M»rto.

3. August: Was du beginnst, das thu' mit Vernunft und bedenke das

Ende.

4. Arbeit lehrt, wie man gegen Noth sich wehrt.

Buden und Verräther.

Am 19. Juli hat Frankreich an Deutschland den Krieg erklärt. Bis zum 19. Juli hat es in Deutschland gegeben : Conservative und liberale, Demokraten und Ultramontane, Männer des Ein­heitsstaats und des Bundesstaats und wie sie heißen mögen. Vom 19. Juli ab gibt es keine Parteien mehr; es gibt nur Söhne des Vaterlandes oder Buben und Verräther.

Ein treuer Sohn des Vaterlandes ist, wer in die­sem frevelhaftesten und schnödesten Krieg, welchen die Weltgeschichte kennt, mit freudigem Muth sein alles für das Vaterland zu opfern bereit ist; wer sich gelobt, so weit an ihm, nicht zu rasten, bis Deutschland über den alten Erbfeind gesiegt, seine Grenzen dauernd gegen räuberischen Ueberfall gesichert hat, bis Süd und Nord in blutigen Kampfe geeint auch den freien deutschen Staat errichtet haben.

Ein Bube und Verräther ist:

Wer an Seile der Franzosen gegen das Vaterland zu käm­pfen begehn.

Wer Frankreich, als der Vormacht des Katholicismus, den Sieg erkillel.

Wer bewaffnete oder unbewaffnete Neutralität irgend eines deutschen Landes predigt oder anpreist.

Wer den Süden von dem Norden Deutschlands zu trennen

sucht.

Wer behauptet, daß Frankreich nur gegen Preußen kämpfe.

Wer preußischem Ehrgeiz die Schuld dieses Kampfes auf­bürdet.

Wer den Mnrh und die Opferfreudigkeit der Bürger zu lalmen versucht.

Wer durch Feigheit oder Nachgiebigkeit die Gunst oder Schonung der Feinde zu erkaufen anräth.

Die Buben und Verräther scheuen das Tageslicht. Vor der auiflammenden Begeisterung des deutschen Vaterlandsgefühls, welches ihnen zum Trotz und Schrecken nie herrlicher sich entfal­tet ha;, so lange es eine deutsche Geschichte gibt, als in diesem großen Augenblicke, ziehen sie sich feige zurück. Sollte aber Got­tes Wille eine erste Niederlage über uns verhängen / ja sollte auch nur unser schönes Land von den Schrecken des Kriegs Heim­gesuch: werden, dann werden sie sich wiederum hervorwagen, dann werden sie versuchen, Mißtrauen zu säen, dann werden sie trach­ten, die heilige Gluth der Vaterlandsliebe auszulöschen. Immer lauter und frecher wird ihr Friedensruf erschallen, je schwerer der gewaltige Kampf auf dem Lande und jedem Einzelnen lastet, je mehr im furchtbaren Ringen Eure Thalkraft zu erschlaffen droht.

Ihr wißt, Mitbürger, woran ihr dann die vaterlandslosen Buben und Verräther zu erkennen haben werdet!

Mitbürger, habt Acht! (>L. V)

T a g r s - N e » i g ! e i r c n.

Stuttgart, 1. Aug. Se. Durchlaucht Fürst Gort sch a- ksff, Kanzler des russischen Kaiserreichs, der sich mehrere Tage hier aufgehalien, ist heute abgereist und nach St. Petersburg zurückgekehrt (B.-Z-)

Stuttgart, 1. Aug. An Se. Excel!, den Herrn Minister Frbrn v. Varnbüler ist folgende erfreuliche Depesche eingelaufen: W.! erlauben uns, Ew. Excellenz eintausend Pfund Sterling zu Gunsten der württembergischen Hilfsvereine anzubieten. Deutscher Hilfsrerein für Verwundete in London." Ehre und Dank unseren opferwilligen Landsleuten in der Hauptstadt Englands! (St.-A.)

