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Nr. 32

Mittwoch, den 8. Februar 1933

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Kernsprecher Nr. S

verantwort!. Lchriftleitung: Zrieärtch Han» Scheele Druck nnä Verlag äer N. Oelschlüger'schen öuchäruckerei

Jahrgang 105

Die deutsche Abrüstungsforderung unverändert

Entschlossene Haltung der neuen Reichsregierung Wiederbeginn des

Genfer Ränkespiels

-- London, 8. Febr. Reuter veröffentlicht eine längere Berliner Meldung über die Haltung der Regierung Hitler zum Abrüstungsproblem und zu Deutsch­lands Gleichberechtigungsanspruch.

Der Berliner Korrespondent von Reuters Büro erklärt unter anderem: er erfahre von maßgebender deut­scher Seite, daß die Haltung der neuen Regierung ge­nau dieselbe sei, wie die der Regierung Schleicher. Die augenblickliche deutsche Negierung habe den ehrlichen Wunsch, bei der Lösung des Problemsallgemeine Abrü­stung" ans der Grundlage der Gleichberechtigung und der­selben Sicherung für alle Nationen mitzuwirken. Es sei nicht Deutschlands Ausgabe, das Ausmaß künftiger Rüstun­gen zu bestimmen. Wie Reichskanzler Hitler in seiner Rundfunkrede erklärt habe, werde das deutsche Volk es mit Freude begrüßen, wenn die Welt durch Beschränkung ihrer Rüstungen für immer eine Vermehrung der deutschen Waf­fen unnötig mache. Die stark bewaffneten Staaten hätten die Entscheidung in ihren Händen, und auf sie falle die Verant­wortung für das Schicksal der Abrüstung.

Der Reuter-Korrespondent erklärt weiter, die obige Aenßerung, die von hoher amtlicher deutscher Seite komme, könne dahin ausgelegt werden, daß Reichskanzler Hitler und seine Kollegen im Kabinett beabsichtigen, auf allgemeine Abrüstung in Genf mit den äußersten ihnen zur Ver­fügung stehenden Mitteln zu dringen und darauf, daß alle militärischen Beschränkungen, die Deutschland durch Ver­träge auferkegt wurden, annulliert werden. Wenn die Ab­rüstungskonferenz zu einer Vereinbarung unter den Natio­nen führe, unter den Deutschland im Versailler Vertrag auferlegten Stand abznrüsten, dann sei Deutschland sofort bereit, auf den noch niedrigeren Stand abzurüsten. Sollte die Abrüstungskonferenz entgegen den Erwartungen infolge der Weigerung, Deutschland Gleichberechtigung zu gewähren, mit einem Mißerfolg enden, so würde Deutsch­land nach der in Berlin vertretenen Ansicht freie Hand haben, die Schritte zu unternehmen, die für notwendig erachtet würden, um die Sicherung des Landes zu gewähr­leisten.

Berlin, 8. Febr. Der Ueberwachungsausschuß des Reichstages unter Vorsitz des Abg. Loebe lSoz.j ist kurz nach Eröffnung seiner Sitzung, zu der Regierungsvertreter nicht erschienen waren, noch vor Eintritt in die sachlichen Verhand­lungen ausgeslogen.

Abg. Dr. Frank II, der nach einleitenden förmlichen Bemerkungen des Vorsitzenden das Wort erhielt, wies in längeren Darlegungen daraus hin daß es für die National­sozialisten unmöglich sei, unter diesem Vorsitzenden im Aus­schuß mitzuarbeiten. Loebe habe im lippischen Wahlkampf Hitler aus das schwerste beschimpft. lDer Red­ner wiederholte den Loebeschen Ausdruck.) Es kam zu erreg­ten nationalsozialistischen Kundgebungen gegen den Aus- schußvorsitzenden, der wiederholt Las Wort zu einer Erklä­rung ergreifen wollt«, aber nicht dazu kam. Der Ausschuß ging schließlich auseinander.

Als nach Wiederausnahme der Verhandlungen im Ueber- wachungsausschuß des Reichstags nach Ablauf einer halben Stunde der Vorsitzende Loebe selbst nicht erschienen war, eröfsnete der stellvertretende Vorsitzende Abg. Dr. Frank II lNat.Soz.) die Sitzung, die keine Minute dauerte. Er teilte mit, baß er die Sitzung des Ausschusses auf un­bestimmte Zeit vertage.

Die Beschimpfung gegen Hitler aus der Zeit des lippischen Wahlkampfes, di« Frank II im Ausschuß zur Sprache brachte, bestand darin, daß Loebe vonAdolf dem Slowaken mit den blutigen Fingern" gesprochen hatte. Zu -er Aeußernng, die dem Abgeordneten Loebe von den Nationalsozialisten vorge­worfen wurde, gibt er selbst folgende Erklärung ab:In einer Versammlung in Bad Salzuflen war ich vor der Er­öffnung -er Versammlung mit Zurufen von Nationalsozia­listen bedacht worden und führte deshalb aus:Die natio­nalen Sozialisten nennen mich Kriegsdienstverweigerer, Landesverräter, Novemberverbrecher. Sie haben den Kampf auf das persönliche Gebiet geschoben. Was würden Sie sa­gen, wenn wir von Ihrem Führer unter Hinweis auf seine HerkunftAdolf -er Slowake" sagen würden? Der Ausdruck vonblutigen Fingern" beruht auf freier Erfindung.

