Prinzen von Italien am königlichen Hofe darf man mit Recht wohl ein .größeres Interesse zuwenden. Es erfolgt dieser Besuch nicht in Folge einer Einladung; die betreffende Ankündigung hat hier vollständig überrascht, und natürlich auf die angenehmste Weise. Der Beschluß ist, wie aus Florenz hierher gemeldet wird, Seitens des Königs Viktor Emanuel erst in diesen letzten Tagen gefaßt worden. Der Kronprinz von Italien kommt mit großem militärischem Gefolge nach Potsdam, um am Jahrestage der Schlacht bei Königgrätz der Weihe der für die drei ueuen Armeekorps bestimmten Fahnen betzuwohncn. Das ist mehr als ein bloßer Besuch; es ist das deutlichste Zeichen dasür, daß die preußisch-italienische Allianz, trotz bekannter Fntriguen, die gegen sie gespielt haben und wohl auch weiter gegen sie spielen werden, ungeschwächt sortdaucrn soll. sS. M. f
Die „Nordd. A. Z." schreibt: „Geräuschlos vollzieht sich in diesen Tagen ein Ereigniß, welches sür die Förderung und Einigung deutscher Nerkehrsinteressen von großer Tragweite ist.« Am 3(4 Juni um Mitternacht hört nach säst 400jährigcm Bestehen das Thurn und Taxis'sche Postwesen in allen Theilen Deutschlands in welchem dasselbe bisher noch in Wirksamkeit war, endgültig auf, und es tritt an dessen stelle, nunmehr allein maßgebend, die königl. preußische Postverwaltung."
Frankfurt, 30. Juni. Seit 14 Tagen hat die Frankfurter Tagespresse nicht weniger als 8 ZeitungskonsiSkationen zu verzeichnen.
Rudolstadt, 28. Juni. Heute verschied der regierende Fürst Friedrich Günther. Er war am 6. Nov. 1703 geboren, und regierte seit dem 6. Rov. 1844.
Hamburg, 29. Juni. Die „Hamb. Nachr." melden ans zuverlässiger Quelle: Der Eintritt Altonas in den Zollverein ist an maßgebender Stelle feststehend. Die Verlegung des Generalkommandos des neunten Armeekorps von Schleswig nach Altona ist beschlossen.
Wien, 30. Juni. Die heutige Wiener Ztg. veröffentlicht ein kaiserl. Handschreiben, welches den Frhrn. v. Beust, unter Belastung des Ministeriums des kaiserl. Hauses und des Aeußern zum Reichskanzler ernennt und dem Grafen Taafse die Stellvertretung im Präsidium des Ministerraths überträgt. Dasselbe enthebt den Justizminister Komers seiner Stellung und ernennt den Ritter v. Hye zum Justizminister, demselben zugleich dieJn- terimsleitung des Kultusministeriums übertragend. Ein anderes kaiserliches Handschreiben au den kroatischen Hoskanzler enthebt den Banns von Kroatien, Baron sokcevich, seiner Stellung und ernennt den Baron Levin Rauch zum Banal-Locumtencnten. Die Herren Komers und Sokcevich erhalten das Großkrcu; des Leopold-Ordens. sS. M.)
W ien, 30. Juni. Eingetroff e n cnRachrichten zufolge, deren Au th enti eität leider unzweifelhaft ist, wurde Kaiser Maximilian a in 10.1uli erschossen.
Wien, 1. Juni. Von dem k. k. Generalkonsul in New- Jork, Loosey, wurde folgendes Telegramm aufgegcben: Wien von Amerika. Aufgcgeben den 30. (20.?) Juni, 2 Uhr 14 Minuten Vormittags: „Ich habe folgende Depesche erhalten: Ans Mexiko wird mir via New-Orleans, 20., vom Geschäftsträger die Nachricht mitgetheilt, daß der Kaiser Maximilian ver- urtheilt un§ am 19. Morgens um 9 Uhr erschossen worden ist. Der Präsident verweigert die Auslieferung des Leichnams. Die „Elisabeth" ist zum Transport der Oester- reicher von Vera-Cruz bestimmt. Groller, Schifsskapitän."
Man schreibt aus Trient, 20. Juni. Hier erregt augenblicklich alle Gemüther eine schreckliche Thal, die in Pergine verübt worden sein soll. Jni Frühling besuchte ein ital. Militärarzt eine Familie in Pergine, welche er bei der Campagne 1866 kennen gelernt hatte. Dort nahm er Nachtquartier in einer Winkel-Locanda. In dieser Kneipe befand sich ein liederliches Weibsbild, welches der Wirth sür 30 fl; gewann, den Arzt im Schlafe zu erdolchen. Wirklich trat sie in der Nacht in das Schlafgemach und stieß einen Dolch in den Körper des Gastes. Erschrocken sprang sie jedoch nach dem Stoße zum Wirthe zurück, mit der Aeußeruug, sie sei unfähig, den Fremden vollends zu ermorden. Dieser eilt zum Bette, sticht dem Schwerverwundeten z die Augen aus, um ihn dann buchstäblich in Stücke zu schneiden. Soweit das Geständnis: der die Gräucltbat mit ansebenden Dirne,
welches sie aus freien 'Stücke» ablegte. Gestern Wurde nun die ganze saubere Wirthsfamilie gefesselt nach Trient gebracht.
