seid, und warum Ihr Euch so viele Mühe um mich gebt?"
„Monseigneur geruhen zu spassen," eutgcguete der geschmeidige Alte', „Em. Hoheit wissen so gut als ich, dag ich die Ehre habe, Monseigneurs Hausmarschall zu sein; wollten sich Ew. Hoheit doch erinnern, daß hier der ganze Hofstaat, Kanzellar und Großjägermeister, Schatzmeister und Reichspan,>er, Mundschenken und Truchsessen. Stallmeister und Räthe, Pagen und Falkoniere anwesend sind, und sehnlichst nach Ewr. Hoheit Befinden sich erkundigen."
Des Altflickers Blicke durchliefen stierend den Haufen der sich verbeugenden Schranze» l» ihren festlich reiche» Gewändern und reichem Schmuck, und mit einem Seufzer sprach er: Ich glaubte wahrhaftig, daß ich träume, wenn nicht hier so viele bekannte Gesichter unter den schönen Herren wären."
„Eure Hoheit muffen einen böse» Traum gehabt haben," sagte der Marjchall; „soll ich vielleicht Monseigneurs Traumdeuter und Leibarzt herbciholcn lassen?"
„Behüte Gott, lieber Mann!" entgegnete Willem, „wenn ich denn nun einmal Herzog von Burgund sein muß, so heiße Er doch wenigstens einmal die vielen Leute da hinausgehcn, besonders die Weibsleute, damit ich mich ein Bischen in die Kleider werfen kann!"
Ein Wink entfernte die glänzende Versammlung, die sich vor Vergnügen kaum mehr zu fasse» wußte! Man brachte reiche Kleiber herbei und ließ den Schuhflicker wählen, allein er begnügte sich, da er diese Sachen nicht zu nennen wußte, sie mit dem Finger zu bezeichnen, und ließ sich willenlos ankleideu. Ein Leibdiener beschäftigte sich, das krause, schmutzige Haar in zierliche Ringeln zu legen, und ein Anderer schor indessen dem neuen Herzog den Bart.
„Wollen Monseigneur nur gnädigst gestatten," fragte der Marschall nach einer Weile, „daß ich Euer königliches Gemahl herein führe?"
„Mein Gemahl? seid Jhr-nicht bei Tröste, lieber Mann," fragte Willem, „meine Mutter, wollt Ihr wahrscheinlich sagen, — Nein! Nein! Die laßt nur immer draußen, die würde in ihrer schmutzigen Friesjacke schlecht hieher passen."
„Monseigneur sind heute ungemein aufgeräumt," lächelte der Hofschranz, „ich erlaube mir aber nochmals anzufragen, ob Ihre königl. Hoheit die Herzogin Jsabclla, Eure erlauchte Gemahlin, vorgelassen wird?"
„Hm, ja! meinetwegen!" versetzte Willem, neugierig zu sehen, wer denn wohl diese Frau sei. Aus einen Wink des Marschalls flogen die Flügelthüren auf, und eine schöne, liebreizende, junge Frau — eine der Gürtelmägde der Herzogin, im zierlichsten Morgcnkleide, rauschte herein.
„Guten Morgen, theurer Gemahl!" rief sie ihm entgegen und bot ihm die feine, weiche Hand. Euer Liebdcn haben heute lange geschlafen! Ich hoffe doch, daß Dero Gesundheitszustand sich einigermaßen gebessert hat?"
„Hm, ja! o ja, ich danke!" stotterte Willem, der vor lauter Entzücken und Wonne bereits zu schwindeln begann. Dieses reizende, licbenswerthc Mädchen da sollte seine ehelcib- liche Frau sein, das war mehr, als er je geträumt hatte; die schönsten Mädchen im Haag waren noch lauge nicht werth, dieser da die Schuhricmcn aufzulösen. „Also ihr sollt mein Gemahl sein?!" rief er aus, „nun, bei Gott! ich habe stets mich für einen Junggesellen gehalten, aber ich finde, daß der Tausch nicht so übel ist."
„Monseigneur!" rief die schöne Frau erröthend, „wozu diese Grillen, die Wir schon oft bekämpft haben? Wissen Sie wohl auch, wie tief Sie Uns dadurch beleidigen? — Sie sind der Graf von Holland und Herzog von Burgund, und ich," lispelte sie mit holdem Erglühen, „ich bin Euer Liebdeu getreues Gemahl!" Dabei ergriff sic seine Hand und drückte sie zärtlich an ihre Brust.
Allerlei.
Mannheim. Die Flößerei ergab folgende Resultate: Angebracht wurden an Stamm-, Säge- und sonstigen harten und weichem Holze: in 1916 Flößen vom Neckar 3,654,034 Ctr. In 507 Flößen vom Obcrrhein und vom Land 772,106
Ctr. Davon blieben hier 722,810 Ctr. Gingen in 772 Flößen rheinabwärts 3,703,330 Ctr. Im Ganzen kamen an 4,426.140 Ctr. gegen 4.135.689 Ctr. in 1856; blieben hier 722,811 Ctr. gegen 43,486 Ctr. in 1856; gingen ab 3,703,330 Ctr. gegen 4,092,203 Ctr. in 1856. (H. T.)
