er wegen des neuen Unfehlbarkeitsdogma's seinen Austritt aus ! der katholischen Kirche erklärte. Den Professor Winkler soll Stadt­pfarrer Wcstcrmayer, als er ihm seinen Austritt anzeigte, gefragt haben, ob er etwa heirathen wolle, worauf Winkler sich solche Impertinenz ernstlich verbat. Wer ihn kennt, den blos der Wissen­schaft lebenden Mann, der weiß recht wohl, daß ihm nichts ferner liegt, als solch ein Beweggrund. Auch Westermayer kannte seinen Namen recht wohl; um so schmählicher war daher seine Frage.

Pafsau, 11. Aug. Morgen wird in der Festung Ober­haus die schwarze Flagge von der Kommandantur wehen, da ein Kabyle von der Afrikaner Brigade Douay's justifizirt werden wird, der bei einem Fluchtversuche den ihn aufhaltenden Militär, einen unserer braven Fünfer-Jäger, erstochen hat.

Berlin, 12. Aug. Der König hat dem Kronprinzen für den Sieg bei Weissenburg das eiserne Kreuz zweiter Klasse ver­liehen.

Berlin, 13. Aug. DerStaats-Anzeiger" veröffentlicht einen Erlaß Thile's an die Gesandten bei den Südstaaten, be­treffend das Cirkular Gramont's vom 3. August über die Bis­marck zugeschriebene Aeußerung, daß er eine Allianz Oesterreichs mit den Südstaaten befürchte. Obwohl unzweifelhaft die Süd­staaten überzeugt sein werden, daß eine solche Furcht uns nicht beschleicht, so muß doch noch der historischen Vollständigkeit wegen jene Äußerung für absolut erfunden erklärt werden. Den von Clarendon an Bismarck gemachten Entwaffnungsvorschlag, wobei der Nordbund die Initiative ergreifen solle, habe elfterer fallen lassen, nachdem diesseits Bedenken erhoben worden, welche wesent­lich darauf beruhen, daß bei der Verschiedenheit der Wehrsysteme Norddeutschlands und Frankreichs die Herstellung und Koutroli- rung einer verhältnißmäßigen Abrüstung die größten Schwierig­keiten haben müsse. Der Südstaaten sei bei den bezüglichen Ver­handlungen mit keiner Silbe gedacht worden.

Berlin, 13. Aug. Zur Regelung der Steuerverhältnisse im Elsaß und in Lothringen ist ein höherer Finanzbeamter da­hin abgegangen. Es ist dies der Geh. Regierungsrath Olberg, der mit den französ. Finanzverhältnissen besonders vertraut ist. Ebenso ist der Regierungspräsident Villiers in Koblenz nach dem Elsaß berufen worden, um in Bezug auf die Civilverwaltung in den von unseren Truppen besetzten französ. Landestheilen in Funktion zu treten. (S. M.)

Es darf Deutschland nicht bange werden, auch wenn Napoleon wie ein verzweifelter Spieler sein Letztes auf die Karte setzt. Das von einer Hand geleitete deutsche Heer besteht aus 550,000 M. norddeutsch-preußischen Feldtruppen mit 1200 Feld­geschützen und 53,000 ausmarschirenden Kavalleristen; 187,000 M. norddeutsch-preußischen Ersatztruppen mit 234 Geschützen und 18,000 Cavalleristen; 205,000 M. Landwehr und Besatzungs­truppen mit 10,000 M. Cavallerie, zusammen also 944,000 Mann norddeutsch-preußischen Truppen mit 1680 mobilen Geschützen und 193,000 Pferden; ferner 69,000 Mann bayer. Feldtruppen mit 192 Geschützen und 14,800 Pferden; 25,000 M. bayer. Er­gänzungstruppen mit 2400 Pferden; 22,000 M. bayerischen Be­satzungstruppen; 22,000 Mann württembergischen Feldtruppen mit 54 Geschützen und 6200 Pferden; 6500 Mann württemb. Ergänzungstruppen; 6000 M. württemb. Besatzungstruppen; 16,000 Mann badischen Feldtruppen mit 54 Geschützen; 4000 M. badischen Ersatztruppen; 9600 M. badischen Besatzungsiruppen. Alles zusammen ergibt die ungeheure Zahl von 1,124,000 Mann aller Waffengattungen, die jetzt gerüstet dastehen. So lauge wir die deutsche Geschichte kennen, hat es niemals, auch nur annähernd, ein deutsches Nationalheer von gleicher Stärke gegeben. Von diesen 1,124,000 Mann waren vor vier Wochen kaum 360,000 Mann unter den Waffen.

