eigen, jetzt das Reisen in rheiniscben Gegenden zu widerrathen sein; man könnte sie für französische Lieutenante in Weiberröcken halten/'

Berlin, 30. Juli. Der alte Feldmarschall Wrangel hat den König inständig gebeten, ihn mit in den Krieg zu neh­men, auf daß er dort einen Soldatentod fände. Der Land­graf Friedrich von Hessen, vor 1806 präsumtiver Thronerbe des Knrstaatcs, hat sich bei dem König zur Teilnahme am Kriege gemeldet und dem Johanniterorden 5000 Thlr bewilligt.

Berlin, 30. Juli. Lebensmittel-Transporte in großem Maßstabe werden der Nheinarmee zugeführt. Um nur eines Artikels zu erwähnen, so sind seit gestern und heute 16,500 Ctr.

,Wurst" in eigens präparirtem Zustande (aus Erbsen und Schweinefleisch bestehend und zur Suppcubereitung bestimmt) der Armee nachgesendet worden.

Berlin, 2. Aug. Unter den patriotischen Anerbietungen, welche in diesen Tagen in Berlin gemacht worden sind, verdient das des hiesigen österr. Consuls M. Karo besondere Erwähnung. Derselbe offerirt der Sp. Ztg. zufolge der Militärverwaltung den 60 Quadratruthen umfassenden Garten seinesUnter den Linden" Nr. 78 gelegenen Hauses, so wie ein ihm gehöriges 60 Morgen großes Terrain, Müllerstraße 108, ein besonders gut und in der Nähe des Waldes gelegenes Hügelland, zur Her­stellung von Baracken-Lazarethen und stellte sich auch persönlich bei der etwaigen Einrichtungen dieser Lazarethen zur Verfügung. Der Besitzer des altrenommirten Tabakgeschäfts, Geh. Commer- zienrath Prätorius, sandte zur Erfrischung der dnrchpassirenden Truppen auf den Bahnhöfen 80,000 Cigarren und 6000 Pfund Tabak in Viertelpfund-Emballagen.

Berlin, 3. Aug. Offiziell: Am Dienstag 10 Uhr Vor­mittags wurde das kleine Detachement in Saarbrücken von 3 feindlichen Divisionen (ca. 27,000 Mann) angegriffen, und die Stadt mit 23 Geschützen beschossen. Um 12 Uhr wurde die Höhe des Exerzierplatzes, um 2 Uhr die Stadt von dem Detachement geräumt, und der Rückzug zum nächsten Sontien angetreten. Die Verluste sind verhältnißmäßig gering. (Saarbrücken ist eine offene Stadt von 15,000 Einwohnern ohne militärische Bedeu­tung, welche preußischerseits als vorgeschobener Wachposten mit

1 Bataillon und 2 Eskadronen besetzt war, französischer Seits dekorativ mit einigen Divisionen angegriffen wurde.) (St.-A.)

Berlin, 4. Aug. Offiziell: Nähere Angaben über das Gefecht bei Saarbrücken vom 2. August. Ungeachtet des be­deutenden Artillcriefeuers verblieben die preußischen Vorposten in ihrer Stellung bis zur vollen Entwickelung des Gegners. Erst als drei Divisionen formirt vorgingen, räumte das schwache preu­ßische Detachment Saarbrücken und nahm dicht nördlich von Saar­brücken eine neue Bcobachtungsflellnng ein. Diesseitiger Verlust:

2 Offiziere und 70 Mann. Der Feind scheint bedeutende Ver­luste zu haben. (St.-A.)

Saarbrücken, 1. Aug. Vom Kriegsschauplatz ist zusam- menstcllend folgendes zu melden: Die Verbindungslinie Trier Saarlouis Saarbrücken ist völlig frei und ungehemmt, Saar­burg und Merzig sind von uns besetzt. Eine feindliche In­fanteriekolonne, der Artillerie beigegeben, hatte, wie gemeldet, Saarbrücken angegriffen, war aber abgewiesen worden. Diesseits ist ein Mann todt, 2 Füsiliere verwundet, 2 Pferde todt. Die feindliche Kolonne ist gegen St. Arnual (auch Darlen genannt) und Gersweiler vorgegangen; die Franzosen hatten die Waldungen daselbst besetzt; lebhaftes Gewehrseuer; furchtbare Munitionsver­schwendung seitens des Feindes.

