einem Artilleristen unserer Heimath ei» Bericht zu, der am Schlüsse beide bisher noch nicht bekannt gewordene Lhatsache mittheilt. Der Artillerist schreibt nämlich: „Zum Schlüsse muß ich noch bemerken, daß die Herren Franzosen ein zweites Trauerspiel ä la Laon ausführen wollten, und daß wir es nur der Vorsicht eines Ober- seuerwerkers zu verdanken haben, daß ein großes Unglück verhütet wurde. Derselbe fand nämlich beim Revidiren der Kassematten eine Menge Pulver aufgespeichert, welches vermittelst einer Abzugsschnur mit einer Schlagröhre in Verbindung gesetzt war, welche letztere wiederum an der Thür befestigt war. Hätte man nun nicht mit Behutsamkeit die Thüre geöffnet, so wäre eine Explosion erfolgt, deren Folgen gar nicht abzusehen gewesen wären.
Aus den Mittheilungen des kommandirenden Generals von Zastrow ergibt sich, daß bis jetzt in Metz vorgefunden wurden: 53 Adler und Fahnen, 541 Feldgeschütze, Material für mehr als 85 Batterien, gegen 800 Festungsgeschütze, 66 Mitrailleusen, gegen 300,000 Gewehre, Kürasse, Säbel ec. in größter Anzahl, gegen 2,000 Militärfahrzeuge, sowie nicht verarbeitetes Holz, Blei, Bronce in großen Massen, eine vollständig eingerichtete werthvolle Pulverfabrik rc.
Einem Feldpostbrief aus Metz vom 31. Oktober entnimmt das Franks. I.: In der Stadt liegen auf den Straßen Hunderte von todten, halb zerschnittenen Pferden; an jedem derselben sitzen einige Franzosen, damit beschäftigt, die noch genießbaren Stücke herauszuschneiden und zu kochen. Die Ueberreste von diesem leckeren Mahl bleiben dann liegen, und cs ist unseren Truppen überlassen, sie wegzuräumen und die Stadt zu reinigen. Allen lebenden Pferden sind, wie ich selbst sah, die Schwänze abgeschnitten, jedenfalls, um aus den Haaren Kissen für die 20,000 Mann Kranke, welche in der Stadt lagen, zu bereiten. Der Geruch von den zu Aas verwandelten Körpern der Pferde ist derart, daß man allein davon krank werden kann.
H. Wachenhusen berichtet in der K. Z.: „Vorgestern erzählte mir der Inspektor des Bahnhofes in Nancy, dem ich manchen Dank für seine Freundlichkeit schuldig bin, von einem erhebenden Moment, welchen das Zusammentreffen deutscher und französischer Truppen in diesem Bahnhose herbeigeführt. Es war nämlich ein großer Transport der bei Sedan gefangenen Franzosen im Bahnhofe eingetroffen, darunter etwa 300 Offiziere, die auf ihre Weiterbeförderung warteten. Die Gefangenen erlaubten sich Spottreden und gingen in Tumult über. Zum Glücke befand sich eine Bbtheilung württembergischer Soldaten im Bahnhose, wodurch eine wirkliche Meuterei verhindert werden konnte. Die französischen Offiziere hatten keine Gewalt mehr über ihre Mannschaften, wurden von diesen verlacht und benahmen sich auch nicht besser als die Soldaten. Plötzlich kam ein Zug mit Preußen an, der sich ebenfalls auf dem Perron ausstellle. Die Franzosen, als sie die deutschen Truppen sahen, begannen die Marseillaise zu singen. Da brauste plötzlich die Melodie der Wacht am Rhein durch die weite Bahnhofshalle aus tausend Kehlen der deutschen Soldaten. Preußen und Württemberger umarmten sich Angesichts der Franzosen. Die Marseillaise war verstummt und die französischen Offiziere versteckten sich in den Waggons."