Bei einer in Berlin neu sotmirten Compagnie Infanterie waren 11 Männer zu viel erschienen; der Hauptmann suchte da­her die körperlich schwächlichsten Leute heräus und erklärte ihnen, daß sie entlassen seien. Dem zu folgen, weigerten sich aber die Mannschaften entschieden, indem sie sich darauf stützten, daß sie vom Könige einberufen seien und ein Recht darauf hätten, gegen den Feind geführt zu werden. Nunmehr forderte der Hauptmann Freiwillige zum Vortreten auf, und zwar solche Leute, die eine starke Familie oder ein Geschäft besäßen, das durch sie allein vor Verfall gerettet werden könne. Es vergingen mehrere Mi­nuten, ohne daß sich im Gliede jemand gerührt hätte; als aber der Hauptmann seine Worte wiederholte, meldete sich ein Mann und erklärte, daß er neun Kinder habe, daß seine Frau mit dem Jüngsten im Kindbette liege und daß sein Geschäft jetzt ganz verwaist sei. Nur deshalb melde er sich. Der Hauptmann ent­ließ den Mann ohne weiteres, konnte aber nicht hindern, daß dem Davoneilenden die Compagnie verächtliche Worte nachrief. Als am Tage darauf die Compagnie zum Appell versammelt war, erschien auch der Entlassene wieder. Er erklärte dem Com­pagniechef, die Frau sei vom Kindbette wieder aufgestanden, um das Geschäft weiter zu führen, und deshalb eile er zur Fahne zurück, Gott werde seiner Familie schon helfen. Der brave Mann stand in der nächsten Minute wieder in Reihe und Glied.

Straßburg rührt sich nicht, obgleich unsere Vorposten im

vollen Wortsinne unter seinen Mauern stehen; und auf die pomp­hafte Verkündigung des Gouverneurs und des Präfekten, auf den Wüllen stünden 400 Geschütze, die Stadt habe ohne die Mo­bilgarde 11,000 Mann Besatzung, und werde sich verthcidigcn, so lange ein Mann, eine Patrone und ein Zwieback übrig seien, wird hierdurch ein eigenthümliches Licht geworfen. Wohl aber findet die Nachricht, daß von Seiten eines bedeutenden Theiles der Einwohnerschaft sofortige Uebergabe gefordert wird, durch den Inhalt dieses Aktenstückes ihre Bestätigung, und es ist schwer­lich anzunehmen, daß die Erklärung, solche Feiglinge hätten nichts zu thun als sich baldmöglichst zu entfernen, großen Eindruck ma­chen wird zumal dies leichter zu sagen als auszuführcn ist.

Mainz, 11. Aug. Ein kleiner Zwischenfall auf dem hie­sigen Bahnhofe gelegentlich der Truppentransporte, bei welchem Hr. v. Ketteler die Hauptrolle spielte, erregt hier ein gewisses Aussehen. Der Bischof war nämlich bei der Speisung eines schlesischen Landwehr-Dragonerregiments erschienen, sammelte nach­her einen Theil von den Leuten um sich, erzählte ihnen, daß er selbst früher Reiteroffizier gewesen sei, geht dann zu einer reli­giösen Erbauungsrede über, zum Schluß fragt er:Ihr seid doch alle gute Katholiken?" Da sich kein Widerspruch erhebt, so er- thcilt er den mit entblößtem Haupte um ihn stehenden Soldaten seinen Segen; um sich aber nochmals zu vergewissern, daß kein Unwürdiger (?) desselben theilhaftig geworden sei, fragt er noch­mals:Ich habe doch nur gute Katholiken vor mir?" Da tritt ein stämmiger Unteroffizier hervor, schlägt an seinen Säbel und sagt:Eminenz, der hier ist jetzt unsere Religion, durch welchen wir Deutschland erlösen wollen, und ob man dabei Katholik ist oder nicht, bleibt sich gleich." Aus der Menge wurden nunmehr vielfach beifällige Rufe laut, worauf der Bischof sich veranlaßt sah, seinen Rückzug anzutreten. Lautes Murren folgte ihm.