Sarbrücken, Dienstag den 2. Aug., Vorm. Größere französische Truppenmassen rücken auf Saarbrücken an. Es scheint, daß das vorhandene Bataillon Saarbrücken unter Gefecht ver­lassen will. (S. M.)

Ueber Amsterdam geht dem Wagnerischen Bureau ein Telegramm aus Metz zu, welches meldet: Saarbrücken durch Franzosen besetzt. Es scheint sich mehr um einen französischen Theatercoup für Paris, als um eine militärische Aktion gehan­delt zu haben. Der Kaiser und der kaiserliche Prinz wohnten der Operation bei. (Die Preußen betrachteten von vornherein Saarbrücken als keinen militärisch wichtigen Punkt, da dort nur ein kleines Detachement stand, hauptsächlich auch zu dem Zweck, den Feind zu beobachten, sowie im Fall seines Vorrückens in sichere Erfahrung zu bringen, wie große Streitkräfte er zu ent­falten beabsichtigt. Dies ist dem Bataillon auch gelungen, indem cs sich 4 Stunden hielt und dadurch den Feind zwang, bedeutende Massen heranzuführen.) (St.-A.)

Königsberg, 26. Juli. Der kommandirende General des ersten Armeekorps veröffentlicht Folgendes:Königsberg, 24. Juli 1870. Soldaten des ersten Armeekorps! Se. Mas. der König hat befohlen, daß Ihr Euren Marsch antretet. Mit Gottes Hilfe werdet Ihr Euren alten Ruhm bewähren, neuen Lorbeer an Eure Fahne knüpfen, und mit Stolz wird Eure Provinz auf ihre Söhne blicken! Aber cs ist auch an Euch, zu zeigen, daß Ihr der Bildung des Jahrhunderts entsprecht, durch Eure Führung auf den Eisen­bahn-Transporten, auf den Märschen und in den Quartieren. Hiezu gehört: blinder Gehorsam, Mäßigkeit, unbedingte Achtung

fremden Eigenthums bei Freund und Feind, gesittetes und freundli­ches Benehmen gegen Eure Quartiergeber. Jeder Einzelne von Euch hat auch hierin Ehre und Ruf seiner Kompagnie, seines Truppentheils, des ganzen ersten Armeekorps zu vertreten. Euer kommandirender General E. Manteuffel".

Von der Südarmee, 29. Juli. Gestern fanden bei Weißenburg wiederholt kleine Vorpostengefechte Statt, wobei Badenser und Bayern sich mit den Franzosen herumschossen. Drei gefangene französische Chasseurs wurden eingebracht. Nach ihrer Aussage ist die französische Armee schlecht verpflegt und sollen die Kavallerie- und Artilleriepferde bereits Futtermangel leiden. Die französischen Lieferanten sollen ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen und die Militär-Magazine lange nicht so ge­füllt sein, als man dem Kaiser Napoleon berichtet habe. Ein in Hagenau wohnender Deutscher hat sich heute hieher geflüchtet. Er sagte, daß zwar die französischen Offiziere sehr kampflustig und erregt seien, auch viele Soldaten gern in den Krieg zögen, über viele Anordnungen aber laut raisonnirt würde. Die treffliche Ausrüstung.der preußischen Truppen erregt allgemeinen Beifall. Ein zahlreiches Korps der Feldgendarmerie, lauter ausgesuchte Leute, ist angekommen. Die Franzosen sollen sich bei Weißenburg verschanzen wollen; ob sich dies bestätigt, muß erst abgewartet werden. Die beiderseitigen Armeen kommen sich täglich immer näher und gewinnen immer mehr Fühlung. Bald gehr es d'rauf. Unsere Truppen sind lustig und singen fortwährend.

Mainz, 2. Aug. Der König ist hier eingetrosfen und im großherzogl. Palais abgestiegen. Heute Nacht sind Rapporte von allen Armeekorps hier eingegangen. Ueberall herrscht Ruhe und Zuversicht. Graf Bismarck logirt bei Champagnerfabri­kant Kupferberg, Herr v. Moltke hat den Holländischen Hof inne.

