nuten währte. Auffallend war, mit welcher ausnehmenden Cour- toisie und Liebenswürdigkeit der Bundeskanzler Hrn. Thiers behandelte. Bis zum Wagen begleitete Graf Bismarck seinen französischen Besuch, demselben zu wiedxrholtenmalen die Hand drückend. Nach einem Frühstück begab sich Thiers in Begleitung des Fürsten Hatzfeld, der ihm als Schutz nütgegeben wurde, um 11' , Uhr über Sövres durch unsere Vorposten nach Paris, um in den nächsten Tagen wieder zu kommen und formulirte Vorschläge zu unterbreiten. Thiers wird der Erste sein, der den Parisern offiziell die Nachricht von der Kapitulation der Festung Metz überbringt.
Versailles, 3l. Okt. General Moltke ist in Folge der Strapazen des Kriegs krank geworden. Bis jetzt hat sich ein hitziges Fieber bei ihm gezeigt, welches indessen den Aerzlen keine ernstlichen Besorgnisse einflößr.
Kehl, 1. Nov. Se. Maj. der König hat aus Versailles unterm 28. Okt. folgenden Armeebefehl erlassen: Soldaten der verbündeten deutschen Armeen! Als wir vor drei Monaten ins Feld rückten gegen einen Feind, der uns zum Kampf herausgefordert hatte, sprach Ich Euch die Zuversicht aus, daß Gott mit unserer gerechten Sache sein würde. Diese Zuversicht hat sich erfüllt. Seit dem Tage von Weißenburg, wo Ihr zum ersten Male dem Feinde entgegentratet, bis heute, wo Ich die Meldung der Kapitulation von Metz erhalte, sind zahlreiche Namen von Schlachten und Gefechten in die Kriegsgeschichte unvergänglich eingetragen worden. Ich erinnere an die Tage von Wörth und Saarbrücken, an die blutigen Schlachten uw Metz, an die Kämpfe bei Sedan, Beaumont, bei Straßburg und Paris rc. ; jeder ist für uns ein Sieg gewesen. Wir dürfen mit dem stolzen Bewußtsein auf diese Zeit zurückblicken, daß noch nie ein ruhmreicherer Krieg geführt worden ist und Ich spreche es Euch gern aus, daß Ihr Eures Ruhmes würdig seid. Ihr habt alle die Tugenden bewährt, die den Soldaten besonders zieren: den höchsten Muth im Gefecht, Gehorsam, Ausdauer, Selbstverleugnung bei Krankheit und Entbehrung. — Mit der Kapitulation von Metz ist nunmehr die letzte der feindlichen Armeen,' welche uns beim Beginn des Feldzuges entgegentraten, vernichtet worden. Diesen Augenblick benutzte Ich, um Euch Allen und jedem Einzelnen vom General bis zum Soldaten, Meinen Dank und Meine Anerkennung auszufprechen. Ich wünsche Euch Alle auszuzeich- nen und zu ehren, indem Ich heute Meinen Sohn, den Kronprinzen von Preußen, und den General der Kavallerie, Prinzen Friedrich Karl von Preußen, die ir. dieser Zeit Euch wiederholt zum Siege geführt haben, zu General-Feldmarschällen befördere. Was auch die Zukunft bringen möge — Ich sehe dem ruhig entgegen, denn Ich weiß, daß mit solchen Truppen der Sieg nicht fehlen kann, und daß wir unsere bisher so ruhmreich geführte Sache auch ebenso zu Ende führen werden. Wilhelm.
Tours, 1. Nov. Nachrichten aus Paris vom 28. Okt. konstatiren den trefflichen Geist der Bertheidiger der Hauptstadt. Die Anwerbung mehrerer Bataillone Nationalgarden wird eifrig betrieben. Die öffentliche Zeichnung für den Ankauf von Kanonen hat guten Fortgang. Der bereits Unterzeichnete Betrag deckt schon den Preis von tausend Kanonen. Man schätzt, daß die Rationirung mit frischem Fleisch bis zum 15. Dez. andauern könne, dann bleibt noch für 5 Wochen gesalzenes Fleisch. Der Franyais sagt: Paris wird vor dem 1. Januar nicht an Lebensmitteln erschöpft sein. Die Reichen machen sich eine Ehre daraus, sich strenge auf die Ration von jedermann zu beschränken.
