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Nr. 303

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Dienstag, den 27. Dezember 1032

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s Friedrich Hans Scheele

Druck und Verlag der R. Oelschläger'schen Luchdruckerei

Jahrgang 105

Nolwerk der deutschen Jugend

Ein Aufruf des Reichspräsidenten und der Reichsregierung

Berlin, 27. Dez. Der Reichspräsident und die Reichs- regierung haben vor Weihnachten folgenden Ausruf erlassen:

Die Not der Arbeitslosigkeit lastet schwer ge­rade auch auf der deutschen Jugend. Weder Arbeitsbeschaf­fung noch Arbeitsdienst können verhindern, daß mit dem Ein­bruch des Winters Hunderttausende von jungen Deutschen mit dem Schicksal der Erwerbslosigkeit und der Untätigkeit zu ringen haben. Darum rufen Reichspräsident und Rcichs- regierung das deutsche Volk am Wcihnachtstage zum Not­werk der deutschen Jugend ans. Das Notwerk soll der arbeitslosen Jugend Gelegenheit zu ernsthafter beruf­licher Bildungsarbeit bieten und ihr sonstige geistige und kör­perliche Betätigung ermöglichen. Es soll ihr in. Verbindung damit täglich eine gemeinsam« warme Mahlzeit sichern.

Gemeinsinn und Hilfsarbeit aller Teile der Bevölkerung müssen in diesem Notmerk zusammenwirkcn, um die arbeitslose Jugend körperlich und geistig gesund und lebenstüchtig zu erhalten und ihren Willen zu kameradschaft­licher Selbsthilfe zu stärken. Der freiwilligen Mitarbeit der Bevölkerung wird die planmäßige Unterstützung des Reiches gewährt. Die Netchöregiernng stellt für geeignet« Einrich­tungen, insbesondere auch freiwilligen Kameradschaften ju­gendlicher Arbeitsloser, die sich in den Dienst des Werkes stellen und sie praktisch verwirklichen helfen, Beihilfen zur Verfügung. Sie sollen vor allem die vorgesehene Ver­pflegung crniöglichen.

Die Förderung des Notwerkes der deutschen Jugend ist dem R e i ch s a r b e i t s m i n t st c r übertragen. Er wird die notwendigen Anordnungen treffen.

Bildung von Arbeitsgemeinschaften.

Das Notwcrk der deutschen Jugend, zu dem Reichspräsi­dent und Neichsregierung ausrufen, wirb aus Anordnung Reichsarbeiisministers durch die Reichsanstalt für Arbeit-^ Vermittlung und Arbeitslosenversicherung üurchgesührt. Für Las Notwerk stehen aus Rcichsmitteln in dem laufenden Haushaltsjahr 9 Millionen Reichsmark zur Verfügung. Hier­aus dürfen Beihilfen solchen Einrichtungen und insbesondere auch solchen freiwilligen Kameradschaften gewährt werden, die allein oder im Zusammenwirken mit anderen Stellen junge Arbeitslose im Alter bis zu 28 Jahren außer zu ge­meinsamer Mahlzeit durchschnittlich mindestens vier Stunden am Tage zusammenhalten. Hiervon sollen nach Möglichkeit zwei Stunden der beruflichen Fortbildung dienen, die übrige Zeit soll sportlicher Betätigung und gei­stiger Bildungsarbeit gewidmet sein. Die Beihilfen sollen so berechnet werden, daß höchstens, je nach de» örtlichen Ver­hältnissen, 15 bis 25 Npf. sür jeden Teilnehmer gewährt wer­ben. Sic haben regelmäßig zur Vorausschling, Laß sich auch andere - private oder öffentliche Stellen mit eigenen Mit­teln an der Verpflegung und den sonstigen Aufgaben des Notwcrks beteiligen. Die Reichsanstalt für Arbeitsvermitt­lung und Arbeitslosenversicherung wird die hiernach er­forderlichen Maßnahmen im engsten Einvernehmen mit den Körverichaften. Verbänden, Vereinigungen und allen lonsti-

Nicht üveroü herrschte Weihnuchtssriede

Politische Zusammenstöße in Hamburg.

