T >, g e s - N e n i g k e i t e n.
Tlultgar r. Die V andcsv e r s a m m l u n g vom 0. Jan. in von 241 Männern, meist Delegir'ten von Votksvereinen be- suctst gewesen und waren 98 Orte (aus unserer Nähe Ealw und Unterjettingen i vci diesem 'Anlaß vertreten. Rechtskonsulent Oe- sterlen erössneie die Reihe der Redner, Indem er mittheilt, daß das Lanoeskomtte beschlossen habe, der Versammlung nicht, wie seither, Resolutionen zur Annahme vorzulegen, sondern ihr eine Ansprache an das württ. Volk zur (Genehmigung unterbreiten werde. Der Redner verlas die umfangreiche Ansprache, welche in erster Linie die deuische Frage behandelt und zunächst bedauert. daß selbst die freisinnige Partei in Preußen, hingerissen von den augenblicklichen Erfolgen, der äußern Polittk ihrer Regierung huldigt. In Betreff der Südstaaten fordert sie zur Agitation'für ein enges Bündniß, gipfelnd in einer gemeinsamen parlamentarischen Spitze, auf. In Bezug auf die inneren Fra gen verlangt sie eine rege Agitation für eine Revision der Verfassung ans Grundlage des allgemeinen und direkten Stimmrechts und der Aufhebung aller Standes- und Geburtsrechie, Einberu- fnng einer koustituirenden Versammlung nach dem besetz vom 1. Juli 1849, sodann für eine auf dem Prinzipe der Selbstverwaltung und der möglichsten Vereinfachung des Staatsorganismus beruhende Verwnltuugsrcform, endlich für eine die allgemeine Wehrpflicht einführende Mititärorganifalion nach schweizerischem Systeme. Den die deutsche Frage behandelnden Lheit begründete der frühere preußische Abgeordnete Dr. Freefe, die Verfassungsrevision Rechtst. Leiphcimer, die Verwaltüngsreform Rechlskons. Oestcrlen, die Militärorganisation (4 Mayer, worauf die Versammlung die Ansprache einstimmig genehmigte, ebenso einen Antrag von Förster aus Gmünd bezüglich der Mttitärfrage, dahin gehend i die Regierung auszufordern, die Vorkehrungen zu 'Anführung der allgemeinen Wehrpflicht so schleunig zu treffen, daß die Loosziehung und Stellvertretung für die nächste Aus llebung schon wegfalle.
Stuttgart. 10. Jan. Die orientalische Frage tritt all- inälig mit Verdrängung aller übrigen als die weittragendste in den Vordergrund und die neuesten, wenn auch offiziell demen- tirten Schritte der Westmächte zur Regelung derselben beweisen auf das Deultichste die unverkennbare Ueberzcugung derselben von der Wichtigkeit der Vorgänge im Orient für die politische Gestaltung Europa's. Neu ist allerdings die orientalische Frage nicht: bald nach dem Wiener Friedensschlüsse fing dieselbe an, von Rußland zunächst nur theoretisch studirt und erörtert zu werden . bis im Jahr 1829 der Ezar den Knoten mit dem Schwerte zu lösen sich anschickte. Welche Gründe damals Nicolai bestimmen, in seinem raschen Siegeslauf inne zu halten, nicht bis Con- siantinopel vorzudringen und so durch ein schnelles kalt uocwmpli das Testament PeterS deS Großen zu vollftreckcn, ist bis auf den heutigen Tag noch nicht recht klar. England und Frankreich, welch letzteres am Vorabende der Juli-Revolution stand, spüricn entweder nicht die Kraft, oder nicht den Willen, that- sächlich zu interveniren und beschränkten sich daher auf diploma- ' tische Aktionen, die allerdings sehr gewichtiger Natur gewesen ' sein mußten, da Rußland einen raschen und für die Türkei sehr! günstigen Frieden schloß. Die Angelegenheit ruhte bis zum Be- . ginn der 90er Jahre, in denen es der russischen Diplomatie ge- lang, neue Verwicklungen zu finden und der Einmarsch der Russen ! in die Moldau und Walachei gab das Signal zu einem langen ! und hartnäckigen Kriege, der England und Frankreich auf die ! Seite der Türkei trieb. Was mochten wohl die Gründe gewesen ! sein, welche die Westmächte zu dieser energischen Politik veran- ^ laßten und welche sogar Oestreich und Preußen eine bewaffnete ^ Neutralität auferlegten, die sich später in die Drohung an Ruß- - land verwandelte, für den Fall der weitern Ausdehnung des ^ Kriegs sich auf die Seite der Westmächte zu schlagen und aktiv ! vorzugehcn? Jeder denkende Mensch war damals darüber im Klaren und ist es noch heute, daß der Bestand da europäischen ^ Türkei geradezu ein Verbrechen an der europäischen Kultur und i Zivilisation ist: cs ist für Jeden ein empörendes Gefühl, mit > cmfehen zu müssen, wie diese herrlichen Länder in der Hand ! roher Barbaren verkümmern, wie die herrlichen Schätze der Na- ! lur brach liegen, wie auf einem klassischen Boden, von dem ! früher auf die ganze Erde das verklärende Licht der Civilifation ;
