Hauptquartier Versailles deu 22. Dez. Nachdem die Forts Jffy und Valerien in der Nacht vom 20. zum 21. eine heftige ^nonade unterhalten hatten, sollte der gestr. Tag abermals zu einem 'Ausfälle vom Feinde erkoren sein. An den Forts St. Denis, Auberoilliers, de t'Est und Nosny wurde gestern Morgen plötzlich eine starke Kouzentrirung der von Trochu in Paris neu formirten Linienregimenter von unserer Garde wahrgenommen. Gestern, gegen Morgen, brach der Feind mit großer Stärke (Linientrnppen) aus den Forts hervor und machte die gewaltigsten Anstrengungen, um die Garde znrnckznschlagen und einen Durchbruch zu ermöglichen. Am hcitzesten entbrannte der Kampf bei Le Bonrget, wo am 30. Okt. ein blutiges Treffen stattgefunden halte. Wiewohl der Feind fast um das Vierfache unserer Garde überlegen war, wurde er unter starken Verlusten nach Verlauf von 3',r-4 Stunden auf das Glänzendste zurück- geschlagen. Die Gardeartillerie konnte gestern, begünstigt vom Terrain, ihre ganze Macht entfalten, und sic war es vornehmlich, welche dem Feinde die empfindlichsten Verluste beidrachte und ihn zum Rückzüge zwang. Wie ich höre, hatte sich der Feind heute Morgen noch nicht in die Forts zurückgezogen, was auf einen erneuten Ausfall schließen läßt; der Verlust ans unserer Seite, bei der Karde, ist nicht bedeutend. In gleicher Zeit kamen bei Pongwal und St. Cloud mehrere Bataillone Mobilgarden gegen 5 Bataillone des 7. und 47. Regiments heraus. Das ganze Manöver des Feindes sollte indessen auf eine lächerliche Demonstration hinanslaufcn. Von unseren 5 Bataillonen stand eins an dem äußerst vorgeschobenen Aägerposten, zwei zwischen dem Valerien und Rn.il, und 2 gegen Chaton, wo einige unbedeutende Plänkeleien sialtfanden. Die Mobilgarde gab einige Gewehrsalven ab und zog üch unter dem Gelächter unserer Truppen in die FortS wieder hinein. Auffallend war die Erscheinung, daß die hiesigen Bürger am 20. Abends von dem auf den 21. geplanten Ausfall ihrer Landsleute Kenntniß hatten; uns gemachten Meldungen zufolge schien man bei einem Gelingen des Kampfes eine ordentliche Revolte hier in Szene setzen zu wollen. Die Bartholomäusnacht sollte damit beginnen, daß man ein Attentat gegen das Hauptquartier, speziell gegen die Person des Bundeskanzlers, Grafen Bismarck, versuchen wollte. Zn Folge der eingegangenen Meldungen wurde die hiesige Garnison, 3 Bataillone der Regimenter 'Nr. 58 tipd 59 und 2 Schwadronen Kavallerie, gestern Nacht». 2 Uhr auf dein Place d'cnnes allarmirt, wo sie vom Kommandanten v. Voi.sts Rhctz und von Feldpolizeidirektor Geh. Rath 1>r. Stieber die Ordre erhielten, die Straßen und Plätze der Stadt besetzt zu halten, jede Person nach ihrer Legitimation zu befragen und die Häuser der Stadt der Reihe nach, vom Keller bis znm obersten Stockwerk einer gründlichen Durchsuchung nach Waffen zu unterziehe». Mittlerweile wurden die Thore der Stadt geschlossen und die Artillerie prozte auf dem Place d'armes drei Geschütze ab, deren Mündungen nach den drei parallel laufenden Avenuen de Paris, St. Cloud und Sceaux gerichtet waren. Die Aufregung uuter den Einwohnern war eine ungeheuere, mau sah in den Straßen heulende Weiber, die aus Angst nach ihren Gatten wehklagend verlangten. Während der Durchsuchung der Häuser waren die gewöhnlich um die Nachmittagsstnnde belebten Avenuen wie ansgestorben. Der Erfolg der Haussuchung war ein überrascbender, indem 160 Gewehre, außerdem Säbel, Pistolen, geladene Terzerole und neue Uniformen vorgefnnden wurden. Bei einem Sattler allein entdeckte man 43 Gewehre, bei einem Pfaffen in der Rne royale fanden sich ganz neue Uniformen vor. Einen interessanten Fund machte man bei einer Person, die sich im Laufe des Verhörs als Emissär der französ. Regierung in Bordeaux entpuppte, man legte bei demselben höchst wichtige Papiere der provisorischen Regierung mit Beschlag. Der Vorsicht halber wird die hiesige Feldpolizei, welche durch eine Kompagnie Jäger verstärkt ist, die Haussuchung wiederholen. Der gestrige Tag hat auf die Bevölkerung von Versailles, die in den letzten Wochen oft die Nachsicht unserer Behörden mit Hohn ausgenommen hat, einen nachhaltigen Eindruck nnsgeübt. — Der Prinz Admiral besichtigte heute die ans Kiel abkommandirten 130 Matrosen nebst 1 Kapitän und 8 Offizieren in einer Parade auf der Avenue St. Cloud und führte selbe nachher dem König vor. Die Mannschaften gehen nach Orleans, um die dort erbeuteten 4 Kanonenboote zu besetzen. — Während ich meinen Brief schließe, 1 Uhr Mittags, ist starker Kanonendonner vernehmbar. (S. M.)
