wie wenige Fraue.n, und hat eine Art und Weise, der Niemand widersteht.

Avonne zackte die Achseln.

Ich kenne Viele, die sie unerträglich finden, herrschsüchtig, hochmüthig...

Stolz 'willst Dn sagen, und dazu hat sie ein Recht, fiel Henri ein. Bedenke, sie ist die Enkelin Heinrichs IV. aber davon ist setzt nicht die Rede. Laß mich weiter erzählen. Na­türlich konnte sie nur incognito bei der Vermählung sein und nahm darum nur zwei Hofdamen mit. Eine halbe Stunde aber, ehe sie abfuhr, ließ mich Cardinal Mazarin rufen und gab mir einen Brief nach Fuentarabia, von dem wahrscheinlich hier am Hofe Niemand wissen soll, denn er befahl mir, mit der Prinzes­sin zu fahren, als ob ich zu ihrem Schutze mitginge. Sie hielt es denn auch für eine Aufmerksamkeit vom Cardinal und war sehr gnädig. Drei oder vier Mal hat sie mir ihre schöne große Hand zu küssen gegeben.

Welch' Glück! spottete das junge Mädchen.

Nun, eine gewisse kleine Hand wäre mir freilich viel lie­ber gewesen, sagte Henri, aber die ist so spröde....

O, nicht immer! siel Avonne ein und mit stolzem Blick ihre Rechte erhebend, fügte sie hinzu: Erst gestern hat man sie geküßt!

Henri lachte.

Ich gratulire Dir! sagte er. War es vielleicht der kleine La Feuillave oder gar der Vicomte von Lavardie?

Fehlgeschossen! Es kümmern sich auch andere um mich, als Kinder und Greise, und für mich so gut wie für Dich war ge­stern ein Glückslag. Du bist mit einer Dame gefahren, die un­widerstehlich ist und so klug, wie wenige Frauen nicht wahr, so hieß es doch? und ich bin im Walde oben, wo ich ver­geblich auf Dich gewartet habe, dem schönsten und liebenswürdig­sten Manne begegnet, den die Erde trägt.

Doch nicht dem schönen Vallavert? fragte Henri mit ver­düsterter Miene. Der ist keine Gesellschaft für Dich der ist ein Abenteurer. Wer spricht von dem? siel sie ungeduldig ein. Nein, mein Herr Marquis, ich war in eben so guter Gesellschaft wie Ihr, in besserer sogar! Mein schöner Prinz ist noch vorneh­mer, als Eure kluge Prinzessin.

Kind, Du weißt nicht, was Dn sagst, Mademoiselle ist die rechte Cousine des Königs; seit ihr Vater todt ist, gibt es in Frankreich nur zwei Männer, die vornehmer sind, als sie: den König und des Königs Bruder.

Das weiß ich so gut, als Du, sagte sie, mit den Enden ihrer Schärpe spielend, und indem sie zu ihm aufsah, fügte sie stolz hinzu: Der König war's, dem ich begegnet bin!

Aber ihre Mittheilung schien nicht den erwarteten Eindruck zu machen. Henri begnügte sich mit einem gleichgültigen: So! und wendete sich ab, daß sie nicht sah, wie seine Brauen zuckten. In gereiztem Tone fuhr sie fort:

Ja, und er hat mir sogar das Leben gerettet. Ich verlor jählings das Gleichgewicht und läge setzt zerschmettert im Ab­grunde zwischen den rauhen Felsen, wenn er mich nicht in seinen Armen aufgefangen hätte.

In seinen Armen das war zu viel! Henri sprang auf.

Höchst romantisch! rief er mit dem Lachen des Ingrimms.

Avonne wurde roth.

Wie kannst Du lachen, wenn Du hörst, daß ich beinahe verunglückt wäre? fragte sie und ihre Stimme bebte vor Zorn.

Muß ich nicht, wenn Du von Felsen, Abgründen und Zer­schmettern sprichst, wo Alles so glatt und gefahrlos ist, wie hier! rief er heftig. Erinnere Dich nur, aus welchen Wegen wir in Chavigny herumgeglettert sind! Aber was weißt Du von jener Zeit! Die ist vergessen Du hast ja jetzt an ganz andere Dinge zu denken. Vor allem an den schönsten, liebenswürdigsten Mann, den die Erde trägt.

Dn thust ja, als ob meine Bewunderung für den König ein Unrecht wäre, sagte Avonne gereizt. Glücklicherweise ist alle Welt meiner Meinung.

Alle eiteln Närrinnen sind es, die sich nur durch den äu­ßeren Glan; bestechen lassen, rief der junge Mann.

Herr Marquis, jetzt werdet ihr grob, sagte Avonne, und mit spöttischem Aufleuchten der großen blauen Augen fügte sie hinzu: es ist dies wohl die Manier, die Ihr Eurer nnwidersteh- ! lichen Prinzessin abgelauscht habt? j

- Die Prinzessin laß aus dem Spiel! siel Henri ein, der mit j verschränkten Armen und glühendem Gesicht das Zimmer durch­maß. Ich dulde nicht, daß man sie beleidigt!