Wenn Frankreich durch Proklamationen gerettet werden könnte, hätte Gambetta das Wunder längst vollbracht. Abermals hat er eine Proklamation an die Armee erlassen: „Soldaten! Ihr wurdet verrathen, aber nicht entehrt. Jetzt, wo ihr der unwürdigen Führer entledigt seiv, kämpfet für die Rettung des Vaterlandes, für den heimathlichen Herd, eure Familien, für Frankreich, eure Mutter. Rächet eure Ehre, welche die Ehre des Landes ist. Eure Brüder von der Rhein-Armee habe» ihre Stimme gegen jenes feige Attentat erhoben, ihre Hände von der fluchwürdigen Kapitulation serngehalten. Führet ihr den Sieg zu uns zurück, euch sind die Geschicke des Landes anvertraut."
Bei einem Ausfälle der Franzosen von Metz am 16. Okt. erhielt der Feldwebel von der 6. Compagnie des preuß. 33. Jnf.- Regiments einen Schuß in die Brust. Während ihm der Arzt die Kugel ausschnitt, rauchte Strauß — das ist der Name des Braven — ruhig seine Cigarre, schloß nach vollbrachter Operation sein Compagniebuch ab, zählte das Geld in seinem Besitz, händigte beides seinem Nachfolger ein, und ließ sich dann mit philosophischer Ruhe nach dem Lazareth bringen.
Stuttgart, 4. Nov. Heute fand die Musterung der Rekruten des Stadtdirektionsbezirks Stuttgart statt. Die Zahl derselben beträgt Heuer 417, wovon schon etwa 100 als Freiwillige unter der Fahne sichen. (B.-Z-)
Stuttgart, 5. Nov. Das heute ausgegebene Regierungs- Blatt Nro. 26 enthält die Verfügung des Ministeriums des Ministeriums des Innern, betreffend die Vornahme der Landtagswahlen am 5. Dezember. (St.-A.)
Stuttgart, 5. Nov. Einen Brand Wieden gestrigen hat Stuttgart glücklicherweise schon lange nicht mehr gesehen. Um II'/«Uhr ge- stern Nacht wurde die Bardili'sche Brauerei ein Raud der Flammen. Das Feuer schien in den untern Räumen der Brauerei entstanden zu sein und griff mit einer Vehemenz um sich, daß an eine Rettung des Gebäudes gar nicht zu denken war. Die ungeheuren Dorräthe an Hopfen,
' Platz rc. in der Brauerei boten dem entfesselten Element reiche Beute. Die Entstehungsursache des Feuers ist dis jetzt unbekannt. . (S. V.)
Karlsruhe, 3. Nov. Der Großherzog ist heute Abend 6 Uhr mit Gefolge nach Versailles abgereist.
Berlin, 30. Okt. Der „Magd. Ztg." wird ein Brief des Grasen Bismarck an seine Gemahlin mitgetheilt, dessen Inhalt ausdrücklich zu weiterer Verbreitung bestimmt sei. Der Graf schreibt: „Die Berliner möchten nicht ungeduldig werden. Vor Anfang November könne es nun einmal vor Paris nicht losgehen, weil erst bis dahin alles an Geschützen u. s. w. Nothwendige zusammen wäre. Dann aber werde es gewiß losaehen, darauf könnten sie sich verlassen."
Berlin, 3. Nov. General v. Löwenfeld, der bisherige Inspektor des Reservekorps, ist zum Gouverneur von Metz ernannt, und hat sich heute auf seinen Posten begeben. ,
Berlin, ^3. Nov. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt in Betreff einer Stelle in dem Generalbefehl Bazäine's, worin dieser seinen Soldaten die Zerstörung ihrer Waffen deswegen verbietet, ^veil dem Kriegsgebrauch gemäß Festungen und Bewaffnung an Frankreich nach dem Friedensschluß zurückkommen: wenn daraus geschlossen worden ist, es seien Abmachungen getroffen, wornach wir Metz nicht behalten würden, so glauben wir dieser Auffassung auf das Bestimmteste widersprechen zu dürfen.
