Berlin, 13. Juni. Pferd eankäufe. welche Frankreich in Norddentschland besorgen läßt, erregen Aufmerksamkeit. Die Ankäufe geschehen in Holstein, in Mecklenburg und anderen Gegenden Norddcntschlands, wo sie von französischen Pferdehändlern besorgt,und die angekanftcn Pferde sofort in Partien von 20 bis 30 Stück per Eisenbahn an den Rhein und von da weiter nach Frankreich befördert werden. ^ (H- T )
In Preußen werden demnächst die von 1750 bis 18l6 geprägten Eint Haler-Stücke cingezogen werden; dieselben sollen um mehr als 2 Proccut abgenutzt sein.
Appenzell A. Rh. Die St. Galler Zeitung erzählt folgenden Fall von Handhabung staatlicher Rechte gegen die Kirck'e: Schon seit längerer Zeit lebten Pfarrer und Kaplan in Obcregg in arger Fehde, zum größten Nachtheile der religiösen Bedürfnisse des Bolkes und der geistlichen Würde. Keiner von Beiden wollte weichen. Da beschwerte sich ein Theil der Bewohner Obercgg's beim große» Rath und verlangte Entfernung des Pfarrers. Derselbe remonstrirte dagegen und der Koadjutor dcS Bischofs von Chur, unter dessen geistlicher Oberhoheit Jnnerrhoden steht, protestirte mehrmals feierlich gegen eine Absetzung, da hiezu die weltliche Behörde laut kanonischen Satzungen kein Recht habe. Der Rath in Appenzell aber meinte, er wolle es halten, wie'S die Väter gehalten haben, die ließen sich auch nicht drein reden in des Landes „Brüch und Fryheitcn" — und darum sei beschlossen: der Herr Pfarrer von Obercgg sei abgesetzt und habe bis Ende August die Gemeinde zu räumen.
Graf MalmcSburp theilte im englischen Obcrhaufe mit, daß die Regierung Angesichts der unsicher» Lage Europa'» die Bemannung der Flotte vorbercite, und dag in einem Spe- cialkomite bereits Berathnngen darüber stallfänden.
Auch in England fehlt es nicht an Geistlichen der Staats- kirche, welche mit Borliebe zu katholischen Formen und Tendenzen sich hinneigen. So mußte neuerdings von dem Bischof von London ein Geistlicher seiner Stelle entsetzt werden, weil er sich einen Beichtstuhl nach katholischer Weise hergerick- tet, Ohreubcichtc gehalten und das Abendmahl ganz »ach katholischem Ritus erthcilt hatte.
Charkow, 5. Juni. Der Geist der Unabhängigkeit »nd Ehre, der jetzt die russische Studentenschaft beseelt, hat sich schon in dem bekannten Vorfälle in Kiew knnd gegeben. Eine neue corporalivc Demonstration der akademischen Jugend hat vor Kurzem bei uns stattgcfnnben. Der Cnrator hatte sich gegen zwei Stunde» in einer solchen Weise benommen, daß sie Genugthuung bei der Behörde verlangten. Die Behörde versagte ihnen aber die Erfüllung ihrer Bitte. Da reichten alle Studenten, 280 an der Zahl, ihre Entlassung ein. Die Universität ist nun natürlicherweise geschlossen. Die Entscheidung der Angelegenheit erwartet man aus Petersburg. Als Kaiser Alexander neulich in Kiew war und den Studenten, von denen er mit Jubel empfangen wurde, Verzeihung wegen des bekannten Vorfalls angcdeihcn ließ, sagte er: „Ich bin nachsichtig, wenn cs sich um die Vergehen einzelner Individuen, streng, wenn es sich um die Demonstrationen ganzer Korporationen handelt." Wie wird wohl der Kaiser die stolze Kundgebung der hiesigen akademischen Jugend anfnehmcn? (D. A. Z )
Gabriele oder das Mädchen von Rom.
Original-Novelle aus der Zeit Gustav Adolph'S von Schwede».
(Fortsetzung.)
Schon längere Zeit war das Innere des Vesuvs empört; daS Getöse vermehrte sich von Tag zu Tag so, daß man einem baldigen Ausbruch entgegen sah. Clärens beschloß, dieses Na- turereigniß wo möglich abznwartcn und baute darauf die besten Hoffnungen für seines Freundes Genesung.
Es war ein ungewöhnlich glühender' Abend , kein Lüftchen wehte und das Meer lag bewegungslos vor den Blicken: unserer Freunde, welche eben in einer reizenden Villa sich am Golf befanden und zuschautcn, wie die Schiffer das Ufer zu erreichen bemüht waren, und die Vögel furchtsam dem Lande znslogcn.
