Zum Tode des ehem.

In Hamburg ist Reichskanzler a. D. Geheimrat Cuno unerwartet früh einem Herzschlag erlegen. Als Politiker war Cuno ein Mann reinsten Wollens und von opferberei­ter vaterländischer Gesinnung. Mit dem Wirtschaftler Curie ist einer der klügsten Finanzpolitiker der deutschen Privat­wirtschaft und der Neuschöpfer der deutschen Handelsflotte dahingegangen.

Cuno war der Sohn eines thüringer Beamten. Er stu­dierte die Rechte an den Universitäten Berlin und Heidel­berg und promovierte zum Doktor jurts. 1S07 wurde er Negierungsassessor im Neichsschatzamte, 1916 Regierungs­rat und 1918 Geheimer Oberregterungsrat. Während des Krieges bearbeitete er die kriegswirtschaftlichen Fragen (Er­nährung» und leitete bis zum Juli 1916 die Neichsgetreide- stelle. 'Nachher stand er an leitender Stelle bei der Organi­sation des Krtegseruährungsamtes.

Nachdem er von 1916 bis November 1917 im Reichsschatz­amt alS Generalreferent für kriegswirtschaftliche Frage» tätig gewesen war, schied er aus dem Neichsdienst aus, um in die Direktion der Hamburg-Amerika-Linie einzutreten. Als Nachfolger von Albert Ballin wurde er im Dezember 1918 zum Vorsitzenden des Direktoriums der Gesellschaft ge­wählt. Er nahm auch als Sachverständiger an den Wosfcn- stillstandsverhandlungen in Trier und Brüssel, an denFrie- densverhanblungen in Versailles und an anderen politischen Konferenzen teil. Im Jahre 1926 hatte er als erster deut­scher Reeder nach dem Kriege Anschluß an Amerika gesucht und den Vertrag der Hamburg-Amerika-Linie mit dem Har- riman-Konzern abgeschlossen. Auch in anderen Gesellschaf­ten. namentlich des Verkehrswesens, betätigt« er sich weit- gehend.

Am 22. März 1922. nach dem Rücktritt de» Kabinetts Wtrth. bildete Cuno als Reichskanzler ein »Kabinett der Arbeit", in dem Männer der Praxis und von den Parteien das Zentrum, die Deutsche Volkspartet und die Demokraten vertreten waren. Das Kabinett Cuno organisierte dann nach dem Einmarsch der Franzosen inS Nuhrgebict die Politik -es passiven Widerstandes, die jedoch im August 1923 wie­der aufoegebcn werden musste.

Im Herbst 1929 gelang ihm die Gründung einer deutsch- engüschen Vereinigung, die die freundschaftlichen Beziehun­gen zwischen beiden Ländern fördern und vertiefen soll.

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Der Tod des Generaldirektors der Hamburg-Amerika- Line, Geheimrat Cuno, ist wieder ein Beweis dafür, dass, wer in diesen schweren Zeiten nach der Macht greifen will, dafür mit seinem Leben bezahlen muss. Auch er ist vor­zeitig ansgezehrt worden von den Sorgen, die in seiner Wirtschaftsstellung und in seiner politischen Tätigkeit auf ihm lasteten So ist sein Leben trotz des äusseren Glanzes eine Tragik gewesen. Er hat zwei Gesichter gezeigt: die lang­jährige Tätigkeit in der Hamburg-Amerika-Linie, und die kurze Episode, in der er Reichskanzler war. Er wurde an Hie Spitze der Hapag gerufen, als Ballin in der Erschütte- 'rung über die Vernichtung seiner Lebensarbeit sich selbst aufgab und hatte die schwere Aufgabe, die Neste der einst wcltbedcutenden deutschen Handelsschiffahrt zu sammeln und neu aufzubauen. In dieser Stellung kam er zwangsläufig mit der Politik in Berührung, weil er sich als geschickter

Schutz der Landwirtschaft

Deutschnationale Forderungen.

In der Berliner Partcivorstandssitzung der DNVP. wurde zu den landwirtschaftlichen Fragen eine Entschlie­ßung angenommen, in der es u. a. heisst: »Die Lage der Landwirtschaft ist so trostlos, dass bei ihrer Fortdauer als­bald etwa 6661166 Morgen landwirtschaftlicher Nutzfläche und uinählige Betriebe im Osten alS nicht mehr sanie- rungSsähig auf den Markt geworfen werden und zum Teil -er Volksernährung verloren gehen. Die landwirtschast-

Reichskanzlers Cuno

Geheimrat Cuno.

diplomatischer Unterhändler erwiesen hatte. Er wurde vor allem von Reichspräsident Ebert wiederholt zu vertraulichen Missionen berufen. Er war als Sachverständiger auch in Genua und hat in seinen Berichten aus seiner Ablehnung des Ergebnisses keinen Hehl gemacht.