Stuttgart, 1. Aug. Gestern Abend ist hier die offizielle Nachricht angekommen, daß auf dem Kriegsschauplatz keine Ver­änderung siattgefunden hat. Die in Umlauf gesetzten Gerüchte über eine Erstürmung von Weißenburg durch preußische und bayerische Truppen, sowie die Ankunft von 500 Verwundeten in Karlsruhe, Einbruch der Franzosen bei Hüningen und was sonst gelogen wird, ist hiemit widerlegt. (B.-Z )

Süd deutsch land ist einig!!! Neben den intimsten Freunden des Hrn. Carl Mayer vom Beobachter ist der Redak­teur des Landböten Hr. Dr. Oskar Wächter auf dem Stuttgar­ter Bahnhofe damit beschäftigt, den hier durchpassirenden deutschen Truppen Erfrischungen zu verabreichen. So loben wir es, die Streitaxt ist begraben. (B.-Z)

Stuttgart, 1. Aug. Das Freiwilligenkorps ist nun mit Genehmigung des Oberfeldherrn vom Kriegsministerium be­stätigt. Dasselbe wird den NamenFreiwilliges Jägerkorps" erhalten, steht unter dem Befehle des Führers der deutschen Süd­armee und wird als fliegendes Korps zu defensiven Zwecken (als: Rekognoszirungen, Bedeckung von Transporten, Beschützung der Tnschaften gegen Marodeurs, Vertheidigung von Pässen u. s. w) seine Verwendung finden. Zum Führer des Korps, das seine Chargen bis zum Hauptmann selbst wählen soll, ist dem Vernehmen nach ein bewährter Stabsoffizier bezeichnet, zur Jn-

struktion werden Schützenunteroffiziere bestimmt werden. Um Ausrüstung der Einzelnen kann sich das Kriegsministerium nicht kümmern, allein das zu diesem Behufe gebildete Komite hofft Mittel zu bekommen, um die Ausrüstung der jungen Freiwilligen (Jägeruniform mit schwarzem rundem Hut), soweit die eigenen Mittel fehlen, zu sichern. Bereits haben sich einzelne Privaten erboten je Einen Mann auszurüsten. (S. M.)

Stuttgart, 2. Aug. (Eisenbahn-Unglücksfall.) Gestern Nacht um 9 Uhr war ein Güterzug, vermuthlich weil die Weiche nicht richtig gestellt war, auf den bayrischen Militärzug aufge­fahren. 4 Personen sind verwundet, wovon zwei bedenklich, sie sind in dem Militärspital untergebracht.

0. Stuttgart, 2. Aug. Wenn da und dort von der Möglichkeit eines Ueberfalls der oberen Rheingegend, in der Richtung nach dem Schwarzwalde, die Rede war, so konnte es sich selbstverständlich nur von einem kecken Handstreich durch ein flie­gendes Corps handeln. Nach de» in den letzten Tagen getrof­fenen Maßregeln werden sich die Bewohner des Schwarzwaldes von einer Befürchtung erholt haben, die wohl nie eine allgemeine gewesen. Die kolossalen Armeen deutscher Seits, die von Rastatt rheinabwärts stehen, wirken wie ein Magnet auch auf den Feind. Die Franzosen müssen alle Truppen an sich ziehen; sie werden es nicht wagen, ein Truppencorps tiefer in Feindesland zu sen­den, ein Corps, das, selbst wenn es von einiger Stärke wäre, immer noch der größten Gefahr ausgesetzt wäre, abgeschnitten zu werden.

14". 6. So lange die diplomatischen Beziehungen zwischen Frankreich und Württemberg abgebrochen sind, sind die Württem- berger in Frankreich unter den Schutz der kais. russischen Gesandt­schaft gestellt; die Franzosen in Württemberg sind unter englischen Schutz gestellt.

