bildende Proben hinter sich zu lassen. Der Fürst bewil­ligte dem Pachter mit seiner gewöhnlichen Gefälligkeit Au­dienz, und nachdem er die Klage vernommen, fragte er ihn: ob er die Strafe kenne, zu welcher die von ihm Ver­klagten unwiderruflich verdammt werden mußten ?Ich weiß cs," erwiederte der in Wuth kochende Pachter;aber sic haben es verdient!"Bedenken Sie sich noch," fügte der Fürst hinzu,und kommen Sie morgen früh wieder. Bestehen Sie darauf, so soll Gericht gehalten werden, wonach das Todesurtheil erfolgt, das versteht sich von selbst."

Mein Entschluß bleibt fest, dachte der Pachter beim Nachhausegchen; was soll ich diese Plünderer noch scho­nen? Ist es übrigens meine Schuld, daß ihre eigenen Gesetze sie zum Tode verurthcilen? Mir wäre ihre Ge- fängnißstrafe genug gewesen!

Am andern Morgen reicht der Fürst dem unbeugsa­men Pachter die Hand entgegen und sagt:Nun was ha­ben Sie beschlossen?"

Daß ich nicht darauf verzichte, die Diebe vor das Kriegsgericht zu bringen!" erwiederte der harte Kläger.

Sind Sie vielleicht auch Soldat gewesen?" fragte der Fürst weiter.

In meinem Alter ist Jeder schon Soldat gewesen."

Der Fürst sann nach. Dann hob er wieder an: Die drei Deutschen sind mir bereits ausgcliefert; bevor ich jedoch morgen den Kriegsrath versammle, lade ich Sie ein, um 10 Uhr früh zu mir aufs Schloß zu kommen.

Der Pachter fand sich pünktlich ein, nichts hatte aber bis jetzt seinen Rachedurst erschüttert. In seiner alten Soldcnnatur vereinte er den Groll des geplünderten Land- maunes mit dem stillen Haß des besiegten Soldaten und zwischen diesen beiden Leidenschaften waren Vernunft und Mitleid in die Enge getrieben.

Hier sind die drei Soldaten, gegen die sie als Klä­ger austreten; es sind drei Sachsen, und zwar Bruder!" sagte der Fürst zum Pachter.

Es thut mir leid, daß es drei Brüder sind. Es ist freilich hart, dreiBrüder süsiliren zu lassen, aber das ist ihre Schuld."

Ehe wir sie vor Gericht schicken," fiel der Fürst ein, sollen Sie und die Delinquenten bei mir essen. Wir wollen alle Fünf erst ein Frühstück kittnehmen. Setzen Wir uns."

Als die sonderbaren und Anfangs in ihrer Stellung sehr verlegene Gäste einige Gläser Wein getrunken, und die Diener immer frisch cinschenkten, gewöhnten sic sich allmählig an ihre wunderliche Lage.

Wo haben Sie den Krieg mikgcmacht?" fragte der Fürst den Pachter in scheinbarer Unbefangenheit.

In Italien und Deutschland, mein Fürst!"

Die Sachsen, der französischen Sprache vollkommen mächtig, horchten mit gespannter Aufmerksamkeit dem nun beginnenden Gespräch.

Sind Sie bei der Einnahme in irgend einer Stadt gewesen?"

Gewißlich!"

Auch bei andern Ueberfällen?"

Ja, mein Prinz! Es ging heiß her. Wir störten den Feind hinter einer Pachtcrwohnung auf, legten diese in Asche, dann kam Alles an uns."

Auf Ihre Gesundheit!" sagte der Fürst, ihm selbst ein Glas Wein eiuschenkcnd.Erzählen Sie weiter." Die drei Soldaten athmcten kaum.

Sapperment! Wir machten es, wie man es mit einem eroberten Lande zu. machen pflegt; wir aßen, tran­ken und quartirtcn uns bei den Bürgernein. Ich gericth zu einem Prediger, und während der zwei bei ihm zuge­brachten Monate, kann ich behaupten, daß die Hühner den Bratspieß nicht verließen."

Auf Ihre Gesundheit, Herr Pachter!" der Fürst schenkte ihm ein.

War sein Wein gut, so waren seine Hühner fett; ich trank seine letzte Flasche."

OhneZweifel hat er sie Ihnen sehr freundschaft­lich aufgedrungen?"

Ei bewahre! Der alte Geizhals! Aber ich hätte Den doch sehen mögen, der mich hätte verhindern wollen, den Keller zu zapfen!

Wenn er Ihnen aber die Schlüssel versagt hätte?"

Dann wäre ich zur Thür Ungebrochen."

Auf Ihre Gesundheit Herr Pachter!" der Fürst § schenkte ein.Also Sie würden die Thür erbrochen ha­ben? Aber der Kricgsrath ?"

Bah! Ein Kriegsrath in einem eroberten Lande! Nun ja! Zum Nachtrab des Regiments wäre ich allerdings verdammt worden."

Feder und Papier!" rief der Fürst seinem Bedien­ten zu. Er schrieb und las dem Pachter dann nachste­hende Zeilen vor:

Ich, Pachter zu Choisy-sous-Etiolcs, ein alter Sol- dat, der den Krieg in Italien und Deutschland mit- gemacht und zuweilen aus eigenem Antrieb und gegen den Willen meines Wirths dessen Wein getrunken, aber niemals dafür eine Strafe erlitten, ich willige nichts desto weniger ein, daß gegenwärtige drei sächsi­sche Soldaten, zur Strafe, meinen Weinkeller geplün­dert zu haben, ohne Gnade zum Tode verur- theilt werden."

Unterzeichnen Sie, Herr Pachter!

.Der Pachter nahm aber nicht die Feder, sondern Stock und Hut und suchte schleunigst die Thür zu gewinnen.

Nein! so sollen Sic doch nicht fort!" rief der Fürst ihm lachend nach.Berechnen Sie Ihren Ver­lust und wir werden Beide einig. Thun Sie, als hätte ich Ihnen den Wein abgekauft."

Geht!", sagte hierauf der Fürst zu den vor Freude und Rührung bestürzten Sachsen:Ich verdamme Euch unwiderruflich zu dreimonatlichem Wassertrinken!"