Frankreich und die Kriegsschuldenfrage

Die Kammer will Herriot stürzen,

nm Washington ihr Mißtrauen auszudrücken

Paris, 8. Dez. Die französischen Minister traten am Mittwoch zu einer Sitzung zusammen, in deren Verlaus Herriot über den Stand der Genfer Verhandlungen und der Schuldenfrage Bericht erstattete. Herriot wird heute den beiden großen Kammerauöschüssen die Auffassung der Regierung bekanntgeben bzw. Mitteilen, ob Frankreich be­absichtigt. seiner Zahlungsverpflichtung am 15. Dezember nachzukvmmen oder nicht.Paris Soir" glaubt zu wissen, daß Herriot der Kammer Vorschlägen wird, den fälligen Be­trag bei der Bank von Frankreich zu hinterlegen, damit die Negierung die Besprechungen mit Amerika und England fortsctzeu könne. Die Kammer werde sich jedoch in ihrer großen Mehrheit gegen diesen Vorschlag wie überhaupt gegen jede Zahlung aussprechen, die nicht durch eine gleich hohe Zahlung Deutschlands ausgeglichen sei. Uebcr die Ver­trauensfrage. die Herriot im Zusammenhang mit seinem Vorschlag stellen werde, werde die Regierung dann gestürzt. Der gleichen Auffassung ist auch derJntransigeant". Man weist jedoch darauf hin. daß es sich dabei nicht um ein Miß­trauensvotum an die Adresse der französischen Negierung handeln solle, sondern ausschließlich um eine Kund­gebung der französischen Kammer an die Adresse des amerikanische» Kongresses.

Der japanisch-chinesische Streit vor dem Völkerbund

Deutsch-französische Kontroverse v. Neurath wird deutlich

TU. Genf, 8. Dez. In -er außerordentlichen Vollver­sammlung des Völkerbundes kamen nach Len Erklärungen der Kleinen Mächte nunmehr die Vertreter der Groß­mächte zu Wort. Sie traten für direkten Ausgleich zwischen China und Japan ein und versäumten es nicht, ihre Enttäuschung über das Versagen des Völkerbundes zu bekunden. Der Franzo'e Paul Boncour sagte:In Ost­asien hat der Bund versagt, aber bas versichere ich Ihnen: In Europa käme es ganz anders." Diese Wort« konnten sich nur gegen Deutschland richten, da Paul Boncour gleich nachher von der Notwendigkeit einer bewaffneten Macht des Völkerbundes sprach.

Neichsaußenminister Frhr. v. Neurath gab ihm die Antwort:Wo wichtige gegensätzliche Interessen der Staa­ten aufcinanderstoßen, kommt es für den Völkerbund darauf an, die lebendigen Kräfte der Völker und die natürliche Rich­tung ihrer Entwicklung rechtzeitig zu erkennen und ihrem Werte nach zu würdigen. Der Völkerbund darf sich leben­digen Entwicklungen, wie sie nach dem vorliegenden Material in den letzten Jahrzehnten in der Mandschurei hervorgetreten sind, nicht verschließen. Dagegen hat er die Aufgabe, solchen Entwicklungen nicht einfach freien Lauf zu lassen, sondern sic in friedliche Bahnen zu leiten und damit das Ziel zu erreichen, daß der Einsatz militärischer Machtmittel als einer der Vergangenheit angehörigen Methode endgültig unterbunden wird. Zur wirksamen Verfolgung dieses Zie­les bedarf es gar nicht der Erfindung weitreichender neuer juristischer Systeme.

