Kompagnieen wurden vollständig geschlagen und erbärmlich heim- geschickt. Von Stunde zu Stunde gingen von hier die Ambulanzwägen ab, um die Verwundeten einzuholen. Die verwundeten Offiziere wurden in verschlossenen Wägen hieher gebracht. Cipriani's Leute waren bei dieser Gelegenheit 1500 Mann stark.
Turin, 25. Okt. Ein Leitartikel der „Opinione" tadelt den von Kossuth veröffentlichten Brief und sagt u. A.: Italien kann die Lösung der römischen und Venetianer Angelegenheiten aus dem einfachen Grunde nicht beschleunigen, weil diese im freundschaftlichen Wege mit Oestreich nicht zu Ende geführt und nur durch Waffengewalt bewirkt werden kann, welche letztere aber früher or- ganistrt und das Land in einer politischen Verfassung sein muß, um selbe geltend machen zu können. Die römische Frage ist eine rein moralische; ihre Lösung hängt nicht von den Kanonen, wohl aber von der Zustimmung Frankreichs ab, und wenn möglich ancb von jener des Papstes. Nom als Mittelpunkt der Reaction ist die Ursache der Schwäche Italiens, und wenn wir auch in der Verfassung wären, Krieg mit Oestreich anzufangen, müßte früher die römische Frage gelöst werden. Rom frei, würde Italien unglaubliche Kräfte verleihen und Europa von der Nothwendigkeit der Emancipation Venedigs und die Italien minder günstigen Mächte von der Nothwendigkeit eines Krieges überzeugen. Europa weiß, daß der Krieg wegen Venedig unvermeidlich ist; würde uns aber gewiß verdammen, wenn wir jetzt für Ungarn Krieg anfangen würden.
Um weitere Konflikte zu vermeiden, hat der französische Befehlshaber in Rom mit dem italienischen kommandirenden General der Provinz eine Militärconvention abgeschlossen, wodurch die Tiber die militärische Grenze bilden und die Bewachung des einen Ufers den Franzosen, die des andern den Italienern zustehen soll.
(A- Z.)
Paris, 29. Okt. Nach dem Moniteur hielt bei der Ueber- gabe des Cardinalshiits an den Bischof v. Chambery der päpstliche Legat an den Kaiser folgende Anrede: Obgleich von Schmerzen erfüllt, schätzt sich mein Souverän der Papst glücklich, den Wünschen des Kaisers nachznkommen; ec spricht die Hoffnung aus, der Kaiser werde immer mehr die Religion und die päpstliche Sou- veränetät beschützen. Der Kaiser antwortete: er habe sich stets zu dem guten Einvernehmen mit dem päpstlichen Stuhl Glück gewünscht, dessen Regierung freundliche Gesinnungen nicht besser kundgeben könne, als durch Annahme wohlwollender Vorschläge, die stets nach reiflicher Ueberlegung gegeben worden und damit geendigt hätten, daß sie an die Aufrichtigkeit, die Wünsche und Gefühle erinnert, die er für das verehrte Oberhaupt der Kirche hege. Der Kardinal dankte dem Kaiser für die Dienste, welche er der Religion geleistet, insbesondere für die Anfrechterhaltung des heiligen Stuhls in Rom und den Rest der ihm gebliebenen Staaten. Der Kaiser antwortete mit einem Dank für den savoyschen Clerus, der seine Anhänglichkeit an Frankreich und den Kaiser bewiesen habe, und mit einem Dank für den Cardinal, der seine Bemühungen für das Wohl der Religion anerkannt habe. sT. d. N.-Z.)
Sehr ergebene Freunde des Kaisers von Frankreich, darunter insbesondere Herr Pie tri, haben die Vertagung des napo- leonistischen Adelsprojektes erwirkt, Lessen Realisirung übrigens eine definitiv ausgemachte Sache bleibt. Um jedoch dem Publikum tropfenweise Geschmack a» der Sache beizubringen und auch den Luxus nicht schon beim Ausauge zu übertreiben, begnügt man sich mit vier Herzogen. Morny,' Persigny, Walewski und Baroche erhalten den Herzogstitel für sich und ihre Nachkommen. In Betreff ihrer Dotationen erfährt mau nichts. Da der Kaiser keinen Betteladel will und die Schöpfung eines reichen Abels enormes Geld kostet, so wird der Adclsschub on musss für bessere Tage Vorbehalten. ' .
Brüssel, 29. Okt. Gutem Vernehmen nach sind die Beglaubigungsschreiben des neuen belgischen Gesandten in Turin an den König von Italien gerichtet; Hamit ist die Anerkennung Italiens ausgesprochen. (Mg. Z.)
Das Schwerste scheint für den Kaiser von Rußland zu sein, in Warschau für den rechten Platz den rechten Mann zu finden. Die Generale, die als Statthalter, Gouverneure re. angestcllt waren, haben seit kurzer Zeit dreimal gewechselt werden müssen, jetzt eben wieder. Polen zu regieren, bedarfs aber einer festen, sicheren Hand oder auch Faust. Mit den Bischöfen wird über die Oeffnung der Kirchen unterhandelt; bekanntlich haben die Russen die Kirchen verschlossen, weil Revolution darin gepredigt und getrieben wur!^ die^Bjschofe wollen sie nun nicht wieder anfschlie-
ßen lassen, weil sie durch das Eindringen der Kosacken entweiht worden seien.