In Hamburg-Eimsbüttel gerieten in der Nacht zum ersten Feiertag Nationalsozialisten und Kommunisten aneinander. Es fielen Schüsse. Ein Ordnungspolizeibeamter mußte in Notwehr von seiner Schußwaffe Gebrauch machen. Die an dem Streit beteiligten Personen flüchteten beim Erscheinen von weiteren Polizeibeamten. Ein Kommunist soll verletzt und von den Gesinnungsfreunden sortgeschasst morden sein In derselben Nacht entstand in der Hammerbrock-Stratze zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten eine Schlä­gerei. Auch hier sollen Revolverschüsse gewechselt worden sein.

Feuerübersall aus einen Amnestierten

In der Frühe des 1 . Meihnachtstages kam es in Bot­trop zu einer schweren Bluttat. Der Bergmann Contura, der mit seinem Schwager Szczotok ein Haus beivohnt. feierte mit dessen Familie Weihnachten. Plötzlich wurde am Fenster geklopft. Als Szezotok hinausgehen wollte, wurde er beim Betreten der Haustürschwelle beschossen. Etwa 7 bis 8 Schüsse fielen, von denen Szezotok zwei an beiden Oberarmen und in der Bauchgegend verletzten. Er brach blutüberströmt zu- sammen und verstarb im Krankenhaus. Er hinterläßt Frau und 2 kleine Kinder. Den Umständen nach zu urteilen, ist ein politischer Racheakt nichts ausgeschlossen. Szezotok war parteilos, während sein Schwager Eontura Mitglied der NSDAP, war. Contura war bei einer Schießerei zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten beteiligt und deshalb in Untersuchungshaft gewesen. Infolge des Straferlasses wurde er aber vor Weihnachten entlassen- Es ist sehr wahr- scheinlich, daß die Kugeln ihm gegolten haben.

gen Stellen einleiten und durchführen, die sich nach ihrem Anfgabenkreis mit der Hilfe sür die arbeitslose Jugend befassen.

Zur Förderung des Notwerks sollen unverzüglich in den Bezirken aller Arbeitsämter Arbeitsgemeinschaften gebildet werden. Sie sollen unter Vermeidung überflüssi­ger Organisationsarbeit alle Stellen zusammenfassen, die sich der arbeitslosen Jugend annehmen: neben dem Arbeitsamt oor allem die Gemeinden lJugend- und Wohlfahrtsämter, Berufsschulenj, die freie Wohlfahrts- und Jugendpflege iinsbesondere die Winterhilfe), die Geistlichkeit und Lehrer­schaft, die Jugendverbände aller Art, die Berufsvcrbänöe der Arbeitnehmer, Arbeitgebervereinigungen usw.

Der Reichsarbeitsminister hat sich an sämtliche Landes­regierungen sowie an die kommunalen, charitativen, wirt­schaftlichen und sonstigen in Betracht kommenden Spitzenver­bände gewandt und sie um Unterstützung des Notwerks und Mitwirkung bei seiner Durchführung gebeten.

«

Erleichterung für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene

Amtlich wird mttgcteilt: Durch Erlaß vom heutigen Tage hat der Nctchsarbeitsmtnister auf Antrag des Neichsverban- des deutscher Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen sowie des Ncichsbundes der Kriegsbeschädigten, Kriegsteil­nehmer und Kriegshinterbliebenen angeordnet, daß sür die Krtsenunterstützung von Personen, denen nach den Reichs­grundsätzen über Voraussetzung, Art und Maß der öffent­lichen Fürsorge gehobene Fürsorge zusteht, nicht der Richtsatz der allgemeinen Fürsorge, sondern der der gehobenen Fürsorge oder -grenze im Rahmen der Sätze der Ar­beitslosenversicherung gelten soll. Der Erlaß tritt mit Wir­kung vom V. Januar 1983 in Kraft.

Reichskiausholt durch Nolverordmmq?