Es ist nichts anderes notwendig, als daß sich die Regie­rungen zu dem Grundsatz der Völkerbundssatzungen und des Kellogg-Paktes bekennen. Es ist wohl im innersten Grunde nicht ein bloßer Zufall, baß der Völkerbund jetzt in doppelter Weise in ein kritisches Stadium seiner Entwick­lung gebracht worden ist. Neben dem mandschurischen Kon­flikt harrt hier in Gens ein anderes Problem der Lösung, Las die ganze Welt bewegt. Dieses Problem steht hier nicht zur Diskussion, aber die Betrachtung des mandschurischen Konfliktes zwingt dazu, eine andere fundamentale Wahr­heit sich vor Augen zu haltenWollen wir eine wirkliche Sicherheitsgewähr dafür schassen, daß künftige Konflikte nicht nach machtpolitischem Ausdruck drängen, sondern baß sie ohne Einsatz militärisäier Machtmittel eine gerechte und billige Regelung finden, wollen wir, daß die Autorität des Völkerbundes für diesen seinen höchsten Zweck gestärkt wird, so müssen wir dafür sorgen, daß ein völliger Aus­gleich der militärischen Machtmittel für alle Staaten stattfindct."

Der Kabinettschef Mussolinis, Baron Aloisi, erklärte, die Großmächte müßten jetzt gemeinsam mit der japanischen und der chinesischen Negierung auf der Grundlage der Tat­sachen und des-Lytton-Berichtes eine Lösung finden. Die Zu­kunft des mandschurischen Staates könne endgültig erst nach der Einigung zwischen China und Japan geregelt werden.

Die Vollversammlung wird jetzt einen Beschluß fassen, in dem der Wunsch nach direkten Verhandlungen zwischen China und Japan unter der Assistenz aller beteiligten Großstaaten znm Ausdruck kommt.

Roosevelt über seine Pläne

TU. London, 8. Dez.Evening Standard" veröffentlicht einen Artikel des neu gewählten amerikanischen Präsidenten Roosevelt, der darin seine Pläne für seine Amtszeit auseinandersetzt. Die neue Negierung gehe darauf hinaus, das Vertrauen wieder herzustellen. Sie werde der land­wirtschaftlichen Not mit Wirklichkeitssinn zu Leibe' gehen und versuchen, den Preisstand für landwirtschaftliche Erzeug­nisse zu heben, die Zollvortetle haben müßten. Roosevelt erwartet die Aushebung des Alkoholverbotes und will die Verwaltungsunkosten um 25 Prozent herabsetzen, Maß­nahmen zum Schutze der Öffentlichkeit gegenüber der Börsenspekulation treffen und gegen schwindelhafte Neu­gründungen und Gesellschaftsberichte Vorgehen, lieber bas Krtegsschuldenproblcm spricht er sich wie folgt aus: Schulden ausländischer Regierungen an Amerika müssen bezahlt wer­den. Die Stabilisierung der Weltfinanzen könne am besten durch ein klares gegenseitiges Verständnis für die gerechten Verpflichtungen erzielt werden.

HooverS Hanshaltsbotschast an den Kongreß

In der Botschaft an den Kongreß, mit der Präsident Hoover dem Parlament den Haushalt vorlcgen ließ, wird vor einer Fortsetzung der Verschwcndungspolitik gewarnt, da diese katastrophale Folgen für die Finanzen der Ver­einigten Staaten haben würde. Ein sofortiger Haushalts­ausgleich durch praktische Sparmaßnahmen und neue Steuern sei notwendig. Weiter wird die Einschränkung der Krtegs- pensionen und der Notstandsarbeiten sowie ein weiterer Gchaltsabbau in Höhe von 11 v. H. für die Staatsangestcll-

j ten gefordert. Vorgesehen ist weiter eine Erzeugersteuer t» Höhe von 2)4 v. H. außer für Lebensmittel und billige Kleidung. Die Biersteuer wird in der Botschaft nicht er­wähnt, dagegen werden 35 Millionen Dollar für die weitere Durchführung der Prohibition gefordert. Für den Marine­haushalt sind 309 und für den Heereshaushalt 277 Millionen Dollar vorgesehen. Der Gesamthaushalt schließt mit 4219 Millionen Dollar, das sind 680 Millionen weniger als im Vorjahr. Zum Schluß stellt Hoover fest, daß die Steuerschuld trotz Einsparungen und neuer Steuern in diesem Jahre gewaltig anwachsen werbe.

