Tages-Neuigkeiten.

Stuttgart, 18. Febr. Der gestrige Abend wird für immer ins Herz des WürttembergerS gegraben sein, cs war der Lag, wo Se. Majestät der König nach überstaudener schwerer Krankheit zum Ersteiimale wieder öffentlich im Theater erschien und wo ihm der freudigste Empfang, die innigste Huldigung seiner treuen Uuterthancn dargcbrachl wurde. Alle Räume des Hauses waren schon zu früher Stunde dicht gedrängt mit Men­schen, das Parterre durchaus zu Sperrsitzen umgewandclt und unter Anderen für 98 Offiziere der Garnison LudwigSburg Vor­behalten worden, welche sich für einen Extrazug, der am Abend dahin ab.ing, unterzeichnet hatten. Als Se. Majestät erschien, erscholl der tausendstimmige, freudigste und anhaltendste Zuruf, in welchen der Tusch des Orchesters einfiel. Hierauf begann die Ouvertüre und am Schluffe derselben ertönte dasHeil unserem Könige", was aufs Nene endlose Hochrufe zur Folge hatte, wobei sich der König wiederum erhob und tief ergriffen durch wiederholte Verbeugungen, die Hand aufs Herz legend, dankte. Es war ein schöner und erhabener Moment. I. K. H. die Prinzessin Marie eilte sofort in die Königsloge, küßte den­selben und blieb an seiner Seite. Auch der Kronprinz erschien, reichte dem ergriffenen Vater beglückwünschend die Hand und nahm zwischen dem König und der Königin Platz. (H. T.)

Stuttgart, 20. Febr. Der Astronom Keppler hatte bekanntlich mit Nahrungssorgen so fortwährend und so sehr zu kämpfen, daß alle seine Biographen mit ihren Ausdrücken der Wahrheit gegenüber in Verlegenheit kommen. Die Gegenwart wollte seine Verdienste ehren, sie wollte dem großen Manne, dem genialen Geiste eines jener Denkmale setzen, mit denen sie sonst so freigebig ist; nach langem Sammeln kommt endlick das Geld zusammen, allein cs verschwindet wieder in dem Siebe de» Bankier Weiß'schcn Bankerottes! Das Schicksal zeigt oft unerforschliche Wege! ;H. T.)

Koblenz, 15. Febr. Einige hiesige Besitzer von Tanz­lokalen, welche für die beginnende Carncvalözeit die Erlaubniß zu Haltung von Bällen nicht erlangen konnten, haben sich tele­graphisch an Se. K. Hoh. den Prinzen von Preußen gewendet, der ihren Bitten willfahrte. (Fr. Pstz.)

Nach einem Schreiben aus dem südlichen Stcyermark ist in der Gegend von Leibnitz ein Landmann, welcher mit 20 Eimern Wein über das Eis der Mur fahren wollte, mitten im Flusse mit Roß und Wagen unter dem cinbrcchendcn Eise ver­schwunden.

Wien, 16. Febr. Die wenigen Gäste aus dem Publi­kum, welche Gelegenheit hatten, dem am 13. d. M. im k. k. Jrrenhause veranstalteten Balle beizuwohncn, können den hei­tern, ungezwungenen Geist, welcher in der Gesellschaft der Ir­ren herrschte, nicht genug rühmen. In den Ruhestunden fand ein Konzert statt, wobei nur Pfleglinge der Anstalt mitwirkten. Auch Staudigl sang in einem Quartett. (St.A.)

In dem Sarrcter Bezirk (Ungarn) haben die Wölfe so überhand genommen, daß sie bei Hellem Tage in die Schäfe­reien eindringcn und vor den Augen der Hirten und Hunde Häminel davon schleppen. Im Esztarer Wald hatten sie sogar einen Zigeuner aufgefrcssen. (W. L. C.)

Nach verlässigen Korrespondenzen ist das Elend in Nea­pel viel größer, als man bis jetzt geglaubt hat. 120,000 Menschen sind obdachlos und verhungern oder erfrieren bei der ungewohnten Kälte schaarenwcise.

London, 17. Febr. In der verflossenen Nachtsitznng des Unterhauses stellte Hr. Griflitli die Frage an den Premier­minister: ob die Regierung Großbritanniens den Kaiser Napo­leon III. auffordcrn werde, die Enschuldigungsdepesche (welche Graf Walewsky wegen der imMoniteur" erlassenen, die eng­lische Nation sehr verletzenden Militäradressen an den französi­schen Gesandten zu London, Grafen Perstgny, erlassen hatte) auch in, franz.Moniteur" abdrucken zu lassen? Lord Palmer- ston verneinte diese Frage und warnte zugleich das Parlament vor einem Bruche der zwischen England und Frankreich beste­henden Alliance, der leicht eintreten könne, wenn fortwährend Napoleon beleidigt würde. (Beifall.) (T. D. d. Fr. I.)

