruder des letzter», den Photographen Bin­der in Hagenau am 12 Juni v. I. durch Gift ums Leben ge­brockt zu haben. Der erste Angeklagte wurde zum Tode, der andere aber, seiner Jugend wegen, zu 12jähriger Gefängnißstrafe verurtheilt.

Wien, 23. Jan- Das Mittleramt in derLaurion- frage ist jetzt von Frankreich und Italien in formeller Weise Oe st reich angetragen, und Oestreich hat sich bereit erklärt, es anzunehmen. Rußland hat verbürgen zu können geglaubt, daß die griechische Regierung nicht zögern werde, ihre Unterwerfung unter den eventuellen Schiedsspruch zu erkennen zu geben.

Pesth, 23. Jan. Der Abg Baron Friedrich Podmanizky überraschte heute das Abgeordnetenhaus mit einem Anträge auf Abschaffung der Diäten der Abgeordneten. Als er in der Einleitung seines betreffenden Beschlußcntwurfes die Worte ver­las:In Anbetracht des Umstandes, daß es nolhwendig sei, die Unabhängigkeit der Abgeordneten zu wahren, in Anbetracht, daß die Abgeordneten weder als Beamte, noch als Taglöhuer betrachtet werden sollen," rief die Linke Esten; als er aber dann hinzusetzte: möge das Haus beschließen, daß die Abgeordneten keine Diäten erhalten und solle eine Specialcommission über die den Abgeord­neten zu ersetzenden Reisekosten einen Entwurf ausarbeilen," da gab es auf der Linken lange Gesichter und auf der Rechten leb­hafte Eljcnrufe. (So sind die Menschen!) Der Antrag Podma- niczky's wurde vorläufig zur Drucklegung verwiesen.

Kaiser Ferdinand von Oesterreich, der 1848 nbdankte und die Negierung seinem Neffen, dem jetzigen Kaiser Franz Joseph überließ, soll sich in sehr ungünstigen Gesundheitsvcrhältnissen be­finden.

Paris, 25. Jan. Thiers wird wegen des Todes Napoleon III. Trauer anlcgen müssen. Der Exkaiser war nämlich Ritter des goldenen Vließes, und da die Statuten besagen, daß für jedes verstorbene Mitglied Trauer anzulegen ist, so wird Thiers, wenn er Nitier des. goldenen Vließes bleiben will, dieser Bestimmung Folge leisten müssen.

Herr Thiers hat den französischen Botschafter in St. Peters­burg, General Leflö, nach Paris berufen, um ihm mündlich neue Instruktionen über seine Haltung in den englisch-indischen Ver­wicklungen zu crtheilen. Wie cs scheint, erblickt Herr Thiers in der centralasiatischen Frage eine Möglichkeit, Frankreich aus seiner bisherigen politischen Jsolirtheit herauszureißcn.

Der liebenswürdige französische Dichter Beranger, ein Bewunderer des ersten, aber nicht des dritten Napoleon, lag auf dem Krankenlager und hatte große Schmerzen, denn er konnte nicht ausgestreckt liegen.. Das Hörle Kaiserin Eu genie und sandte

ihm das Bett, auf welchem sie das Kind Frankreichs geboren hatte. Dieses Bett war staunenswerth eingerichtet und derart mit Springfedern versehen, daß es jedem leisen Druck des Kör­pers nachgab und dem Patienten jede beliebige Wendung gestat­tete. Es lhat dem alten kranken Dichter die besten Dienste. Ich habe gut daran gethan, sagte der Alte lächelnd zu seinen Freun­den, keine Verse mehr zu schreiben; denn jetzt liefe ich, der alte Republikaner, Gefahr, meine Sammlung mit einem Loblied auf eine Kaiserin zu schließen. So starb Beranger in demselben Bette, in dem der Sohn Napoleons zur Welt kam.

