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Nr. 289
Kmls- unä Anzeigeblalt für äen Oberamtsbezirk Oalw
Freitag, den 9. Dezember 1932
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In 6er LtaätLööoiä Pfennige wöchentlich mit rrägerlohn Post-öezugsprei» 35 S0I6- psennige ohne Lestellgelä
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In Fällen höherer Gewalt besteht l»in /Anspruch auf Lieferung «ler Aeitung ocier auf Rückzahlung äer Sezugspreises
§ernsprecher Nr. 9
verantwort!. Schriftleitung: §rie6rtch Hans Scheele vruck un6 Verlag 6er R. OelschlSger'schen Luchäruckceret
' Jahrgang 105
Straferlaß und soziale Forderungen
Ein Vermittlungsoorschlag der Reichsregierung in der Amnestiesrage Starke Gegensätze innerhalb der Parteien
— Berlin, g. Dez. Der Nechtsaussckiuß des Reichstages Ist gestern nachmittag unter dem Vorsitz des Abgeordneten Dr. Frank II lNS.j zusammengetreten, um dieAmnestie» Vorlagen der Nationalsozialisten, der Sozialdemokraten und der Kommunisten z» beraten. Wie vorauszusehen war, konnte eine Einigung zwischen den Amnestiewünschen dieser Parteien nicht herbeigefiihrt werden, so daß abends der Reichsjustizminister dem Ausschuß einen Vermittlungs- Vorschlag vorlegte. der folgende Einzelbcstimmungen enthält: Es werden amnestiert. Straftaten aus politischen Beweggründe» und Straftaten, die im Zusammenhang mit W.rtschaftskämpsen begangen worden sind. Strafen unter einem Jahr werden erlassen, längere Strafen aus die Halste herabgesetzt, mindestens jedoch um ein Jahr ermäßigt. Tabei tritt an die Stelle von Zuchthaus Gefängnis. Lebenslängliche Strafen werden ln 7 Jahre 6 Monate Gefängnis umgemandelt. Ausgeschlossen sollen sein Verbrechen gegen das Leben. Verbrechen gegen den 8 1 der Antiterrvr-Notver- ordnung vom 9. August ds. Js.. Körperverletzungen oder gemeingefährliche Verbrechen mit Todeserfolg, Hochverrat. Landesverrat und Verbrechen gegen das Sprengstoffgesetz.
Mit 18 Stimmen der Nationalsozialisten, der Deutsch- nationalen. des Zentrums und der BBP. sowie des Christi.- Soz. Volksdienstes gegen 11 Stimmen der Sozialdemokraten und der Kommunisten beschloß der Ausschuß schließlich, die Abstimmung auf heute vormittag zu vertagen.
Auch in der Frage dersoztalpolitischenAnträge ist noch keine Klärung abzusehen. Sicher dürfte sein, baß der zweite Teil der Verordnung des Reichspräsidenten vom 4. September, sowie dle Verordnung zur Vermehrung und Erhaltung der Arbeitsgelegenheit vcm 8. September 1N33 und dte dazugehörige Durchführungsverordnung vom 14. September 1932 heute auch in dritter Lesung vom Reichstag aufgehoben werden wird, ebenso wie es wahrscheinlich erscheint, baß das Gesetz über die Steuerguts 6) eine für Mehrbeschäftigung von Arbeitnehmern aufgehoben werden wird. Da hierdurch gewisse Schwierigkeiten für das im Gang befindliche Wirt- schastsprogramm entstehen, dürste die Negierung eine entsprechende Ergänzung der Notverordnungen vorbereiten, die den Beschlüssen des Reichstags Rechnung trägt, gleichzeitig aber auch etwa entstehende Lücken wieder schließt. Man nimmt an, daß dle Neichsregicrung in einer neuen Notverordnung die übrig bleibenden Teile der früheren Verordnungen zusammcnfafsen und entsprechend ergänzen wird.