Nach dem Zusammenbruch der Politik Wirths berief ihn der damalige Reichspräsident Ebert au die Spitze der Regie­rung, um neue Wege der Außenpolitik zu suchen, glctchzki- tig aber auch, um zum erstenmal den Versuch zu machen, den Reichspräsidenten aus der Gefangenschaft der parla­mentarischen Parteien zu befreien.

Die Negierung Cuno hat, rein äußerlich gesehen, mit einem Misserfolg geendet. Sie organisierte den Ruhr­widerstand. aber sie hatte die Widerstandskräfte des Volkes überschätzt und musste gehen, als der Zusammen­bruch offensichtlich wurde. Moralisch aber hat sie doch den grossen Erfolg gehabt, daß von da ab die deutsche Außenpolitik andere Methoden verfolgte. Zum ersten Mal wurde der französischen Brutalität gegenüber ein glattes Nein ausgesprochen und daran auch fcstgehalten. Der Ruhr­einbruch hatte sich totgelaufen, und es war die grosse Tra­gik Cunos, baß die erste sichtbare Wirkung, das Abrücken der englischen Regierung und der englischen Krongrößen, vor dem Einbruch in bas Nuhrgebict und dessen offene Kennzeichnung als Vertragsbruch in dem Augenblick er- solgte, als die Möglichkeit der Fortsetzung des passiven Widerstandes nicht mehr gegeben war. Inwieweit dafür die Schuld der Unzulänglichkeit Cunos vor allem in seiner Un­kenntnis der inneren Politik lag, braucht nicht entschieden zu werden. Das Verdienst, dass er das Steuer herum­geworfen und die Voraussetzungen für unsere spätere Ne- parationspolitik geschaffen hat, kann ihm nicht bestritten werden, auch dann nicht, wenn gleichzeitig festgestellt werden muß. daß er seinem Nachfolger Stresemann zu­nächst nur ein Trümmerfeld hinterlteß.

Cuno ist dann zur Hamburg-Amerika-Linie zurückgekehrt, deren Leitung er nach wenigen Jahre» wieder übernahm, und hat nun zum zweiten Mal den Kampf um die Geltung der deutschen Schiffahrt, diesmal mehr auf wirtschaft­lichem als politischem Gebiet, burchfechten müssen. Daran hat er sich vorzeitig verbraucht. Auch er Ist eines der vielen Opfer geworden, die Deutschland auf dem Letdenswege der Nachkriegsjahre zu tragen hat.

lichen Betriebe des übrigen Deutschland werden von dem gleichen Schicksal erfasst werden. Damit wird die Reichs- rcgierung vor Aufgaben gestellt sein, die sich im Rahmen staatlicher und sozialer Ordnung nicht mehr meistern las­sen. Zur Erhaltung der heute schon fast sichergcstellten Er­nährung des deutschen Volkes aus eigener Scholle müssen die G e t r e i d ep r e i s e auf einen Stand gebracht werden, der die Rentabilität garantiert.

Die ausländische Einfuhr muss zum Schutze der Ver­edelungsproduktion soweit eingeschränkt werden, als es im Interesse der Erhaltung der deutschen Betriebe

und tm Interesse einer gesunden Volkswirtschaft erforüer» lich ist.

Es ist dahin zu wirken, baß der Zinssatz für landwtrt- schaftlichen Kredit, insbesondere die Zinsspanne erträg. lich gestaltet und nicht durch Bevorzugung von Bank- und Finanzinteressen der bodenständige Besitz immer weiter gefährdet wird. Die unverschuldet in Not geratenen Be- triebe sind dem Betriebsinhaber zugleich im Interesse einer gesunden Lanöarbeiterschaft zu erhalten.

Durch künftige Handelsvertragsverhandlungen dürfen die Zölle für Erzeugnisse der Land- und Forstwirtschaft, des Gartenbaues, sowie der Fischerei nicht wieder gebun­den werden, vielmehr müssen die Zölle für diese Erzeugnisse allein durch die deutsche autonome Gesetzgebung geregelt werden."

In Anwesenheit Hitlers fand im Braunen Hause in München die 6. agrarpolitische Tagung der Reichslcitung der NSDAP, unter dem Vorsitz des Leiters des Amtes für Agrarpolitik, Walter Darre, statt. Im Mittelpunkt der Tagung stand ein Referat Adolf Hitlers über dt» Sendung des deutschen Bauern.