Zu den Nessortarbeiten der Reichsminister, die schon in dieser Woche ausgenommen werden, gehört, wie derTag* erfährt, auch die Vorbereitung des neuen NeichS- Haushalts für 1983/34. da der Neichshaushalt für 1932/83 mit dem 1. April 1938 abläuft. Die Frage, ob der kommende Reichshaushalt dem Reichstage vorgelegt und von ihm be­schlossen ober durch Notverordnung des Reichspräsidenten in Kraft gesetzt werde, sei noch offen. Da aber der Reichstag nicht arbeitsfähig sei, bestehe die Wahrscheinlichkeit einer In­kraftsetzung des Haushalts durch Notverordnung des Reichs­präsidenten.

Die Sozialdemokratie unterstützt das Kabinett Schleicher

nicht.

Der Sozialdemokrat Dr. Breitscheid schreibt in einem Artikel in der Pariser ZeitungPopulaire", General von Schleicher habe keinerlei Unterstützung von den Sozialdemo­kraten z» erwarten. Wenn er seine Bemühungen zur Her­stellung einer parlamentarischen Grundlage von Erfolg ge­krönt sehen wolle, so werde er sich an die Nationalsozialisten wenden müssen.

Rohe Bnbentat am Heiligen Abend.

In Saalfeld wurde in der 11. Stunde des Heiligen Abends von zurzeit noch nicht bekannten Tätern durch das Fenster der Wohnung des Pfarrers Fischer von der Stra­ßenseite aus eine mit Salzsäure und Karbid gefüllte Flasche geworfen, die mit lautem Knall in tausend Splitter zersprang. Die ätzende Säure hat an den Wänden und den Möbeln in der Stube des Pfarrers große Verwüstungen angerichtet. Eine zu Besuch weilende Schwester, dir im Augenblick des Anschlags gerade in einer Ecke stand, siel durch den Schreck ohnmächtig zu Boden. Inzwischen wurde noch eine zweite Flasche mit Karbid gefüllt geworfen, und zwar nach der über der Pfarrerwohnung gelegenen Wohnung des Polizelober- inspektors Schumann. Die Flasche prallte aber am Fenster­kreuz ab und explodierte auf der Straße.

Vermißter SA.-Mann tot ansgefunden.

Vom Polizeipräsidium Dresden wird mitgeteilt:Nach­dem sich der Wasserstand der Talsperre Malter durch die Eis­bildung gesenkt hat, ist am Montag unter Sand verborgen die Leiche des seit dem 4. November vermißten National­sozialisten Hentsch zutage getreten. Die Leiche war in Säcke gehüllt und diese waren mit schweren Steinen belastet. Die äußere Besichtigung der Leiche hat gezeigt, daß Hentsch durch einen Schuß in die Brust getötet worden ist. Hiernach steht nun einwandfrei fest, daß Hentsch einem Mord -um Opfer gefallen ist*

Ruhige Weihnachten in Berlin.

Die Weihnachtsfeiertage verliefen in der Neichshanptstadt in völliger Ruh«. Der Reichspräsident verbrachte, wie vor­gesehen, die Festtage tm engsten Familienkreise. Einige Neichsminister, darunter Außenminister von Neurath, haben Weihnachten außerhalb Berlins verlebt. Irgendwelche voli-

Tages-Spiegel

Die Weihnachtstage sind im Reich im große« und ganze« friedlich verlause». Während in Ber.iu Ruhe herrschte, kam es in Hamburg mehrfach zu politische« Zusammen­stöße«.

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Bo« der belgischen Regierung Wurde am Heilige« Abend der letzte deutsche Geistliche in Eupen ausgewiese».

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Das amerikanische Schatzamt hat die griechische Schulbenrate von 13V 000 Dollar, die am 1. Januar fällig ist, aus zwei weitere Jahre bis Ende 1984 gestundet.

Die bolivianische Regierung hat die Enteignung aller aus­ländischen Goldeiulageu in der Zeutral-Landrsüank lin­den Handelsbanken verfügt, um Gelder sür die Landes­verteidigung flüssig zu machen.