Lusstrahlte, rohe, unwissende, träge und mit Beharrlichkeit jedem Kuluir-Einflnß trotzende Barbaren Hansen. War es also nicht gerechtfertigt und vom allgemein menschlichen Standpunkt aus nur zu billigen, wenn Rußland, das die Annahme der europäi schen und namentlich deutschen Kultur als Existenz- und Ent Wicklungsbedingung erkennt , durch Eroberung der Türkei dem naturwidrigen und unvernünftigen Zustande dieses Landes ein Ende machen wollte? Wir stehen hier vor einer politischen An tinomie; was das Gefühl will, darf der kalt überlegende und brechende Verstand nichl zugeben und cs ist ein Glück für Europa, daß die Westmüchw damals dieser kalren Verstandespolitik huldigten. Es war nur ihr eigenes wohlverstandenes Interesse, das Interesse Deutschlands namentlich, welches unt?r keinen Umständen zugeben dürfte, daß Rußland in Konstantinopel sich' fesisetzte: Rußland, das ohnehin im Norden mit fast unwider stellbarer Wucht auf Europa seine Pressionen auszuüben im Stande ist, wäre^dnrch die Alleinherrschaft im mittelländischen Meere — denn Spanien und Oestreich kommen in maritimer Bezicltting kaum in Betracht — allmächtig geworden, es hätte seine Hebel von zwei Seiten cinsetzen können, deren Angriffs - kraft wohl kaum zu widerstehen gewesen wäre. Bekanntlich unterlag Rußland in diesem Kriege, der unter Anderem die Schwäche dieses immensen Reiches auf eine Weise konstatirle, welche von da an den russischen Einfluß auf die europäischen und namentlich aus die deutschen Angelegenheiten unmöglich machte. Nun steht Europa im gegenwärtigen Augenblick wieder vor der Lösung der selben ,1-rage, nur mit dem Unterschiede, daß neue gewichtige Faktoren aus den Schauplatz getreren sind, die die Lösung derselben zu einer sehr complicirten machen. Oestreich ist aus Deutschland ausgefchieden. und har von jetzt ab feine Aufgabe im Osten zu suchen, und wenn es seine Situation richtig begreift, so wird cs mit Rußland einen Kampf auf Tod' und Leben bestehen müssen , um die Mündung der Donau nicht in moskowiiische Hände gelangen zu lassen: Bundesgenossen werden ihm zu diesem Zwecke nicht fehlen und wir zweifeln alsdann nicht, daß aus dem zu Grunde gegangenen Oestreich ein verjüngtes Donaureich hervor-- gehen wird. Was uns aber am gefährlichsten dünkt, ist die am Horizont auftauchende Möglichkeit einer amerikanischen Einmischung jn diese Frage, die vielleicht der ganzen Sache die entscheidende Wendung geben wird. Die definitive Lösung der orientalischen Frage scheint dießmat nicht mehr zu umgehen sein, nur hoffen zuversichtlich, daß es nur der kräftigen Haltung Deutschlands bedarf, um dieselbe auf eine für unsere Interessen befriedigende Weise zu lösen. (Stg.H.)
S: uttgart, 10. Jan. Das Arbeiternachweisebureau hatte nach feinem veröffentlichten Jahresberichte im Jahre 1800 über 20,000 Arbeitsgefuche zu registrircn, erhielt 3091 Aufträge von Arbeitgebern und vermittelte 9214 Arbeitsgesuche. Es wird aber dieses Institut von manchen stark vertretenen Geschäftsbräuchen noch immer nicht in dem wünschenswertsten Maße benützt.
Tübingen, 1. Jan. (Schwurgericht.) Der — wegen Brandstiftung angeklagte 1 9jährige Wilh. Schwitzgäbcle von Lan genbrand, OA. Neuenbürg, wurde auf den Grund des Wahr spruchs der Geschworenen von der gegen ihn erhobenen Anklage freigesprochen. Hiemit endigten die Sitzungen des 4. Quartals.
Karlsruhe, 1. Jan. Der wegen Krankheit zeitweise zu Rübe gesetzte Dr. Stabel hat das Justizministerium wieder übernommen, sein Stellvertreter Dr. Jolly ist bereits zurückgetreten.
Der badische Landtag ist am 4. Jan. geschlossen worden.
München, 8. Jan. Soeben wurde die Kammer eröffnet. Minister v. Hohenlohe war anwesend. Folgende Gesetzesentwürfe wurden von der Regierung eingebracht: lieber Entschädigungen für die vom Krieg heimgesuchten Provinzen; neue Gemeindeordnung ; Einführung der Gewerbefreiheit und Jnanspruch nähme eines außerordentlichen Kredits zum Zwecke einer Heeres- organistttion. Der Militär Etac soll von beiläufig 11 (s Mili. auf 18 Mill. erhöht werden.
Leipzig, 5. Jan. Die erste diesjährige Nummer der Gartenlaube macht an der Spitze des Blattes bekannt, daß sie nun in einer Auflage von 210,000 Exemplaren erscheint.
Rothschild, der von Frankfurt nach Wien zieht, wird von dem Kaiser gegraft werden. Seine Matrikel hat er durch einen Vorschuß von 10 Millionen im Voraus bezahlt.
Berlin, 0. Jan. Da die Auflegung der Wahllisten, dir