Das Vaterland über alles!

Reichspräsident v. Hindenburg gewährte einem Ver­treter des »Berliner Lokalanzetgers" eine Unterredung. Hin­denburg sagte, man müsse einig werden, um des Vaterta-ide- willen, das jeder hochzustellen di« Pflicht habe, so hoch, baß man sich selbst darüber vergesse. Soviel« gingen, erklärte der Reichspräsident, und ich bin ei» alter Mann. Wenn die Jun­gen sehen, daß ein so alter Mann seine Pflicht tut» werde« sich doch manche besinnen. Ich werde stehen, bis ich umfall«, solange dieser alte Körper noch zu etwas gut ist für ei» Beispiel.

Kleine politische Nachrichten

Um die Lösung tro Preußensrage. Wie die DAZ. zu der kommende» Aussprache zwischen Reichskanzler von Schleicher und dem Ministerpräsidenten Braun erfährt, werden neben anderen Möglichkeiten der Lösung der Preußensrage insbesondere die Frage der legalen Wahl eines neuen Ministerpräsidenten für Preußen und dem­zufolge die Beendigung der kommissarischen Negierung er­örtert werden. Sollte eine Neuwahl des Ministerpräsiden­ten gemäß den gesetzlichen Bestimmungen nicht zustande kommen, so dürfte mit der Auslösung des Landtags auch unabhängig vom künftigen Schicksal des Reichstags zu rechnen sein.

Neuer Protest der Gewerkschaften. Die Vertreter der Ge­werkschaften haben dem Reichsernähruugsminister einen Pro- test gegen die Margarineverorbnung vorgetragen. Die so­zialdemokratische Neichstagssraktion hat bereits unter dem 36. Dezember einen Antrag eingebracht, der die Außer­kraftsetzung der Verordnung verlangt.

Polnisch« Beschwerde in London. Der polnische Bot­schafter in London hat im Foreign Office eine Beschwerde über die Silversterveraustaltung des englischen Unterhal­tungsrundfunks überreicht. In der Silvesternacht hatte der englische Rundfunk Silr-^rogramme mehrerer europä- ischer Staaten übertragen. Bevor auf einen neuen Aus­landssender umgeschaltet wurde, machte der Sprecher ein'g« einleitende Bemerkungen. Bei der Umschaltung auf War­schau soll Polen, der Note zufolge, alS ein Land bezeichnet worden sein, das ein Drittel seines Staatshaushaltes für Rüstungen ausgibt.

Tie Sowjetunion bezahlt. Nach Informationen aus London hat die Sowjetregierung bet englischen Banken S Mill. Pfund Sterling eingezahlt zum Abbau von Wech­seln, die in der Zeit vom 15. Januar bis 15. März auf dem Weltmarkt fällig sind. Ein Teil der Fälligkeiten ent­fällt auf Metallkäufe, die Russland vor drei Monaten 'n Deutschland abschloss.

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36 (Nachdruck verboten)

Jackl-!" mit einem unbeschreiblichen Blick sah sie

ihn an.Du heiratst mich doch?" srug sie dann leise.

Ja, ja ich schwör' dirs!"

Bei wem?"

Bei allem, was mir heilig is-beim Andenken meiner

Mutter."

Lange schwieg sie. Endlich hob sie langsam die leuchtenden Augen zu ihm auf und sagte:Eine Bitte Hab i no', die du mir erfüllen musst"

Ja, alle? alles, was du hab'n willst", fiel er hastig ein

Gib'S Wildern auf"

Er wich einen Schritt zurück. Das hatte er nicht erwartet Müde fuhr er sich mit der Hand über die Stirn.

Tu verlangst viel von mir", murmelte er tonlos.

Aber sie hing sich wieder an seinen Hals, küsste ihn, schmei- chelte mit ihrer süßen Stimme:

Schau Bua mir z'liab musst dös tun, ich Hab dich doch so gern ich könnt doch gar nimmer lcb'n ohne dich komm, Jackl, sei lieb, gib 's Wildern auf."

Wer hätte diesem Blick und dieser Stimme auch widerste­hen können. Ein Sterblicher schwerlich.

Hastig riß er sie an sich und keuchte:Ja, Jula, ja! Heut noch schlag ich mein' Stutz'n in tausend Trümmer. Du sollst seh n, dass ich dich wirklich von Herz'n gern Hab. Dass du mir lieber bist, als alles aus der Welt."