Briese an de« ReichstagSprSstdente«

Der Vorsitzende des Ausschusses zur Wahrung der Rechte

Genfer Schachzüge gegen Deutschland.

Die große Aussprache über den französischen Sicherheits- und Abrüstungsplan wird heute mit einer großen Rede Paul-Boncours abgeschlossen werden. Der Hauptaus- schuß wird dann in die Prüfung des Arbeitsprogramms der englischen Regierung eintreten, zu dem ergänzend das Arbeitsprogramm der deutschen Abordnung erwartet wird. Zwischen der deutschen und der englischen Abordnung finden gegenwärtig fortlaufend Beratungen statt, um eine gewisse Angleichung der beiderseitigen Arbeitsprogramme herbeizu­führen.

In leitenden Kreisen der angelsächsischen Mächte wird in verstärktem Maße aus die beschleunigte Ausarbei­tung eines allgemeinen Abrüstungsabkom­mens auf -er Grundlage der bisherigen Ergebnisse ge­drängt, um einen baldigen Abschluß der Konferenz zu ermög- lichen. Man will damit zweifellos unter Zustimmung auch der französischen Kreise die Verantwortung für bas Zustande­kommen des Abkommens auf Deutschland abwälzeu und die deutsche Regierung zwingen, entweder das voraussichtlich für Deutschland kaum annehmbare Abrüstungsabkommen anzu- nehmen oder abzulehnen und damit die Verantwortung für den Zusammenbruch der Konferenz zu tragen.

Polen fordert Ausbau der Befestigungen im Korridor

Warschau, 8. Febr. Im polnischen Sejm verlangte bei der Beratung des Heereshaushalts der Sprecher der Natio- naldemokrateu den Ausbau -er Brfrstigungenin der Korridorprovinz Pommerellen. Er er­klärte, -atz angesichts der politischen Entwicklung in Deutsch­land besondere Schutzmaßnahmen für den Korridor notwen­dig seien und daß derartige Schutzmaßnahmen dem Willen der dortigen polnischen Bevölkerung entsprächen. Auch der Berichterstatter, ein Abgeordneter der Regierungsparteien, beklagt« den Mangel an Grenzbefestigungen und das Fehlen einer größeren Kriegsflotte.

der Volksvertretung, Loebe. hat an den ReichStagSprästden- ten Goering folgendes Schreiben gerichtet:

Sehr geehrter Herr Präsident! Die nationalsozialisti- scheu Mitglieder deS Ausschusses zur Wahrung der BolkS- rechte haben heute unter Führung des Abg. Frank II durch ununterbrochenes Schreien. Beschimpfen des Vorsitzenden und Drohung mit Gewalt verhindert, daß der Ausschuß in seine Beratungen eintreten konnte. Sie haben ferner ge­droht, jede neue Sitzung des Ausschusses unter meinem Vor­sitz mit Gewalt unmöglich zu machen. Ich bitte Sie deshalb, auf Grund Ihrer Präsidialb^sugnisse dafür zu sorgen, daß ich die Wiederaufnahme der Beratungen in einer neuen Sit­zung durchführen kann, die ich ansetzen werde, sobald Ihre Zusicherung in meinen Händen ist. Da die Gegenstände der Beratung eilen und die Mitglieder des Ausschusses in Ber­lin versammelt sind, erbitte ich mir Ihren Bescheid noch am heutigen Tage.

Der ReichstagSabgeorbnete Frank II INS.) hat an den Reichstagspräsidenten Goering aus Anlaß der Vorkomm­nisse im Ueberwachungsausschuß ein Schreiben gerichtet, in dem er feststellt, daß der Brief des Abgeordneten Löbe an den Reichstagspräsidenten eine Fülle von Unrichtigkei­ten enthalte. ES fei unwahr, daß die Nationalsozialisten durch ununterbrochenes Schreien und Beschimpfen des Vor­sitzenden und durch Gewaltandrohungen den Vorsitzenden an der Ausübung seines Amtes gehindert hätten. Abg. Frank II spricht im Namen der nationalsozialistischen Mitglieder des UeberwachungsausschufleS die Forderung aus, dem Abge­ordneten Löbe im Wege der Ausschußabstimmnng daSAmt deS Vorsitzenden zu nehmen und ihn durch eine an­dere, vom Ausschuß zu wählend« Persönlichkeit zu erset­zen. Die nationalsozialistischen Mitglieder des Ueberwa- chungsauSschusseS würden, solange dieser Forderung nicht stattgegeben werde, Sitzungen des Ausschusses mit allen par- lamentarischen und gesetzlich erlaubten Mitteln unmög­lich machen.

