Motto.
15. August. Wer hoch fliegt, fällt tief-
16. „ Vergeblich tadeln ist schlimmer als gar nicht tadeln.
Vor der Entscheidung.
Ein Blick auf Paris zeigt uns die Größe der Verwirrung, die im französischen Lager, im politischen wie im militärischen, herrscht. Nachdem das Cabinet Ollivier-Gramont sich der Verantwortung für das furchtbare Uebel, das es aus Frankreich geladen, dadurch entzogen hat, daß es mit einem von dem Parlamente eriheilten höchst willkommenen Mißtrauensvotum abgetreten ist, ist an die Stelle des verschämten Patriotismus die rücksichtslose Gewaltherrschaft getreten. Der gesetzgebende Körper wird so schnell als möglich beabschicdet werden, damit nicht die das Haupt erhebende, nach Entfernung des Kaisers rufende Opposition Zeit gewinne, sich zu organistren und der Gewalt zu bemächtigen. Die Gewalt in Frankreich ist in jenen Händen, die entschlossen sind, die rücksichtsloseste Diktatur zu übe» und Paris eher in einen Schutthaufen zu verwandeln, als einen fremden Einfluß zu dulden. Die jetzige Negierung setzt ihre Existenz, - setzt das Schicksal Frankreichs aus eine Karle und diese Karte muß verlieren. Straßbnrg ist von Truppen entblößt, so daß ein klein Häuslein Badenser die Zwingburg, die eigens gegen Deutschland errichtet worden, blockiren kann. Der Süden von Frankreich ist von Truppen entblößt; aus Afrika sind die wildesten Truppen herausgezogen worden. Aus Rom werden die Truppen mit einer Hast entfernt, die nicht gestattet, auch das Kriegsmaterial mitzunehmen. Die Marine-Infanterie wird nicht ei, geschifft, sondern zur Hauptarmee gestoßen. Frankreich wird nur noch eine Armee haben ; ist diese geschlagen, so gibt es nichts mehr zu schlagen. Ein Hauptschlag steht bevor! Werden die Franzosen an der Mosel Stand halten? Werden sie sich nach Ehalons zurückziehen? Im letzteren Falle gewinnen die Franzosen eine Frist von 6—8 Tagen und können sich mit National- gar de verstärken. Die Armee wird etwas zahlreicher, ob aber sei», ist eine andere Frage. Wenn Frankreich nicht ein Feldherrngenie besitzt, wovon bis jetzt keine Proben zu bemerken waren, so ist der Zuwachs einer großen Menge von schlecht bewaffneter, schlecht exercirter, unzuverlässiger Nationalgarde weit, weit mehr hinderlich, als nützlich. Wo auch der letzte entscheidende Schlag geführt werden mag, je mehr er von den Franzosen verzögert wird, je mehr untaugliche Elemente in die Armee gezogen werden, um so furchtbarer wird die Katastrophe werden. Je dichter die Halme stehen, um so leichter arbeitet der Schnitter. Die deutschen Armeen sind in jeder Richtung vollkommen vorbereitet. Die französische Regierung ebenso sehr wie die Franzosen haben densKopf vollständig verloren. Es ist ein Akt kindischer Rache, wenn die Regierung droht, alle Deutschen aus Frankreich anszutreiben. Es ist ein Akt der Barbarei, die Verträge nicht zu achten, die die frauz. Negierung unterzeichnet, und, der Genfer Confention zum Trotz, auf die Angehörigen des deutschen Sanitätskorps zu schießen. Die Franzosen sind heute noch jo, wie sie Leibnitz vor fast 200 Jahrhunderten schildert: „Es ist die Politik Frankreichs", sagt Leibnitz, „eine solche Menge von Gräuelthaten zu verüben, daß die Klagen und Beschwerden sich nicht in gleichem Maße zu vermehren im Stande sind, in welchem sich die von den Franzosen verübten Gräuel hänfen. Frankreich erreicht damit, daß cs nicht mehr Tadel erntet, als wenn es nur den Hundersten Theil der Frevel verübt hätte. Das Geheimniß, die unlautersten Dinge zu beschönigen, besteht darin, immer ärgere Gräuel ans einander zu häufen." (W. C)
T a A e s - N e u i g ! e i t e n.