^ ,(Dfsi.stell.) Versailles, 22. Dezbr. Der König an die Königin. Wahrscheinlich in der falschen Annahme, daß eine französische 'Nordarmee nahe sei, machten die Franzosen gestern einen größeren Ausfall gegen Stains, was vom zweiten und dem Füsillerbataillon des ersten Garderegiments wiedergenoinmen wurde. Gegen Le Bonrget, das von zwei Bataillonen des Elisabethregiments und einem Bataillon des Regiments Augusta wieder- geno,innen ward, bedeutender Artilleriekanipf. Viele hundert Gefangene. Geringer Verlust diesseits. — Ein Vorstoß gegen die Sachsen von Bobigny^ auf Sevran, und von Rosny und Neuilly der Marne gegen Ehestes ward überall zurückgeworfen. Heute wird ein neuer Angriff daselbst erwartet. Heiterer Frosttaq. Nachls 5 Grad Kälte. ' ' v
Versailles, 22- Dez. Nachts. Vor Paris wurden bei dem Ausfall vom 21. über 1000 unverwimdcte Gefangene gemacht, die nicht angegriffenen Fronten wurden während des Ausfalls unausgesetzt mit Granaten beworfen, auf das fünfte Armeekorps allein fielen 350 Graiiatschüsse, wodurch das Korps 1 Verwundeten verlor.
i Am 22. gingen zwei feindliche Brigaden längs der Marne gegen den linken Flügel des sächsischen Korps vor, wurden aber durch das flankirenden Feuer zweier württembergischer Batterien (Graf Beroldingen und Fack) zum Rückzug veranlaßt.
Bordeaux, 22. Dez. Nach amilicher Mittheilnng ist TonrS vom Feinde besetzt. General Pisani hatte demselben vorher das Vorrücken mehrere Stunden lang streitig gemacht, trotzdem er bei Monnaie (Straße von Vendome nach Tours) nur 6000 Mann und 6 Kanonen hatte. (S. M.)
Offiziell. V ers ai lle s, 23. Dez. Die 19. Division rückte am 21. Dez. bis zur Brücke von Tours vor, fand Widerstand durch Bevölkerung, warf deßhalb 30 Granaten in die Stadt. Diese zog darauf die weiße Fahne auf, bat um preußische Besatzung. Die Division begnügte sich jedoch instruktionsgemäß mit Zerstörung der Eisenbahn und bezog die ihr angewiesenen Kantonnements. (S. M.)^
Offiziell. Versailles, 24. Dez. Die erste Armee unter General Mameufsel griff am 23. Dez. den Feind in seiner Stellung' nordöstlich von Amiens an. Trotz seiner doppelten Ueber- macht und zahlreichen Artillerie wurden Beauconrt, Montigny, Frschencourt, Qnerrienx, Pont Noyelles, Bnffy, Vecquemont und Daours genommen und gegen heftige Offensivstöße siegreich behaupte!, bis die Nacht dem Kampfe ein Ende machte. Bis jetzt sind über 400 nnverwnndete Gefangene eingebracht.
