Nagold. Unsere alte Stadtkirche ist nach übereinstimmenden Gutachten verschiedener Techniker sehr baufällig. Der mit der königlichen Staatsfiiiaiijverw.iltiuig wegen der Bau- last seit Jahren geführte Prozeß ist zu Gunsten der Sladtgcmeinde entschieden worden. Mit dem Neubau stockt eS aber, es geht leider nicht vorwärts. Daß der a^laat zu bauen hat und daß < dann erst die Bestimmungen des neuen Lompleylastcii-Ablösniigs- gesetzeS hier in Wirksamkeit treten, ist beruhigend, sofern sehr bedeutende Opfer der Stadt erspart werden. Fragt man, wo fehlt es eigentlich, daß unsere Kirchenbausache sich so in die Länge zieht, so Hort man sagen: die Staatsstuanzver-valtung beanspruche Las Stistnngsvermögen, soweit dieses nicht der Siechen-, beziehungsweise Armenpflege gebühre. Der Anwalt der Stadtgcmclndc l» dieser Sache, Rechtskonsulent Dr. Gohr um in Linttgark, habe eine Ausscheidung gefertigt, diese seie ganz zum Bonheil der Stadt ausgefallen, indem nachgewiesenermaßen der Anspruch der Armenpflege sich hober stelle, als daS ganze Sliflungsver- iiiögcn zur Zeit betrage. Also bekomme die «kaatsfinanzverwal- tung zum Kircheubau vom LtistungSvermögcn — Nichts. Aber diese Ausscheidung seie noch nicht anerkannt.
Die Wahl des Bauplatzes mache Schwierigkeiten. Des schönen, massiven ThurmeS wegen sollte auf die alte Stelle gebaut werden; allein die abznbrechendc» Nachbarhäuser seien im Preise zu hoch gestellt, daher kaum zu erwerben. Ja ein Techniker LeS Staats wolle sogar die alte Kirche blvS renovicen, den Chor verlängern und hiedurch dem Mangel an Platz abhelfe». Diese und sonstige Anstände, die nicht alle anfznzählen seien, verzögern den Ban. —
Die Gemeinden Zwerenberg und Ebhansen halten gleiche Schwierigkeiten zu bewältigen, sie haben schöne Gotteshäuser — die der Staat gleichfalls bauen mußte — errungen. Sollte dies unserer guten Oberamksstadt nicht ebenso rasch gelingen?
Weit der größte Thcil der hiesigen Einwohner ist gut kirchlich gesinnt. Der Kirchenbesnch ist stets sehr stark. Bor wenigen Tagen soll Abends im Innern der Kirche ein Gegenstand herabgesallen sei» und so schrecklich gepoltert haben, daß ein Nach, har wohl nicht den jüngste» Tag, aber de» Kircheneinstnrz befürchtete. Wie — wenn während des Gottesdienstes ein solcher Fall einlritl? Oder gar — wie cs i» Weißenburg i» Baiern vor wenigen Jahren vorkam — die Kirche zusammen stnrzl? Welches große Unglück! Wem würden wohl Borwürfe geniacht werden?
Bedenkt man die vielen Maßregeln zur Sicherstellung des Lebens der Staatsbürger! Kann man hier gleichgültig sein? Kan» bei der bekawu'.en Bausäiligkeic der Kirche der Besuch des Gottesdienstes erwartet werde»? Oder kann bei dem Unsicher- heiisgesühl, das sich Jedem beipäckiigt, der die Verhältnisse kennt, ein 1'/»stnndiger Gottesdienst, wie wir ihn gewöhnlich haben, bewirken, was er soll?
Sollie nicht mit aller Energie unsere Stadtkirchen- ba u-A n ge l e g enh ei t in crsprießlicherwcise zum Abschluß gebracht werden? t.
E u g e s - U p n i g k e i t e n.
