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Die neue Notverordnung „Zum Schutze des deutschen Volkes"
Dt« vom 4. Februar datierte, auf Grund des Artikels 48 Absatz 2 -er Reichsverfassung erlassene Verordnung des Reichspräsidenten »Zum Schutze des deutschen Volkes" beschäftigt sich in
Abschnitt 1
mit Versammlungen und Aufzügen. Oefsentliche politische Versammlungen sowie all« Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel sind spätestens 48 Stunden vorher unter Angabe des Ortes, der Zeit und des Berhanb- lnugsgegenstandes der Ortspoltzeibehörde anzumelden. Sie können im Einzelfall verboten werden, wenn nach den Umständen eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu besorgen ist. Statt des Verbots kann eine Genehmigung unter Auflagen ausgesprochen werden. Zuständig sind, soweit die obersten Landeöbehörben nicht anderes bestimmen, die Ortspoltzeibehörde n. Ausgenommen sind Verunstaltungen nichtpolitischer Art. Ein Verbot kann nach den Bestimmungen des Landesrechts angesochten werden. Die Beschwerde hat keine ausschiebende'W/rtung.
Oefsentliche politische Versammlungen sowie Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel können aufgelöst werden, wenn in ihnen -um Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgültige Verordnungen, oder di« innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen der verfas- sungsmäßigen Regierung oder der Behörden aufgefordert oder angeretzt wird, oder wenn in ihnen Organe, Einrichtungen, Behörden oder leitende Beamte des Staates beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werben, oder wenn in ihnen eine Religionsgesellschaft des öffentlichen Rechts ihre Einrichtungen, Gebräuche oder Gegenständ« ihrer religiösen Verehrung beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden, oder wenn in ihnen zu einer Gewalttat gegen eine bestimmte Person oder allgemein zu Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen aufgefordert ober angeretzt wird, wenn sie nicht angemeldet ober wenn sie verboten sind, oder wenn von den Angaben der Anmeldung absichtlich ab- gewtchen oder wenn einer Auflage zuwidergehandelt wird.
Die Polizeibehörde ist befugt, tn jede öffentliche Versammlung Beauftragte zu entsenden.
Der Reichsmtntster des Innern kann allgemein oder mit Einschränkungen für das ganze Reichsgebiet ober einzelne Teile Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge sowie das Tragen einheitlicher Kleidung, die di« Zugehörigkeit zu einer politischen Bereinigung kennzeichnet, verbieten und für Zuwiderhandlungen Gefängnisstrafen oder Geldstrafen allein oder nebeneinander androhen.
Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge dürfen von den Lairdesbehörden wegen unmitt«lbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verboten werden,- allgemein nur für bestimmt abgcgrenzte Ortsteil«, im übrigen nur im Einzelfalle. Wcitergehende allgemeine Verbote treten außer Kraft.
Abschnitt 2
befaßt sich mit Druckschriften. Druckschriften, deren Inhalt geeignet ist, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu gefährden, können polizeilich beschlagnahmt und eingezogen werden. Zuständig sind, soweit di« obersten Landesbe- hörden nicht anderes bestimmen, die Ortspoltzeibehörde». Periodische Druckschriften können verboten werden, wenn durch ihren Inhalt di« Strafbarkett eine der tn den Paragraphen 81 bis 8S, S2, Nr. 1 des Strafgesetzbuches oder den Paragraphen 1 bis 4 des Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheimnisse bezeichnet«« Handlungen begründet wird; wenn tn ihnen zum Ungehorsam gegen Gesetz« ober rechtsgültige Verordnungen ausgefordert oder angereizt wird; wenn tn ihnen zu Gewalttätigkeiten aufgefordert wird, oder begangene Gewalttätigkeiten verherrlicht werden; wenn tn ihnen zu einem General st reik ober zu einem Streik in einem lebenswichtigen Betrieb aufgefordert oder angereizt wird,- wenn in ihnen Organe, Einrtchtnngen, Behörden oder leitende Beamte des Staates beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden,- wenn in ihnen eine Religionsgesell- fchaft oder deren Einrichtungen und Gebräuche beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden; wenn in ihnen offensichtlich unrichtige Nachrichten enthalten sind, deren Verbreitung geeignet ist, lebenswichtige Interessen des Staates zu gefährden; wenn als verantwortlicher Schriftleiter jemand bestellt oder genannt ist, der nicht oder nur mit besonderer Zustimmung oder Genehmigung strafrechtlich verfolgt werben kann.