Amiens, 24. Dez. Gestern siegreiche Schlacht der ersten Armee an der L'Hallue nordöstlich Amiens gegen die 60,000 Mann starke feindliche Nordarmee. Dieselbe wurde nach Erstürmung mehrerer Dörfer mit sehr bedeutenden Verlusten über den Abschnitt der L'Hallue znrückgeworfen. Bis jetzt 1000 nnver- wundete Gefangene eingebracht.
Bern, 25. Dez. Ans Pruntrut vom 24. Dez. wird gemeldet: 25,000 Mann sind ans Lyon in Besanyon angekommen. Dieselben marschiren nordwärts. Die Eisenbahnverbindung zwischen Lyon und Besanxon ist unterbrochen. Mont- bsliard wird stark verschanzt und verbarrikadirt.
Offiziell. Versailles, 26. Dez. Am 25. erreichte Gen. Manteuffel auf feiner Verfolgung die feindliche Nordarmee Albert (10 Stunden nordöstlich von Amiens), wobei beständig Gefangene eingebracht wurden. Vor Paris unterhielt der Feind am 26. ein wirkungsloses Feuer aus den Forts.
General v. d. Tann ließ den Bischof von Orleans Msgr. Dnpanlonp verhaften, weil er- bei der Räumung von Orleans das Volk gegen die Bayern ansgehetzt hatte.
Der Himmel behüte jeden vor so furchtbarem Conflikt, wie ihn ein junger Offizier (Hannoveraner) kürzlich zu bestehe» hatte. Er hatte mit seiner Compagnie 25 Franktireurs im Gefechle zu Gefangenen gemacht und sofort bei dem Oberkommando angefragt, was mit ihnen anzufangen sei. Erschießen! lautete der gemessene Befehl. Der Offizier marschirt mit einem Commando zum Ort hinaus auf einen Hügel und läßt die Franktireurs niederknieen. Unter ihnen war ein 18jähriger Jüngling, fein und zart gebildet wie ein Mädchen, dem der Mnth fehlte, zu sterben, er zitterte, ein Strom von Thränen rollte über seine Backen und plötzlich stürzte er dem Offizier zu Füßen, umklammerte seine Füße und flehte in den rührendsten Worten um sein Leben. Der Offizier war tief erschüttert, er schwamm in Thränen, aber ! die Pflicht gebot, der Jüngling wurde gefesselt, zurnckgefnhrt j und erschossen. Der Offizier sank ohnmächtig zu Boden, war j wahnsinnig, als er erwachte und mußte in ein deutsches Jrren- j Hans gebracht werden. _
Karl Georg Moritz Seeger von Wildberg bat die bökere Finanz- dienstprüfung erstanden.
Nachtrag zur 14. Verlustliste vom 8. Dez. I. Schwarz, Michael, noa Wenden, gestorben an der erhaltenen Wunde.
Stuttgart, 22. Dez. (1. Sitzung der Kammer der Abg. unter dem Vorsitz des Alterspräsid. Fester.) Am Ministertisch das Gesammt- ministerium. Die Kammer selbst ist vollzählig, die Gallerien überfüllt. Nach Erklärung einiger Einläufe erklärt sich Präsident v. Dillenins bereit, die Interpellation des Abg. Erath wegen zeitweise! Einstellung des Pä- ckereiverkehrs an die im Felde stehenden Truppen zu beantworten. Dieser Antwort zufolge ist es durchaus unmöglich, den Päckereiverkehr für die Feldtrnppen neben dem sonstigen über die Zeit per sVeihnachten fortzusetzcn- Da nun der letztere nach den Verträgen mit andern Staaten fortgesetzt werden muß, so blieb nichts anders übrig, als den ins Feld vorübergebend einzustellen. Die Ausführung entspricht ganz den bereits in öffentlichen Blättern enthaltenen Ausführungen. Frbr. v. Ow übergibt eine Interpellation in Betreff vollständiger Portofreiheit für Gelb- und andere Sendungen an unsere im Feld stehenden Truppen. Der Abg. v. Sick erstattet Namens der Legitiniationskvmmission Bericht über die Wahlen von Oberndorf und Crailsheim, wo Gutheinz und Sarwey gewählt wurden. Bei Beiden wird Genehmigung beantragt. Die Kammer stimmt einstimmig bei und die Abgeordneten Gutheinz und Sarwep werden eingeiübrl und ans ikre» srüber geleisteten Ständecid : hingewiesen. Hölder erstattet den Bericht der lär-Commiiston über die i deutsche» Vcrsassungsverträge. Er bittet um Nuuabme derselben, wenn