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dcs Ankaufspreises angeschlagen werde». Nach längerer De­batte wurde Art. 6 des Nachtrags zum größeren Theile nach dem Entwürfe angenommen mit felgenden wesentlichen Ausnah­men: Als Miniinalgeha lt bei Ziff. 1 und 2 wurden 300 fl. genehmigt (bei Ziff. 1 auf Schnitzers Antrag nut 47 gegen 37 Stimmen); der Antrag des Abg. Groß, die Ziffer 6, den Gü­te rgcnuß der Lehrer betreffend, zu streichen, wird mit 52 gegen 32 Stimmen angenommen.

Stuttgart, 10. Mai. Wie wir hören, wird die Kam­mer über die Pfiugstfciertage auf kurze Zeit vertagt oder beur­laubt werden, um'der Fiuanztommisston Zeit zur Beendigung der Vorberalhung des Hauplfiuanzctats zu lassen. Ob die Ei- senbahnangclegen'heit, an die so verschiedene Hoffnungen u»d Befürchtungen sich knüpfen, »och im Laufe dieser Woche zur Berathung kommen wird, wissen wir nicht, zu wünschen wäre cs jedenfalls, daß solche im Interesse des ganzen Landes mög­lichst bald zu einem glücklichen Abschluß gebracht würde. (An- fang Juli soll eine mchrmonatlicke Vertagung durch die Regie­rung eintreten und erst im Herbst werden die eigentliche» legis­latorischen Arbeiten wieder ausgenommen und zu Ende geführt werden. (Ulm. Ztg.)

Stuttgart, 16. Mai. Seit kurzer Zeit ist auf dem hiesigen Bahnhöfe im Wartsaal erster Klasse eine Uhr ausge­stellt, bei welcher eine besondere Vorrichtung auch den Abgang der Züge anzcigt. (T. Ehr.)

Ellwaugen, 16. Mai. Gestern traten rin Knabe und ein Mädchen, je im Alter von 15 Jahren in der hiesigen Pfarr­kirche von der evangelischen zur katholischen Konfession über.

(St.A.)

Bibcrach, 16. Mai. Vor etwa 14 Tagen wurden drei Weibspersonen von HaSlauden, OA. Waldsee, ins hiesige Ober- amtsgerichts-Gefängniß eingeliefert, die ein schauderhaftes Ver­brechen verübt haben. Sie sollen nun vom hiesigen Schwur­gerichte den verdienten Lohn für ihre Thal empfangen. Diese 3 Subjekte sind eine 72 Jahre alte Mutter nebst ihren beiden Töchtern, welche in Gemeinschaft das dreijährige Kind einer dieser Töchter auf die martervollste Weise ums Leben brachten. Wie man erzählt, schütteten die beiden Töchter dem Kinde, einem Mädchen, Vitriolöl ein; als es jedoch nicht augenblick­lich den Geist aufgab, sondern noch unter den qualvollsten Schmerzen fortlebte, nahm es die 72jährige Großmutter, schob es in daö Ofenloch und machte seinem Leben durch Verbrennen ein Ende. >U. S.)

München, 14. Mai. Der köuigl. württemb. Hofsckau- spicler, Hr. Gruuert, ist vom kommende» 1. Oktober an für nufer Hosiheatcr engagirt, und zwar mit einem Jahresgehalte von 4000 fl. eine Summe, wie sie bisher noch kein Mit­glied unseres Schauspiels bezogen hat. (A. Z.)

Wien, 14. Mai. Die Türken sind bei Grahvwo total geschlagen worden. Kadei Pascha ist todt, sämmtliche Kanonen gingen verloren. Klobuck wird belagert. (T. D. d.Fr. I.)

Rom, 5. Mai. In vergangener Woche kamen hier nicht weniger als sechs Mvrdthaten vor, thcils ans Racke, thcils waren die Ermordeten Opfer des besser gerathenen Weins.

Paris, 15. Mai. Im Widerspruch mit einer heute von Wien cingclaufenen telegr. Dcp., wonach die Montenegriner die Türken angriffen und Grahowo verbrannten, sollen cs nach einem hier eingegangencn Telegramm die Türken gewesen sein, welche, 6000 Mann stark, die Montenegriner angriffen. Diese vertheitigten sich tapfer drei Tage und verloren 120 Manu.

(H- T.)

Paris, 16. Mai. In Versailles starb kürzlich eine Person, Namens Gräfin von Solege de Lange, der letzte Spröß- ling einer alt-adeligen Familie. Nach ihrem Tode erkannte man daß sic ein Manu war. Als ehemalige Oberin eines Klo­sters trug sie ein klösterliches Gewand und bezog eine Pension von 6000 Frs. Der Abenteurer, welcher sich der wahrschein­lich als Emigrantin gestorbenen wahre» Gräfin substituirte, spielte seine Rolle mehr als 40 Jahre ohne den geringsten Argwohn zu erregen und stand bei der Aristocratie Versailles in 'hohem Ansehen. (H. T.)