Die Dauer des Verbots darf bei Tageszeitungen Vier Wochen, in anderen Fällen sechs Monate nicht überschreiten. Diese Beschränkung Mlt fort, wenn eine periodische Druckschrift, die auf Grund dieser Verordnung bereits zweimal verboten war, innerhalb dreier Monate nach dem ersten Verbot erneut verbot«» wird; tn diesem Falle darf die Dauer beS Verbots bet Tageszeitungen sechs Monate, in anderen Fällen ein Jahr nicht überschreiten. Das Verbot umfaßt auch die tn demselben Verlag erscheinenden Kopfblätter der Zeitung, sowie jede angeblich neue Druckschrift, die als ihr Ersatz anzusehen ist. Zuständig für bas Verbot sind die obersten Landesbehörben oder die von ihnen bestimmten Stellen. Gegen bas Verbot ist binnen zwei Wochen die Beschwerde an einen vom Präsidium zu bestimmenden Senat des Reichsgerichts gegeben. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Der Reichsminister des Innern kann die oberste Lanbesbohörde um das Verbot einer periodischen Druckschrift ersuchen.
Ist in einer periodischen Druckschrift, die nicht im Inland erscheint, eine Veröffentlichung der oben bezeichneten Art enthalten, so kann der Reichsminister des Innern ihre Verbreitung im Inland bis zur Dauer von 6 Monaten verbieten. Gegen bas Verbot ist kein Rechtsmittel zulässig.
AbschnittS
behandelt Sammlungen zu politischen Zwecken. Die obersten Landesbehörben ober die von ihnen bestimmten Stellen können verbieten, daß Geld- oder Sachspenden zu po
litischen Zwecken oder zur Verwendung politischer Organisationen von Haus zu Haus, auf Straßen oder Plätzen, tn Gastoder Vergnügungsstätten oder an anderen öffentlichen Orten eingesammelt werden; das Verbot kann auf einzelne Sammlungen oder die Sammlungen bestimmter Bereinigungen beschränkt werden. Sammlungen, die tn Versammlungen oder tm Zusammenhang mit ihnen am Versammlungsort stattfin- ben, sowie Sammlungen von Haus zu Haus, die sich auf Mitglieder der sammelnden Organisationen beschränken, sind zulässig.
Abschnitt 4
enthält Strafbestimmungen. Wer öffentlich zu einer Gewalttat gegen eine bestimmte Person, oder allgemein zu Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen auffvrbert, ober anreizt, wird, sofern nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe bedroht ist, mit Gefäng - n t S nicht unter drei Monaten bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist auf Gefängnis nicht unter einem Monat zu erkennen. Mit Gefängnis, neben dem auch auf Geldstrafe erkannt werden kann, wird bestraft, wer ohne die erforderliche Anmeldung ober unter falschen Angaben eine Versammlung oder einen Aufzug veranstaltet, oder leitet, oder dabei als Redner auftritt und den Raum zur Verfügung stellt. Mit Geldstrafe bis zu 160 Reichsmark wird bestraft, wer an nicht angemeldeten, oder verbotenen Versammlungen oder Aufzügen teilnimmt, wer als Veranstalter oder Leiter den Beauftragten der Polizeibehörde einen angemessenen Platz verweigert, wer nach Auflösung der Versammlung sich nicht sofort entfernt.
Wer eine verbotene periodische Druckschrift herausgibt, verlegt, druckt, oder verbreitet, wird mit Gefängnis nicht un-
Das neuepreußische Dreimänner-Kollegium
Der Reichspräsident hat eine Verordnung erlassen, bi« u. a. dein Reichskommissar für Preußen, v. Papen, Sitz und Stimme im sogenannten Dreimännerkollegium zumeist, an Stelle des Vorsitzenden der abgesetzten Hoheitsregierung, Otto Braun. Dem Dreimännerkollegium gehören bann noch der Präsident des preußischen Landtages Kerrl unser Vorsitzende des preußischen Staatsrates, der Kölner Oberbürgermeister Dr. Adenauer an. In dieser Zusammensetzung hat das Dreimännerkollcgium die Auflösung des preußische» Landtages beschlossen, der nunmehr zugleich mit dem Reichstage neu gewählt wird.