Versailles, 3. Nov. In Folge der gestrigen Verhandlungen hat Graf Bismarck dem Herrn Thiers zum Behuf der Vornahme allgemeiner Wahlen in Frankreich einen 25 tägigen Waffenstillstand auf der Basis des am Tage der Unterzeichnung bestehenden militärischen Status guo angeboten.
Offiziell. Versailles, 4. Nov. Die Festung Belfort ist nach mehreren kleinen siegreichen Gefechten seit dem 3. November von den diesseitigen Truppen cernirl.
Brüssel, 4. Nov. Pariser Ballondepeschen gehen bis zum 2. Novbr. Die Mehrheit der Regierung ist für Annahme des Waffenstillstands. Demzufolge blutiger Aufstand am 31. Okt., wobei nur Ferry's Energie den Mitgliedern der Regierung das Leben rettete. In den Bürgerklassen herrscht deshalb Panik, sie scharen sich um die Regierung. (S. M.)
Amsterdam, 4. Nov. Aus Paris 1. Nov. wird über Tours gemeldet: Gestern, 31. Okt., fand in Paris eine bewaffnete Kundgebung vor dem Stadthaus statt. Die Mitglieder der Regierung wurden daselbst gefangen gehalten, ein Wohlfahrtsausschuß und Kommune der Stadt Paris gebildet, welchem Lorian, Ledru Rollin, Victor Hugo und Flourens angehörten. Am 1. Nov. erschien eine Proklamation des Generals Trochu, welche diese Vorgänge mittheilt und außerdem meldet, daß gegen 8 Uhr Abends Trochu, Arago und Ferry, den Händen der Aufständischen durch das 106. Bataillon der Nationalgarde entrissen wurden, während Favre, Garnier-Pagss und Jules Simon gefangen blieben. Heute 3 Uhr Morgens nahmen diese beklagenswerthen Szenen durch das Einschreiten herbeigeeilter Nationalgarde ein Ende. Dieselbe hatte unter Ferry's Anführung die ganze Um
gebung des Stadthauses besetzt und nahm die Räumung des letzteren vor. Der Bericht Trochu's schließt: Ein Waffenstillstand ist heute vorgeschlagen, welcher mehrfache Dortheile in sich schließt, von denen sich Paris leicht Rechenschaft ablegen kann, ohne daß es nölhig ist, dieselben hier einzeln aufzuzählen, und anstatt dies zu würdigen, macht man hieraus der Regierung den Vorwurf der Schwäche und des Verraths. Die Ruhe ist heute wieder hergestellt. Ein Dekret der Regierung verordnet, daß jedes Nationalgardebataillon, welches außerhalb der gewöhnlichen Dienstzeit bewaffnet erscheint, sofort aufgelöst und entwaffnet werden soll. Etienne Arago und die übrigen Bürgermeister haben ihre Entlassung gegeben. Am Samstag findet die Neuwahl der Bürgermeister statt. Eine Volksversammlung tadelte einstimmig die Ereignisse am Montag.