Telegramme.
Der erste Eindruck der deutschen Siege vom 6. August in Frankreich muß ein furchtbarer gewesen sein: Denn am sranzös. Hauptwaffenplatz Metz, herrscht Schrecken in der Stadt, Alles flicht. Nichts bleibt zurück, nichts: der Kaiser, man hat ihn nicht abreisen sehen, aber man sagt, daß er abgereist sei; der General v. Saint-Sauveur, der Generalprofoß der Armee rennt durch die Straßen, gefolgt von 20 bis 30 Leuten in allen möglichen Gewändern. Wohin geht er? Was sind das für Leute? Mitten in der Straße hält ein verwundeter Artillerist, Vorübergehende verbinden ihn: mit einem Wort, die Unordnung, schlimmer als das, der Schrecken! Man sagt, die Preußen könnten diesen Abend da sein, sie morden alles. Diesen Morgen um 4 Uhr, noch in der Nacht, sollte der Kaiser sich wegbegeben. Auf dem Bahnhof in seinem Eisenbahnwagen erhielt er eine Nachricht. Er ist wieder ausgestiegen und auf die Präfektur zurückgekehrt. Nachher hat man ihn nicht mehr gesehen. Die Lage der Stadt ist die: die Entmuthigung ist derart, daß man gar nicht mehr fragt, ob unsere Truppen, die sich zur Stunde schlagen, einen Sieg erringen könnten. Man würde sagen, daß man es nicht glaube. Soweit ist es mit der Zerknirschung. (S. M.)
Saarbrücken, 11. Ang. Der König erließ soeben bei seiner Abreise folgende Proklamation an das französische Volk: Wir Wilhelm König von Preußen thnn zu wissen den Einwoh
nern französischer, von der Deutschen Armee besetzten Gebiets- theile: Nachdem Kaiser Napoleon zu Wasser und zu Lande die deutsche Nation angegriffen, welche mit der französischen im Frieden zu leben gewünscht hat und noch wünscht, habe ich das Kommando der deutschen Armeen übernommen, um diesen Angriff zurückzuweisen. Ich führe Krieg mit den französischen Soldaten, nicht mit Frankreichs Bürgern, diese werden deßhalb fortfahren vollständiger Sicherheit für ihre Person und ihre Güter so lange zu genießen, als sie sich nicht selbst durch feindliche Unternehmnn- gen gegen deutsche Truppen des Rechtes berauben, ihnen meinen Schutz angedeihen zu lassen Die commandirenden Generale der einzelnen Truppenkörpcr werden durch besondere Vorschriften Maßregeln feltsetzen, welche gegen solche Gemeinde» oder einzelne Personen zu ergreifen sind, die sich mir den Kriegsgebränchen in Widerspruch setzen. Sie werden ebenso Alles regeln, was sich auf Requisitionen bezieht, welche für die Bedürfnisse der Truppen erforderlich scheinen, wie auch die Differenz zwischen deutscher und i französischer Valuta, um den Einzelverkehr zwischen den Truppen und )>en Einwohnern zu ordnen. (S. V.)
vt. Av old, 12. Aug. Der König von Preußen erließ eine Proklamation, deren erster Artikel tanket: Die Konskription ist in der ganzen Ansdehnung des von deutschen Truppen okkupirten französischen Gebiets abgeschafft. (Hiedurch fallen Beamte, welche Soldaten ans diese» Gegenden zur sranzös. Armee schassen wollen, sowie die junge Mannschaft letbjt, welche dem Ruf der Behörden folgt, unter dos Gesetz, das Kriegsgesetz.) (Z. M.)