Stut tgärt, 26. April. (137. Sitzung der Kammer der Abgeordneten.) Tagesordnung: Einnahmcii aus dem Ertrage der Kameralämter; Berichterstatter Goppclt. Aus Gefälle», ans Hoheiis- und anderen obrig- kciiltwcn Rechten veranschlagt die Regierung eine Jahrcscinnahme von 48,800 ff. Der Reinertrag ocr Staatsgüler wird i,n Jasrc 1864/65 zu 804,208 fl. 17 kr., im Jahre 1865/66 zu 322,566 ff. 1 kr., im Jahre 1866/67 zu 323,920 fl. 53 kr., zusammen zu 940,701 fl. 11 kr. angenommen. Die Kommission beantragt Annahme dieser Position; die Kammer stimmt bei. Die Zinsen aus Akrivpostcn sind veranschlagt: für 1864/65 zu 537,425 fl. 9 kr., für 1865/66 zu 468,867 fl. 27 kr., für 1866/67 zu 413,491 fl. 48 kr-, zusammen zu 1,419,784 fl. 24 kr. Kommission und Kammer sind auch hicmit einverstanden. Im Ganzen belaufen sich in runden Summen, welche der Entwurf des Finanzgcsctzcs als Reinertrag der Kameralämter ausgenommen hat, für 1864/65 auf 1,189,300 fl., für 1865,66 auf 1,121,800 fl-, für 1866/67 auf 1,066,500 fl., zusammen auf 3,377,600 fl. Ihm gegenüber steht ein Aufwand für 1864/65 von 530,900 f!„ für 1865/66 von 521,100 fl., für 1866/67 von 520,000 fl., zus. 1,580,000 fl., so daß also der Reinertrag in runder Summe betragen würde: im Jahre 1864/65 mit 649,400 fl., im Jahre 1865/66 mit 600,700 fl., im Jahre 1866/67 mit 546,500 fl., zusammen 1,796,000 fl. Goppelt beantragt als Berichterstatter, hievon 3600 ft. zu streichen und nur eine Einnahme von 1,793.000 fl. anzunchmcii, womit die Kammer einverstanden ist. Außerdem stellt die Kammer den Antrag, die K. Staatsrcgierung um Erwägung darüber zu bitten: 1) ob nicht schon jetzt, übrigens unter Berücksichtigung' der Interessen der Bezirksangebörigen, auf Bereinigung minder beschäf
tigter Kameralämter mit andern nahe gelegenen Bedacht genommen werden könnte; 2) ob nicht der Geschäftsgang durch erweiterte Befugnisse dieser Stellen in Bezug auf unständige Einnahmen von geringerer Bedeutung Vereinfacht werden könnte. Manien stellt den Antrag, die Worte: „übrigens unter Berücksichtigung der Bezirksaiigchörigen" zu streichen, in, klebrigen aber den Coinmissionsantrag anzunchmen, womit sich die Kammer mir 67 gegen 17 Stimmen einverstanden erklärt. — (13Z. Sitzung.) Der Kriegsministcr beantwortet die Interpellation Höldcrs wegen neuerlicher Ernennung höherer Offiziere dahin, daß dieselbe mit seinem Vorwiffcn und seiner Zustimmung stattgcfundcn habe. Ucdcrhaupt erfolge keine Ernennung eines Offiziers, vom höchsten bis zum niedersten, ohne daß sie vom Kriegsministcr contrasignirt sei, womit er die Verantwortlichkeit für die- selben übernehme und K. 5l der Verfassung vollständig gewahrt sei. Wol- dach gegenüber erklärt er bezüglich der Sterblichkeit unter dem Militär, daß von 1000 Mann tu Rußland durchschnittlich 39, in Ocstrcich 17,5, in Sardinien 16,1, in Frankreich 16, in Belgien 14,3, i» Preußen 13,1 , in England 10,2, in Dänemark 9,5, i» Württemberg nur 4,3 sterben, während aus dein Eivtlstande in Württemberg jährlich 10,8 Personen im Alter von 21—45 Jahren sterbe». Auf Hopfs Interpellation bemerkt er, daß nach der Bundeskriegsverfassung Württemberg mindestens 426, höchstens 480 Offiziere haben sollte; die Mittelzahl sei 453; i» Wirklichkeit feie» 434 Offiziere vorhanden, also nur 8 über das Minimum.
