Haupt ungeheuer. Regiment nach Regiment rückte ins Treffen, und zurückgekehrt war jedes fürchterlich zugerichtet. Das 77. Linieninfanterieregiment und das 3. Fußjägerregiment waren fast ganz vernichtet. Von dem erstcren Truppentheil begegnete der Berichterstatter auf feinem Rückwege einem Kapitän und 6 Sol­daten, welche die ganzen Ueberbleibsel einer Kompagnie darstell­ten und sich zurückzogen, weil ihre Munition ganz und gar ver­schossen war.

Pu derg, 9. Aug. Auf hohem Berge bei Puberg in den Vogesen sitze ich; hier hält die 1. württ. Brigade Mittagsruhe, vielleicht wird auch bivouakirt. Ein herrliches Panorama entfal­tet sich vor unfern Augen , die Berge der Vogesen breiten sich aus in wellenförmigen Linien bis weit hinaus in blaue Ferne. Etwa 4 Stunden östlich von uns steht hoch droben eine kleine Festung, Lichtenberg, die von unserer 2. Brigade in Brand geschossen ist. Die Natur liegt so friedlich und so schön von der Sonne beleuchtet vor uns; man sollte nicht glauben, daß die Menschen die Absicht haben, sich zn zerfleischen. . . . Unsere Oberleitung ist vortrefflich, alles klappt, alles geht, alles wird auf seinen Platz geführt. So kann man Zutrauen haben, so kann Jeder muthig in die Schlacht gehen, denn er weiß, da wo er hingeführt wird, ist er von Nutzen und kann etwas ausrichten. Wie viel Werth hat es doch, daß der Kriegsschauplatz auf feindlichen Boden verpflanzt ist! Man weiß, daß die Seinigen geschützt sind und ruhig die Früchte des Feldes besorgen können. Man wird dafür sorgen, daß wir auf feindlichem Boden bleiben; es weiß Jeder, daß es so sein muß, deßwegen ist alles muthig. Man weiß auch, daß zn Hause für die Krieger im Felde gesorgt wird. (S. M.)

Ergötzlich ist die Angst, mit welcher die Bevölkerung viel- orts dem Einzuge unserer Truppen entgegengesehen hat. Viele Leute gestanden, daß sie im Begriffe gewesen seien, mit allem Transportabeln zu fliehen, und Vieles war thcitsächlich schon in den Kellern verborgen oder selbst förmlich vergraben worden. Jetzt sind die Leute überglücklich über die ruhige Haltung und das baare Zahlen unserer Soldaten und inan muß bekennen, daß die so nahegelegte Versuchung zum Hinaufschrauben der Preise bis jetzt nur vereinzelt ihren Einfluß geübt hat. Man hört sehr naive Aeußerungen. Der Frage: ob das Land jetzt preußisch werde, und zwar keineswegs im Tone der Angst, sondern hauptsächlich in dem der Neugier gestellt, kann man jeden Augenblick begegnen, und mehrmals schon habe ich die Bemerkung gehört, es könne doch nicht unsere Absicht sein, da r Land auszusaugen und zu Grunde zu richten, wenn wir es behalten wollten. In Städten wie Hage­nau ist die Haltung allerdings eine rcservirtere. Leute, welche nicht wenigstens Deutsch verstünden, kommen in dem bis jetzt von uns durchzogenen Gebiete kaum vor; in manchen Dörfern ver­sicherten die Leute, kein Wort Französisch zu verstehen.