Endlich ist auch noch die Frage der Winterhilfe offen, da die sozialdemokratischen Anträge, die
konkret die Auflegung einer Prämienanleihe in Höhe von einer Milliarde zur Arbeitsbeschaffung, die Erhöhung der Unterstützungen für die Arbeitslosen, Rentner usiv. auf den Stand vor dem 14. Juni endlich die Gewährung von Brot. Kohle und Fleisch für unterstützungsbcrechtigte Haushalte vorsehen, nicht durchführbar sind, selbst wenn sie vom Reichstag angenommen werden sollten, da die entsprechenden Mittel nicht beschafft werden können. Man nimmt daher in parlamentarischen Kreisen an, daß die Anträge der Nationalsozialisten, in denen die Neichsregicrung aufgcfordert wird, ein umfassendes Arbeitsbeschasfungsprogramm einzuleiten und Maßnahmen zu treffen, durch die den großen Massen der notleidenden Bevölkerung eine angemessene Weihnachts- und Winterhilfe gewährt wird, im Reichstag eher Aussicht auf Annahme hat. Tie Negierung dürfte gegen die Annahme dieser Anträge nichts einzuwenden haben und auch hier durch entsprechende Maßnahmen den Wünschen des Reichstags Rechnung tragen. Der Umfang dieser Winterhilfe der Reichs, regierung dürfte allerdings weit geringer sein als von den Parteien gefordert wird, da Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stehen. Tie einzige Möglichkeit, überhaupt Mittel dafür flüssig zu machen, ist die, daß die Neichsanstalt kür Arbeitslofenvermittlung, die durch Untcrfchreitung der Arbeitslosenziffer erzielte» Ersparnisse zur Verfügung stellt.
Vertreter der Christlichen Gewerkschaften beim Reichs» Präsidenten
Reichspräsident von Hindenburg empfing gestern eine Abordnung des Gesamtverbandes der Christlichen Gewerkschaften Deutschlands, bestehend aus den Herren Otte, Jmbusch, Baltrufch und Kaiser, die dem Reichspräsidenten über die Notlage in der deutschen Arbeiterschaft berichteten und Maßnahmen zur Linderung der ausgetretenen Notstände vortrugen. Ter Reichspräsident sagte eine alsbaldige und sorgfältige Prüfung der Vorschläge zu. Bei dem Empfang sollen, wie der »Deutsche" hört, die Fragen einer Winterhilfe, der Erhöhung der Unterstützungen, der Arbeitsbeschaffung, der Siedlung und der Revision der Notverordnungen in ganz konkreter Form besprochen worden sein.
Unterredung Schleicher-Braun
Am Donnerstag fand zwischen Reichskanzler v. Schleicher und dem preußischen Ministerpräsidenten Braun eine Unterredung über die Lage in Preußen, insbesondere über Zustänüigkeitssragen statt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß bei dieser Gelegenheit auch die Tinge erörtert worden sind, die den Rcichsrat in feinen nächsten Sitzungen beschäftigen werden.
Deutsche Gegenfragen an Frankreich
Neichsaußenminister v. Neurath verlangt Aufklärung über die französische
Gleichberechligungsformel
TU. Gens» g. Dez. In einer gestern vom Vorsitzenden Sir John Simon einberufenen Fünsmächtebesprechung zur Entgegennahme der deutschen Antwort auf die Gleich- bcrcchtignngsformel Hcrriots hat der deutsche Außenminister die Erklärung abgegeben, daß er zunächst eine befriedigende Aufklärung über folgende 3 Punkte haben müßte:
1. Soll die Gleichberechtigung in dem kommenden Abrüstungsabkommen in jedem Punkte praktische Anwendung finden und soll sie infolgedessen den Ausgangspunkt für dte künftigen Berhand. lungen der Abrüstungskonferenz hinsichtlich der entwasfneten Staaten bilden?
