T a g c s - A e u i g k e i t e n.
seine königliche Majestät haben vermöge höchster Entschließung vom 29. d. M. aus das erledigte Bezirksbauamt Gmünd den Bezirks- bauinspeklvr Tillenius in Calw, seinem Ansuchen entsprechend, gnädigst versetzt.
Stuttgart, 29. April. „Friede! Friede!" töut's durch die deutsche und französische Presse, und als Grund der plötzlichen Friedenszuversicht wird die Nachricht mitgetheilt, daß ein Kongreß zu London bevorstehc, auf welchem die schwebende Frage zn allseitiger Zufriedenheit werde gelöst werden, ja wir erfahren sogar, daß Mitglieder der französischen Kammeropposition, unter ihnen Herr Garuier-Pagö, sich in Berlin befinden, um dort das Evangelium der Friedensliebe und Freundschaft des französischen Lölkes für uns Deutsche zu predigen. Wir sind weit entfernt, zu einer Berminderung der Kriegsaussichten übel zu sehen oder teudendiös dem Publikum die Freuden der Friedenshoffnungen trüben, ein kurzes Anfathmen mißgönnen zu wollen. Wir geben nur Folgendes zu bedenken.
Nachdem Napoleon aus einem Nichts eine brennende Frage gemacht, ist es schwer, an die Aufrichtigkeit seiner so plötzlich hervortreteuden friedlichen Gesinnung zu glauben. Seltsam kou- trastiren auch mit den Friedeushymuen der Presse die denselben ungestört zur Seite laufenden Nachrichten von fortgesetzten furchtbaren Rüstungen in Frankreich, von Rüstungen, welche, aus der Richtung der Munitions- und Truppenzüge zu schließen, offenbar auf Deutschland gemünzt sind. Es erhellt hieraus, daß Napoleon keineswegs gutwillig von seinen Kriegsplanen absteht, daß er vielmehr nur eines Aufschubs bedarf, weil ihn Englands und Rußlands Haltung bedenklich machen, bereit Vermittlungsvorschläge durchaus nicht in seinen Kram taugen, und weil trotz der Servilität des durch französische Jutriguen zum Minister erhobenen Ratazzi Italien dem Franzosenkaiser nicht niehr als Neutralität versprechen kann und will. Es gilt daher neue Jn- triguen zur Gewinnung von Allianzen anzuspinnen, und um diesen Zweck leichter zu erreichen, soll jetzt Preußen als der Friedensstörer hingestellt werden. Hiezu ist ein Kongreß das tauglichste Mittel. Man wird dort die Neutralisirung Luxemburgs schlechtweg zugestehen, sowie aber Preußen, wie es muß, eine Entschädigung oder eine Frist für die Räumung und die Ga- rantiruug der luxemburgischen Neutralität durch die europäischen Mächte, ohne welche die ganze Neutralisirung ein bloßer Schwindel ist, verlangt, wird Napoleon neue Schwierigkeiten erheben, die Garantie eine Kränkung der französischen Ehre nennen und laut über Preußens Egoismus und Kriegslast zu jammern beginnen. Möglich sogar, daß Napoleon Las Zustandekommen des Kongresses von der vorhergehenden Räumung Luxemburgs durch Preußen abhängig macht. Geht Preußen, wie ihm die gesunde Vernunft räch, hierauf nicht ein, so wird man es vor aller Welt als Friedensstörer verlästern, dessen Egoismus den Kongreß vereiteln. Durch die Konferenz tritt die Frage jedenfalls in ein gefährlicheres Stadium, denn das Scheitern derselben muß sofort den Krieg zur Folge haben; scheitern muß sie aber, sowie Frankreich auf die von Preußen unter allen Umständen zu verlangende Kompensation und Garantirung nicht eingeht. Wir haben es ja schon einmal erlebt, daß ein Kongreß einen Krieg geboren hat. Darum rathen wir vorsichtige Aufnahme und Beurtheilung der Friedensnachrichten. (S. V.-Z.j
Am Sonntag den 28. April fand in Biber ach eine Versammlung von 4—500 oberschwäbischen Männern der „deutschen Partei" aus Jsny, Tettnnng, Leutkirch, ^aulgau, Ravensburg, Weingarten, Ehingen, Laupheim, Ulm, Friedrichshafen, Aulendorf, Biberach rc., ferner aus Stuttgart, Geislingen, Reutlingen und andern Orten statt, um sich über die Stellung Württembergs zu dem norddeulschen Bunde und die von der württ. Standeversammluug einzunehmcnde Haltung zu besprechen. Die gefaßten Beschlüsse werden wir in unserem nächsten Blatte mit- theileu.
Darmstadt, 29. April. Der Abgeordnetenkammer wurde die preußische Militärkonvention vorgelegt. Goldmann und Hallwachs beantragen den Eintritt der diesseitigen Provinzen in den Nordbund.
In München bemerkt man militärische Vorbereitungen. Endlich? — Ja, aber zunächst nicht gegen die Franzosen, son
dern für den 1. Mai; denn an diesem Tage steigt der Bierpreis auf 7 Hs kr. Die Soldaten erhalten eine Bierzulage.