Berlin, 11. Aug. Amtliche militärische Nachrichten aus dem großen Hauptquartier zu Nernp (Dorf. 3—4 St. sudl. von Metz, im Seitle-Thal), 13. Aug. Ein feindliches Bataillon, von Metz per Bahn auf Pont a Moussvn dirigirt, zog, als unsere Infanterie heute früh die Stadt (Pont a Mousson) besetzte, mit Hinterlassung seines Gepäcks eiligst ab; Nancy nt vom Feinde geräumt. Unsere Kavallerie zerstörte nördlich der Stadt die Bahn bei Frouard (Knotenpunkt der Bahn nach Paris und Metzl. Andere Kavallerieabtheilungen nahmen einen Fouragentransport den Bvr- posten der auf dem Glacis von Metz noch befindlichen französischen Truppen.
Kriegsschauplatz.
S t. Johann, 9. August. Nach einer Kabinetsordre Sr. Majestät sind sümmtliche Korrespondenten zu entfernen. Der König behält sich vor, Berichterstatter persönlich zu autorisiren.
Ans Karlsruhe wird vom 10. Aug. mitgetheilt: Straßburg ist augenblicklich allseitig cernirt. Die Eisenbahnen nach Hagenau, Paris, Lyon sind von den Deutschen okkupirt. In der Festung soll nur ein Infanterieregiment und Nationalgarden liegen, die Verproviantirung äußerst schwach sein. Die gestrige Aufforderung General Beyer's zur Uebergabe wurde vom Kommandanten abgelehnt.
Karlsruhe, 11. Ang. Der Großherzog hat sich heute Nachmittag halb 3 Uhr in das Hauptquartier der großh. badischen Division begeben.
Karlsruhe, 11. Aug. Der Kommandirende der badischen Division, Generallieutcnant v. Beyer, dessen Hauptquartier gegenwärtig in Brumath, wenige Stunden von Straßburg, ist, hat an die Bevölkerung des Elsaßes eine Proklamation erlassen. Diese Ansprache ist deutsch und französisch abgefaßt und sagt, daß die Bevölkerung beider Länder bis jetzt im Frieden neben einander gelebt und miteinander verkehrt habe und daß Kide Abstammung und Sprache gemeinsam haben. Die deutschen Truppen kommen in das Nachbarland nur, weil wir wider unfern Willen mit Frankreich in einen Krieg verwickelt wurden. Man werde militärischerseits suchen, das Eigenthnm des Bürgers nach Kräften zu schonen, spreche aber die Erwartung aus, daß sich die Einwohner nicht feindlich gegen unsere Gruppen zeigen werden. Bedauerliche Vorkommnisse haben eine strenge Sühne erheischt und ähnliche Vorgänge würden eine gleiche Ahndung treffen. Dieser Tagesbefehl solle an allen Mairieen angeschlagen und sonst in angemessener Weise verbreitet werden.
Nachdem es nicht gelungen, Straßburg durch Ueberrum- pelung zu nehmen, hat man nachhaltigere Maßregeln gegen diese Festung getroffen. Alles oberhalb Rastatt stehende Militär ist gegen Straßbnrg gezogen, bei Söllingen eine Brücke geschlagen, und dort giengen das 34. preußische Infanterieregiment, Badener und 24 grobe Geschütze aus Rastatt ins Elsaß. Die Festung ist schwach besetzt uud schlecht verproviantirt, auch wird unsererseits darauf gedrungen, sie rasch in die Hände zu bekommen, da ein Land nicht vollständig als okkupirt zu betrachten ist, wenn man nicht einen festen Platz darin besetzt. Heute (14.) sind abermals von Rastatt 46 Geschütze nach Kehl abgegangen, tun die Belagerung von Straßbnrg zu bewerkstelligen.
Berlin, 13. August. Offiziell. Militärische Nachrichten: St. Avold, 12. Aug. Die französische Armee hatte die Position an der französischen Mosel zur Vertheidigung eingerichtet. Trotzdem ist sie gestern bei Metz über die Mosel zurückgegangen. Unsere Kavallerie steht vor Metz, Pont » Mousson, Luneville und Nancy. Pfalzbnrg und die Vogesenübergänge sind in unseren Händen. Bitsch, von 300 Mobilgardisten besetzt, wird von einer Compagnie beobachtet. Das Corps Frossard hinterließ 10,000 Decken; für eine Million Tabaksvorräthe wurden erbeutet.
Metz, 13. Aug. (Französische Quelle.) Am Freitag Vor-