sprachen: Ihr sollt die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen! (B--Z-)

Tübingen, 11. Januar. Gestern Nachmittag ist Herr Bischof Dr. v. Hefele mit dem »>3 Uhr-Zug nach Italien abge­reist, um au den Berathungen des Konzils in Rom Theil zu nehmen. ' (T. CH.)

Der Rechtskonsulent Sting in Tübingen hat seine Vater­stadt Balingen zur Universalerbin eingesetzt, mit der Bestim­mung, daß der jährliche Ertrag seines Vermögens zu Schulzwe- cken verwendet werde; er hinterließ nach seinem Tode etwa 15,000 fl-

Von dem Schwurgerichte in Tübingen wurde der 21 Jahre alte ledige, schlecht prädicirte Maurer Ludw. Löffler von Dettenhausen, welcher am 14. Sept. v. I. den Forstwächter Kurz von da im Walde erschossen hat, zum Tode verurlheilt. Der Angeklagte vernahm das Urtheil mit großer Gleichgültigkeit.

Beim Graben eines Felsenkellers unweit von Böblingen wollten 6 Arbeiter einen untergrabenen Felsblock ausheben, als plötzlich ein anderer sich loslöste und zwei derselben begrub. Der eine Arbeiter wurde hiebei so zerquetscht, daß er nur noch eine unkenntliche Masse bildete, dem andern wurde der Kops ein­gedrückt; der eine hinterließ eine Wittwe mit 5 Kindern, die Frau des andern soll guter Hoffnung sein.

Als Beweis, wie das Landvolk bei uns sich an den Ge­meindewahlen betheiligt, diene folgender Fall: In einem Pfarr- dorfe deS Bezirks Kirchheim, das über 300 Wahlberechtigte zählt, wurde vor einigen Tagen die Bürgcrausschußwahl vorgenommen. An dem ersten Wahltermin erschien 1, sage ein, Wähler. Der Amtsdiener mußte den zweiten Wahltermin ausschellen und die Bürgerschaft zu Ausübung ihres Wahlrechtes auffordern; hier kamen nun noch weitere 4 Stimmen, so daß die Zahl der Ab­stimmenden fünf betrug. Der Gewählte Obmann erhielt 2, die Mitglieder 2 und 3 Stimmen. Mit 4 oder 5 Stimmen in den Gemeinderath gewählt zu werden, ist gar keine Seltenheit.

Heilbronn, 9. Jan. Vor einigen Tagen wurde indem Abtritt eines hiesigen Bäckers ein todtes Kind gefunden und bald darauf die Magd des Hauses gefänglich eingezogen. Auch der famose Jäger von Eschenau, angeblich amerikanischer Oberst a. D., ist, wie es scheint, zu seinen früheren Liebhabereien zurück­gekehrt und dadurch in Konflikt mit der Justiz gekommen: er ist hier in Untersuchung und Haft wegen eines Uhrendiebstahls.

Der Spielpüchter in Baden-Baden hat sich eine Gal­genfrist von zwei Jahren (1871 72) mit folgenden Bedingungen erkauft: Er zahlt jährlich 500,000 Gulden Pacht, verwendet au­ßerdem jährlich 50,000 fl. zu Wasserleitungen und Bau von Gewächshäusern und gibt einen Beitrag von 8000 fl. zum Theater. Ende 1872 wird das Spiel geschloffen.

München, 7. Jan. Es wird erzählt, daß in einer jüngst stattgehabtcn Berathung derpatriotischen" Abgeordneten der Führer derselben, Ministerialrath Dr. Weis, den Antrag gestellt habe, das Ministerium Hohenlohe nicht prinzipiell und aus blo­ßer Sucht der Negation anzngrciscn, sondern erst zuzuwarten, ob das, was von demselben geboten werde, nicht von der Partei der Patrioten acceptirt werden könne. Da kam der Mann aber übel an; ein Sturm des Aufruhrs erhob sich gegen ihn:Nie­der mit dem Ministerium Hohenlohe!" hieß es,wir wöllen es nicht, wir brauchen es nicht, wir wollen eines aus unfern Leu­ten; Krieg unter jeder Bedingung mit Hohenlohe, die Gelegen­heit hiezu holen wir vom Zaune." So schrie und tobte es un­ter einander, die Einen wehrten ab, die Andern stimmten zu, doch dieEnergischen" behaupteten schließlich das Schlachtfeld und die Friedcnsfanfaren verstummten.