Jackl!" jubelte sie.Wia dank ich dir. Siechst, dös war noch mein einziger Kummer, den ich g'habt Hab. Aber jetzt sahrst mich übern See, dann will ich mich schlafen leg'n und recht liab von dir träumen."

»Ja, komm, Dirndl, steig ein."

^>actt bemühte sich, den Nacken, der sich wett mit dem Niet in den Boden gegraben hatte, in das offene Fahrwasser zu bringen.

Nun stand er hochausgerichtet im Boot und stülpte lang- sam die Hemdärmel zurück.

Es war so still, so friedlich um die Beiden. Nur von den Bergen kam ein kühler Windhauch gezogen, eine Art Win­tershauch.

Von der anderen Seite herüber tönten ganz leise die Glok- ken der Herden. Es hörte sich an wie ein süßes, harmonisches Glockenspiel aus weiter Ferne.

Jackl ergriff die Ruder und drehte mit einigen wuchtigen Schlägen den Nachen um.

Da sprang Plötzlich Jula von ihrem Sitz aus, umklammerte Jackls Arm und deutete mit der Hand auf den See hinaus, auf dem sich ein dunkles Etwas bewegte.

Auch Jackl schaute jetzt angestrengt nach der Richtung.

Dös is ja ein Mensch!" wollte er sagen.

Da klang auch schon ein markerschütternder Schrei übers Wasser. Gleich daraus war es wieder geisterstill geworden.

Ohne sich lange zu besinnen, riss Jackl die Schuhe von den Füssen und stürzte sich in die kühle Flut.

Mit bangem» klopfenden Herzen stand Jula im Nachen und starrte angstvoll aus die Stelle hin, wo Jackl untcrgetauchl war.

Bange, qualvolle Minuten verstrichen indessen.

Endlich tauchte er auf und schüttelte den Kopf, daß die Tropfen nur so davonjpritzten. Weit holte er mit dem linken Arm aus und kam allmählich näher. Mit dem rechten Arm hielt er etwas umklammert und versuchte eS mühsam über Wasser zu halten.

Jetzt hatte er Boden unter den Füssen bekommen. Er rich­tete sich auf und nahm seine Last aus beide Arme und watete ans Ufer.

Jula war inzwischen ans Ufer gerudert und ihm entgegen- gccilt. Sie half ihm die Bürde unter einen Baum betten.

Es war bereits so dunkel im Waid geworden, dass sich Jackl ganz niederbeuaen musste, um zu sehen, wer die Unglückliche lei.

<o,e von emcr Natter gestochen fuhr er aber im nächsten Moment zurück. Es war, als hätte Jackl einen wuchtige« Faustschlaq ins Gesicht erhalten.

Wer ist eS?"

Bitter und hart lachte Jackl auf.

Auch dös no', auch dös no'," murmelte er.

Unterdessen hatte sich auch Jula überzeugt, wer die Uni glückliche war.

Hat dös sein müss'n?" fragte sie leise.

Jackl gab keine Antwort.

Er kniete nieder und legte horchend seinen Kopf auf die Brust der wie leblos Daliegenden.

Ganz leise und schwach tickte es noch in dem Wesen.

Sie lebt noch", rief er freudig.Komm Jula, hilf mir, wir woll'n schau'n, dass sie wieder zu sich kommt."

Und während Jula die Arme der Unglücklichen nahm und hm und her bewegte, rieb Jackl den Körper, um ihm wieder Wurme beizubringen. Er rieb, dass ihm der Sckweiss auf der Stirne stand.

Endlich nach einer Viertelstunde, schienen die Bemühungen der beiden von Erfolg gekrönt zu sein.

Lisl regte sich leicht, ein gequältes

ihrer Brust.Fritz-!" hauchte sie

du bei mir?^'

Jula hatte sich abgewandt, damit Jackl die Tränen nicht sehen sollte.

Dieser war selber ganz erschüttert und bewahrte nur müh»' sam seine Fassung.

Er nahm den Kopf seiner Schwester in die Hände und rieß halblaut ihren Namen, dabei strich er ihr die nassen Haar«, sträne auS dem Gesicht, versuchte mit zitternder Hand ihre Augenlider zu heben.

Unterdessen sing es wieder zu regnen an und ein heftiger, Wind fuhr von den Bergen herab und ließ den See wild aufschäumen.

Alles schien plötzlich Sprache bekommen zu haben. Der Wald, das Schilf, der See, alles ringsherum klagte, stöhnte, lockte und schmeichelte. -

(Fortsetzung folgt).

Seufzen entrang sich matt.Fritz-bist