In einem Dorfe bei Pass au mußte ein tolles Schwein erschossen werden; es war vor einigen Wochen von einem Hunde gebissen worden.
Die Correspondence de Berlin sagt heute ebenfalls weniger schroff : die preußische Regierung bringt der Sache des Friedens und der Versöhnung ein Opfer, dessen Größe Jedermann erkennen muß: sie hört den Vorschlag der Vermittlungsmächte an und zeigt sich sogar dem Plan, Luxemburg zu neutralisiren, nicht ab» geneigt, jedoch unter gewissen Einschränkungen, welche die Würde und Sicherheit Deutschlands gebieterisch erheischen. Die künftige Neutralität müßte nämlich die stärksten Bürgschaften erhalten, so zwar, daß jetzt und insküuftige das europäische Recht die Erwerbung Luxemburgs formell verbieten würde. Die Festung Luxemburg in den Händen Preußens gäbt Deutschland eine gewisse Sicherheit gegen Frankreich. Gibt Preußen diese Bürgschaft im Interesse des Friedens aus der Hand, so ist es nur billig, daß die Vermittlungsmächte an die Stelle dieser Garantie eine andere setzen, am besten eine solche, bei welchen sie ebenfalls betheiligt sind.
Berlin, 27. April. Die Nordd. Allg. Ztg. bestätigt, daß der Landtag durch den König und nicht durch den Grafen Bismarck eröffnet werden wird, wodurch die Eröffnungsrede selbstverständlich eine andere Form erhalte. — Die Kreuzzeitung sagt: Es seien Aeußerungen der Großmächte über die Luxemburger Frage hier eingetroffen, sämmtlich dahin gehend, daß der europäische Friede wo möglich erhalten werden müsse; durch den nunmehr europäischen Charakter der Frage seien somit die Friedensaussichten allerdings stärker geworden.
Berlin, 27. April. Der Rücktritt des Herrn Benederti, der die diplomatische Laufbahn, wie cs heißt, gänzlich verlassen will, bestätigt sich. .Herr Benedetti hatte Eavour Savoyen und Nizza abzuringen gewußt. Mit Luxemburg ist es ihm nicht gleichmäßig gelungen, und sein Verbleiben auf dem hiesigen Posten war unmöglich geworden. — Ueber die Stellung der preußischen Generale zur Kriegs- und Friedensfrage macht ein Berliner Korr, der Elberf. Z. folgende Mittheilung: Der bedeutendste unter ihnen, General v.Moltke, wünscht den Krieg, wenn er unvermeidlich geworden, je eher desto lieber. Andere Generale, z. B. Herrwarth von Bittenfeld und Steinmetz, halten eine hinhaltende Politik deßhalb für unbedenklich, weil wir in der Zwischenzeit an wirksamerer Kraft gewinnen würden als Frankreich. Sie denken dabei vorzugsweise an Süddeutschland. Moltke soll übrigens durch eine richtige Aufstellung am Mittelrhein der Gefahr auf der linken Flanke (im Süden) vorzubeugen hoffen. Zum Befehlshaber der süddeutschen Truppen würde vielleicht Vogel von Falckenstein ernannt werden. (Es bleibt natürlich dahin gestellt, was allem dem Richtiges zu Grunde liegen möchte.) — Wie der Neuen Stettiner Zeitung aus Pollnow mitgetheilt wird, hat der Ministerpräsident Graf v. Bismarck die aus fünf Rittergütern bestehende Herrschaft Varzin, im Schlawer Kreise gelegen, am 23. d. M. von dem Herrn v. Blumenthal-Varzin für 550,000 Thaler gekauft und übernommen.
Berlin, 27. April. Unterrichtete Privatschreiben aus Florenz vom 23. April bestätigen, daß alle Anstrengungen Frankreichs, Italien zum Heraustreten aus der Neutralität im Interesse einer französischen Allianz zu bewegen, vollständig gescheitert sind. — Die hier anwesenden Mitglieder der Opposition der französischen Kammer versichern, daß in Frankreich der Friedenswunsch vorherrsche und die überwiegende Mehrheit eine diplomatische Lösung, welche den beiderseitigen nationalen Regungen gerecht würde, freudig begrüßen würde.
Berlin, 29. April. Preußen wird das Luxemburger Besatzungsrecht nur gegen Ersatz durch eine in europäischen Verträgen garantirte Neutralisirung aufgeben, die Räumung der Festung wird daher vor Erreichung eines die preuß. Forderung befriedigenden Ergebnisses der, übrigens gesicherten Konferenz schwerlich stattfinden.
Berlin, 29. April. Der König eröfsnete beute den Landtag mit folgender Thronrede: „Erlauchte, edle und geehrte Herren von beiden Häusern des Landtages! Aus den Berathungcn des Reichstages, zu welchem das preußische Volk aus Grund des von Ihnen genehmigten Gesetzes seine Vertreter entsandt hat, ist eine Verfassungsurkundc des norddeutschen Bundes hcrvorgegangen, durch welche die einheitliche und