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DaS diesjährige Weihnachtssest litt in Bayern unter einer naßkalte« Witterung. Bon Schneefall war keine Spur; die Wintersportplätze hatten große Einnahmeansfälle.

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Der Straferlaß bringt für die württ. Strafanstalten eine er, srculiche Erleichterung» denn diese waren in der letzten Zeit derart überfüllt, daß man für die Ncnankommenden nur noch schwer Platz schassen konnte.

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Am Heilige« Abend brannten in Bitz OA. Balingen drei Wohnhäuser und zwei Scheunen nieder. Fünf Familien find obdachlos.

tischen Ereignisse sind im Gegensatz zu manchen früheren Iah. rcn der Nachkriegszeit nicht eingetrcten. Auch von größeren Bränden und Verkehrsunfällen ist Berlin an diesem Weih­nachtsfest verschont geblieben.

Unglücks-Chronik der Weihnochlslaqe

Sechs Verletzte bei einem Bahnunfall in Wuppertal.

Am Samstag vormittag stießen zwei Anhängerwagen der Barmer Bergbahn in Wuppertal-Cronenberg zusammen. Durch den Anprall wurden beide Wagen schwer beschädigt Fünf Personen erlitten leichtere, eine 89jährige Frau schwere Verletzungen. Ter Unfall ist darauf zurückzusührcn, daß einer der Wagen rangiert wurde und führerlos mit voller Wucht gegen den anderen stehenden, mit Fahrgästen besetz­ten Anhäugerwagen auffuhr.

Das größte Warenhaus Barcelonas niedergebrannt.

In den Mittagstunöen des ersten Feiertags brach im größ­ten Warenhaus BarcelonasEl SIglo" ein Brand aus, der riesige Ausmaße annahm. Das ganze Gebäude brannte bis auf die Grundmauern nieder. Ter Sachschaden beträgt etwa 30 Millionen Peseten. Bei der Bekämpfung des Brandes wurden 8 Personen verletzt.

Bcrgwerksnnglück in USA. am Heiligen Abend.

Nach einer Meldung aus Neuyork wurde das Kohlenberg, werk Molcaqua sJllinois) am Heiligen Abend infolge Ex­plosion auf der SM Meter-Sohle verschüttet. Die Zahl der verschütteten Bergleute beträgt 82. Giftige Gase verbreite­ten sich fast über das ganze Bergwerk und erschwerten die Nettungsarbeiten. In den Stollen spielten sich furchtbare Schreckensszenen ab. Bisher konnten 9 Leichen geborgen werden. Es muß befürchtet werben, daß auch die übrigen 43 Bergleute durch einstürzende Gestcinsmassen oder durch dt« giftigen Gase den Tod gesunden haben.

Ausdehnung der Sperre für Einheitspreisgeschäfte

TU. Berlin» 27. Dez. In der nächsten Nummer deS Reichs­anzeigers wirb eine Verordnung veröffentlicht, die unter Ab­änderung der Bestimmungen des Dritten Teils der Not­verordnung vom 9. März 1932 die bisher nur für Städte mit weniger als IM MO Einwohner geltende Sperre der Er- richtung von Einheitspreisgeschäften aus alle Städte ausdchnt. Damit gilt in Deutschland das Verbot der Errich­tung von Einheitspreisgeschäften ohne räumliche Ein­schränkung bis 1. April 1934. Zur Ausdehnung der Sperre hat die Feststellung geführt, daß seit Erlaß der Not­verordnung vom 9. März 1932 in den von der dort angeord­neten Sperre nicht betroffenen Städten mit mehr als lMOM Einwohnern sich die Klagen des gewerblichen Mittelstandes über den Wettbewerb der Einheitspreisgeschäfte erheblich vermehrt haben. Die Verordnung enthält weiter eine ge­wisse Verschärfung der für die bestehenden Einheitspreisge­schäfte geltenden Betriebsvorschriften, insbesondere hinsicht­lich des Verkaufs zu anderen als Einheitspreisen.