Einer der schmerzlichsten Berichte über die entsetzliche S ch i ff s k a t astro p h e, die sich am Mittwoch Abend im. engl. Kanal auf der Höhe von Dangeneß zugetragen und die nahezu 300 Menschen das Leben gekostet hat, enthält dieDaily News" von einem Arbeiter, Namens John Brown, der auf dem Schiffe blieb, bis Alles unterging. Er halte bereits sein Leben aufgege- bc», als seine Aufmerksamkeit auf ei» Fischerbot gelenkt wurde, und er sprang in das Meer in der Hoffnung, dasselbe zu errei­chen. Die Scene war aus jedem Punkte des Schiffes höchst traurig; Männer, Frauen und Kinder lagen auf den Kniee» und beteten und Andere liefen in der wildesten Weise umher. Inmitten der wilden Eonfusion wurde die Frau des Kapitäns in das Boot an der Steuerbordscite des Schiffes herabgelassen. Sie war von ihrem Gatten geweckt worden, der sie ankteiden half und ihr als Vorsicht gegen Sinken einen Korkgürtel umlegte, Als sie hinab- gelasscn wurde, ivinkte der Kapitän mit seinen Händen und sagte Lebe wohl, meine Theure, lebe wohl!" und seine Frau erwiderte unter SchluchzenLebe wohl, mein Geliebter, ich erwarte nicht, Dich je wiederzusehen." In diesem Augenblicke stürzte das Vor­derende des Schiffes ins Wasser und alle auf dem Quarterdeck Befindlichen wurden nach dem Mitteldeck gespült. Man hörte den Capitän ausruseu:Gieb auf meine Frau Acht, Hochbootsmann!" worauf letzterer betheuerleich will, Capiiän; wen» sie untergeht, gehe ich mit ihr unter." Das Schicksal Aller war nun, wie man sehen konnte, nahe.Erbarmen, Erbarmen!" wimmerten die mit den Wellen Kämpfenden, wobei sich ein rührender Zwischenfall zutrug. Ein Vater und zwei seiner Söhne begegneten sich im Waster; der ältere Sohn sagte mit schwacher Stimme:Laß mich Dich, Vater, zum letzten Male küssen, denn wir alle werden er­trinken." Beide Söhne küßten hierauf ihren Vater und wurden dann von den Wogen hinweggespült. Nun begann Brown's Aufgabe, und während er auf das Fischerboot zuschwamm, wurde er von einer Frau angehalteu, die ihn flehentlich bat, sie und ihren Säugling auf seinen Rücken zu nehmen und so zu retten. Dies ivar indeß unmöglich, und Mutter und Kind kamen um. Brown wurde schließlich von dem SchleppdampferCity of Lon­don" an Bord genommen. Der Dampfer, der angeblich den Zu­sammenstoß verschuldete, ist bis jetzt noch nicht entdeckt worden. Man glaubt, daß es ein portugiesisches oder spanisches Fahrzeug war. Auf dessen Jdentificirung haben das Handelsamt sowie die Charterer derNorthfleet" je eine Belohnung von 100 Lstr. ausgesctzt. (N. Z.)

Allerlei.

Eine Gerich tsverhandtun g.Ri ch ter:Zeuge Schulze, was sagte der Angeklagte, als Sie ihn beim Diebstahl faßten?" Zeuge: Er sagte, er wäre besoffen." Richter:Mir kommt es sehr auf seine eigenen Worte an. Wiederholen Sie dieselben genau; denn er sagte doch nicht: er wäre betrunken!" Zeuge:Ja, das hat er wahrhaftig gesagt!" Richter:Sie verstehen mich nicht, Zeuge! Seine eigenen Worte möchte ich hören. Ec sagte gewiß: Ich bin betrunken!" Zeuge:Bewabre, Herr Richter: wie wird er das von Jbncn sagen! Ich hätte ihn sa auch gleich" Staatsanwalt.Nicht doch! Sie verstehen noch nicht die Frage, der Herr Richter meint, ob der Angeklagte ausgerusen hat: Ich bin betrunken!" Zeuge:Sie kennt er ja gar nicht! Wie soll er denn das von Ihnen saaen!" Bertheidiger:Hören Sie 'mal zu, lieber Zeuge, was ich Sie fragen werde. Der hohe Gerichtshof wünscht die genauen Worte des Angeklagten wiedergegeben zu haben. Wenn er von sich redet, wird er doch nicht gesagt haben er oder wir oder sie. Jetzt werden sie mich begriffen haben und ich frage Sie nun auf Ihren Zeu­geneid: sagte mein Client die Worte: ich bin betrunken?" Zeugs: Ach bewabre! Sie haben zwar eine lehr rothe Nase, aber von Ihnen hat er auch nicht gesprochen! Was denken Sie sich denn? Wenn Einer einbrechen will, wird er doch wahrhaftig nicht darauf kommen, den ganzen Gerichtshof für des offen zu erklären!"

Man hat die Erfahrung gemacht, daß K nochenmehl als Dünger für Roggenland auf leichtem sandigen Boden eine sehr gute Wirkung macht. Zu einem Hectoliter werden 100 Pfd. Knochenmehl verwendet.

Einer Wöchnerin

mit einem Blumenbouquet im Januar 1873.

Der Frühling naht und sendet seine Boten, Schon stellt der bunte Schmetterling sich ein;

Im Wochenbiältchen werden ansgcboten Maikäser schon mit Maienbiümelein;

Ein kühner Spargel wagt sich aus dem Boden, Und diese Rose fanden wir im Frei'n:

Daß ganz erfüllt sei unser Lenzeshosfen,

Ist gar bei Dir der Storch nun eingetroffen!