Stuttgart, 28. April. Die Eisenbahnverträge mit Baden und Preußen sind ratisizirl und ein Eiseilbahiibanzesetz der Abgeordnetenkammer vorgelegt worben. Darnach soll der Ban der Linie» Hejlbronn-Jaxkfelv, Hall-Crailsheim und Wildbad- Psorzheim bis 1867 anSgeführt werden. Mit der Reparatnren- werkstättc Aalen werden 24'/s Millionen cxigirt. Mit 1867 beginnt der Ban der Linien Jaxtfeld-Hohciibnrken, Crailsheim-Mer- geiilheün-Landa, Rottweil-Schwenningcn-Billiiigen. Spaichingen- Tuttlinge», Stnttgark-Leonberg-Calw-Nagold, Ulin-Blaubeuren, Mengen-Sigmariiigen und Tübingen-Hechingeii. Exigenz 9 Mil- lionen. (K. Z.)
In einem Staatswald deS H ei d e n h e i me r Forsis verzehrte ein Waldbrand am 26. d. Mts. eine Fläche von ungefähr 50 Morgen. Das Feuer war durch Unvorsichtigkeit beim Taback- rauchen entstanden. Auch im unter» Brenzthal war am gleichen Tage ein Waldbrand enlstandcn.
Frankenberg, 24. April. DaS etwa 2 Stunde» von hier entfernte Städtchen Frankenau ist am 22. d. M. in der kur« zen Zeit von 8—12 Uhr Nachls durch eine FenerSbrunfl verheert worden. Einhundert dreißig Wohnhäuser mit den dazu gehörige» Scheunen und Stallungen sind ein Raub der Flammen geworden. Die Kirche, die Synagoge, das Nathhaus, Apotheke, das Pfarrhaus sind abgebrannt. Alles Ackergeräthe, He» und Stroh, alle Früchte und Lebensmittel, Hansrath, Kleider und Belten sind zerfrört worden; die unglücklichen Einwohner haben nichts als das nackte Leben gerettet. Bon 180 Wohnhäusern sind nur etwa 50 an den äußersten Enden stehen geblieben. Es soll viel Vieh mit verbrannt sein, jedoch ist Gottlob der Verlust eines Menschenlebens nicht zu beklage». (K. Z.)
Berlin, 26. April. Den schleswig-holsteinisehen Ständen soll vorläufig nur die Anschliißsrage, nicht aber auch die Erb- solgescage vorgelegt werden. (Frb. Z.)
Berlin. Der wegen Ermordung des Professors Gregy zum Tode vernrtheilte Louis Grothe hat sich vor einigen Tagen im Gesäiigniß mit einer Glasscherbe die Pulsadern in beiden Elleiibogengelenken geöffnet, und in Folge davon so viel Blut verloren, daß man sehr stark an seinem Auskommen zweifelt.
Wien, 26. April. Wie man dem Franks. Journal tcle- gcaphirt, hat der vstreichisch-preußische Handelsvertrag am 20. d. die Genehmigung des Kaisers erhalten. Der Vertrag muß bis
zum 22. Mai ratifizirt sein, um in Kraft zu treten. (Frb. Z.)
London, 23- April. Es ist gegenwärtig eine Gesellschaft in der Bildung begriffe», welche die Erforschung Palästina's mit Hinsicht ans die Beförderung eines bessern Verständnisses der Bibel ins Auge gefaßt hat. Aus die Archäologie, die Culturge- schichte, die Topographie, die Geologie, die Flora und Fauna, die Meteorologie des heiligen Landes soll durch neue Untersuchungen ein klareres Licht geworfen werden, als es bisher geschehen ist. Oeffentliche Zeichiinngen sollen die nöthigen Fonds hccbei- schaffe».
Sollte man es für möglich halten, daß i» dem Jahrhundert, in dem wir leben, noch ein Meeting Vorkommen kan», wie das in voriger Woche zu Glasgow abgehaltene, nämlich um darüber zu beratbe», ob ferner Leute am Sonntage spazieren gehen dürsten, ohne gegen ihre religiösen Pflichten zu verstoßen? Die Thatsachc steht fest, die Diskussion war sehr stürmisch; meh-