In einem hohlen Eichenstamm hat ein polnischer Förster einen Franzose» von a»no 1812 entdeckt. Ueber dem Gerippe hingen noch Fetzen der französischen Uniform, die Knöpfe auf dem Boden zeigten den französischen Adler.
Casster und Lehrling.
(Fortsetzung.)
So standen die Dinge und halten trotz der sechswöchentlichcn Dauer noch nichts an ihrer Trostlosigkeit verloren. Es läßt sich denken, daß Anton tagtäglich seine Augen, sein Herz zu dem einzigen Richter erhob, der hier noch Recht schaffen konnte, zu dem lieben Gott im Himmel. In aller Frühe sprang er auf und eilte in den Dom, um sich Muth und Stärke für die Leiden des Tages zu erflehen. Führte ihn am Tage sein Weg vorüber, so trat er gewiß in das alte, ehrwürdige Gotteshaus und sprach ein kurzes, andächtiges Gebet. Und am Abend, wenn die Nacht längst ihre dichten Schatten hernieder gesenkt und der Mond neugierig zu dem Mansardenstübchen hineinlugte, als suche er einen Begleiter auf seinen Wandergängcn, kniete der Lehrling noch vor seinem Bette und flehte aus tiefstem Herzensgründe nicht um Glück, nicht um Reichthum, sondern um die Rettung seines ehrlichen Namens. „Lieber Vater," rief er mehr als einmal im Uebermaße des Schmerzes, „erbarme dich! Wenn es dein heiliger Wille ist, so nimm die drückende Schande, so auf mir lastet, hinweg. Nichts verzeiht der Geschäftsmann schwerer als Untreue, und ich werde die Stelle verlieren, welche mich und die Meinigen seit Monaten erhält. Erbarme dich, allgüliger Vater; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!"
So oft ein Dienstag nahte, eilte der Lehrling mit doppelt freudigem Muthe zur Kirche und wandte sich vertrauensvoll zu sei- nein NamcnSpatron, dem heiligen Antonius. Er ist ja ein so mächtiger, werkthäliger Fürbittcr am Throne des Allerhöchsten in jeder Noch und schon Tausende haben dieß in den bittersten Leidensstunden erprobt. Auch heute finden wir ihn dort. Die heilige Messe ist längst vorüber und noch immer kniet er am Fuße des Altars. Nur mit großer Mühe kann er sich endlich von der hehren Stätte göttlichen Schutzes trennen, denn düstere Ahnungen umnebeln seinen Geist, als sollten die schwersten Prüfungsstunden erst noch über ihn hcreinbrechen. Endlich steht er aus, erhebt noch einmal das thränenumflorte Auge bittend zn dem Bilde des Gekreuzigten, zu seinem heiligen Namenspatron und eilt hinweg.
Bei seiner Rückkehr hört er schon von ferne Reinganum und Pfeifer in seinem Stübchen mit einem Fremden verhandeln und mitunter laut und gellend auflachen. Sobald er öffnete, tritt ihm ein Herr entgegen und überreicht ihm süßlächelnd ein Blatt Papier. Täuschen wir uns nicht! es ist eine Rechnung, nichts mehr und nichts weniger. „Wir werden über die Sache sprechen," bemerkte Anton, mühsam nach Fassung ringend, „sobald Liese Herren mein Zimmer verlassen haben."
„Litte recht sehr, Herr Banquier," erwiderte Reingannm und machte eine tiefe Verbeugung, „wir wollen Sie in Ihren Wechsel- und Geldgeschäften durchaus nicht stören und werden sogleich die Börse räumen."
„Ja wohl!" spottet Pfeifer, während beide abziehen, „nur lcheint mir, die Geschäfte wandeln im Zeichen des Krebses und schreiten rückwärts statt vorwärts. Gute Verrichtung!"
„Ich halte soeben die Ehre," bemerkte der Frankfurter Schuhmachermeister, denn ein solcher war der feingekleidete Herr, „Ihnen für mehrere Fußbekleidungsgegenstände, die in meiner Fabrik theils neugeferligt, theils rcparirt wurde», einen Conto von neun Gulden, zu überreichen und erlaube mir, Ihrem eigenen Versprechen gemäß, um gefällige Berichtigung dieser Kleinigkeit zu bitten."
„Für den Augenblick ist mir das mit dem besten Willen unmöglich," erklärte verlegen der Lehrling. „Ich mußte die Stiefel für meine Ansgänge haben und weiß wohl, daß ich in zwei Raten pünktlich zn zahle» versprach. Ei» Ersatz, der unschuldig mich getroste», hak seit sechs Wochen meinen ganze» Verdienst anfgezehrt und wird ihn weitere vierzehn Tage vergingen. Gedulden Sie sich bis dahin! Jb werde sodann »»verweilt und pünktlich ..."
„Ja!" meinte der noble Handwerkömann gedehnt, „das sind Worte, recht schöne Worte, doch klingende Münze wäre mir lieber. Die beiden Herren, welche soeben hinaus gingen, haben mir bereits von Ihrem Malheur mehr erzählt, als ich wünschte; aber wie