Aus der bayr. Pfalz erhalten wir die Nachricht, daß der katholische Pfarrer B. in Herxheim bei Landau am Freitag den 29. in seiner Gemeinde ca. 1000 Exemplare der Napoleon'schen Proklamation an das deutsche Volk verbreitete. Er wurde von preußischem Militär aufgehoben und nach Landau transportirt, wo er kriegsgerichtlich abgeurtheilt wird. (B.-Z.)

Cannstatt, 1. Aug. Die Abgeordnetenwahl ist wegen zu lauer Betheiligung der Wähler nicht zu Stande gekommen und deßhalb eine Nachwahl nöthig.

Der Ausschuß des Schwäb. Tnrnerbundes fordert seine Mit­glieder auf, so weit es ihnen möglich ist, als Freiwillige in das Heer einzutreten, oder sich hebeizulassen zur Pflege der Verwundeten und zur Theilnahme am Sicherheitsdienste in der Heimath.

Aus dem Hauptquartier der würrt. Division vom 29. Juli erfahren wir, daß die Truppen sich vortrefflich befinden. Die Verpflegung läßt nichts zu wünschen übrig. Der Geist der Armee ist brillant. Das Wetter, durch einige leichte Regen er­frischt, ist das angenehmste. Wir sehen mit Ungeduld der Vor­wärtsbewegung entgegen, die allen Anzeichen nach zu schließen, nicht lange auf sich warten lassen wird. Der H. Generallieute- nant v. Obernitz hat sämmtliche Offiziere und Beamte sich vorstellen lassen und ernste, erhebende Worte an sie gerichtet. Eine solche Persönlichkeit muß das höchste Vertrauen erwecken- Seine persönliche Umgebung spricht von ihm wie von einem Vater. Hier hört man die schmeichelhaftesten Aeßerungen über die Württemberger.Die sind auch nicht von Pappe" rief ein Bür­gersmann seinen Kameraden zu, als er eines unserer Bataillone am Bahnhof ausmarschiren sah. Heute sind wir noch auf der Sonnenseite des Feldzugs, Gesang und Scherze und fröhliche Gesichter überall, dabei ein sehr arbeitsames Leben, kaum daß man Zeit findet, der Daheimgebliebenen zu gedenken. (S. M )

Karlsruhe, 28. Juli. Die bei Hagenau unterlegene Patrouille des württembergischen Generalstabsossizicrs Grafen Zeppelin, bestehend aus drei badischen Oberlieutenants v. Wechmar, Winsloe und Villiez und drei Dragonern, war durch einen vor­überfahrenden Juden dem Feinde verrathen worden, als sie ihre von zweitägigem Ritte in Feindesland erschöpften Pferde erfrischen wollte. Zeppelin erlangte dadurch ein Pferd, daß er mit dem Revolver einen Sattel frei machte, v. Wechmar soll, durch einen Hieb über den Kopf schwer verwundet, nebst Villiez in die Ge­fangenschaft gefallen fein. Winsloe aber sei todt.

Karlsruhe, 30. Juli Um den unnatürlich hohen Fleischpreisen zu steuern, haben vorige Woche Durlacher Bürger einige Stücke Schmal­vieh aufgekauft, solches schlachten lassen und das Pfund zu 12 kr. aus- verkaust- Folge hiervon war, daß die Metzger sofort ihren Preis auf den gleichen Betrag herabsetzten. Heute aber kostet das Pfund nur noch 10 kr. Nur Selbsthilfe kann dem Hinaufschrauben der Preise steuern. Auch die Butter, Eier, Salz sind wohlfeiler geworden. Erstere ist von 1 fl. 12 kr- auf 34 kr. zurückgegangen.

Der Kronprinz von Preußen hat soeben folgenden Armee­befehl erlassen:

Hauptquartier, den 30. Juli 1870.

Armkebkschl.

Soldaten der dritten Armee!

Von Seiner Majestät dem König von Preußen zum Ober­befehlshaber der 3. Armee ernannt, entbiete Ich den von heute ab unter Meinem Befehl vereinigten Königlich Preußischen,-