Reichstomnusjar v. ^ » p c u Laudragopräsident Kerrl.
KM
LtaaLsrirtsvorsitzender Dr. Adenauer.
Reichsinuenminister Frick übernimmt sein Amt
— Berlin, 7. Febr. Bet Uebernahme der Amtsgeschäfte im Reichsinnenministertum führte Minister Frick in einer Ansprache an die Beamtenschaft aus, die Aufgabe, die ihm als Reichsinnenminister gestellt sei, bestehe zunächst darin, die Grundlage für den neuen Aufbau des Reiches zu schaffen. Es müsse ein« seelische und willensmäßtge Erneuerung des deutschen Volkes Platz greifen. Es gelte jetzt der großen deutschen Freiheitsbewegung, die in ihrem Siegeslauf bereits größte und wertvollste Volksteile ergriffen habe, auch von dieser Stell« aus jede amtliche Förderung zuteil werden zu lassen, um bas deutsche Volk wieder besseren Zeiten eutgegeufllhren zu können.
Bayern und das Reich
Empfang Schaffers durch Pape«
TU. Berlin, 7. Febr. Der Vizekanzler empfing den bayerischen Staatsrat Schäffer, der ihm zugleich ein Schreiben des bayerischen Ministerpräsidenten übermittelte. Im Verlaufe der Aussprache erklärte der Vizekanzler, daß sein wiederholt abgelegtes Bekenntnis zu der föderalistischen Grundlage des Reichs unter Wahrung der Eigenrechte der Länder gerade den bayerischen Herren bekannt sei. In dieser seiner Auffassung sei kein Wandel eingetrete« und ihm
ter drei Monaten bestraft, neben dem auf Geldstrafe erkannt werden kann. Ebenso wird bestraft, wer im Inland eine verbotene periodische Druckschrift verbreitet. Wer vorsätzlich oder fahrlässig Druckschriften politischen Inhalts herstellt, verbreitet oder zum Zivecke der Verbreitung vorrätig hält, auf denen die vorgeschriebenen Angaben über Drucker, Ber^ leger, Verfasser, Herausgeber oder verantwortlicher Redak- teu nicht enthalten, oder unrichtig, unvollständig, vder unleserlich sind, wird, soweit die Tat nicht mit einer schwereren Straf« bedroht ist, mit Gefängnis bis zu einem Jahr be- straft, wenn durch die Schrift das Verbrechen des Hochverrats oder ein Vergehen gegen die Vorschriften über verbotene Vereine, oder über verbotene Druckschriften, odiir eine sonst strafbare Aufforderung oder Anreizung begründet wird.
Wer von dem Vorhandensein eines Vorrats von Truck- schriften, deren Inhalt den Tatbestand einer der oben bezeichneten strafbaren Hairdlungen begründet, zu einem -Zeitpunkt glaubhaft« Kenntnis erhält, zu dem das Vorhanden- sein der Behörde noch nicht bekannt ist, ist verpflichtet, nn- verzüglich der Polizeibehörde Anzeige zu erstatten. Wer es unterläßt, die Anzeige oder di« Ablieferung von in seinen Besitz gelangten Druckschriften rechtzeitig zu bewirken, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.
Wer in dem dringenden Verdacht einer nach dem Gesetz« gegen den Verrat militärischer Geheimnisse strafbaren Hand- lung oder eines Verbrechens oder Vergehens steht, bas mit- tels einer Waffe begangen ist ober dessen Strafbarkeit durch unbefugtes Führen einer Waffe oder unbefugtes Erscheinen mit einer Waffe begründet wird, kann im Interesse der öffentlichen Sicherheft in polizeiliche Haft genommen werden. Räumlichkeiten, in denen eine verbotene Tätigkeit aus- geübt wirb, können polizeilich geschlossen werden. Hanse// es sich um eine Gast- oder Schankwirtschaft, so kann die Erlaubnis zum Betriebe von der Ortspolizeibehörde bis zur Dauer von einem Jahr entzogen werden.
sei nicht bekannt, daß irgendein Anlaß vorlicge, der die Befürchtungen der bayerischen Staatsregterung gegenüber der neuernannten Neichsregierung rechtfertigen könnte. — Zu dieser Mitteilung erklärt die Reichstagskorrespondenz der BVP., Staatsrat Schäffer habe seinerzeit ausdrücklich erklärt, baß vom Standpunkt der Länder wie vom Rechts- stanbpunkt aus die Darlegungen des Vizekanzlers vollkom men unbefriedigend seien.