Köln, 1. Aug. Vor der Abfahrt des Königs von hier, die kurz vor 9 Uhr erfolgte, reichte er dem Erzbischof, dem Ober­bürgermeister und anderen Herren die Hand, und sprach die Hoff­nung auf ein freudiges Wiedersehen aus.Sollte, ich aus dem Kampfe nicht zurückkehren", sagte er,dann bitte ich Köln, die gute Gesinnung zu bewahren, die mir erzeigt worden ist."

Ein Breslauer Kaufmann wurde von einem Pariser Hause um Einsendung von 400 Franks (die noch nicht fällig waren) gemahnt. Antwort: Mein Sohn ist so eben in's Heer einge­treten und wird Ihnen pünktlich am Verfalltage (6 Wochen) die Summe persönlich überbringen.

Düsseldorf, 29. Juli. Die Düsseld. Ztg. veröffentlicht nachstehenden Theil eines Briefes von einer süddeutschen Frau, deren Fabrikgebäude bei Saarbrücken eine preußische Vor­postenstation ist:St. Johann, den 25. Juli 1870. Mögen jetzt auch schwere Tage kommen, daß wir diese Tage erleben durf­ten, ist eines Preises werth. In der ganzen Geschichte kenne ich kein ähnliches Beispiel solch einer Erhebung, solch eines Zusam­mengehens. Du weißt, ich habe keine geringe Meinung von Süd­deutschland, aber so viel habe ich selbst nicht erwartet, daß so sehr aller Hader der Parteien, alle Eifersucht schwänden in dem einen Gefühl für des Vaterlandes Ehre; daß Bayern und Würt­temberg um diesetwillen sich Preußens Führung unterwerfen, das habe ich kaum gehofft. Mir ist wie an einem Feiertage, als ob meine Seele Flügel hätte. Ich habe noch nie so viel leisten kön­nen, und habe weder Hunger noch Schlaf, ich empfinde es an mir selbst und an andern, wie in solchen Zeiten man die Kraft in sich wachsen fühlt. Alles, wofür wir in halben Kinderjahren geschwärmt, das nimmt um uns jetzt Form und Gestalt an; die Ideen werden lebendig, und-in der in Frivolität und Materia­lismus versunkenen Zeit darf der Enthusiasmus wieder sein Haupt heben, und die Ideale haben wieder ihr Recht. ... Ich habe die Ueberzeugung, lieber Vater, daß dieser Krieg der sozialen Stellung der Frauen mehr nutzen wird, als all dieses Emanzi­pationsgewäsch; es wird jeder eine Tugend sein, einfach und häuslich zu sein. Du siehst, ich erwarte viel Gutes, auch noch außer Elsaß und Lothringen. Von den schlichten Worten des Königs bin ich aufs Tiefste gerührt. Wenn eine Sache gerecht ist, dann redet sie für sich selbst und braucht keine diplomatische Künsteleien, aber daß dieser Sieger von Königgrätz so wenig auf seine Siege pocht, daß er die Größe einer solch einfachen Demuth hat, das ist überwältigend. Dieser alte Mann, den ich früher gewiß nicht liebte, ist mir jetzt ein Gegenstand der Verehrung geworden.

Hamburg, 29. Juli. Man schreibt derK.Ztg." : Ge­neral Vogel von Falckenstein hat eine Bewachung der Küsten or- ganisirt, deren Leistungen vortrefflich sind. Gestern zeigte sich ein kleines französisches Schiff an der Küste, und sofort liefen nicht von zwei oder drei, nein, von sieben und acht Stellen telegraphische Meldungen über den Vorfall bei ihm ein. Um 12 Uhr 48 Minuten passirte ein Theil der französischen Flotte Skagen und im Hand­umdrehen gelangte die Meldung von den verschiedensten Punkten her in's Hauptquartier. Es ist unmöglich, besser unterrichtet zu sein. Dazu kommt, das man vortrefflich weiß, auf welche Punkte die Franzosen es abgesehen haben, so daß in dieser Hinsicht nichts die Führer zu überraschen vermag. Die 'Strandbatterien sind überall fertig und drohen jedem Landungsversuche Tod und Ver-