Auf der Berliner Sternwarte ist am 11. Januar ein Komet entdeckt worden, der bis zu Anfang März sichtbar bleibt. Es ist derselbe, welchen der Astronome Marine in Paris 1790 auffaud. Er steht gegenwärtig am Bande des Sternbildes der Fische und wird im Laufe dieser Woche das Sternbild deS Wallfisches durchlaufe». Seine Entfernung von der Erde beträgt 17 Millionen und die von der Sonne 22'/s Millionen Meile».
— Ein ^interessantes Experiment wurde dieser Tage in der Hof- und StaatSdruckerei in Wien gemacht, welches, wenn der erste glückliche Versuch einen Schluß auf die weiteren Er- gebüiste gestattet, einen völligen Umschwung im Bereiche der Illustrationen verspricht. Ein hiesiger Lithograph, Berndt, hat nämlich die Erfindung gemacht, mit einer Tinte, deren Erzeugung eben sein Gcheimniß ist, dergestalt auf Stein zu zeichnen, daß unmittelbar von diesem ohne Weiteres Schristabzüge gemacht werden können. Mit dieser Tinte macht er die Zeichnung auf den «lein und nachdem er denselben mit einer gewissen Flüssigkeit geätzt, erscheint die Zeichnung sofort erhaben und können davon unmittelbar die Abzüge genommen werden. In dieser Weise ist es möglich, eine Zeichnung vom ersten Fedcr- zug bis zum Druck in wenigen Stunden fertig zu machen, während dieß bisher eine langwierige Arbeit von Tagen und über« dieß von mehreren Menschen war.
— Vor ungesäbr 14 Tagen ereignete sich ein merkwürdiger Vorfall in der Pariser Charito. Ein junger Arzt soll einen Leichnam seciren, um zu untersuchen, welche Krankheit den Tod verursacht habe. Beim ersten Schnitte erhob sich der Leichnam. Der Kranke war nur scheintodt gewesen und befindet sich auf dem Wege der Besserung.
— Wir machen die geneigten Leser darauf aufmerksam, daß am 15 März eine große So »neu finsterniß zu sehen ist. Bald nach 1 Uhr Mittags wird der Anfang sein und das Ende kurz »ach 3 Uhr.
— Wie geschwind jetzt die Nachrichten durch den Telegraphen verbreitet werden können, beweist die Rede, welche Napoleon bei Eröffnung des gesetzgebenden Körpers hielt. Am 18. Januar wurde sie in Paris gehalten und durch den Telegraphen nach Algier übermittelt, am 19. daselbst gedruckt und angeschlagen. Als Sebastopol belagert wurde, gelangte eine Nachricht vom französischen Lager in 13 Stunden nach Paris und doch beträgt die Entfernung 900 Stunden. Jü London erhält man Nachrichten aus Indien in 25 Tagen und doch beträgt die Entfernung 5000 Stunden. Ein Dampfer geht von Calcutta bis Suez in 24 Tagen. Von da geht er nach Alexandrien, Malta, Sardinien, Algier, Marseille durch unterseeische Telegraphen, von Marseille nach Calais durch den elektrischen Draht, von Calais nach Dover durch den unterseeischen Telegraph und von Dover nach London durch den elektrischen Draht. Das Alles geschieht von Suez aus in wenigen Stunden.
— „Liebe Frau, ich soll bei der Maskerade den Dummen spielen." Das thu' ja nicht, war die Antwort, denn da werden dich gleich alle Leute erkennen, wenn du aber den Geschcidten spielst, erkennt dich Niemand.
— Auf einem Maskenball in Wien nahete sich Apollo dreien Wiener Schönen, die Arm in Arm im Saale auf« und abgingen, mit der Frage: Darf sich Apollo an die Grazien anschließend Es erfolgte die Annvort: Es kann wohl sein, daß der Herr a Pol is, aber wir find keine Grazerinncn.
— Ein Schweizer Blatt thcilt folgenden seltsamen Todten- schauschein mit: „Tvdtenzettcl des hiesigen Grundbesitzers N- N. ist am 15. Jan. zufolge ärztlicher Behandlung an Gehirnentzündung gestorben und kann zur Erde bestattet werden." .
— Bei einem Schuleramen wurde ein Knabe über die Wirkung der Kälte und Hitze befragt. „Die Kälte zieht zusammen, und die Hitze dehnt aus," erwiderte er, wie eS ihm gelehrt war, und fügte aus eigener Veranlassung hinzu: „Darum sind auch im Winter die Tage kurz und im Sommer lang."
Truck und Verlag der G. W, Za iser'schen Buchhandlung. Redaktion: 4 Slzl-.