Berlin, 4. Nov. Das Angebot eines Waffenstillstandes unter Aufrechthaltung des Statusquo besprechend, bemerkt die Nordd. A. Ztg.: Der Einwand, daß der drohende Hunger in der Hauptstadt den Franzosen nicht gestatte, auf das Angebot einzugehen, sei nicht stichhaltig, da nach Angabe der Belagerten Paris bis zum 15. Dez. hinlänglich mit frischem Fleisch versehen, sei es nicht nöthig, daß die Versammlung in Paris zusammentrete. — Die Kreuzz. widerspricht der Anschauung, als wäre es Paris gestattet, während des eventuellen Waffenstillstandes sich zu verproviantiren. Paris wird dieß nicht thun dürfen. Im Gegemheil scheint die bedeutende Verminderung der Lebensmittel, die während des Waffenstillstandes cintretcn müßte, darauf hinzudeuten, daß beide übereinkommenden Theile der Meinung sind, während oder alsbald nach dem Waffenstillstand werde der Abschluß des Friedens erfolgen. (S. MI
.. Preußen soll sich lehr bemüht zeigen, mit Oestreich in ein gutes Verhättniß zu treten. Bismarck hat Beust wichtige Eröffnungen gemacht und dem Kaiser ist mitgetheilt worden, daß König Wilhelm in Versailles lebhaft bedauert habe, den Bundesgenossen von vor 50 Jahren nicht an seiner Leite zu haben.
Kassel, 3. Nov. Kaiserin Eugenie ist gestern Abend um 6 Uhr nach Hannover und gleichzeitig die Herzogin v. Hamilton und die Prinzessin v. Monaco nach Frankfurt zurückgereist. Die gestern Nacht angekommenen Marschälle Canrobert und Leboeuf besuchten im Lause des heutigen Tages den Kaiser. (S.M.)
Hannover, 3. Nov. Die Z. f. Nordd. schreibt svermulhlich aus Nachrichten v. Bennigsens gestützt): lieber die Konferenzen in Versailles erfahren wir, daß die dorthin berufen gewesenen Führer der großen Parteien des Reichstags Versailles mit der von Neuem befestigten Hoffnung auf ein befriedigendes Resultat der Verhandlungen verlassen haben, wenn die letzteren auch bis jetzt im Grunde nicht viel weiter gediehen sind, als vor der Eröffnung der Konferenzen. Es steht fest, daß Württemberg, Baden und Südhessen so gut wie bedingungslos — es handelt sich nur um einige finanzielle Zugeständnisse — in den Bund einzutretcn bereit sind und ausgenommen werden. Bayern hält bis jetzt allerdings an seinen Forderungen, die namentlich die gesonderte Verwaltung des Militärwcfens betreffen, fest; indeß liegt für diesen Staat im Beitritt der übrigen Südstaaten ein so zwingendes Moment, daß auch an seinem Anschluß nicht gezweifelt werden kann.
Die bisherigen Ereignisse zeigen, daß jede Ordnung in Frankreich gelöst ist, daß der bisher so centralisirte Staat droht in feine Theile auseinanderzufallen. Je weiter die Zersetzung vor sich geht, desto schwerer wird die Sammlung unter irgend eine Autorität. Graf Bismarck will deßhalb dem Volke sich selbst zurückgeben, es aus den Händen eines Fanatikers wie Gambetta reißen, der, wie er sich selbst ein Auge ausstach, um nicht Theologe zu werden, auch lieber die Augen Frankreichs im Tode gebrochen sähe, als das paciscirende. Die Constituante würde die Friedens- bedingnugcn bewilligen, und unter diesen wird der Einzug unserer tapferen Truppen in Paris nicht fehlen.
Wien, 2. Nov Die „Abendpost" nennt Gambetta einen politischen Garibaldi und bemerkt zu dessen Proklamation: Die nächsten Tage werden die gebührende Erwiderung auf seine Fälschung und fein blödsinniges Raisonnement bringen. Hoffentlich werden dem französischen Volke endlich die Augen aufgehen gegenüber solchen Phrasenhelden, die unvermeidlich mehr Schaden bringen als verlorene Schlachten.
Trient, 2. Nov. Gestern brach hier eine Feuersbrunst aus, welche gegen 80 Häuser einäscherte. An 2000 Personen sind obdachlos geworden.
! Die freundliche HaltungRußlands soll Bismarck durch das Versprechen erlangt haben, sich mit den Dänen über Nordschleswig auseinander setzen zu wollen.
! Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buckchandlng.