München, 9. Jan. Dieser Tage verschied der weit uud breit bekannte Witterungsbeobachter, Dr. Heidenschreider, praktischer Arzt und Gutsbesitzer in Herrieden. In derFrän­kischen Zeitung" veröffentlichte er seine interessanten Wittcrungs- berichte und viele Blätter druckten sie ab. Er erreichte nur ein Alter von 44 Jahren. (St.-A.)

Darm st ad t, 8. Jan. Generalmajor Bickel ist pensionirt worden. Nach einigen Blättern wären gegenwärtig im Groß­herzogthum aktive Stabsoffiziere (bis zum Major abwärts) 30, pensionirte dagegen nicht weniger als 72, wodurch die Militär- Pensionen einen sehr beträchtlichen Bndgetposten (300,000 fl.) ansmachen.

Berlin, 8. Januar. Die verschiedenen Ressortverhältnisse in Folge des Ueberganges des Ministeriums des Auswärtigen auf den Bund werden in der Köln. Ztg. folgender Maßen p'- cisirt: Graf Bismarck als Bundeskanzler hat die obere Direk­tion auf der einen Seite des auswärtigen Amtes, wo Hr. v. Thile alsStaatssekretär die auswärtige Politik leitet, auf der andern Seite des Bundeskanzleramts, dessen Präsident Herr Mi­nister Delbrück, die inneren Bundesangelegenheiten leitet. Diese beiden höheren Beamten sind also unter der oberen Leitung des Bundeskanzlers; was ihre gegenseitige Stellung angeht, koordi- nirt, gleichsam latus des Bundeskanzlers, Herr v. Thile für das Auswärtige, Herr Delbrück für das Innere des Bundes.

Der Klempner K. in Hirschberg hat ein schlimmes Neujahr

gehabt. Er fuhr mit seiner Frau über Land und hinterließ das strenge Verbot, kein Petroleum zu verkaufen. Das unerfahrene Dienstmädchen holt dennoch auf Verlangen eines Kunden Petro­leum aus dem Keller, der Stoff entzündet sich und Keller und Haus stehen im Nu in Flammen. Das Haus brannte aus, der Lehrling flüchtete vor Angst und das Mädchen sprang vor Ver­zweiflung in den Bober und wurde todt herausgezogen.

Wien, 8. Jan. In der heutigen Sitzung des Adreßaus- schusses des Abgeordnetenhauses erklärte Graf Taaffe: Alle Mi­nister hätten ihre Entlassung gegeben. Der Kaiser habe aber, sich die Erledigung ihres Gesuchs vorbehaltend, angeordnet, daß die Geschäfte einstweilen von den Ministern fortgeführt würden.

In Romanshorn ist eine Falschmünzerbande entdeckt wor­den, die aus Blei und Zink Frankenstücke machte.

Paris, 7. Jan. In der heutigen Sitzung des Senats erklärte der Minister des Acußern, Graf Daru, die Regierung sei bereit, alle Interpellationen zu beantworten und sagte dabei: Wir sind ehrliche Männer und werden unser Versprechen ohne Ausnahme halten."

Paris, 8. Jan. Bei dem vorgestrigen Empfang des di­plomatischen Korps durch den Minister des Acußern, Grafen Daru, erklärte derselbe: Frankreich werde sich nach wie vor in die inneren Angelegenheiten der übrigen Länder nicht einmischen.

Paris, 9. Ja». Der Moniteur kündigt an, daß von nun an sämmtliche auswärtige Zeitungen ungehindert in Frankreich eingehen werden. Die Liberia glaubt, daß das Ministerium am Montag einen Gesetzesentwurf vorlegen werde, wonach das Jahreskontingent von 100,000 auf 75,000 Mann herabgesetzt werden soll.