2. Schließt die Formulierung in der französischen Formel »das System, das Sicherheit für alle Nationen schaffe» würde" auch dasjenige Element der Sicherheit in sich, das in einer allgemeinen Abrüstung liegt, wie dies auf einer früheren Vollversammlung des Völkerbundes anerkannt worden ist.
Diese beiden deutschen Fragen waren schriftlich formt ltert und sind vom deutschen Außenminister in euglische Sprache den Mächten verlesen worden. Ueber die deutsche Fragen sand keine Aussprache statt. Die Vertreter der vie Großmächte erklärten, jetzt eingehend die beiden deutsche Fragcn prüfen zu müssen und kündigten ihre Stellungnahm voraussichtlich für die heutige Sitzung der Fünkmächte a, De, deutsch« Außenminister gab sodann mündlich Au klärung zu den beiden formulierten deutschen Fragen. Z der ersten Frage wies Neurath darauf hin, daß der Hinwei in der Gleichberechtlgniigsformcl Herriots, daß b!» Gleick berechtigung eines der Ziele der Abrüstungskonferenz sei
müsse, zu Mißverständnissen Anlaß geben könnte. Damit werde lediglich ein Grundsatz ausgestellt, jedoch keine völlige Auswirkung dieses Grundsatzes in den künftigen Ab- rüstnngsabkommen gegeben. Von großer Bedeutung sei für ihn, klar zu wissen, daß die Abrüstnngskonvention praktische Auswirkungen dieses Grundsatzes in allen Abrüstungsfragen habe. Deshalb sei cs notwendig, baß >n der Erörterung über diese Frage die Gleichberechtigung von vornherein zum Ausgangspunkt genommen werde. Solange diese Frage nicht positiv beantwortet sei, habe eine Teilnahme Deutschlands an der Abrüstungskonferenz seinerlei Wert und Bedeutung. Die deutschen Vertreter auf der Konferenz wüßten nie, ob die auf der Konferenz erreichten Lösungen au 6) auf Deutschland Anwendung finden sollen.
Zu der zweiten Frage wies der deutsche Außenminister daraus hin. daß sie nicht mißverstanden werden könnte. Er nehme au. Laß das in der Herrioterklärung erwähnte Sicherheitssystem auch diejenige Sicherheit umfasse, die durch eine* allgemeine Abrüstung hcrbeigesührt werde. Jedoch wolle er eine ausdrückliche Bestätigung dieser seiner Auffassung haben. Der deutsche Außenminister hat ferner Aufklärung über die Auslassung des Sicherheitssystems verlangt, das in der französischen Erklärung er- wähnt ist. Der in dem deutichen Vorschlag erwähnte Sach- verständigenausichub der fünf Großmächte, der als eine Clearing-Kommission arbeiten soll, ist in der gestrigen Besprechung nicht erwähnt worden, da die Schössling dieses Ausschußes von der Beantwortung der beiden von Deutschland gestellte» Frage» durch, die llbrigeu Mächte abhängig ist. In 1
Tages-spiegel
Die Parteien konnte« sich bei der Beratung der Amnestie» anträge im Rechtsansschuß des Reichstages nicht einige». Die Re'chsregiernng machte darau.hin eine« Vermittlungsvorschlag.
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Reichskanzler von Schleicher hat sich in die Preußcnverhand- lungen eingeschaltet. Wie verlautet, soll Dr. Frick zum preußischen Ministerpräsidenten vorgcschlagcu sein.
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Ter deutsche Außenminister erbat ln der Fiirserbesprechnng die Beantwortung zweier Fragen über die Gleichberechtigung und die Sicherheit.
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In der Kriegsschuldenfrage hat England eine von Amerika vorgeschlagene Sonderregelung abgelehnt, um eine Vereinbarung mit Frankreich zu tressc».