Der Maire und die Mitglieder des Munizipalraths von Metz haben am 30. Okt. folgende Proklamation erlassen: Thenre Mitbürger! Der wahre Muth besteht darin, ein Unglück ohne die Aufregungen zu ertragen, die es nur verschlimmern können. Dasjenige, welches uns heute betrifft, kommt über uns, ohne daß irgend jemand sich den Vorwurf machen dürfte, auch nur einen einzigen Tag seine Pflicht vernachlässigt zu haben. Geben wir nicht das trostlose Schauspiel innerer Unruhen, und liefern wir keinen Vorwand von Gewaltthätigkeiten oder zu neuem noch vollständigerem Unglück. Der Gedanke, daß diese Prüfung nur vorübergehend sein wird, und daß wir Einwohner von Metz keinen Theil an der Verantwortlichkeit vor dem Lande und vor der Geschichte für die vollendeten Thatsachen haben, muß in diesem Augenvlick unser Trost sein. Wir vertrauen die Sicherheit der Gemeinde der Weisheit der Bevölkerung an. — General o. Kummer, der zum deutschen Kommandanten von Metz ernannt ist, veröffentlicht folgende Proklamation an die Einwohner von Metz: Die Festung Metz ist gestern durch die preuß. Truppen okkupirt worden, und der Unterzeichnete ist provisorisch Befehlshaber der Festung. Ich werde unter den Truppen die bewährte preuß. Disciplin aufrecht zu erhalten wissen: die persönliche Freiheit und das Eigenthum sind gewährleistet; die Lasten, welche in dieser Zeit den Einwohnern anserlegt werden, bevor die Verhältnisse vollständig geordnet sind, müssen ertragen werden, und ich werde erkennen, ob die Einwohner die Umstände zu würdigen wissen. Wo mir Ungehorsam oder Widerstand entgegengesetzt wird, werde ich mit aller Strenge und nach den Gesetzen des Krieges einschreiten. Wer die deutschen Truppen in Gefahr bringt oder ihnen durch vecrätherische Handlungen Nachtheile zufügt, wird vor den Kriegsrath gestellt; wer den französischen Truppen als Spion dient, oder französ. Spione beherbergt, oder ihnen Beistand leistet; wer freiwillig den französ. Truppen die Wege zeigt; wer deutsche Soldaten oder zum Gefolge der Truppen gehörige Leute tödtet, verwundet oder beraubt; wer die Kanäle, die Eisenbahnen oder Telegraphenlinien zerstört; wer die Wege unbrauchbar macht; wer auf Muiiitions- oder Proviantzüge feuert, endlich wer gegen die deutschen Truppen die Waffen ergreift, wird mit dem Tode bestraft. Befehl: 1) Die Häuser, in denen oder außerhalb derer Feindseligkeiten gegen die deutschen Truppen verübt werden, werden als Kasernen benutzt. 2) Mehr als 10 Personen dürfen auf den Btraßen oder öffentlichen Plätzen nicht zusammenstehen. 3) Alle in den Händen der Einwohner befindlichen Waffen müssen bis Montag den 31. Okt., 4 Uhr Nachm., im Palais des Divisionskomwandos, Rue de la Princerie abgeliefert werden. 4) Im Fall eines nächtlichen Allarms müssen alle Fenster erleuchtet werden. Metz, 30. Okt. Der Divisionsgeneral und Kommandant, v. Kummer.
Zur Kapitulation von Metz. Der Correspondent der „Daily News" erzählt: „In der Stadt allein sind während der Belagerung 15,000 Menschen gestorben, meist aus Mangel an ordentlicher Pflege. Als die Uebergabe bekannt wurde, war die Bevölkerung wüthend. Die Nationalgarden weigerten sich, die Waffen zu strecken; ein Dragonerkapitän ritt am 27. Nachmittags an der Spitze einer kleinen Truppe durch die Stadt, welche schwuren, , eher sterben als sich ergeben zu wollen, und ein Frauenzimmer,
! welches allenthalben die Marseillaise sang, rief grenzenlose Aus- ! regung hervor. Die Thore der Kathedrale wurden gesprengt, die sturm- und Begräbnißglocken die ganze Nacht über geläutet, und als der Commaiidant der Festung, General Coffini^res, erschien , um die Leute zu beruhigen, wurden, drei Pistolenschüsse auf ihn abgefeuert. Schließlich gelang es ihm, die Straßen durch zwei Linienregimenter zu säubern. Als man dann aber am nächsten Morgen hörte, daß 1000 Waggons in Courcelles bereit ständen, um ihnen Lebensmittel zu bringen, und als die ganze Belagerungs- armee ihre Brodportionen freiwillig an die Gefangenen abtrat, zeigte sich vielfach eine tiefe Rührung, und die Bevölkerung sah sich von ihrer übertriebenen Furcht zum großen Theil befreit.
In Paris hat sich eine Assekuranz-Compagnie gegen den aus dem Bombardement entstehenden Schaden gebildet. (B -Z.)
Ein zweitesLaon war beabsichtigt. Bei der Belagerung von Soissons hat ebenso wie bei der von Toul die pommer'sche § Festungs-Artillerie mitgewirkt. Ueber die Einnahme der elfteren Festung geht uns, so schreibt die N. St. Ztg., nachträglich von