Aus Straß bürg wird der Wiener Presse unterm 9. Aug. geschrieben: Während man auf dem Schlachtfeld Wörth-Hage­nau, welches sich fast bis nach Straßburg erstreckte, 810000 franz. Verwundete sammelte, wurden in letzterer Festung nicht weniger als 4000 eingebracht. Man konnte sie natürlich in der Stadt nicht uuterbriugen, und was immer zu transportiren war, wurde in die umgebenden Ortschaften des Wasgaues gebracht. In den Straßen und auf den Landstraßen standen Tag und Nacht die Bauernfuhrwerke, denen man die blutige Last nicht abneh­men konnte. In den Straßen, vor den Häusern wurden die Soldaten reihenweise niedergelegt und starben zu Hunderten. Da­zwischen drängten sich Flüchtlinge und betrunkene Marodeurs, von keiner Hand im Zaum gehalten. Biele Soldaten, nament­lich Zuaven, gebärdeten sich wie rasend. Sie rissen ihre Uni­formen vom Leib, und erklärten unter Fluchen auf die Generale, daß sie nicht wieder in die Schlacht gehen wollten. Durch drei Tage dauerte diese ungeheure Verwirrung. Die Besatzung, haupt­sächlich Artillerie und nur wenig Linie, hatte alle Kräfte aufzu­wenden, um den Platz zur Vertheidigung herzurichten. Das Geschrei der Verwundeten und Verzweifelten wurde übertönt von dem Krachen der in die Luft gesprengten Objekte. Mehrere neue Häuser und Fabriken südlich und nordwärts wurden weggeräumt.

Die Damen des Herzogs von Magenta, bestimmt, die Hon- neurs im Hauptquartier des Marschalls zu machen, waren die Herzogin von Clermont-Tonnerre und Madame Latour-Dupin. Das Gepäck des Marschalls, worunter sich auch das dieser Damen befand, wurde von 14 preußischen Husaren erbeutet, welche sich das Vergnügen machten, Krinolinen, Chignons, seidene Kleider und Hüte anzuprobiren.

Faulquemont bei Metz, 13. Aug. Mit der Proklama­tion des Königs von Preußen, welche die Konskription in den von den deutschen Truppen besetzten französischen Gebietstheilen aufhebt, und jede Mitwirkung zur Rekrutenstellung mit strengster Strafe bedroht, wurde eine weitere Proklamation des Königs ausgcgeben, welche die näheren Bedingungen der Truppenverpfle­gung oder an der Stelle der Naturalverpflegung eine Zahlung von zwei Franks (16 Silbergr.) oder 56 Kreuzern per Mann und Tag festsetzt. (Macht per Tag etwa 1 Million FrksJ

Cuxhafen, 13. Aug. Der Kommandant des französischen

Geschwaders stellte dem Gouverneur von Helgoland und dem britischen Konsul in Cuxhafen ein offizielles Schriftstück zu, wel­ches die deutsche Nordwestküste von Baltrum (kleine Insel an der oftfriesischen Küste, östlich von Norderney) südwärts von Mor­gen in Blokadezustand erklärt, und den neutralen Schiffen eine zehntägige Frist zum Auslauf einräumt.

Vendenheim, 14. August. Gestern Abend griffen die Unseren die Festung an. Die Artillerie schoß mit Granaten. Man sah einige Häuser brennen. Später rückte Infanterie vor. Eine Abtheilung des Leibgrenadierregiments bemächtigte sich eines be­ladenen Eisenbahnwagens, der in Brand gesteckt wurde. Die Franzosen ihrerseits schickten Kugeln heraus, die 6 Mann tödteten und 16 verwundeten.

Bei den Vorposten vor Straß bürg, 14. Aug., Mor­gens. Heute Morgen früh hat ein ziemlich ernsthaftes Rencontre stattgefunden. Zwischen der 12. Kompagnie des 2. Grenadier­regiments, welche die Wache hatte, und französischen Besatzungs­truppen entspann sich ein lebhaftes Feuer. Beiderseits verhältniß- mäßiger Verlust. Im Hauptquartier ist der preuß. General Schulz eingetroffen. Man glaubt, daß die seit einigen Tagen eingetretene Pause jetzt bald ein Ende erreichen, und vielleicht auch eine Verlegung des Hauptquartiers erfolgen wird.

Herny, 15. Mg. Gestern Nachmittags griffen das erste und siebente Armeekorps die außerhalb Metz stehenden Franzosen an und warfen sie nach blutigem Gefechte in die Stadt. Der französische Verlust wird auf viertausend Mann veranschlagt. Heute große Recognoscirüng des Königs, der sich mehrere Stun­den zwischen beiden Vorpostenketten bewegte, ohne daß die Feinde eine Demonstration machten, was große Mutlosigkeit auf Seite der Franzosen beweist.