Paris, 11. Jan. Gestern erschoß Prinz Pierre Bonapartc den Herrn Noir, Redakteur der Rochefort'schenMarseillaise." Ein kaiserl. Dekret beruft den höchsten Gerichtshof ein, um den Thatbesrand sesizustellen. DasOffizielle Journal" zeigt au, der Prinz habe sich gestern als Gefangener gestellt und sei in die Conciergerie abgeführt worden. DerConstitutionnel" er­zählt, Noir und Fonvielles, dessen Mitredakteur, seien gestern um 1 Uhr iin Hause des Prinzen zu Auteuil erschienen, als Be­vollmächtigte Groußets, welcher den Artikel, wegen dessen der Prinz an Rocheforl geschrieben hatte, unterzeichnet hatte. Der Prinz habe Noir und Fonvielles gefragt, ob sie Werkzeuge Ro- cheforts seien? Noir schlug den Prinzen iu's Gesicht, Fonvielles zog einen Revolver hervor; der Prinz riß eine Pistole aus seinem Wafsenschrank und schoß sic auf Noir ab. Das Officielle Journal veröffentlicht den Justizbcricht, welcher die Amnestie auf Ledru Rollin ausdehnt.

DerTemps" meldet: Die Botschafter in London und Ber­lin, Marquis Lavalette und Graf Benedetti, haben ihre Entlassung eingereicht und dieselbe sei angenommen worden.

Rom, 5. Jan. Alle Sitzungen des Konzils seit dem 21. Dez. v. I. drehen sich noch um die 18 gegen Philosophie, Ma­terialismus, Jndifferentismus u. s. w. gerichteten Sätze, welche den ersten Band der in den Vorbcrathuugskommissionen ausge­arbeiteten Anträge bilden und bestimmt sind, als Anathcmen for- mulirt zu werden. Noch ist ein Resultat' nicht erfolgt und nicht abzusehen. Die Minorität erklärt die Sätze für völlig unan­nehmbar; die meisten der bisherigen Redner waren Gegner der­selben, was natürlich für eine schließliche Majorität nicht prä- judicirt. Besonders Bischof Stroßmayer zeichnete sich als Vor­kämpfer aus; in einer zweistündigen lateinischen Rede, die er improvisirte, focht er die Vorlagen heftig, und wie man hört, mit Erfolg an. Ein Ruf zur Ordnung blieb nicht aus, und war nur dadurch auffallend, daß er nicht vom Vorsitzenden der Kongregation, Kardinal de Luca ausging, sondern vom Kardinal Capalti. Jedenfalls hat die Opposition erreicht, daß eine sofor­tige Beschlußfassung der 18 Sätze unmöglich geworden ist. Die­selben werden, der Geschäftsordnung gemäß, an die dogmatische Sektion gehen müssen, wo ihrer freilich kein anderes Schicksal, als das einer unveränderten Wiederherstellung wartet. Der Pabst hat zum Präsidenten dieser Sektion den Kardinal Bilio Ernannt, denselben, welcher schon die vorbereitende Kommission zur Fest­stellung der Sätze leitete.

Rom, 8. Jan. Einige Väter des Konzils, welche zur ul­trarömischen Fraktion gehören, haben eine Bittschrift an den Pabst abgefaßt uud unterzeichnet, worin sie die Opportunität, des Pabstes persönliche Unfehlbarkeit zu definiren, Nachweisen. Ihre Absicht scheint zu sein, der Versammlung und dem Pabst selbst die Hand zu binden. Man glaubt, daß sie von 750 etwa 100 Unterschriften finden werden. Uebrigens bestätigt cs sich, daß der Pabst nicht zulassen wird, die Frage im Konzil aufznwerfen, wenn er nicht gewiß ist, die moralische Einstimmigkeit der Väter zu erlangen. Folglich wäre die Absicht, jene Bittschrift nur als eine Huldigung entgegenznnehmen.

N o m , 6. Jan. DerMonde" bringt folgendes Telegramm: Mittag 2 Uhr. Die zweite Sitzung des Konzils bot ein groß­artiges Schauspiel. Die Messe wurde von Kardinal Mattei cele- brirt. Der Pabst, die Kardinäle und die Bischöfe haben, die Hand auf dem Evangelium, das Glaubensbekenntniß Plus IX.