In Mexiko ist ein Bürgerkrieg ausgcbrochen. Santa Anna hat mit seinen Anhängern die Hauptstadt belagert und genommen. Auch außerdem sollen einige blutige Kämpfe statt- gchabt haben.

New York, 18. Jan. In den amerikanischen Zeitungen emvfehlen sich ländlich sittlich nicht blos Aerzte und Ad­vokaten, sondern auch Prediger dem geehrten Publikum. In der hiesigen Staatszeiknug las ich kürzlich unter den Inseraten auch 3 von deutschen Geistlichen, die sich um die Wette ,,z« gesetzlichen Trauungen, Taufhandinngen und ähnlichen Akten" empfahlen. (U. S.)

Der Eintaezsfnrst.

(Fortsetzung.)

2 .

Am andern Morgen begaben sich Herzogin und Herzog in schlichten Kleidern nach dem prächtigen Saale, wo Willem umgaukelt von den tollsten Traumbildern und Weindämonen, noch der Ruhe pflegte, und mischten sich unter die daselbst ver­sammelte Menge Höflinge. Willem schnarchte noch vernehm­lich genug, und der Herzog gab den Befehl, ihn zu wecken.

Der Hausmarschall des Herzogs trat in Gallakleidern an das Lager des Schlummernden, schüttelte ihn am Arme, und sprach im Tone demnthsvoller Ergebenheit: Monseigneur, die Zeit ist gekommen, wo Eure Hoheit gewöhnlich anfzustehen belieben! Des Herzogs Befebl nämlich lantete dahin, den Schuhflicker von seinem Erwachen an als Prinzen zu behandeln.

Da aber der Schuhflicker keine Antwort gab, erlaubte sich einer der muthwilligeu Pagen, den Siebenschläfer recht empfindlich in das Dickbciu zu kneipen, daß er plötzlich empor- fuhr, die Augen rieb, um die Sinne zu sammeln, und danu mit weitgähnendem Munde und glotzenden Augen seine Umge­bung maß; seine Bestürzung war natürlich nicht klein, und Alles war ihm so fremd und unerklärlich, daß er ohne Zwei­fel in einem recht süße» und verlockenden Traume sich befangen wähnte, und mit erheitertem Gesichte sich wieder auf ein Ohr legen wollte.

Monseigneur," fnbr der Hausmarschall aber nach einer Weile wieder fort, indem er ihn von Neuem und lebhafter schüttelte,Monseigneur, beliebt cs vielleicht Eurer Hoheit, sich zu erheben.

Monseigneur . . . . " wiederholte der Schuhflicker, be­stürzt emporfahrend,Monseigneur.was zum Henker!

ist denn ein Fürst da?" Und mit erneutem Staunen blickte er um sich, dem ungewohnten Schauspiele seine ganze Aufmerk­samkeit zu schenken.Hm!" murmelte er in den Bart,wenn da§ Alles auch nur ein Traum ist, so ist cs jedenfalls ein sehr angenehmer!" und seine Augen von Neuem reibend, setzte er sich auf dem Bette zurecht.

Belieben Eure Hoheit Toilette zu machen?" fragte der Hausmarschall unterwürfig,oder soll ich vielleicht das Früh­stück hcranfbriugen lassen . . . .?"

Ei, bester Freund!" sagte der neugebackene Fürst, könnt' Ihr mir vielleicht sagen, wo ich bin, und was all' der ver­trackte Schnickschnack da bedeutet?"

O Monseigneur!" gab der Marschall zur Antwort, wie sollten Eure Hoheit nicht eben so gut wissen, daß Sic Herzog Philipp von Burgund sind!"

Wa was? Herzog von Burgund?!" rief der Schuh­flicker in freudigem Schreck aus,das wäre!" Und sein Blick fiel von Neuem auf die kostbaren Stoffe des Bettes, auf die Stickereien der Gardinen und die goldenen Fransen der Kissen. Erschrocken betastete er sein feines Hemd, die seidene Mütze, die sein schmutziges Haar umschloß und die duftende Salbe an seinen Händen. Das war nicht seine finstere, dunkle, unheim­liche Höhle, worin er mit seiner Mutter schlief, nicht das schwarzgeräuchte Eichengetäscr mit dem plumpen Sims, darauf das spärliche Zinngeschirr erglänzte, nicht seine Leisten und Le­berflecke an der niederen Wand, llicht der unförmliche, qual­mende Kamin Alles war ihm neu, prunkend, feenartig. Hört, lieber Herr!" sagte er,wenn ich der Herzog von Burgund bin, so sagt mir doch auch, wer denn eigentlich Ihr