Zum Schluß kommt Abg. Frank II auf da» Ersuchen LS- beS an Goering zu sprechen, auf Grund seiner Präsibialbe- lugniffe künftige Sitzungen deS Ausschusses sicherznftellen. Er bittet den ReichstagSprüstdente«, seine Stelluuanaüm«

Tages-Spiegel

Reichskanzler Hitler-ist gestern wieder von München «ach Berlin zuriickgekchrt. Heute nachmittag wirb das Reichs» kabinett wieder znsammentrete«.

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Zwischen dem Reichspräsidenten «nd dem bayerische« Mini» sterpräfidente« hat ein Meinungsaustausch vermutlich über die Vorgänge in Preuße« stattgefnnde«.

Der Ueberwachungsansschntz des Reichstages ist ausgeslogen. Wegen einer Beleidigung Hitlers» die der Ausschaßvorsit» zende im lippesche« Wahlkamps aussprach» versagten die Nationalsozialisten ihre weitere Mitarbeit.

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Der Ständige Ausschuß des Preußische« Landtags hat dem 8. März als Termin siir die Landtagswahle» zugestiuuut.

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Der «ngarische Staatsmann Gras Albert Apponqi ist ge» ftern nachmittag in Gens im 87. Lebensjahr gestorben.

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Reichskanzler Hitler wird diese Woche in Stuttgart auf einer Wahlkuudgebuug sprechen. Letztere sollte im Hos deS Neuen Schlosses stattsiude«, die württ. Staatsregkeruug hat jedoch ihre Genehmigung hiezu nicht gegebe«.

dazu davon abhängig zu machen, daß Löbe sich für seine dem Führer der NSDAP, angetane Verunglimpfung entschul» bige.

ReichStagspriisident Goering will vermitteln Auf den Brief des Abgeordneten Löbe hat Reichstagsprä- stbent Goering am Dienstag abend mit einem ausführlichen Schreiben geantwortet. Er hat, wie das Nachrichtenbüro deS Vereins Deutscher Zettungsverleger erfahrt, insbesondere darin zum Ausdruck gebracht, daß erst einmal eine Bereini­gung zwischen den beteiligten Ausschussmitgliedern versucht werden soll, wie es in der Praris auch bisher üblich gewe­sen fet. Wenn indessen ein befriedigendes Resultat nickt zu erzielen sei. so werde er als Reichstagspräsident eine Ver­mittlung herbeiführen. um die sachliche Arbeit des Ausschus­ses pflichtgemäß zu gewährleisten.

Um die Preußen-Notverordnunq

Die Klage der Regierung Braun in Leipzig eingegange».

TU. Leipzig, g. Febr. Die Staatsrechtsklage der preußi­schen Minister gegen die Verordnung des Reichspräsidenten vom S. Februar ist im Laufe des Dienstag beim Staatsge­richtshof für das Deutsche Reich eingegangen. Die Klage ist der Gegenpartei mit einer kurz bemessenen Frist zur Beant­wortung zugestellt worden.

Miuisterrat in München

Am Dienstag nachmittag fand eine mehrstündige Sitzung des bayrischen Ministerrats statt, in der die politische Lage besprochen wurde. Amtlich wurde über die Ministerratssit- zung nichts verlautbart. Bekanntlich soll in Berlin in den nächsten Tagen eine Konferenz mit den Ministerpräsidenten der deutschen Länder stattfinden.

Die Mandschurische Frage

TU. Genf, 8. Febr. Der japanische Vertreter Matsuoko hat dem Generalsekretär des Völkerbunds in einer Not« neue Anregungen der japanischen Negierung für die Be­handlung des fernöstlichen Konfliktes überreicht, in denen die japanische Regierung sich zu gewissen Zugeständnis- sen bereit erklärt. Die Frage des Mandschureistaates soll danach in der Weise behandelt werden, daß der abschließende Bericht der Völkerbundsversammlung die Möglichkeit einer künftigen Anerkennung von Maudschu- kuo unter dem Vorbehalt der weiteren poli­tischen und wirtschaftlichen Entwicklung offen läßt. Ferner erklärt sich die japanische Regierung jetzt be­reit, eine Erweiterung der Einflußnahme des vorgesehenen Schlichtungsausschusses zuzulassen, dessen Tätigkeit nach den bisherigen japanischen Wünschen sich ausschließlich aus eine allgemeine Bermtttlung zwischen Japan und China beschränken sollte.

liivö Aufständische in der Mandschurei von de« Japaner« gefangen genommen

Soeben wird vom japanischen Oberkommando in Mukden eine amtliche Mitteilung über die Säuberungsaktion gegen die Aufständischen in der Süd- und Nordmandschuret ver­öffentlicht. Nach diesen Mitteilungen ist eS den japanischen Truppen gelungen, Keijüen, Njutschang und Liaotcho von chinesischen Aufständischen zu räumen. Die Japaner haben 4M0 Aufständische entwaffnet und IlllM Gewehre erbeutet. Damit wären die Reste der Aufständischen in der Nord- und Südmandschuret sämtlich vernichtet.

Reichstags-Ueberwachungsausschuß aufgeflogen

Erregte nalionalfozialistifche Kundgebungen Hegen den Ausschußvorsitzenden Der Reichstagspräsident will vermitteln