Paris, 17. Mai. Man liest in einer Privat-Corre-

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sponden; der Patrie aus Calcutta, 9. April: In Lncknow befürchtet man eine furchtbare Seuche. Bereits wüthcn unter den Truppen ernste innere Krankheiten und die Tausende von Ochsen-, Kameelen-, Pferde-, Elcphauteu-, Hammel-, Zie­gen-Aase, sowie die Leichen der »»beerdigt gebliebenen Sipa- his verpesten die Luft. Man sagt, daß eine Anzahl der In­wohner dieser unglücklichen Stadt znrnckkehrte, aber alle Dör­fer sind verödet und die Bewohner bekunden die größte Furcht vor den Engländern. Diese ihrerseits sind nicht ganz ohne Unruhe hinsichtlich ihrer Verbündeten der ShikS, welche seit der Einnahme Lncknow'S äußerst anmaßend sind und es laut sagen, daß sie, sic allein, diesen Sieg errangen. ,,Wir waren äußern sie früher Eure Feinde und bekämpften Euch; jetzt sind wir Eure Verbündeten, aber vielleicht nicht für lange." Der Chef dieser Shiks, Jung Bahadoor, verlangte bereits den Lohn seiner Dienste und es ist gar nicht unwahrscheinlich, daß er mehr fordert, als die Engländer bewilligen können und wollen. Der nun hier befindliche Vice-König Ach sieht sehr schmutzig aus; trägt, wie er selbst sagt, sein Gewand schon 10 Jahre. Er raucht stark und ißt viel, namentlich Schweine­fleisch. Für Alles was er sieht, zeigt er eine große Gleichgül­tigkeit. Auf der Reise gab er sich nickt einmal die Mühe, das Kriegsschiff zu besehen, an dessen Bord er sich befand und als eines Abends Schießübungen gehalten wurden und das Schiff unter dem Donner der Kanonen zitterte, lag er zu Bette und stellte sich tief schlafend. Spricht man von der Macht Frank­reichs und Englands, so lackt er verächtlich. (H. T.)

Paris, 18. Mai. Die Pforte hat den Aufforderungen der Mächte nachgegeben und den Befehl ertheilt, die Feind­seligkeiten gegen Montenegro in der Hoffnung eines baldigen Arrangements der Streitfrage vollständig aufzngeben.

<T. D.d.St.A.)

Paris, 19. Mai. Tie Herzogin v. Orleans ist plötzlich ohne TodcSkampf in Rickmond gestorben, sie hatte einen starken An­fall von Grippe. (T. D. d. H. T.)

Berthe! oder die drei Begegnungen.

(Fortsetzung.)

Mehrere Tage waren seitdem verflossen; auf dem lustigen Balkon ihres Hotels finden wir die junge Dame und ihren Ge­mahl wieder und zwar in dem Moment, indem sic mit hciterm Lächeln forschend zu ihm ankblickeud und er sie fragt:Errätbst Du eS noch nickt, Jngeborg?"

Eine kleine Weile darauf unterbricht der junge Mann ihr fröhliches Plaudern.Tic Stunde ist da, Jngeborg," spricht er, sich erhebend,komm, wir dürfen die Zeit nicht versäumen ; sonst entgeht Dir der Genuß, den ich Dir bereitet habe." Wie Du mich neugierig mackst!" lächelte die junge Frau und das glückliche Paar verläßt heiter ihr Gemach. Folgen wir ihm im Geiste nach, >o >ehen wir nustre schöne Jngeborg am Arm ihres Gemahls die Schwelle eines kleinen, unscheinbaren Hanjes betreten, die Lhür öffnet sich und mit einem halbuntcr- drücktcn Schrei der höchsten Uebcrraschung tritt sie einen Schritt zurück. ^Jhr Gemahl lächelt dazu. Der 'Gegenstand dieses freu­digen Schreckens ist der Bewohner dieses Hauses, der dem Fremden die Thür geöffnet hat. Es ist derselbe, den wir im Vati- can vor der Lavkvon'S Gruppe gesehen haben, dieselbe hohe, stolze Gestalt mit den langen, goldgelben Locken und den Hellen, blauen Angen, aber in diesem Augenblick strablen sie Heller vor Ueberrajchung und Freude.Jngeborg?" ruft der junge Man» undBerthe!!" die junge Dame wie aus einem Mund. Hab' ich Wort gehalten, als ich Dir eine frohe Uebcrraschung versprach?" flüsterte ihr Gemahl ihr zu und spricht dann laut: Ich habe daö Vergnügen, Dir hier den jungen, talentvollen Bildhauer Thorwaldsen aus Kopenhagen vorznstellen" und zu diesem gewandt:Meine Fran, die Gräfin Jngeborg L."

Eine halbe Stunde später finden wir unsere 3 Bekannten im bescheidenen Arbeitszimmer des junge» Künstlers wieder. Die erste Ueberrascknng, welche fast lähmend auf die zarte Frau ge­wirkt, ist vorüber; Thorwaldsen hat sie in sein Atelier geführt, sein Allerhciligstes wie er cs nennt. Jngeborg schaut mit gro­ßen, verwunderten Augen die colossalen Modelle an, die Thor-