Bald vernahmen sie ein donnerndes Getöse vom Vulkan her, und schwarze Rauchwolken quollen aus ihm, den ganzen
Horizont verfinsternd. Das Getöse ward immer fürchterlicher, Gabriele schmiegte sich ängstlich an seinen Freund, Clärens hingegen schäkerte mit einem Mädchen des Hauses, welche» die Angst ihm gleichfalls ziemlich nahe gebracht hatte. Der Donner verhallte und eine unermeßliche Flammensäule erhob sich königlich in das Firmament, strahlte herrlich im Meers wieder, und beleuchtete wunderbar die Landschaft. Valentin breitete jubelnd seine Anne dem »iegcsehenen Schauspiel entgegen; betend sank Gabriele in die Knie. Die Flammensäule erlosch, schwarze Nacht bedeckte die Erde und eine dunkelrothe Flammenstraße rollte tobend von des Riesenberges Scheitel herab und warf sich damvsend in des Meeres dröhnende Tiefe.
„O! meine Seele," rief Valentin entzückt, „die du schwelgtest an der Größe dieses Schauspiels, siehe! herrlicher bist du, als alle Majestät der empörten Elemente! Heil dir, der Tag deiner Kraft ist erstanden! Wer warst du, die du von den elenden Sorgen der Erde dich Niederdrücken ließest! Vom Dust deiner Blüthen bis zum Glnthstrom deiner Vulkane erkenn' ich Dich, Gott, und mich, der ich, wie Du, bin, ewig, unendlich!"
Mit freier Seele durchwanderte nun unser Freund das Königreich und stieg in Regio mit seinen Freunden zu Schiffe.
Es war eine heilere Nacht, wie damals, als er die Ruthen des Bodensee's durchschiffte, aber die Herrlichkeit der Natur, die dort sein sehnender Geist kaum zu erfassen vermochte, sie lag in heiliger Größe jetzt um ihn, und freudig fühlte er die Bereicherung seiner Seele, die sich siegend über all' diese Herrlichkeit erhob. Clärens zog, von Freude berauscht, seinen Freund in die Gesellschaft der Schiffsgenossen, und beim fröhlichen Klingen der Pokale schwebten sie über die See. Gabriele dagegen stahl sich von der lärmenden Menge weg, kniete nieder am entferntesten Ende des Schiffes, und sah mit feuchten Augen lange schweigend empor in die bestirnten Höhen, dann ergriff er die Laute und sa»g mit feierlicher Melodie und seine ganze Seele lag in den Tönen:
Sv weit des Himmels Räume sich verbreiten,
Seh' Welten ich der Dunkelheit entsprießen Und funkelnd unsers Schöpfers Nähe grüßen,
Dcß Häi.dc iie in'S All der Schöpfung streuten.
Von dort zu mir, wie endlos sind die Weiten,
Und hcil'ge Stille, süße Ruhe gießen Sich durch sie aus, und leise Lüste küssen Die Meere, ruhend von des Tages Streiten.
Und wo das Weltall seinen Frieden feiert,
Was soll, o Herz, da deine tiefe Klage?
Wie kommt's, daß da der Kummer sich erneuert? —
Du cndcst's nicht! Doch deine Thränc schimmert So leuchtend auf zum Lenker Deiner Tage,
Als unter ihm sein Sonncnhimmcl flimmert.
Die ersten Strahlen der Sonne vergoldeten den Hafen von Mestlna, als die Gesellschaft dort landete. Unsere Freunde trennten sich nach einigen Tagen von ihren fröhlichen Genossen, und zogen an der Küste gegen Süden hinab, um Syrakus zu erreichen. Als sie eine Tagreise von Calabria entfernt in einem kleinen Dorfe an der See ihr Nachtlager hielten, wurden sie beim Anbruch des Tages durch ein Getümmel aus dem Schlafe geschreckt und sahen eine wilde Rotte barbarischer Kosarcn die Einwohner nach ihren Schiffen schleppen. Schon drang eine Schaar in ihr Wohnhaus. Valentin und Clärens verrammelten die Thüre, und machten sich wohlbewaffnet zum Widerstand bereits Die Thüre sprang auf, mit wildem Geschrei stürzte» die Räuber herein. Ihr erster Angriff ging auf den schätzen Knaben, der sich zitternd um Valentin schlang. Valentin'S Degen streckte den Frevler, der schon Gabrielen ergriffen hatte, zu Boden, wüthender drang die Schaar auf ihn ein, und ein Säbelhieb über's Haupt warf ihn ohnmächtig nieder.
Als sein Bewußtsein wiederkchrte, sah er sich einsam auf dem blutigen Boden liegen; mühsam richtete er sich empor und wankte an's Fenster. ES war hoher Mittag, Todtenstill herrschte, im Dorf und in stummer Verzweiflung sank er auf einen Stuhl zurück; da sprang eS hastig die Treppe herauf, und mit einem