In diesen: Augenblicke krachte etwas unter seinen Füßen. Avonne schkie ans; er bückte sich und sah, daß er einen kleinen Ring mit blauen Steinen zertreten hatte. Daneben lag am Bo­den verstreut ein Scapnlier von Elfenbeinperlen, ein kleines Mesier, .ein goldenes Kreuz, ein Riechbüchschen in Filigran, lauter Reliquien ans Avonne's Kinderzeit beschämt, geschmei­chelt erkannte er sie und raffte sie zusammen.

Du hast diese kleinen Andenken aufgehoben, sagte er reue­voll, indem er sie dem jungen Mädchen reichte; und ich Unsinniger verzeih mir, Avonne!

Verzeihe mir das Mißtrauen, diese Heftigkeit, wollte er sagen, aber ihr eifersüchtiges Herz verstand ihn falsch.

Ich habe nichts zu verzeihe»! gab sie irotzig zur Antwort. Wer kann dafür, wenn sich die Meinungen ändern V Und die Andenken will ich nicht mehr. Mit unserer Freundschaft ist's ja doch vorbei.

Avonne, das ist nicht Dein Ernst! rief er. Komm, nimm die kleinen Dinger, sei wieder gut.

Aber sie stieß seine Hand zurück und kehrte ihm den Rücken.

'Nun, so will ich sie auch nicht! rief er zornig, warf ihn die verschmähten Herrlichkeiten vor die Füße, drückte den Hut in die Stirne und stürzte fort.

An der Hausthüre wurde er aufgehalten. Lakaien, Jäger, Kammerfrauen drängten sich um eine Sänfte mit dem Wappen von Savoyen und vom Kammerdiener unterstützt arbeitete sich die ungeschlachte Gestalt der Fürstin Carignan daraus her­vor. Sie war ausfallend häßlich mit ihren groben unregelmäßi­gen Zügen, der kupfrigen Gesichtsfarbe, den großen Eulenaugerr und der grüßen Nase. Aber in Blick und Lächeln lag, als sie Henri erkannte, so viel Heiterkeit, Ehrlichkeit und Güte, daß man die unschöne Form über dem Ausdruck vergaß.

Guten Morgen, Marquis, guten Morgen! ries sie mit lau­ter, lustiger Stimme und winkte ihm zu. Aber was gibt's denn? fuhr sie fort, als er herantrat und ihr die Hand küßte. Ihr seht ja aus, als ob Ihr der ganzen Welt den Krieg erklären möchtet! Kommt, kommt, wir frühstücken zusammen und dabei erzählt ihr mir, Eurer alten Vertrauten, was es gegeben hat.

Nein, Fürstin, es ist besser, ich gehe, antwortete der junge Mann; Avonne ist böse ans mich sie will nichts mehr von mir wissen... Lacht nicht, Frau Pathe, cs ist bitterer Ernst.

Was habt Ihr denn gcthan? fragte die Fürstin.

Ich bin mit Mademoiselle nach Fuentarabia gefahren, noch dazu im Dienst .... daraus macht sie mir ein Verbrechen...

Kindereien! fiel ihm die Fürstin in's Wort; kommt, versöhnt Euch!- aber der Marquis schüttelte den Kopf, küßte ihr noch einmal die Hand und empfahl sich.

Die Fürstin ging in ihre Gemächer. Avanue, die ihr sonst immer entgegen kam, ließ sich nicht sehen. Endlich, als die Fürstin ihr Ankleidezimmer betrat, glaubte sie schluchzen zu hören. Sie öffnete die Thüre zu Avonne's Gemach; da saß das junge Mädchen auf dem Fußboden, hielt die verschmähten, zerbrochenen Andenken in ihrem Schooße und weinte bitterlich.

Aber, Kind, was soll denn das? sagte die Fürstin. Thut es Dir leid, daß Du Henri fortgcschickt hast, so laß ihn wieder kommen und versöhnt Euch.

Avenue war aufgesprungen und hatte die Thrünen getrocknet.

Ich mich versöhnen! ries sie, und ihre Augen blitzten. Nein,. Frau Pathe, nie in: Leben! Er hat mich zu arg beleidigt. Denkt nur, er lacht mich aus, daß ich den König meinen Lebensretter nenne,, und will nicht, daß ich ihm dankbar bin....

Die Augen der Fürstin waren immer lustiger geworden.

Ihr seid Kindsköpfe; quält Euch um nichts und wieder nichts, sagte sie. Aber nun hört auf damit, sonst wird's lang­weilig. Komm, wir wollen frühstücken, und dann bekümmere Dich um Deinen Ballanzug für heute Abend! - Und in ihr Zimmer zurückkehrend, murmelte sie das bearnische Sprüchwort vor sich hin: Wenn sich Bursch und Mädchen streiten, guckt die Liebe zur Thüre herein!

(Fortsetzung folgt.)

Redattion, Druck unv Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.