Eine Bankengruppe für Arbeitsbeschaffung
In -er Rcichsbank fand auf Einladung der Deutschen Bank und Disconto-Gesellschaft und der Reichs-Kredit-Ge- sellschaft A.-G. eine Sitzung der Banken und Bankiers statt» die zur Teilnahme an der Finanzierung von 26V Millionen Mark Arbeitsbeschaffungskrediten aufgefordert worden waren. Diese 250 Millionen Mark stellen den größten Teil des über die Deutsche Gesellschaft für öffentliche Ar- beiten A.-G. zu finanzierenden Anteils an dem der Oeffcnt« ltchkeit bekannten, mit der Reichsbank vereinbarten Arbeit«, beschaffungsprogramm von 600 Millionen Mark dar. Die Finanzierung des Restes ist bereits gesichert.
In der Sitzung schilderte der Neichsbevollmächtigte für Arbeitsbeschaffung, Dr. Gereke, wie die Arbeitsbeschaffung verteilt werden soll. Sie soll i n enger Fühlung- nähme milder Privat Wirtschaft durchgeführt wer- den. Reichsbankpräsident Dr. Luther erklärte, daß die Reichsbank bereit sei, die im Zuge dieses Kredits ausgestellten Wechsel sowohl von Mitgliedern der Bankengruppe als auch von dritter Seite ohne Anrechnung auf die sonst zur Verfügung stehenden Nediskontmöglichkeiten hereinzunehmen. Die anrvesenden Vertreter der Banken und Bankiers erklärten sich bereit, durch Uebernahme entsprechender Anteile die Bildung der Bankengruppe zu ermöglichen.
Kurznachrichten aus aller Welt
Durch eine gewaltige Felslawin«, die bei Brunnen am Vierwaldstäbter See (Schweiz) niederging, wurde die Gott» hardbahnlinie und die Axenstraße beim Ausgang des zweiten Tunnels verschüttet, so daß der gesamte Eisenbahn- und Kraftwagenverkehr südlich Brunnen unterbrochen ist^ Der Reiseverkehr von und zum Gotthard wird zunächst notdürftig durch die Schiffe zwischen Brunnen und Flüelen aufrechterhalten. — Infolge des durch das plötzliche Tauwetter auf der Donau entstandenen Eisganges ist eine große Pontonbrücke, die seit etwa 5V Jahren den gesamten Fußgänger- und Fährverkehr von Melk nach dem nördlichen Tonau- ufer vermittelte, eingestürzt. Eine Pionierabteilung ist mit Einrichtung eines Notverkehrs beschäftigt. — Der erste Wolkenkratzer in England wird in Blackpool erbaut werden. Es handelt sich um ein Riesenhotel nach amerikanischem Muster, das bei einer Höhe von 18S Metern 8« Stockwerke haben wird. Die Baukosten werden auf rund 12 Millionen Mark veranschlagt. — Der Ausschuß, der bas Brandnngliick aus dem französischen Ozeandampfer „Atlantique" untersuchte, hat seine Arbeiten beendet. Er stellte endgültig fest, daß Brandstiftung vorliegt. Es sind vier Brandherde auf dem Schiff gefunden worden. — Der spanische Innenminister erklärte, an den Plänen und Untersuchungen für den Tunnel von Gibraltar, der Spanien mit Marokko verbinden soll, werde fortdauernd gearbeitet. Das Werk werde früher, als man glaube, Wirklichkeit sein. — Nach den letzten aus Batavia vorliegenden Meldungen dauert die Verfolgung des von der eingeborenen Besatzung entführten holländischen Panzerschiffes „De Zeven Provincicn" durch den Regierungsdampfer „Aldebaran" an. Die Meuterer haben ein Funktelegramm an die Weltpresse gerichtet, in dem mitgeteilt wird, baß die Besitzergreifung des Schiffes durch die Besatzung nur als Protest gegen die unberechtigte Soldkürzung und die Verhaftung von Matrosen aufzufassen sei.
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