Paris, 26. Juni. Die französische Regierung befindet sich nicht sowohl in Illusionen über die Stimmung des Volkes in Deutschland, als vielmehr über diejenige der hohen und höchsten Klassen der Gesellschaft, die man durchaus nicht derartig von der Einheitsidee durchdrungen glaubte, wie sich dieß jetzt auf die unzweideutigste Weise herausgestellt. Man wird sich erinnern, daß vor längerer Zeit zuerst in dem von der dänischen Gesandtschaft iuspirirten Wochenblatt Le Mouvement die Nachricht anftauchte, daß der Großherzog von Baden sich in Berlin bereit erklärt habe, auf seine Souveränetätsrechte zu Gunsten der Krone Preußen zu verzichten. Wurde auch hiemit etwas zu viel gesagt, so war doch diese Hindcutuug hier auf fruchtbaren Boden gefallen. Während des Aufenthalts des Großherzogs in Paris suchten verschiedene Mitglieder des gegenwärtigen Kabinets in vertraulichen Unterredungen mit diesem deutschen Fürsten seine Auffassung der schwebenden Verhältnisse Deutschlands zu erkunden, und groß war da in der Thal ihre Ueberraschung, als der Großherzvg ohne Umschweife auf die Nothwendigkeit hinwies, daß Preußen die unumschränkte Führung Gesammtdeutschlands übernehme; daß dieses nationale Ziel, koste es, was es wolle, erreicht werden müsse, und daß er persönlich — hier stimmt seine Gemahlin bestätigend ein — bereit sei, alle Opfer zu bringen, welche geeignet erscheinen, das Werk der deutschen Einigung unter preußischem Banner zu befördern. Darauf, wie gesagt, war man nicht gefaßt gewesen und eben das Ueberraschende der Entdeckung läßt das Gefühl der Alarmirung erklärlich erscheinen; welches sich der Gemüther der betreffenden Staatsmänner bemächtigte. Politische Wetterpropheten glauben, hierin schon den Kernpunkt künftiger Verwicklungen erblicken zu dürfen; aber wahrscheinlicher ist, daß Frankreich sich mehr und mehr mit der Idee vertraut machen wird, Deutschlands Einigung als eine historisch-politische Nothwendigkeit hinzunehmen, die in ihrer Entwicklung nicht aufgehalten zu haben, von der Geschichte einst Napoleon III. hochsan- gcrcchnet werden wird. Bis diese Uebcrzeugung jedoch sich Bahn bricht, wird noch manche mehr oder minder leichte Verstimmung die Stirnen umwölken. So stellt es sich beispielsweise jetzt immer mehr heraus, daß man am Hofe der Tuilerien in allem Ernste darauf gerechnet, die nordschleswig'sche Frage gleichsam als ..xrammisktö" durch König Wilhelm bei seiner Anwesenheit in Paris geordnet zu sehen. Doch in seinen Erwartungen getäuscht, läßt man den bisher streng im Zügel gehaltenen Dänen und Däncnfreundcn freien Lauf, deren Wuth, nun so lange zurückgestaut, sich um so mächtiger Bahn zu brechen trachtet.
Paris, 28. Juni. Die „Presse" sagt: das Ministerium habe der Budgetkommission erklärt, ein großer Theil der geforderten 158 Millionen sei bereits verausgabt worden, um die Ausstattung und Bewaffnung der Armee zu erneuern und zu vervollständigen; die dadurch erzielten Resultate seien aber der Art, daß in weniger als sechs Monaten Frankreich über 750,000 wohlausgerüstete und gutbewaffnete Soldaten wird disponiren können. Die Regierung wünsche darum nicht jene 158 Millionen aus dem Anlehenswege zu beschaffen, weil die Militärausgaben noch sortdaucrn und cs ihr daher angemessener und zweckmäßiger erscheine, die Gesammtausgaben durch eine Anleihe zu konsolidiren. Die Presse glaubt, die dann zu kontrahirende Anleihe werde 750 Millionen betragen. — Wie das „Memorial diplomatique berichtet, melden Briefe aus Mexiko, daß der Kaiser Maximilian in das Lager des General Diaz zu Mexiko gebracht worden sei; Diaz habe geäußert: das Leben Maximilians sei in keiner Weise gefährdet. (S. dagegen Wien vom 30. Juni.)
Paris, 28. Juni. Herr Nesftzer, der Redacteur des Temps, macht eine Erholungsreise nach Süddeutschland und theilt nun seine Anschauungen und Erfahrungen mit. Er har in Stuttgart und München die Stimmung allgemein für den Frieden gefunden, aber auch gegen jede Einmischung des Auslandes in die deutschen Angelegenheiten, selbst die gegen Preußen feindlichsten Elemente, meint er, wollen nichts von der französischen Freund schaft wissen. Ferner hat er bemerkt, daß die Anhänglichkeit an das monarchische Prinzip in Säddeutschland bedeutend abgenom j men habe, und daß trotz der augenblicklichen Lage der Dinge alle aufgeklärten Leute in Süddeutschland anden Sieg der Demokratie glauben. In Wien hat Nesftzer eine ziemlich kühle Stimmung