Stuttgart, 14. Aug. Großen Jubel erregten zwei am Samstag Abend mit dem bayrischen Spitalzug gebrachte Kanonen. Die braven Soldaten hatten die beiden Wagen mit Eichenlaub bekränzt und rings mit erbeuteten Leibbinden von Spahis und Turkos umwunden. Von den Verwunveten wurden die nicht weiter Transportabeln, sowie die Württemberger hier ausgeladen und in Spitäler oder Privathäuser gebracht.

Stuttgart, 15. Aug. In dem Extrablatt zum Staats- Anzeiger vom 11. ds. (und auch im Gesellschafter) ist der Lieu­tenant v. Speth-Schülzburg auf Grund der am 9. von der Division eingelaufenen Mittheilung als von den Landeseinwoh-. ner» im Dorfe Aschbach meuchlings ermordet aufgeführt. Diese Mittheilung hat sich als irrig erwiesen. Ebenfalls unrichtig hat sich die Angabe erwiesen, daß Oberst von Ringler verwundet sei; derselbe litt nur an einem augenblicklichen Unwohlsein. (St.-A.)

Stuttgart. Der Beobachter ist am Samstag wegen einem Artikel über Herrnvr. Bruns" in Beschlag genommen worden.

Stuttgart. Ein gefangener französischer Offizier erzählte: Bei Weissenburg sah ich, wie ein bayerischen Soldat, der mitten unter den Turkos stand, plötzlich sein Gewehr auf den Boden legte, den Nock auszog, vier Turkos hintereinander packte und so zu Boden warf, daß keiner mehr an's Aufstehen dachte. (B.-Z.)

Tübingen, 16. Aug. Heute sind die Professoren v. Lutsch- ka und Säxinger nach dem Kriegsschauplatz abgereist, um dort ihre ärztlichen Dienste für die Verwundeten anzubieten. Sie haben sich aus eigenem Herzensdrang entschlossen dahin sich zu begeben, wo ihre Hilfe ohne Zweifel willkommen sein wird.

LudwigSburg, 14. Aug. Heute ist wieder eine Anzahl Verwundeter hier angekommen, etwa 2023, meist Franzosen, Spahis, Turkos, auch ein junges, hübsches Pariserkind, das sich beim neuen Verband seiner Wunden besonders muthig und kalt­blütig benommen haben soll. Es sind unter ihnen ältere Sol­daten, die in Italien und Mexiko mitgekämpft, sie sagen unver- holen:solche Gegner hätten sie nie gehabt, wie die Deutschen! diese kämpfen wie diec Löwen." Den Kampf mit diesen solle Frankreich nur aufgeben und nicht noch mehr Blut vergießen, es sei doch alles vergebens. Sie sind erstaunt und gerührt über die menschenfreundliche Aufnahme und Pflege, die sie finden und bekennen, welch' unrichtige Ansichten man ihnen über die Deut­schen beigebracht. Einer der Spahis, der gewandt französisch spricht, erzählte: er sei mit seinen zwei schweren Schußwunden zwei Tage und zwei Nächte ohne alle Hilfe auf dem Felde ge­legen, er habe sich mühsam fortgeschleppt, als er einen deutschen Offizier gesehen; diesem habe er zugerufen und um Wasser ge­beten; der Offizier aber sei sogleich von seinem Pferde gestiegen, habe ihn, den Verwundeten, auf dasselbe gesetzt, das Pferd ein paar Stunden an der Haud geführt, bis er ihn zur nächsten deut­schen Sanitätsabtheilung hatte bringen können, wo er die bereit­willigste Aufnahme und Versorgung gefunden. Mit sichtlicher Rührung sprach dies der arme Verwundete; wir aber freuen uns höchlich der edlen Handlung und sagen: Ehre dem braven deut­schen Offiziere, der solche Nächsten- und Feindesliebe übte, dem Samariter jvergleichbar, von dem die heilige Schrift berichtet! Heil und Ruhm dem deutschen Namen! (S. M.)

nchen, 10. Aug. Dem Beispiel des Geistlichen Winkler ist jetzt auch der Oberceremonienmeister Graf Moy gefolgt, indem