Tumulte vor dem Reichstag

Wie üblich, hatten sich auch diesmal vor dem Neichstags- gebäude zahlreiche Neugierige eingefuiiden, um den Fort­gang der Verhandlungen zu verfolgen. In vereinzelten Fäl­len ist es hierbei zu Kundgebiiiiqen. die das Eingreifen der

Polizei notwendig machten, gekommen. Die Beamten gingen mit dem Gummiknüppel vor und gaben Schreckschüsse ab. 23 Personen, darunter zwei Frauen, wurden verhaftet.

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Der Kleinkrieg in der Mandschurei

Heilar und Mandschurin wieder von Japaner« besetzt

TU. Tokio, 8. Dez. Die Vorhut der verbündeten japa­nisch-mandschurischen Armee, die am Montagsrüh Heilar passiert hatte, besetzte am Dienstagabend Mandschuria. Der japanische Konsul Bamazaki und sein Beamtenstab wur­den tm sowjetrussischen Konsulat unversehrt angetroffen. Auch etwa 100 japanische und zahlreiche mandschurisch« Be­amte hatten in dem Konsulat Zuflucht genommen.

Nach einer Meldung desDaily Expreß" aus Chardin ist der Tunnel der ostchinesischen Eisenbahn in den Schingan- bergen am Dienstag gesprengt worden. Eine japanische Ab­teilung, die sich in dem Tunnel befunden habe, sei nicht mehr zurückgekehrt.

KreuzerKarlsruhe" von seiner Auslandsreise zurück

TU. Kiel, 8. Dez. Der KreuzerKarlsruhe" ist nach einjähriger Abwesenheit wieder in der Heimat eingetroffen. Er ist vorläufig in der Strander Bucht vor Anker gegangen. Reichspräsident von Hindenburg hat an den in die Heimat zurückgekehrten KreuzerKarlsruhe" folgendes Begrüßungstelegramm gesandt:Den Kreuzer Karlsruhe heiße ich bei seiner Rückkehr in die Heimat herzlich will­kommen und verbinde damit meine Anerkennung für die Leistung des Schiffes und mustergültiges Verhalten der Besatzung."

KreuzerKarlsruhe" hatte Kiel am 30. November vorigen Jahres mit 68 Kadetten an Bord unter Führung des Fregattenkapitäns Waßner verlaßen und auf seiner Aus­landsfahrt, die ihn vornehmlich in amerikanische Gemäßer führte, über 30 fremde Häfen angelaufen. Er hat überall erfolgreich für das deutsche Ansehen in der Welt geworben und in den verschiedenen Häfen Gastfreundschaft und teil­weise sogar äußerst herzliche Aufnahme gefunden. Zur selben Stunde, wo in Wilhelmshaven der KreuzerKöln" zur fünften Auslandsreise ausfährt, wird KreuzerKarlsruhe" in den Kieler Hafen einlaufen.

2,6 Millionen Wohlfahrtserwerbslose

Wie der Deutsche Städtetag mltteilt, ist die Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen weiterhin stark gestiegen und hat am 31. Oktober mit rund 2 600 000 einen neuen Höchst st and erreicht. Diese Zahl, die auf Grund der amtliche» Zahlen des Städtetagcs ermittelt ist, umfaßt alle arbeitsfähigen Erwerbslosen, die von den Gemeinden laufend unterstützt werden müssen. Sie ist um rund 400 000 höher als die Er­mittelungen der Arbeitsämter, die bekanntlich seit August 1932 nur einen Ausschnitt der Wohlfahrtserwerbslosen er­faßten. Die Gemeinden betreuen augenblick­lich über 60 v. H. aller unterstützten Arbeits­losen.