Der Krön pri uz von H a n n o ver ist in das Braunschwei­gische Husarenregiment eingetreten und steht bereits gegen die Franzosen zu Felde. Sein Vater soll nicht damit einverstanden gewesen sein, wohl aber seine Mutter.

Ein Frankfurter Bürger hat 5000 Thaler zur Unterstützung erwerbungsunfähig gewordener Krieger dem Polizeipräsidenten übergeben.

Papoleon hatte Oesterreich für sein Bündniß nicht allein die Provinz Schlesien, sondern auch Theile von Bayern angeboten, Oesterreich sollte dagegen Welschtyrol an Italien abtreten.

Triest, 10. Aug. Auch in Odessa ist die Cholera ausge­brochen, wehhalb hier gegen die von dort kommenden Schiffe Contumazmaßregeln getroffen werden.

Paris, 10. Aug. DieDebats" versichern, daß Bazaiue 130,000 Mann konzentrirt hat, nämlich sein eigenes Korps, noch intakt (?) 50,000; Ladmirault mit 30,000; Frossard mit 25,000; Garde mit 25,000 Mann. Mac Mahon soll mit Failly 50,000 Mann haben. Endlich wäre Canrobert mit 50,000 Mann in Nancy, zusammen 230,000 Mann frische oder wenig mitgenom­mene (?) Truppen.Diese Ziffern, meint das Blatt, müssen dem Lande hohen Muth und feste Hoffnung geben." An ande­rer Stelle schreibt das Blatt die Niederlagen nur dem Umstand zu, daß die Korps bisher isolirt in den Kampf geführt worden lien (bei Spicheren war dies auf preußischer Seite doch noch viel mehr der Fall). Das Land siede vor Enthusiasmus, im Westen, Süden und Norden dränge sich alles zur Erhebung. Noch einige Tage, und unsere Niederlagen werden ausgewetzk sein, der Sieg muß unserem Patriotismus schließlich bleiben."

Aus französischen Journalen:Siöcle" meldet aus Nancy: Ein Rundschreiben des Bürgermeisters fordert die Ein­wohner auf, dem Feinde im Fall eines Einzugs keinen Widerstand zu leisten.Wir haben den Einwohnern keine Waffen zu geben", sagt das Cirkular,wo unsere tapferen Truppen nichts ausrich- ten konnten, da können wir ohne Vertheidigungsmittel in einer offenen Stadt nichts hoffen."

Der deutsche Fabrikant Köchli in Mühlhausen im Elsaß hak Napoleon 5000 Freischärler auf eigene Rechnung gestellt. Klad­deradatsch rief ihm schon im Luxemburger Hande^ zu: Köchli, Köchli, kriech ins Löchtt, sonst zerklopft man dir die Knöchli.

Rom, 12. Aug. Frhr. v. Arnim hatte am Tage seiner Rückkehr zwei Audienzen beim Pabst und überbrachte ihm ein Handschreiben des Königs Wilhelm von Preußen, in Betreff dessen der Pabst bemerkte: es kommt das Heil der Kirche in größter Gefahr oft von ganz unerwarteter Seite.« Arnim kon- serirte sofort mit Antonelli, dem Minister des Innern und des Kriegs und dem Polizeidirektor. Er überbrachte ermuthigende Zusicherungen und sogar Instruktionen.

DieTimes" berichtet, Graf Beust hat sich mit einem Neu­tralitätsvorschlag an das englische Kabinet gewendet, und der Inhalt seiner Vorschläge gehe dahin, daß die sich verbündenden neutralen Mächte einerseits verhindern sollten, daß Frankreich nach seiner Niederlage zu Gebietsabtretungen gezwungen werde, und daß jene andererseits für den Fall einer Niederlage Preu­ßens der Auflösung des norddeutschen Bundes sich nicht wider­setzten. (Das wäre doch nicht mehr neutral!) _

'"Redaktion, Truck und Verlag der G. W- Zaiser'schen Buchhandlung.