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In der Völkerbundsverfammlnng drohte am Donnerstag der Vertreter Japans erneut mit dem Austritt Japans aus dem Völkerbund, falls im Maudschurcistreit gegen Japan entschlcdeu werde.
der zu heute einberufenen weiteren Fünsmächtebesprechung soll sodann eine allgemeine Aussprache über die beiden deutichen Frag«» stattsinden. Der deutsche Außenminister hat sich Vorbehalten, zu den beiden Fragen nähere Erläuterungen zu geben.
Zum Schluß der Fünsmächtebesprechung am Donnerstag hat der französische Kriegsminister Paul-Boucour den deutschen Außenminister gefragt, ob er grundsätzlich bereit sei näher darzulegen, was die deutsche Negierung »Gleichberechtigung" verstehe. Ter deutsche Außenminister hat sich daraufhin zu allen näheren Erklärungen bereit erklärt. Eine Darstellung des grund- Ititzllcheu -a«rti«hpn Standpunktes zur Klctchberechtignugs- frage wird sich jetzt nach deutscher Auffassung zwangsläuiig in den weite-' Verhandlungen der 5 Mächte ergeben und liegt auch im deutschen Interesse, da damit es endlich ,n einer sachlichen, klärenden Aussprache über die Anerkennung der deutschen Gleichberechtigung kommt.
Die Krieasfchuwenfraae
Neue amerikanische Schuldennote an England TU. London. 9. Dez. Tie amerikanische Antwort auf bi« zweite englische Schulbennote traf am Donnerstag früh in London ein. Der Kernpunkt der Note besteht darin, daß Amerika zwar formell auf der Dezemberzahlung bcssehi, aber den Endländern nochmals eine Gelegenheit gibt, Vorschläge zur Vermeidung von Valuta,'chwierigkeiten zu machen — Wie aus Paris verlautet, soll Macdonald den Vorschlag einer englischen Sonderregelung abgelehnt und sich mit Her riot dahin geeinigt haben, nichts zu unternehmen, was die fra n- zösi sch-britische Einigkeit in Frage stellen könnte. Die Londoner Negierung habe daher die ihr von Amerika angebotene Vorzugsbehandlnng bei der Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen vom 18 . Dezember abgelchnt.
Slrosser auf Krankheitsurlaub
TU. Berlin. 9. Dez. Die Rcichspresscstclle der NSDAP, teilt mit: »Parteigenosse Gregor Straffer tritt mit Genehmigung des Führers einen Krankheitsnrlanb von drei Wochen an. Alle weiteren daran geknüpften Gerüchte und Kombinationen sind unzutreffend und entbehren -cg- licher Grundlage."
Die »Tägliche Rundschau" verzeichnet unter der Ueber- schrist „Gregor Straffer tritt zurück" als Tatsache, daß der Reichsorganisationsleiter und NcichstagSabgeordncte Gregor Straffer seine sämtlichen Parteiämter niedergelegt habe und auch auf sein Ncichstagsmandat ver- zichten werde. Gregor Straffer bleibt als Mitglied in der Partei. Der Rücktritt Strassers von allen seinen Aemter» sei am Donnerstag nachmittag Adolf Hitler übcrbracht worden. Gregor Straffer habe seine Gründe in einem ausführlichen Brief niedergekegt, in dem er sich zunächst gegen die Stellungnahme wende, die Hitler bei der letzten Besprechung mit den Abgeordneten der Partei in Berlin ern- genommen hat. Hitler solle dabei eine Kritik an dem alten Kampfgenossen der Partei geübt und nur seine eigene Person ausschließlich in den Mittelpunkt des weiteren politilchen Geschehens in Deutschland gestellt haben. Ferner soll Straffer erklärt haben, daß er die Tinge, in die die Partei geraten sei und die Ausschließlichkeit mit der sie in den letzten Monaten Politik getrieben habe, nicht mehr mitmachen könne. Er habe keine Ausgabe in der Partei immer nur darin sehen können, die breite Masse der Bauern, Angestellten und Arbeiter an den Staat herauznfügcn, u»U> -war a»f der Basis eines deutschen So-iaiismuL.