Kleine politische Nachrichten

17 Notverordnungen seit September. Neben einigen internationalen Abkommen hat die Reichsregierung dem Reichstag die seit der letzten Reichstagsauflösung auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung erlaßenen Verord­nungen zur Kenntnisnahme zugeleitet. Das Verzeichnis, das mit dem 19. September beginnt und mit dem Erlaß über die Gewaltenteilung in Preußen vom 18. November endet, enthält nicht weniger als 17 Verordnungen aus diesem Zeitraum.

Der kommunistische Schwarzsender ansgefnnden. Der Berliner kommunistische Schwarzsender machte sich am Donnerstag wieder bemerkbar. In Zusammenarbeit mit Beamten der Post und Neichsrundsunkgesellschaft gelang es der politischen Polizei, den Schwarzsender in dem Hause Neinickendorferstraße 100, ln dem Augenblick festzustellen.

als er von drei Mann abmontiert und fortgeschafft werde« sollte. Der Apparat ist beschlagnahmt.

Sommnnistischer Feneriibersall. Die Polizeipressestellt Hamburg teilt mit: In der Schellingstraße wurden aus einem Trupp Kommunisten heraus aus das Verkehrslokal der NSDAP, von Habermann mehrere Schüße abgefeucrt, wobei der vermutlich im Lokaleingang stehende 18jährige Handlungsgehilfe Fritz Menz aus der Marienthaler Straße einen Bauchschuß erlitt.

Befürchtungen Lord Cecils wegen der Geheimnistuerei in Genf. Auf der Londoner Jahresversammlung der Völker­bundsvereinigung drückte Lord Cecil schwere Befürchtungen wegen der Ereignisse in Genf aus. Der Vorschlag, durch einen Ausschuß die Arbeit der Abrüstungskonferenz fvrt- setze» zu lassen, würde von der ganzen Welt dahin aufgefabt werden, daß man jede Hoffnung auf eine Abrüstung vor dem Jahre 1936 aufgeben müsse. Die Geheimnistuerei habe die Verhandlungen sehr stark behindert.

Die Sowjetregiernng verweigert Entschuldigung. Die Sowjetregierung hat sich, wie in London verlautet, gewei­gert, sich bet England wegen eines Artikels in derJs- westia" zu entschuldigen, in dem Angriffe gegen das eng­lische Außenministerium erhoben worden waren. Die Russen stehen auf dem Standpunkt, daß die Redaktion der Jswest^ allein für ihren Artikel verantwortlich sei.

Vermischtes

Riese»"-Hochzeit in Hamburg.

In der Michaeliskirche fand eine Trauung statt, wie sie in einer Hamburger Kirche noch nicht vorgenommen worden ist. Es handelt sich um ein Riesenpaar, das zurzeit auf dem Hamburger Dom" derHamburger Dom" ist ein großer WetHnachtsmarkt in einer Märchenschau auftritt. Der junge Ehemann war 2,24 Meter groß, die angetraute Gattin nur" 2,19 Meter.

Die trockengelegte Znidersee alz Erdbebenzentrnm.

Die aus dem holländischen Nordbrabant gemeldeten neue« Erdstöße haben trotz offizieller Beschwichtigungen und trotz der Erklärungen von sachverständiger Seile auf die Bevölke­rung der betroffenen Landstriche eine regelrechte Erdbeben­psychose ausgelöst, da man der Annahme zuneigt, baß die Erdbeben tm Zusammenhang mit der Trockenlegung eines ,Tetls der Zuidersee stehen. Eine Erklärung des Leiters dcS Potsdamer geodätischen Instituts läßt die Möglichkeit zu, daß es sich um Wirkungen der Zuiderseetrockenlegung handle. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß gewisse Spannungen in der Erdkruste durch die Befreiung von einem jahrhunderte­lang gleichmäßigen Druck ausgclöst werden.

Ganz gleich, woraus Sie Ihren Kaffee kochen ob aus vohnenkofjee, Kornkaffee ober Malzkaffe« immer wir- -as Getränk voller» herzhafter un- trotz-em billiger -urch einen Zusatz -er kaffeewürze